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Thomas Frings
| Veröffentlicht am Freitag, 15. Oktober 2004 - 23:04 Uhr: | |
Eine ganz neue Form der Zusammenarbeit der Ränder gibt es nach der Kommunalwahl im Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises. Da haben sich die jeweils einzigen Vertreter PDS, NPD und "Deutschland" zusammengetan um eine Fraktion zu bilden und so deren Vergünstigungen abzustauben (Büro, Zuwendung, dreifache Aufwandsentschädigung für Vorsitzenden). Fraglich ist, inwieweit das überhaupt zulässig ist. Der PDS-Mann, der wohl die treibende Kraft war, hat natürlich Druck gekriegt und ist daraufhin aus der Partei ausgetreten. Neben der ideologischen Spannweite ist auch bemerkenswert, daß sich NPD und "Deutschland" bisher heftigst bekämpft haben. In der letzten Legislaturperiode ist der einzige NPD-Vertreter zu "Deutschland" übergelaufen und dieser kandidierte auch für die Gruppierung (wurde aber nicht gewählt). Der Mann wurde zwei Tage vor der Wahl verhaftet, weil er eine Frau vergewaltigt haben soll, ausgerechnet die Freundin des stellv. NPD-Kreisvorsitzenden. Das könnte natürlich eine Racheaktion sein, andererseits war der Überläufer schonmal wegen Verbreitung von Kinderpornographie zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Jetzt sitzen die in einer Fraktion. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. |
Bernd aus Bayern
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 10:32 Uhr: | |
@Thomas Warum sollte eine solche Fraktion unzulässig sein? Im Bezirkstag von Obb waren BP, FDP und ÖDP gemeinsam in einer Fraktion, schon um Ausschußsitze einnehmen zu können. Und in einem Ost-Kreistag (Sächsische Schweiz?) bildeten sogar FDP und NPD mal eine Fraktionsgemeinschaft. Derzeit bildet auch die NPD mit einem FW-Mann eine solche im KT des Burgenlandkreises. Schein also schon möglich zu sein. |
Marek Meyer
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 11:03 Uhr: | |
@Bernd Natürlich ist das möglich. Aber ob es politisch klug ist, ist eine andere Frage. Es ist schon aufschlußreich, dass die PDS mit der NPD gemeinsame Sache macht. Erst tat die PDS in der Vergangenheit so, als wolle sie Rechtsextremismus bekämpfen und nun bildet sie mit der NPD eine Fraktion. Damit hat die PDS sich in meinen Augen absolut unglaubwürdig gemacht. |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 12:12 Uhr: | |
In diesem Zusammenhang gab es nach den Sachsen/Brandenburg-Wahlen im "stern" auch einen sehr treffenden Cartoon von Greser & Lenz. Dort sah man NPD-Leute in einem Kneipen-Hinterzimmer bei einer Versammlung sitzen. Sagt der eine NPDler zum anderen NPDler: "Wollen wir jetzt der PDS die Neuauflage des Hitler-Stalin-Pakts vorschlagen?" |
AeD
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 13:15 Uhr: | |
@Marek "Erst tat die PDS in der Vergangenheit so, als wolle sie Rechtsextremismus bekämpfen und nun bildet sie mit der NPD eine Fraktion. Damit hat die PDS sich in meinen Augen absolut unglaubwürdig gemacht." Von einer Aktion eines einzelnen PDS-Mitglieds, der seinem Ausschluß nur durch Austritt zuvorgekommen ist, auf das Verhalten einer ganzen Partei zu schließen, ist wohl nur mit eigenem Wunschdenken zu erklären, oder? |
Mörsberg
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 13:47 Uhr: | |
Die Aktion ist natürlich auch Folge der geringen Organisationsdichte der PDS Nordrhein-Westfalen. Da werden lieber auch mal unzuverlässige Wirrköpfe auf die Liste genommen statt die Kandidatur bleiben zu lassen. Es reicht eben auf kommunaler Ebene nicht, eine bestimmte Partei zu wählen, man muss sich auch das Personal genau anschauen. Spricht also insgesamt für eine stärkere Personalisierung. > Im Bezirkstag von Obb waren BP, FDP und ÖDP gemeinsam in einer Fraktion Bei solchen Kombinationen kann man ja noch sagen, es sei nicht gänzlich abwegig. Im Kreistag Demmin gibts auch eine grün-gelbe Fraktion und keinen störts. Solange irgendein gemeinsamer Nenner auch inhaltlich zu erzielen ist, kann man das machen. Jetzt muss man sich in der Folge nur fragen, wie groß der gemeinsame Nenner zwischen PDS und NPD ist. Da kann man durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 14:09 Uhr: | |
"Die Aktion ist natürlich auch Folge der geringen Organisationsdichte der PDS Nordrhein-Westfalen." Auch im Osten gab es schon einige seltsame Entwicklungen in diese Richtung. Gut bekannt ist mir noch der Fall einer sächsischen PDS-Spitzenfrau, deren Name mir leider entfallen ist, die ganz offen Kontakt zu Neonazis suchte. Und über die mancherorts mehr als dubiosen Organisationsbündnisse anlässlich der neuen Montagsdemos wurde ja auch einiges in den Medien berichtet (ich selber habe hierzu einiges aus der SZ auch hier im Forum an anderer Stelle) gepostet. Es ist einfach so, dass es bis jetzt erst sehr wenige Konstellationen in (Kommunal-)Parlamenten gab, wo eine PDS/NPD-Zusammenarbeit so richtig interessant und lukrativ war. Somit brauchten die Extremisten bisher auch noch nicht ihre Masken fallen lassen. Denn wie heißt es schließlich so schön: "Gelegenheit macht Diebe". |
Marek Meyer
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 14:10 Uhr: | |
@AeD Es ist ja nicht ein x-beliebiges PDS-Mitglied, sondern doch immerhin der Spitzenkandidat der PDS auf Kreisebene gewesen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand in eine solche Position kommt, wenn er nicht das Vertrauen und den Rückhalt der überwiegenden Mehrheit seiner Partei (auf der jeweiligen Ebene) hat. Außerdem war dafür anscheinend nicht nur dieses eine PDS-Mitglied verantwortlich, sondern der Kreisverband. Laut einem Spiegel-Bericht war die PDS die treibende Kraft hinter dem Zusammenschluss: "Wie der 'Kölner Stadt-Anzeiger' berichtet, garantiert der auf Initiative der PDS zu Stande gekommene Zusammenschluss (...)" Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,323185,00.html |
Torsten Schoeneberg
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 15:05 Uhr: | |
"Jetzt muss man sich in der Folge nur fragen, wie groß der gemeinsame Nenner zwischen PDS und NPD ist. Da kann man durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen." Das Wirtschaftsprogramm der NPD ist quasi-sozialistisch, außerdem eint sie im Weten eine grundsätzliche Ablehnung "des Systems" und "der da oben". Solange es nicht um Ausländer oder spezielle Minderheitsklientels geht, kann da eine Zusammenarbeit gut klappen. Und eine Fraktionsgemeinschaft bedingt ja nicht Übereinstimmung in allen Fragen. Andererseits ist das natürlich schon eine Überraschung, denn bisher wurde zumindest von linker Seite ja jede Übereinstimmung geleugnet (daher jetzt auch Parteiausschluß). Interessant finde ich, daß die Zusammenarbeit den Rechten offenbar keine Schwierigkeiten macht. |
Thomas Frings
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 21:16 Uhr: | |
"Spricht also insgesamt für eine stärkere Personalisierung." Welcher Wähler kann denn den Namen eines einzigen Kreistasgsabgeordneten nennen. "Warum sollte eine solche Fraktion unzulässig sein?" Gab es da nicht mal ein Urteil zur DSU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt (gebildet aus von Überläufern anderer Parteien)? "Das Wirtschaftsprogramm der NPD ist quasi-sozialistisch, außerdem eint sie im Weten eine grundsätzliche Ablehnung "des Systems" und "der da oben". Solange es nicht um Ausländer oder spezielle Minderheitsklientels geht, kann da eine Zusammenarbeit gut klappen." Beim Nein-Sagen gibt es sicher immer Konsens. Konstruktive Vorschläge waren noch nie die Stärke von PDS und NPD, mal sehr vorsichtig formuliert. |
Thomas Frings
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 21:30 Uhr: | |
Ich habe mal in der Gemeindeordnung nachgesehen. Ein gemeinsamer politischer Wille ist zwar nicht explizit gefordert. In Abs. 2 scheint die Gemeindeordnung aber davon auszugehen, daß ein solcher besteht: § 56 Fraktionen (1) Fraktionen sind freiwillige Vereinigungen von Mitgliedern des Rates und einer Bezirksvertretung. Eine Fraktion muß aus mindestens zwei Personen bestehen, in einem Rat mit mehr als 57 Mitgliedern aus mindestens drei und in einem Rat mit mehr als 81 Mitgliedern aus mindestens vier Personen. (2) Die Fraktionen wirken bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung in der Vertretung mit; sie können insoweit ihre Auffassung öffentlich darstellen. Ihre innere Ordnung muß demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen. Sie geben sich ein Statut, in dem das Abstimmungsverfahren, die Aufnahme und der Ausschluß aus der Fraktion geregelt werden. [...] |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Samstag, 16. Oktober 2004 - 21:38 Uhr: | |
Eine Partei, die in drei Ländern die zweitstärkste (und damit führende Oppositionskraft) und in zwei ländern mitregiert kann man wohl schlecht als reine Nein-Sager abstempeln. Man muss ja nicht glücklich sein mit PDS-Regierungen und -Oppositionen, doch muss man der PDS sogar eine systemintegrierende Funktion zugestehen. Man kann sich ja die alternative alt-osteuropäische Variante in Form der tschechischen Kommunisten ansehen um zu verstehen, was ich meine. Was den Rhein-Sieg-Kreis angeht: ob jetzt dahinter eine Einzelperson (und jetzt Ex-PDS-Mitglied) oder eine lokale PDS-Fraktion stehht ist recht irrelevant, da im Normalfall 10 strammorganisierte Personen Ausreichen um einen mittleren Westkreisverband der PDS zu übernehmen. Interessant ist die Reaktion der Bundespartei, die ein wie oben beschriebenes Verhalten verurteilt. Man sollte auch nicht vergessen, dass die PDS eine stehende Größe bei so ziemlich allen Anti-NPD-Demonstrationen und -aktionen in Westdeutschland ist. Problematisch für die PDS im Westen ist wohl eher ihr struktureller Aufbau (z.B. Stimmrecht für Sympathisanten, zerstreute Mitgliedschaft) der Kleingruppen von Rechts (Versuche durch "Nationalbolschewisten" und völkische "Sozialisten") bis Links (BWK, Trotzkisten) auf lokaler Ebene die PDS als leichte Beute erscheinen lässt. Auf alle Fälle lässt sich (im Unterschied zu vielen osteuropäischen Linksaußenparteien) keine von der Gesamtpartei gewünschte Kooperation mit Rechtsextremen erkennen. Bedenklich ist auf alle Fälle der (teilweise erfolgreiche) Versuch von ganz Rechts Verbündete in allen anderen politischen Lagern (CDU, CSU, FDP Grüne, PDS, Freie Wähler,inhaltlich auch Teile der SPD) zu suchen und diese dementsprechend beeinflussen zu wollen. Alle sich als demokratisch empfindenden Parteien dürfen bloß nicht auf solche Lockangebote reinfallen. Wo dies trotzdem geschieht, haben die Gesamtparteien gegenüber den befallenen Teilstrukturen bestimmt und kompromisslos aufzutreten. |
Florian
| Veröffentlicht am Sonntag, 17. Oktober 2004 - 01:09 Uhr: | |
Zum Thema "inhaltliche Nähe von PDS und Rechtsextremisten": - Auf der Skala "Gleichheit/starker Staat Freiheit" siedeln sich beide extrem bei Gleichheit/starker Staat an. - Beide sind gegen eine wirtschaftliche Öffnung gegenüber dem Rest der Welt (aka "Globalisierung"). - Beide haben als Leitbild "wir da unten gegen die da oben". - Beide sind gegenüber der Marktwirtschaft sehr kritisch. - Beide wünschen sich anachronistische Gesellschafts- und Wirtschafts-Strukturen zurück. Fazit: Es fällt dem neutralen Beobachter leichter, Gemeinsamkeiten zu erkennen als Unterschiede. Wenn die PDS dennoch den Rechtsextremismus bekämpft, dann doch wohl eher, weil sie darin einen Konkurrenten um die gleiche Wählerklientel erkennt. (Ich warte gespannt auf Reaktionen der üblichen Verdächtigen). |
alberto
| Veröffentlicht am Sonntag, 17. Oktober 2004 - 10:54 Uhr: | |
Die NPDS
Quote: Bernd aus Bayern: Samstag, den 16. Oktober 2004 - 10:32 Uhr @Thomas Warum sollte eine solche Fraktion unzulässig sein? Im Bezirkstag von Obb waren BP, FDP und ÖDP gemeinsam in einer Fraktion, schon um Ausschußsitze einnehmen zu können. Und in einem Ost-Kreistag (Sächsische Schweiz?) bildeten sogar FDP und NPD mal eine Fraktionsgemeinschaft.
ist der totalitäre Gegenpol zu den Demokraten. Sie in »Rechte« und »Linke« zu spalten, dient der Publicity, nichts weiter. Wer »unzulässig« sagt, will undemokratischer Weise darüber befinden, was zulässig sei. Der paßt auch in die NPDS WahlRechtReform |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Sonntag, 17. Oktober 2004 - 11:18 Uhr: | |
Immanuel Goldstein schrieb: "(...) Auf alle Fälle lässt sich (im Unterschied zu vielen osteuropäischen Linksaußenparteien) keine von der Gesamtpartei gewünschte Kooperation mit Rechtsextremen erkennen. (...)" Das mag (möglicherweise) für die Parteiführung in Berlin gelten. Ich würde dieses für die Mitglieder der PDS aber kaum unterschreiben. Christine Ostrowski, die ich schon weiter oben ansprach, machte gerade NACH ihren rechtsaußen Ausflügen Mitte der 90er Jahre bei der PDS Karriere, die sie 1998 sogar bis in den Bundestag führte. Jederzeit konnte sie die sächsischen PDS-Gliederungen - bis hin zum Landesvorstand - hinter sich wissen. Nicht einmal Treffen mit Persönlichkeiten wie Alfred Mechtersheimer haben daran über die Jahre etwas geändert. Es war gerade die sächsische PDS, die die Blockadehaltung gegenüber den Rechten als Erste durchbrachen. Und es spricht einiges dafür, dass dieses der NPD nicht wenig Auftrieb gegeben hat. Die Ergebnisse kennen wir inzwischen ja nur zu gut ... |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Sonntag, 17. Oktober 2004 - 13:22 Uhr: | |
Mechtersheimer ist ein Schuh, den sich die Grünen als erstes anziehen müssen (sie brachten ihn schließlich zum Mandat. Ostrowski ist tatsächlich eine problematische Frau mit Abgrenzungsschwierigkeiten und war dementsprechend in der PDS auch immer umstritten (wobei ich einen Hinauswurf für richtig halten würde). @Florian Man kann Gemeinsamkeiten als auch Gegensätze auflisten. Sie taten nur erstes (wobei Gleichheit (PDS) und Hierachisierung (NPD) etwas eher entgegengestztes sind, mit der Öffnung gegenüber dem Weltmarkt haben auch eigentlich alle die EU präferierenden Parteien ein Problem, "wir da unten gegen die da oben" stimmt bei beiden so nicht: "wir-wahren Deutschen-gegen-den-Rest-der-Welt" (NPD) und "wir-(vermeintlich)- schwachen-gegen-die-(vermeintlich-)starken" (PDS), gegeüber einer absoluten Marktwirtschaft sind (mit Ausnahme von Teilen der FDP) alle Parteien, Parteien handeln nicht nach Wünschen sondern nach Interessen und die sind nie anachronistisch); Unterschiede werden Sie z.B. bei Ausländer-, Migrations-, Frauen-, Wehr-, Drogen-, Staatsstruktur- und Minderheitspolitik finden. "Es war gerade die sächsische PDS, die die Blockadehaltung gegenüber den Rechten als Erste durchbrachen. Und es spricht einiges dafür, dass dieses der NPD nicht wenig Auftrieb gegeben hat. Die Ergebnisse kennen wir inzwischen ja nur zu gut ... " Falsch, das war die FDP (siehe kommunale zusammenarbeit in der sächsischen Schweiz). Das Problem der PDS ist weniger eine (nicht vorhandene) inhaltliche Nähe zu rechten Gruppen als ihre Instrumentalisierung durch ostdeutsche Bevölkerungsgruppen (die teilweise in der Tat nationalistisch, autoritär und selbstbemitleidend sind). |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Sonntag, 17. Oktober 2004 - 13:25 Uhr: | |
Ergänzung gegeüber einer absoluten Marktwirtschaft sind (mit Ausnahme von Teilen der FDP) alle Parteien ... eingestellt. Verzeihung. |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Sonntag, 17. Oktober 2004 - 14:27 Uhr: | |
Immanuel Goldstein schrieb: "(...) Ostrowski ist tatsächlich eine problematische Frau mit Abgrenzungsschwierigkeiten und war dementsprechend in der PDS auch immer umstritten (...)." Warum macht man so eine "umstrittene" Person dann aber auch noch zur Bundestagsabgeordneten? Also das passt doch irgendwie alles nicht zusammen. Sächsische PDS-Parteitage können doch wohl kaum von irgendwelchen "Kleingruppen von Rechts" dominiert werden, die oben in NRW als Entschuldigung herhalten mussten. Immanuel Goldstein schrieb: "(...) Falsch, das war die FDP (siehe kommunale zusammenarbeit in der sächsischen Schweiz) (...)." Das fand meines Wissens aber erst nach den Kommunalwahlen 1998 statt (was die Aktion allerdings keinen Deut besser macht!). Also mehr als vier Jahre nach den PDS-Kontaktaufnahmen, die vor allem deshalb - gerade aus heutiger Sicht - so bemerkenswert waren, weil sie 1994/95 eigentlich ohne jede Not stattfanden. Außerdem waren das bei der FDP "lokale Ausreißer" unterhalb der Kreisebene, während Frau Ostrowski - die übrigens mit ihren Ansichten keineswegs allein in der PDS ist - eine in der Landespartei aktive Spitzenfrau war (und ist!). Das sind wirklich zwei Paar Schuhe. |
Thomas Frings
| Veröffentlicht am Sonntag, 17. Oktober 2004 - 15:47 Uhr: | |
"Was den Rhein-Sieg-Kreis angeht: ob jetzt dahinter eine Einzelperson (und jetzt Ex-PDS-Mitglied) oder eine lokale PDS-Fraktion stehht ist recht irrelevant, da im Normalfall 10 strammorganisierte Personen Ausreichen um einen mittleren Westkreisverband der PDS zu übernehmen." Immerhin konnten sie 36 Wahlkreiskandidaten aufstellen. "wir da unten gegen die da oben" stimmt bei beiden so nicht: "wir-wahren Deutschen-gegen-den-Rest-der-Welt" (NPD) und "wir-(vermeintlich)- schwachen-gegen-die-(vermeintlich-)starken" (PDS), ""wir-wahren Deutschen-gegen-den-Rest-der-Welt" (NPD) und "wir-(vermeintlich)- schwachen-gegen-die-(vermeintlich-)starken" (PDS)"" Doch, das stimmt bei beiden. Die NPD sieht sich ja nicht zufällig als "natiuonaler Wiederstand". Bei der NPD müßte es eher lauten "Wir Volkstreuen gegen die Systemparteien, [angebliche] jüdische Weltverschwörung etc." |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Sonntag, 17. Oktober 2004 - 21:26 Uhr: | |
Eigentlich habe ich als Anhänger von Diogenes, den Sophisten, Gladstone, LLoyd George,Orwell (lustiger ist eigentlich sein ursp. Name Blair), Pankhurst, Foucault, Simeon II, Thoreau (um nur einige zu nennen) keine Lust die PDS dauernd zu verteidigen (O.K. ich hab sie auch schon mal gewählt, genauso wie CSU, FDP, SPD, Grüne, Rosa Liste, DacG und DFU). Aber irgendjemand sollte halt eben mal auch die PDS (die ich als positiven Integrationsfaktor der ostdeutschen Bevölkerung und der westdt. Linken empfinde) vorüberzogenen Angriffen verteidigen. @ Martin Jurgeit Rechtsextreme wurden leider schon durch alle westdt. demokratischen Parteien in den Bundestag gebracht (durch die PDS jedoch nur Personen die Abgrenzungsschwierigkeiten nach Rechts haben ohne selbst Rechtsextrem zu sein - schlimm genug). NRW ist halt nicht Sachsen, und Fr. Ostrowski hatte nie eine dominante Position in der sächs. PDS (meines Wissen wird dort eher sogar mit ehem. westdt. K-Gruppen sympathisiert). Absprachen und Kooperationen auf kommunaler Ebene sind tatsächlich etwas anderes als Kontaktaufnahmen und Gesprächsbereitschaft nach Rechtsaußen (wobei zweiteres problematisch genug ist), nämlich noch problematischer. Ich glaube außerdem, dass Anfang der 90`er Jahre die FDP auf kommunaler Ebene (auch nach der Vereinigung mit der Rest-NDPD) keine Probleme hatte mit einzelnen Rechts-DSU'lern (womit mit ich nicht die gesamte DSU als rechtsextrem abstempeln will) zu kooperieren. @Thomas Frings Wie viel Mitglieder hat die PDS Rhein-Sieg-Kreis (ich glaube sicher keine 36)? Wie wurden die Listenplätze zugeordnet (welche wurden gewählt, welche gelost oder en Bloc vorgeschlagen)? Wer war alles auf der Liste und wie war deren Vergangenheit? Wer war auf der Aufstellungsversammlung? Meine eigenen Erfahrungen bei der letzten bulg. Parlamentswahl zeigen mir, dass man durchaus mit wenigen Parteimitgliedern wesentlich mehr Kandidaten aufstellen kann (das bis zu 20fache ist uns dort teilweise regional gelungen). Sie schrieben und zitierten mich:"wir da unten gegen die da oben" stimmt bei beiden so nicht: "wir-wahren Deutschen-gegen-den-Rest-der-Welt" (NPD) und "wir-(vermeintlich)- schwachen-gegen-die-(vermeintlich-)starken" (PDS), ""wir-wahren Deutschen-gegen-den-Rest-der-Welt" (NPD) und "wir-(vermeintlich)- schwachen-gegen-die-(vermeintlich-)starken" (PDS)"" Doch, das stimmt bei beiden. Die NPD sieht sich ja nicht zufällig als "natiuonaler Wiederstand". Bei der NPD müßte es eher lauten "Wir Volkstreuen gegen die Systemparteien, [angebliche] jüdische Weltverschwörung etc." " Ich sehe jetzt leider nicht den Widerspruch zu meiner Äußerung erklärt, da Sie sich nur über die NPD (durchaus richtig) äußern und ich davon ausgehe, dass ein Glauben an eine jüd. Weltverschwörung kein Inhalt der PDS ist noch, dass die PDS sich als nationaler Widerstand sieht oder eine selbsternannte Anti-Systempartei ist. |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Sonntag, 17. Oktober 2004 - 21:36 Uhr: | |
Kleiner Nachtrag Wer hatte eigentlich vor kurzem die Idee eine Unterschriftenaktion gegen den EU-Beitritt der Türkei zu initiieren und welche Parteien wollten dabei helfen (gleiche Antwort auf die Frage wer eine Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerscchaft und wer hat dies unterstützt)? PDS mit Hilfe von DKP und MLPD? Wer wollte vor kurzem Lager für Migranten in Nordafrika einrichten? Gysi und Bisky? Wer will "kriminelle Ausländer raus. und zwar schleunigst"? Pau? Wer hat Angst vor der "durchrassten Gesellschaft"? Holter? Welche Regionalpartei fand das alte Südafrika und Pinochet's Chile unterstützenswert? PDS-Bayern? Wer benutzt Auschwitz und erfundene Konzentrationslager um Kriegshandlungen gegen Serbien rechtzufertigen? Modrow? |
Sole
| Veröffentlicht am Sonntag, 17. Oktober 2004 - 23:51 Uhr: | |
Ein paar Anmerkungen, auf alles gehe ich hier nicht ein. Ich habe mal mit ein paar Akteuren aus der Region telefoniert 1) Nicht die lokale PDS-Gliederung, sondern der Abgeordnete suchte das Bündnis. Da könnte man jetzt auf den Spiegel schimpfen, aber eindeutig geht aus ihm nicht hervor, es sei klar die lokale PDS gewesen. 2) Der Abgeordnete galt vorher als eher unauffälliges Mitglied. 3) Ostrowski hat viele Seiten. Sie galt als Vertreterin der Linie, die West-LV aufzugeben, sich als Sozialdemokratie Ost zu gerieren bzw als CSU des Ostens. Diese Linie hatte eine ganze Zeit lang im LV Sachsen als wichtigem Nettozahler im Finanzausgleich eine gewisse Anhängerschaft. Das allein hat sie schon zur polarisierenden Figur gemacht. Vielleicht halten es im LV Sachsen einige Delegierte tatsächlich für eine gute Idee, sich mit Rechtsextremen zu Diskussionen zu treffen. Ich kann das zwar nicht nachvollziehen, aber ausschließen kann man das nicht. Im Osten ist die PDS nicht mehr und nicht weniger "Volkspartei" als SPD und CDU, und dass es auch dort auch teilweise abstruse Minderheitenpositionen gab ist sicher nicht so neu. |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Montag, 18. Oktober 2004 - 10:57 Uhr: | |
Immanuel Goldstein schrieb: "(...) meines Wissen wird dort (in der sächsischen PDS) eher sogar mit ehem. westdt. K-Gruppen sympathisiert (...)" K-Gruppen-Sympathien würde ich lieber nicht zur Entschuldigung aufführen. Da schließt sich eher der Kreis, als dass das als Gegenargument taugt. Die (nicht nur programmatischen) Wechselwirkungen zwischen K-Gruppen und Neonazis sind ja schon legendär ... |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Montag, 18. Oktober 2004 - 13:48 Uhr: | |
@Martin Jurgeit Ist das alles? |
Mörsberg
| Veröffentlicht am Montag, 18. Oktober 2004 - 15:02 Uhr: | |
Was man so alles lostreten kann, wenn man nur ein paar Worte in den Raum streut... >> da im Normalfall 10 strammorganisierte Personen Ausreichen um >> einen mittleren Westkreisverband der PDS zu übernehmen." > Immerhin konnten sie 36 Wahlkreiskandidaten aufstellen. Damit ist das Kriterium also deutlich übererfüllt. Erfahrungsgemäß sind in solchen Fällen sehr viele Nichtmitglieder dabei. > Nicht die lokale PDS-Gliederung, sondern der Abgeordnete suchte > das Bündnis. Wenn die lokale Gliederung schwach ist, können die wenigen Gewählten eben machen, was sie wollen. Immerhin hat eine Kreisversammlung oder dergleichen eine Liste beschlossen. > Der Abgeordnete galt vorher als eher unauffälliges Mitglied. Ja und? Vielleicht sollte man gerade bei vermeintlich Unauffälligen mal etwas genauer hinschauen. Unauffällig heißt doch nur, dass man über den Typen nichts wusste. Organisationsschwäche heißt in so einem Fall eben auch, dass es die übergeordneten Ebenen nicht leisten können, ein wachsameres Auge auf die Entwicklung in den Kreisen zu nehmen. Solange solche Gliederungen bei Wahlen nicht erfolgreich sind, interessiert das niemanden. Jetzt, da die kommunalen Sperrklauseln fast überall gefallen sind, muss man sich wohl genauer überlegen, wo man antritt (oder eine Liste unter dem Namen der Partei antreten lässt). |
Sole
| Veröffentlicht am Montag, 18. Oktober 2004 - 16:27 Uhr: | |
Wenn ein Mitglied bisher nicht aus dem Rahmen gefallen ist, wird keine Partei, schon gar nicht ein PDS, irgendwelche weiterführenden Untersuchungen übernehmen. Von daher verstehe ich die Passage nicht. Der ganze Beitrag geht davon aus, die lokale Gliederung habe bewußt oder fahrlässig einen irgendwie erkennbaren Nazi-Sympathisanten auf ihre Liste gesetzt. |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Montag, 18. Oktober 2004 - 19:12 Uhr: | |
@Immanuel Goldstein schrieb: "Ist das alles?" Also ich habe jetzt wirklich keine große Lust, hier große Referate über die K-Gruppen und ihren zahlreichen Köpfen auf rechten Abwegen ins Netz zu stellen, zumal ich die Vermutung habe, dass du sehr gut wissen dürftest, worauf ich anspiele. Ich möchte als Stichworte nur ein paar Namen wie Bernd Rabehl, Horst Josef Ackermann, Horst Mahler, Reinhold Oberlercher, Michael Koth, Werner Olles oder Günter Maschke nennen. Wer sich mal etwas genauer das Innenleben der K-Gruppen anschauen möchte, das man nur als "Faschismus pur" bezeichnen kann, dem würde ich z.B. Gerd Koenens Buch "Das rote Jahrzehnt" empfehlen. Koenen beschreibt - übrigens als Insider - auch sehr gut, wie stark die K-Gruppen dem Antisemitismus/Antizionismus verhaftet waren, der später für nicht wenige aus ihren Reihen vor allem die Brücke zu Neonazis, NPD etc. darstellte. |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Montag, 18. Oktober 2004 - 22:46 Uhr: | |
@ Martin Jurgeit Gerd ist ein Freund von mir und natürlich kenne ich sein Buch. Leute, die in den 70'er jahre K-Grüppler waren und dann nach rechts außen gingen kenn ich leider genug. Überhaupt gingen ehemalige Mitglieder von K-Gruppen überall hin (ich kenn auch welche in der FDP, CSU, SPD und die bei den Grünen sind allgemein bekannt). "Ist das alles?" bezog sich auch nicht auf den K-Gruppen-Hinweis (wobei ich darauf aufmerksam machen will, dass wer auch jetzt noch in einer Rest-k-Gruppe oder in der KAG der PDS ist, wahrscheinlich auch nicht mehr zu den Rechtsextremen wechseln wird; außerdem gibt es durchaus viele "antideutsche", pro-israelische (teilweise Ex-) K-Gruppenmitglieder; da gab es erst vor kurzem starke Auseinandersetzungen in München). Viel mehr bezog sich das "Ist das alles?", darauf, dass alle anderen Argumente von mir ignoriert wurden (oder ihnen stillschweigend rechtgegeben wurde) und nur auf einen kleinen Nebenhinweis eingegangen wurde (den ich jetzt im Nachhinein durchaus bereit wäre fallenzulassen um mehr Aufmerksamkeit auf den Rest meiner Beiträge zu lenken). P.S. In meiner sozial-libertären, anarchoiden Jugendphase (ca. 1971-1981) hatte ich viel Streit und Hader mit K-Gruppenmitgliedern, denen ich damals die selben Vorwürfe vorhielt, die Sie ebenfalls richtigerweise (wenn auch etwas übertrieben) genannt haben. |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Montag, 18. Oktober 2004 - 22:55 Uhr: | |
@Martin Jurgeit Kleiner Nachtrag (für den Interessierten und Versierten, und für das halte ich Sie) Sehen Sie sich mal die Vorgeschichte der von ihnen genannten Personen an, einige kamen von Rechts, gingen nach links und kehrten später wieder nach rechts zurück (z.B. Mahler mit seinem ursp. Burschenschaftshintergrund, der mit Schily(Jetzt SPD, Ex-Grüner) und Ströbele (der das erst grüne Direktmandat gewann) auch zusammenarbeitete, die RAF unterstützte (die ebenfalls manchmal Rechts von Links nicht unterscheiden konnte) und seinen momentanen Anwaltsstatus in gewisser Weise Schröder (ehem. Juso nun SPD-Kanzler) verdankt). |
Sole
| Veröffentlicht am Dienstag, 19. Oktober 2004 - 09:48 Uhr: | |
Rhein-Sieg-Kreis - „Wegen diverser Morddrohungen über Telefon und Mail aus Sorge um mein Leben beende ich das Spiel um die so genannte »Technische Fraktion« durch meinen Austritt daraus“: Mit dieser Verlautbarung hat jetzt der Ex-PDS-Mann Uwe-Bernd Griesert seine Zusammenarbeit mit den beiden Rechtsextremen Helmut Fleck (Bündnis für Deutschland) und Stephan Meise (NPD) beendet, bevor sie überhaupt beginnen konnte. Die Kreisverwaltung hatte dem Trio bislang die Anerkennung als Fraktion bislang verweigert. Vorangegangen war dem Angebot an Fleck und Meise, wie auch Grieserts Austritt aus der PDS, aber ein parteiinterner Streit, das haben Recherchen des „Rhein-Sieg-Anzeiger“ ergeben. Im Kern geht es um eine Auseinandersetzung zwischen Griesert und Michael Otter, dem Wahlkampfleiter bei den vergangenen Kommunalwahlen. Griesert habe mehr Mittel für seinen Wahlkampf gefordert, die Otter aber nicht zugestehen wollte. Das Pikante: Griesert war bis zum 8. Oktober nicht nur Sprecher, sondern auch Kassenwart der PDS-Rhein-Sieg. „Die Kasse hat er noch nicht zurückgegeben, wir haben ihm jetzt einen Termin zum 22. Oktober gesetzt“, erläuterte Otter gestern. Es gehe um einen vierstelligen Euro-Betrag. Für seinen Parteiaustritt nannte Griesert indes einen anderen Grund. Otter habe eine Genossin »niederträchtig« aus der Partei gemobbt, heißt es in einer E-Mail, die der Redaktion vorliegt. Offensichtlich versuchte Griesert, durch die Fraktionsbildung mit den Rechtsextremen Druck auf den PDS-Parteivorstand auszuüben. „Ich bin von vielen aufgefordert worden, dieses »Inferno« zu beenden“, so schreibt Griesert. Er verlange aber eine öffentliche Entschuldigung Otters „für sein mieses Verhalten“. Der wiederum weist die Mobbingvorwürfe zurück: „Das ist an den Haaren herbeigezogen und eine reine Privatangelegenheit.“ Woher die Morddrohungen gegen Griesert kommen, ist unklar. Allerdings gibt es eine Mail, in der er als „Nazischwein“ bezeichnet wird. „Nazis und deren Unterstützer“ müssten „gejagt und ausgemerzt“ werden, heißt es in dem Text. Wegen der Drohungen hat die Polizei Ermittlungen aufgenommen. Von Griesert selbst war gestern keine Stellungnahme zu den Vorfällen zu bekommen. Die PDS Rhein-Sieg forderte ihn gestern auf, sein Mandat zurückzugeben. siehe Kommentar |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Dienstag, 19. Oktober 2004 - 09:51 Uhr: | |
@Immanuel Goldstein: MAHLER/SCHILY Die Mahler/Schily/Schröder-Connexion hat tatsächlich etwas Tragikomisches, wobei ich Schröder in diesem Trio eher die Rolle des etwas einfallslosen "nützlichen Idiotens" zugestehen möchte. Aber was die "Beziehungkiste" Mahler/Schily anrichtet, die sich über die Jahrzehnte zu einer veritablen Privatfehde entwickelt hat, wird ja langsam deutlich. Mir schwante gleich Böses, als ich seinerzeit hörte, dass Schily den neuen Verein (NPD) seines Ex-Kumpels Mahler verbieten wollte. Das Ganze erinnerte dann auch mehr einem Verfahren vor dem Familiengericht, wo sich ein altes Ehepaar streitet, als einem Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht. Ein persönlich weniger befangener Innenminister hätte es sich wohl zweimal überlegt, ob er dieses Verfahren mit mehr als unsicherem Ausgang überhaupt in Gang gesetzt hätte. Jetzt aber sehen wir uns einer vom Bundesverfassungsgericht "geadelten" NPD gegenüber, die wahrscheinlich viel stärker ist als Ende der sechziger Jahre. Und die quasi immun keinerlei Rücksichten mehr nehmen muss und von national-konservativ bis offen neonazistisch alles aufsaugt, was ihr vor die Mitglieder- und Landeslisten kommt. "INTEGRIERTE" K-GRÜPPLER Natürlich sind später manche K-Grüppler in die demokratischen Parteien integriert worden und sitzen heute für die Grünen wie auch die SPD auf der Regierungsbank. Bei diesen "integrierten" Personen ist aber Zweierlei auffällig: 1. Es handelt sich oft um Frauen (z.B. Vollmer, Sager, Ulla Schmidt), was besonders bemerkenswert ist, beachtet man den geringen Frauenanteil in den K-Gruppen. Es scheint wohl wirklich etwas dran zu sein, dass Frauen weniger (dauerhaft) anfällig sind für Extremismus. 2. Es handelt sich bei diesem Personenkreis fast ausnahmslos um K-Grüppler der "zweiten Generation", die erst in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre aktiv wurden, als sie zumeist gerade erst aus der Schule kamen und ihr Studium aufnahmen. In diesem Alter "experimentiert" man noch rum und ist z.B. auch von seinem Freundeskreis abhängig. Der eine fand sich so plötzlich bei einer K-Gruppe wieder und der andere auf einem Verbindungshaus. Ich selber habe als Gymnasiast auch sowohl SDAJ-Feten wie Hardrock-Konzerte der Jungen Nationaldemokraten besucht (beides übrigens unter Mitorganisation von Lehrern!). Die wirklichen Probleme haben wir aber größtenteils mit den K-Grüpplern der "ersten Generation", die selbst 1968 oft schon langjährige politische Erfahrung hatten und für mich deshalb als totalitäre Überzeugungstäter gelten. TOTALITARISMUS Und genau dieser Begriff trifft es für mich. Es gibt nur den Gegensatz "demokratisch – totalitär". Denn in einem trafen sich auch für mich diese beiden extremen Welten als Jugendlicher, wenn ich mit SDAJlern oder Jungen Nationaldemokraten zu tun hatte: Es ging immer um den "großen Kick" des Verbotenen. Gerade das "Verfassungsfeindliche" geilte sie richtig auf. Interessanterweise wurde (und wird) der extremistische Gegenüber auf der anderen Seite dann auch immer mit den demokratischen Parteien in Verbindung gebracht, die das "System" – den eigentlichen Feind – darstellen, um ihn zu diskreditieren. Von Links tönt es immer, dass CDU und besonders CSU ja eh kaum harmloser wären als die Rechtsextremisten. Und nach Meinung der Rechten wollen die Linken am Ende eh nur Karriere in rot-grünen oder rot-dunkelroten Regierungen machen. Und – um auf den Ausgang dieses Themas zurückzukommen -, für die PDS stellt sich heute mehr denn je die Frage, wo sie sich tatsächlich in unserem politischen System ansiedeln will. Wenn man eine wirklich demokratische Partei werden möchte, dann muss man sich langsam dazu entschließen, den immer noch Totalitarismusfantasien anhängenden Gruppen in der eigenen Partei den Laufpass zu geben. Wohl bemerkt, ich würde immer jedem einzelnen zugestehen, dass er seine politischen Ansichten revidiert. Übrigens auch auf der Rechten! Schließlich war selbst Oscar Schindler ursprünglich überzeugter Nazi und ähnliche Beispiele gäbe es noch zuhauf. Nicht jedes ehemalige NSDAP-Mitglied hatte für mich automatisch jedes Recht auf spätere politische Tätigkeit in der Bundesrepublik verwirkt und dasselbe gilt heute für ehemalige SED-Genossen. Deshalb wäre für mich auch Holger Hövelmann als SPD-Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt absolut vorstellbar und ich kann die Hetzjagd gegen ihn wirklich nicht nachvollziehen. Aber das Festhalten der PDS an renitenten Kommunisten wie Sarah Wagenknecht und ihr regelmäßiges Hineinhieven in höchste Ämter (aktuell ins Europaparlament), ja die andauernde Zusammenarbeit mit DKP, Ex- oder Aktuell-K-Grüpplern etc., zeigt deutlich, dass die PDS im "demokratischen System" der Bundesrepublik noch nicht angekommen ist. Und ich bleibe dabei, dass genau dieses vielen Mitgliedern und Anhängern der PDS auch ganz recht ist – ja, dass sich dieser Abstand derzeit aufgrund der aktuellen Probleme sogar wieder vergrößert. Und genau dafür sind die aktuellen Vorgänge nicht nur in NRW ein beredtes Beispiel. |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Dienstag, 19. Oktober 2004 - 13:35 Uhr: | |
@ Martin Jurgeit Das Gegensatzpaar müsste Totalitarismus/Pluralismus heißen. Auch moderne Deomkratien schwanken zwischen diesen beiden Polen (ansonsten wäre z.B. der momentane Strafvollzug nicht zurechtfertigen oder das Gewaltmonopol würde nicht beim Staat liegen und jeder dürfte Privatarmeen aufstellen; ein anderes Beispiel ist, dass bei uns eben noch nicht der totale(d.h. pluralistische) Freihandel ausgebrochen ist und der Staat Menschen entmündigen darf). Das unsere Deomkratie momentan eher zum Pluralismus tendiert ist zwar schön aber keine antitotalitäre Garantie (siehe die immer wieder aufflackernde Datenschutzdiskussion). Die seit Arendt beliebte Verteufeleung des Totalitarismus (und somit auch die von z.B. Hobbes und Plato) ist ja dankenswerterweise mal eine Gegentendenz gegen überzogenen Zentralismus und Anti-liberlismus; doch sollte man nicht vergessen, dass die Demokratie auch ihre totalitären Phasen hatte und regional noch hat (ich erinner jetzt mal an die Herrschaft des Wolfahrtausschusses (nicht wie häufig behauptet der Jakobiner) während der frz. Revolution oder an die Revolution der Jungtürken). V.a. die Aufklärung und ihre Folgen sind Totalitarismen, die bis heute in ihrer Gesamtausdehnung nicht vollständig erkannt worden sind. Auch ein staatliches Schulsystem (so notwendig es ist) ist zu einem gewissen Grad immer totalitär. Ihre Differenzierung zwischen erster und zweiter Generation K-Grüppler ist annehmbar, zeigt aber nicht auf, dass viele Mitglieder der ersten Generation bereits davor in rechten Kreisen verkehrten und sozusagen nur mal einen modischen Ausflug nach Links machten. Zur PDS: Man kann da unterschiedlicher Meinung sein (v.a. als ehem. West- und ehem. Osteuropäer - in Deutschland lebend aber mit starker Verbindung zu seinen Verwandten im Osten). Doch sehe ich - wie bereits geschrieben - in der PDS einen Integrationsfaktor für die ehem. DDR-Bürger (im Unterschied z.B: zur abschreckende Kommunistischen Partei Tschechiens) und die westdt. Linke (Ich behaupte jetzt mal dreist, dass eine PDS in den 70'er Jahren einen Linksterror hätte verhindern können). Dass in der PDS noch alte Starrköpfe sind, ist 14 Jahre nach der "Vereinigung" nicht anders zu erwarten (es sind aber weniger als landläufig geglaubt wird, sonst würde die PDS sich ja nicht an (anstrengenden - wie Berlin- ) Landesregierungen nicht beteiligen). P.S. Es ist nicht gerade pluralistisch, wenn man andere zu einem Demokratiebekenntniss eigener Farcon zwingen will. Die PDS sollte sich unabhängig von Forderungen anderer Parteien zu einer nützlichen und produktiven Partei innerhalb der FDGO entwickeln. |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Dienstag, 19. Oktober 2004 - 16:00 Uhr: | |
@Immanuel Goldstein: Ich verkneife es mir (nicht zuletzt aus Zeitgründen) im Detail auf die letzten Ausführungen einzugehen. Nur kurz zum Stichwort "Wolfahrtsausschuss": Gerade das Wirken dieser Instituion beendete ja wohl alle - eh nur in Ansätzen - vorhandenen Demokratisierungsversuche im damaligen Frankreich (die USA waren da gleichzeitig schon um Längen weiter). Und zum P.S.: Ich will weder der PDS noch irgendwelchen anderen Parteien etwas aufzwingen. Von mir aus können Parteien Programme beschließen und eine Politik betreiben, wie sie wollen. Ich bin ja Gott sei Dank auch nicht gezwungen, ihnen in unserem politischen System beizutreten oder ihnen auch nur meine Stimme zu geben. Mir geht es nur darum, dass von der PDS eine klare Entscheidung für den einen oder anderen Weg getroffen wird. Schließlich ist es ja die PDS - oder zumindest Teile ihrer Vertreter -, die immer wieder betonen, dass sie "dazu gehören" wollen. "Ein bisschen schwanger" geht aber halt nicht, das musste z.B. auch die FDP in den fünfziger Jahren erkennen, nur dass ihr dringend notwendiger Abgrenzungsprozess damals in die andere Richtung zielte. Und genau die gleiche Entscheidung - in welche Richtung auch immer - würde ich heute von der PDS erwarten. |
Sole
| Veröffentlicht am Dienstag, 19. Oktober 2004 - 18:47 Uhr: | |
Martin, ich sehe hier doch ein ziemliches Mißverständnis. Der Beitrag wird wohl länger als dem Zeitbudget angemessen wäre. "Und – um auf den Ausgang dieses Themas zurückzukommen -, für die PDS stellt sich heute mehr denn je die Frage, wo sie sich tatsächlich in unserem politischen System ansiedeln will." Es ist tatsächlich unser politisches System - das des gesamten Deutschland. Es ist keinesfalls mehr das System der alten Republik in Bonn. Zu diesem System gehört die PDS heute zweifellos dazu. Zu diesem System gehört ein anderer Mix von Auffassungen eben auch von Demokratie. "Wenn man eine wirklich demokratische Partei werden möchte," Das muss sie nicht. Das ist sie in ihrem Handeln wie ihrem Programm. "dann muss man sich langsam dazu entschließen, den immer noch Totalitarismusfantasien anhängenden Gruppen in der eigenen Partei den Laufpass zu geben." Eine Partei wird nicht dadurch demokratischer, dass sie Flügel aussperrt. Niemand käme auf die Idee, die CDU dürfe keinen extrem konservativen Flügel haben - auch wenn der Potential hat, einige sehr zwielichtige Personen anzulocken. "Wohl bemerkt, ich würde immer jedem einzelnen zugestehen, dass er seine politischen Ansichten revidiert. Übrigens auch auf der Rechten! Schließlich war selbst Oscar Schindler ursprünglich überzeugter Nazi und ähnliche Beispiele gäbe es noch zuhauf. Nicht jedes ehemalige NSDAP-Mitglied hatte für mich automatisch jedes Recht auf spätere politische Tätigkeit in der Bundesrepublik verwirkt und dasselbe gilt heute für ehemalige SED-Genossen." Du gestehst den Menschen zu, Ansichten zu ändern - nicht aber, sie zu behalten. Die PDS ist für jeden, der eine klassische bolschewistische Linie vertritt oder posthum Stalin verehrt eine unerträgliche Partei, unerträglich ihr Programm, unerträglich ihre alltägliche Politik, unerträglich ihre deutliche Absage an autoritäre Strukturen und Verfahrensweisen. Die "Helden" der alten Zeit wurden ausgeschlossen oder gingen von selbst. Wer heute der PDS angehört und vorher in der SED war kann durchaus selbst Schuld auf sich geladen haben in der DDR. Damit muss er individuell fertig werden. Er unterscheidet sich aber von dem, der parteilos wurde oder sich einer anderen politischen Richtung anschloss. Die PDS hat in dem Umbruchsprozess sich selbst als die Gruppierung erklärt, die am Ziel einer nachkapitalistischen, besseren Gesellschaftsform (eben Sozialismus) festhält, die aber klar von den Methoden des bisherigen osteuropäischen Systems konzeptionell loslöst. Also nicht bloß hinnimmt, dass ihr diese Macht verloren ging, sondern diese Art Machtapparat auch als nicht mehr erstrebenswert ablehnt. Das ist ein Unterschied zur KSCM beispielsweise. Ähnliche Ziele vertrat auch die neue Gruppierung "Die Nelken" oder die "Vereinigte Linke" der DDR. Diese waren aber ehemaligen SED-Kadern, gerade solchen, die nicht eben schon seit Jahren offen Zweifel aussprachen, eher nicht offen. Sie gingen großenteils in der PDS auf. Man müßte schon die Legitimität jeder demokratischen, sozialistischen Partei gleich welcher personeller Herkunft verwerfen, um zu behaupten, die PDS müsse noch irgendwo "ankommen". Sie ist längst da. Sie hat sich entschieden, was sie ist und was nicht. "Aber das Festhalten der PDS an renitenten Kommunisten wie Sarah Wagenknecht und ihr regelmäßiges Hineinhieven in höchste Ämter (aktuell ins Europaparlament), ja die andauernde Zusammenarbeit mit DKP, Ex- oder Aktuell-K-Grüpplern etc., zeigt deutlich, dass die PDS im "demokratischen System" der Bundesrepublik noch nicht angekommen ist." Ich weiß nicht, welche Anforderungen du dir da so vorstellst. Im Einzelnen: Warum darf es in einer "demokratischen Partei" nicht auch Kommunisten geben? Welche aktuelle Äußerung von Wagenknecht ist derart erschütternd, dass es eine solche Position nicht in einer "demokratischen Partei" geben soll? Um einen Vorstandsposten muss sie immer wieder erneut gegen dominierende Strömungen ankämpfen. Ihre Kandidatur zum Europaparlament auf aussichtsreichem Platz wurde demokratisch von den Delegierten gegen das Vorstandsvotum beschlossen. Aber: Wenn man sich für eine Ausrichtung entscheidet, die einen neuen, noch zu findenden Weg zum ursprünglichen Ziel des Sozialismus entscheidet, dann gesamtdeutsch. Es gibt eine Chance für die, die im Osten geirrt haben und die, die im Westen geirrt haben. Vor diesem Hintergrund wäre eine Abgrenzung von irgendwelchen Altlinken, die bei diesem neuen Ziel dabei sein wollen, Blödsinn. Es haben sich ja immer mal wieder Gruppen oder Menschen Illusionen gemacht, mit der PDS ihren alten Stoff neu zu vermarkten. Es hat nichts genützt, wie Wieder-Abgänge ins Splitterlager (etwa W.Wolf) immer wieder zeigen. "Und ich bleibe dabei, dass genau dieses vielen Mitgliedern und Anhängern der PDS auch ganz recht ist – ja, dass sich dieser Abstand derzeit aufgrund der aktuellen Probleme sogar wieder vergrößert. Und genau dafür sind die aktuellen Vorgänge nicht nur in NRW ein beredtes Beispiel." Dabei kannst du gern bleiben. Es gibt einen Unterschied, Abstand, wenn man will, zwischen der PDS und anderen großen Parteien. Dieser Unterschied hat aber nichts mit demokratisch oder nicht zu tun. Ihn zu eliminieren hieße, die PDS inhaltlich überflüssig zu machen. |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Dienstag, 19. Oktober 2004 - 19:29 Uhr: | |
@Sole Schöner Beitrag.Viel Erfolg beim Wirken in Ihrer Partei. @Martin Jurgeit Zum P.S. Das war nicht gegen Sie gerichtet sondern gegen die Ausgrenzungspolitik der bürgerlichen Parteien gegen die PDS (Verzeihen Sie mir, wenn eine andere Stoßrichtung angenommen werden konnte). Zum Wohlfahrtsauschuss Er bestand aus Personen verschiedener politischer Gruppen und Gruppenflügel und war demokratisch (durch die Nationalversammlung) legitimiert und handelte im Interess der damaligen (radikalen, aber nicht der radikalsten) Demokraten. Der Wohlfahrtausschuss war für eine Ausweitung des Wahlrechts (Kein Zensuswahlrecht, allgemeines, gleiches Männerwahlrecht), wohingegen die zuvor dominierenden Gruppen (m.E. Girondisten) eine eher oligarchische Eigentümerrepublik anstrebten. Der Verfassungsvorschlag (nicht realisiert wegen des Putsches der geheimen Opposition) war der demokratischte den die Welt bis in die 1870'er kannte Die (m.E.) "Diktatur" des Wohlfahrtsauschuss war eine Herrschaft der Kleinbürger (siehe Preis- und Lohnmaximumspolitik), die sich in ihrer Mehrheit tatsächlich als Demokraten sahen (und somit eigentlich mehr Legitimation als das zahlenmäßig geringe "girondistische" Großbürgertum vorweisen konnte). Die Nationalversammlung wurde nicht aufgelöst oder abgeschafft und es gab keine dominierende Partei in ihr (zur ihrem Höhepunkt hatten Jakobiner und Cordeliers gerade mal ein Drittel der Abgeordneten unter direkter Kontrolle). Das unter Leitung des Wohlfahrtausschuss totalitäre Politik betrieben wurde (Hinrichtung von Gegener und Konkurrenten, Indoktrination der Bevölkerung mit demokratischen und aufklärerischen Ideologien, "Tugendterror", Kriegsmobilisierung der Gesamtbevölkerung)ist offensichtlich. Doch war dieser Totalitarismus eine Mehrheitsdemokratie (von der Bevölkerung mitgetragen und der pariser Stadtbevölkerung forciert), der keinen Minderheitenschutz kannte. Dass in den folgenden vierzig Jahren Demokraten als Jakobiner bezeichnet wurden, zeigt, dass zumindest im späten 18. und im frühen 19. Jhdt. die Herrschaft des Wohlfahrtsauschuss als eine demokratische Regierungsweise betrachtet wurde. Die Geburt der modernen Demokratie war leider auch von Blut begleitet (siehe auch Puritanische und Glorreiche Revolution in England, den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg) und nicht frei von (v.a. gegen die Vergangenheit gerichteten) Totalitarismus. Eine der Ammen war die Guillotine. Die USA mit Census-Wahlrecht, Nicht-Wahl der Senatoren, der Sklaverei (In Frankreich Anfang der 1790'er Abgeschafft), dem Wahlbetrug durch Washington und dominiert von wenigen, einflußreichen Familien war damals sicher nicht demokratischer als das revolutionäre Frankreich. Wahrscheinlich war sie aber wesentlich weniger totalitär. |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Mittwoch, 20. Oktober 2004 - 07:43 Uhr: | |
@Sole: "Die PDS hat in dem Umbruchsprozess sich selbst als die Gruppierung erklärt, die am Ziel einer nachkapitalistischen, besseren Gesellschaftsform (eben Sozialismus) festhält" Das ist ja gerade das "Problem". Der Kapitalismus ist nun mal INTEGRALER Bestandteil unserer Gesellschaftsform. Und das mit gutem Grund, wie auch (West-)CDU und SPD in der frühen Phase der Bundesrepublik nach hartem Ringen erkennen mussten (Stichwort "Godesberger Programm"). Es mag Spielraum in der Ausformung geben (Stichwort "Soziale Marktwirtschaft"), das Prinzip ist aber fix, andernfalls ist Freiheit nicht machbar. Wer "nachkapitalistische" Absichten hat, kann diesen meiner Meinung nach weiterhin anhängen, er stellt sich damit aber klipp und klar außerhalb der Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik. "Warum darf es in einer "demokratischen Partei" nicht auch Kommunisten geben? Welche aktuelle Äußerung von Wagenknecht ist derart erschütternd, dass es eine solche Position nicht in einer "demokratischen Partei" geben soll?" Wenn Wagenknecht & Co. im Juni in ihrem Papier "Strategie der Anpassung" wieder einmal ausdrücklich zur ÜBERWINDUNG dieser Gesellschaft aufrufen, dann lässt das für mich zumindest nicht an Deutlichkeit zu wünschen übrig. |
Immanuel Goldstein
| Veröffentlicht am Mittwoch, 20. Oktober 2004 - 10:53 Uhr: | |
Die SPD war bereits vor dem "Godesberger Programm" ein seriöses, integriertes, verfassungstreues Mitglied der westdt. parlamentarischen Demokratie (über die (West-)CDU (mit ihren bescheidenen Nationalisierungs- und Sozialisierungswünsche) lässt sich wohl nur sagen, dass sie eine Hauptkreatoren der Bundesrepublikanischen wohl kaum jemals in die BRD integriert werden). Erinnert sei nur an den ersten (West-) SPD-Vorsitzenden nach dem Krieg und sein Engagement gegen den osteuropäischen Staatssozialismus oder an die nicht-revolutionäre, eine parlamentarische Präsidialdemokratie schaffene Partei nach dem 1. Weltkrieg (ja So alt und noch viel älter ist die älteste und an unserer Entwicklung amlängsten teilhabende Partei Deutschlands). Natürlich gab es einige Abstimmung und eine gewisse Stimmung zugunsten von Sozialisierungen, dahinter standen aber eher drei andere Motive: Armut (Stichwort Hungerwinter), die Erfahrungen einer Kriegswirtschaft (mit ihren zentral gelenkten Elementen), der Wunsch nach Minimierung des pol. Einflusses der "Großindustriellen§ (mit tatsächlicher oder vermeintlicher Nazivergangenheit). Da es aber vor dem Grundgesetz noch gar keinen Rahmen für einen selbstverwalteten Staat und seine Gesellschaft gab, konnte man auch nocht nicht gesellschaftunkorfmen Verhalten sprechen, da zumindest regional große Mehrheiten in der Gesellschgaft für eine Sozialisierung waren. Wissen wann und in wessen Auftrag und warum die Soziale Marktwirtschaft als Konzept(unter Mitwirkung von des späteren zweiten (west-) dt. Kanzler) ausgearbeitet wurde? Sie werden staunen (wenn Sie es nocht nicht wissen). In der zweiten Hälfte des Krieges sollte im Auftrag für das dritte Reich eine Gruppe von ökon. Fachkräften in Berlin ein Wirtschaftskonzept für Fall der Niederlage Deutschlands ausarbeiten. Die Soziale Marktwirtschaft ist natürlich kein faschistisches Werkzeug oder ein Überbleibsel des dritten Reichs geschweige denn irgendetwas die Demokratie bedrohendes. Aber sie wurde in einer seltsamen Phase der dt. Gesellschaft von (größtenteils) sachlichen Fachkräften entwicklet. Sie war somit vorrauschschauend und an die Zukunft denkend und somit eben nicht an die damalige Gesellschaftrealität (immerhin eine totale Diktatur) gebunden. Über das Bestehende vorrauszuchauen und gegenüber einer (möglichen?) kommenden Situation zumindest theoretisch vorbereitet zu sein ist genauso ein Teil der Sozialen Marktwirtschaft wie auch bei Teilen der Gesellschaft ist Teil einer jeden Gesellschaft. Kapitalistisch ist unsere Gesellschaft durchaus. Aber Katipatilasimus ist kein monolithisches Etwas. Er entwicklet sich, ändert sich, wandelt sich, lebt zusammen mit seiner eigenen Zukunf und Vergangenheit (ich meine das jetzt regional betrachtet) und wenn er nicht wirklich fundamental anders als alle anderen dominierenden Gesellschaftformen der Weltgeschichte ist, wird er irgendwann auch wieder verschwinden, in etwas anderes ob zum Guten oder Schlechten einmünden oder ein Randphänomen des menschlichen Verhaltens werden. Gedanken sich über die Zeit danach zu machen ist was anderes als etwas aktiv abschaffen zu wollen. |
Sole
| Veröffentlicht am Mittwoch, 20. Oktober 2004 - 11:43 Uhr: | |
Martin, wir werden da wohl nicht weiterkommen. Du behauptest, die kapitalistische Ordnung sei eine Art "end of history". Sie aufheben zu wollen heißt deiner Auffassung nach, auch alle anderen Vorzüge unserer heutigen Gesellschaft, die relative Freiheit etwa, Pluralismus, Demokratie. Diese hätten nur in der kapitalistischen Ordnung höchste Ausformungen erzielt und damit sei es per se falsch, an dieser Ordnung substanziell etwas zu ändern. Wenn ich das falsch verstehe, einfach anmerken. Ich behaupte aber, dass die Freiheit, die Demokratie, der Wohlstand der Gesamtheit tatsächlich durch diese Ordnung beschränkt sind. Immanuel Goldstein hat es bereits ähnlich ausgeführt: jede neue Ordnung bisher irgendwann sich überlebt, weil die Entwicklung in den Produktionsmethoden und anderen Rahmenbedingungen an einem gewissen Punkt im Widerspruch zu dieser Ordnung standen. Der Niedergang des Lehenswesens ist da vielleicht ein anschauliches Beispiel. Wenn mir etwas bei der PDS Sorgen macht, dann sicher nicht, dass sie immer wieder ein bestehendes System als taugliches Mittel in Frage stellt. Vielmehr hat sie immer noch eine gewisse Armut an Rezepten, die ihren politischen Anspruch tatsächlich erfüllen. So manche Forderung in den Programmen liest sich eher als eine Konzession an Partnerschaften mit Gewerkschaften als dass sie wirklich einen Weg aus festgefahrenen Situationen bieten. Die PDS bekennt sich zu den im Grundgesetz formulierten Zielen und Werten. Da gibt es kein "aber". Dass sie die heutigen Mittel, diese zu erreichen teilweise ablehnt macht sie nicht zu einer Partei "außerhalb der Gesellschaft". Eine wirklich schwierige Frage ist, ob etwa die nationalsozialistische Programmatik einer NPD nach diesen Maßstäben "in der Gesellschaft" ist. Ich meine: nein. Die NPD will ein Zurück zu überlebten Zuständen. Diese beinhalten ein Weniger an Demokratie, Freiheit und allgemeinem Wohlstand. Diese Partei sieht solche Ziele als nicht erstrebenswert an. Eine Partei, die sich selbst als systemfremd definiert, kann nur sehr schwer eine brauchbare kommunal- oder Landespolitik vorstellen. (Vgl SAV). Die Schulnetzplanung etwa zu akzeptieren und mitzugestalten heißt eben auch, die gegenwärtigen Limitationen durch das System zu akzeptieren. Diese Limitationen zu sprengen ist eine Aufgabe, die auf dieser Ebene nicht anzugehen ist. |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Mittwoch, 20. Oktober 2004 - 12:07 Uhr: | |
"Die SPD war bereits vor dem "Godesberger Programm" ein seriöses, integriertes, verfassungstreues Mitglied der westdt. parlamentarischen Demokratie" Das habe ich nie in Frage gestellt. Trotzdem war es zwingend notwendig auch die programmatischen Grundsätze endlich der - auch von der SPD im politischen Alltagsgeschäft längst verinnerlichten - bundesrepublikanischen Realität anzupassen. Außerdem war damit das genauso notwendige Herausdrängen - immer noch vorhandener - antidemokratischer Kräfte aus der Partei verbunden, das in der Folge erst die Öffnung der SPD zur Mitte und den tatsächlichen Aufstieg zur Volkspartei möglich machte. Es ist ja kein Zufall, dass die Ausarbeitung von "Godesberg" zeitlich mit dem SPD-Beitritt der GVP-Kräfte (z.B. Heinemann, Erler, Rau) zusammentrifft. "Gedanken sich über die Zeit danach zu machen ist was anderes als etwas aktiv abschaffen zu wollen." Genau dieses unterstelle ich aber einer Sarah Wagenknecht und sie selbst würde dies wohl auch nie bestreiten. Ansonsten halte ich es mit Helmut Schmidt: "Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen." Mir macht nichts mehr Angst als Leute, die Utopien ausarbeiten und womöglich auch noch auf die Idee kommen, diese umsetzen zu wollen. |
Martin Jurgeit
| Veröffentlicht am Mittwoch, 20. Oktober 2004 - 12:39 Uhr: | |
@Sole: "jede neue Ordnung (hat sich) bisher irgendwann überlebt" Das kann man nur so sehen, wenn man den Kapitalismus weiterhin aus der längst widerlegten Sicht von Marx verstehen will. Ich halte es da eher mit Smith, der von einem "System der NATÜRLICHEN Freiheit" spricht. Und diese "Freiheit des Marktes" hat sich immer wieder in der Menschheitsgeschicht durchzusetzen versucht - mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg. Dort, wo der Erfolg größer war (siehe z.B. bereits den antiken Vergleich Athen/Sparta), waren interessanterweise auch immer die demokratischen Rechte weiter verbreitet. Dass dieses nicht zwingend für alle Bevölkerungspruppen galt (Stichwort "Sklaverei"), widerlegt übrigens nicht das Prinzip! |
Sole
| Veröffentlicht am Mittwoch, 20. Oktober 2004 - 21:08 Uhr: | |
Martin, wenn du Lust hast poste ein paar Links, die eine Widerlegung Marx' behandeln. Ich glaube nicht, dass sich hier eine Diskussion hierüber lohnt. Eine "Demokratie der Besitzenden" mag für dich der Endpunkt aller Entwicklung sein, ich vermute, dass es einen solchen gar nicht gibt. An dieser Stelle sind wir fertig. Wir sind bei der politischen Frage, ob Markt[zugang] = Freiheit bedeutet, ob jeder andere Faktor zu vernachlässigen ist. Das ist eine politische Grundfrage, an der sich verschiedene Ansätze und Parteien festmachen. Was, wenn nicht der freie Wettstreit solcher Ansichten um die Gunst beim Volk, ist Demokratie? Eine unbedingte Smith-Gläubigkeit ist heute unter VWL-Professoren seltener geworden. Eine unbedingte Marxpredigerei andererseits auch. Die Vorstellung, die PDS oder Teile von ihr wollten planlos irgendeine Regierung wegputschen um eine Diktatur zu errichten ist bei näherer Betrachtung ein schlechter Witz, der allerdings seit Jahren vielen Leuten ihren Arbeitsplatz auf deine und meine Kosten sichert. |
RedSock
| Veröffentlicht am Dienstag, 26. Oktober 2004 - 11:49 Uhr: | |
nachdem ich inzwischen seit 8 jahren mitglied der pds rhein-sieg und seit 6 jahren im vorstand bin, fühle ich mich zu der folgenden klarstellung berechtigt: in unserem kreisverband gibt es keine nationalistischen, rassistischen oder faschistischen strömungen; herr griesert hat aus nur psychologisch erklärbaren motiven ein - wie er es nannte - "zielgerichtetes inferno angezettelt", um unseren kreisverband, der sich bereits vor seiner wahl mit ihm zerstritten hatte, unter druck zu setzen. als wir die nachricht erhielten, waren wir zutiefst entsetzt und erschüttert - und sind es noch immer. eine solche entwicklung war trotz vorhergegangener auseinandersetzungen nicht abzusehen; herr griesert hat sich nie im sinne einer nationalistischen ideologie geäußert, und ich bin überzeugt, daß er auch keine solche vertreten hat oder vertritt. aus seiner sicht, der sicht eines ehemaligen marineoffiziers, handelt es sich wohl um ein rein strategisches zweckbündnis. wahrscheinlich glaubt er, daß im krieg alles erlaubt ist , hat aber vergessen, daß wir uns nicht im krieg befinden. er scheint weiterhin der überzeugung anzuhängen, ein mißverstandener, aber loyaler unterstützer unserer konzeption zu sein; daß er unseren gegnern schlechthin als steigbügelhalter gedient hat, ist ihm entweder entgangen, oder er hat es billigend in kauf genommen. in keinem sinne kann der vorfall anders als rein polemisch argumentativ zur unterstützung der totalitarismustheorie herangezogen werden. ********************************************************************** soviel dazu. was ich nach flüchtiger - wir haben derzeit leider äußerst viele mißverständnisse auszuräumen - lektüre des threads sonst noch sagen möchte: 1.) marx ist nicht widerlegt. man kann ihn auch nicht widerlegen, dazu ist er in den einen teilen zu sehr, in den anderen zu wenig wissenschaftlich. seine betrachtungen über wirtschaftswissenschaften sind in weiten teilen korrekt, seine aussagen über die periodische wiederkehr von krisen etc. werden ständig bestätigt. der diamat wie der histomat sind mehr auslegungen als thesen und somit nicht widerleg- sondern höchstens anfechtbar. seine mathematischen schriften sind durchweg korrekt. und philosophische thesen sind gemeinhin nicht in einem allgemein anerkannten sinne widerlegbar - dazu müßte man sich erst einmal auf einen einheitlichen philosophischen wahrheitsbegriff einigen, und wenn das gelänge, wäre die philosophie wohl schon fast fertig. 2.) die pds ist keine kommunistische partei. sie bekennt sich bereits seit jahren zum "kapitalismus mit menschlichem antlitz", zur sozialen marktwirtschaft. 3.) die pds will keinen starken staat; sie fordert eine reduzierung der armee, der geheimndienste, war massiv gegen den großen lauschangriff, ist gegen die europol etc.; worin soll sich die stärke des staates denn äußern? aber sie will den menschen eine möglichst große mitwirkungsmöglichkeit bei der gestaltung ihrer lebensverhältnisse geben. dies ist unser verständnis von gesellschaftlicher freiheit. dazu gehört, den bewegungsspielraum nicht demokratisch legitimierter machtstrukturen einzuschränken. nichts anderes tut etwa ein kartellamt. 4.) der kommunismus ist kein system des "starken staates". im gegensatz zur stalinistischen wirklichkeit ist das allmähliche absterben des staates zentraler bestandteil der kommunistischen konzeption; erst stalin hat diesen gestrichen - als kleinen teil seiner großen verdienste um die vollständige pervertierung dieser idee. damit mache ich mich im übrigen nicht für den kommunismus stark; ich bin kein kommunist. aber man sollte ihn nicht dauernd falsch verstehen. 5.) die ansicht, kapitalismus sei integraler bestandteil jedes freiheitlich-demokratischen systems ist reine ideologie. würde man die aussage wissenschaftlich scharf fassen, würde offenbar, daß wir von ihrer bestätigung (wie ihrer widerlegung) mit unserem derzeitigen wissensstand lichtjahre entfernt sind. man mag sie also gerne teilen - aber es gibt keinen grund, sie allgemeinverbindlich zu nennen. 6.) kommunisten und sozialisten haben nicht die absicht, sich einzumauern; sie hängen nicht an willkürlichen nationalstaatlichen abgrenzungen und sind auch nicht gegen deren erhöhte durchlässigkeit bzw. aufhebung. am vorgang der globalisierung kritisieren sie lediglich, daß dieser nicht mit einer entsprechend homogenen gestaltung der sozial- und umweltgesetzgebung einhergeht und so droht, die verhältnisse durch verstärkte konkurrenz allenthalben auf das minimum herabzudrücken. dagegen ist das nationalistische lager aus grundsätzlicher erwägung gegen ein solches zusammenwachsen: sie befürchten den verlust "kultureller identitäten", "rassischer reinheit" o.ä. ersteres ist für einen marxisten im besonderen und die meisten modernen sozialisten im allgemeinen nur der gesellschaftliche überbau der lebensverhältnisse, weswegen seine änderung unter geänderten verhältnissen nicht weiter bemerkenswert und sicher nicht zu bedauern ist; letzteres hat in unserer konzeption überhaupt keinen platz und ist schlicht unsinnig. wir bemühen uns auch keinesfalls um eine restauration überkommener zustände. so, das war´s dann fürs erste. schöne diskussion noch, schaue vielleicht nochmal vorbei, kann aber etwas dauern, da die zeit momentan sehr knapp ist... |
Ralf Arnemann
| Veröffentlicht am Dienstag, 26. Oktober 2004 - 14:48 Uhr: | |
Dogmatische Diskussionen interessieren mich nur begrenzt, ich habe deswegen auch nie Marx oder ähnliche Autoren gelesen. Ich vermute aber, daß Ihr hier zu einem großen Teil schlicht aneinander vorbeiredet - und zwar bei dem, was Ihr unter "Kapitalismus" versteht. Man kann den definieren als eine bestimmte Wirtschaftsstruktur, wie sie sich zu Lebzeiten Marx' herausgebildet hat, mit großen Firmen und ihren Besitzern, den "Kapitalisten". Diese Struktur war anders als die Vorgängerstrukturen (Zünfte, Merkantilismus ...), die heutige Struktur ist schon wieder sehr anders (kleinere Firmen werden immer wichtiger, und die großen werden eher anonym kontrolliert, nicht von einem Besitzer). In diesem Sinne hätte ich überhaupt keine Probleme mit der These, irgendwann würde es dann etwas anderes als den Kapitalismus geben und das wäre immer noch demokratisch. Wer dagegen sagt, Kapitalismus gehöre untrennbar zu Freiheit und Demokratie, der meint eigentlich den Schutz des Privateigentums und die Freiheit, damit nach Gutdünken zu wirtschaften (wobei "nach Gutdünken" natürlich immer die allgmein-liberale Begrenzung hat, daß die eigene Freiheit da aufhört, wo die des Nächsten anfängt). Wer so einen weit gefaßten Kapitalismus abschaffen wollte, der würde damit auch die Freiheit des Einzelnen zentral beeinträchtigen. |
Juwie
| Veröffentlicht am Dienstag, 26. Oktober 2004 - 17:53 Uhr: | |
@Ralf Arnemann Ich kann nur zustimmen: "Kapitalismus" wurde zunächst zwar auch in der Nationalökonomie verwendet, wird aber schon seit langer Zeit eher vermieden. Denn im Marxschen Sinne ist "Kapitalismus" keine Wirtschafts-, sondern eine Gesellschaftsordnung, die selbstverständlich durch Ausbeutung und damit auch durch Klassenkampf und die Drohung einer revolutionären Situation geprägt ist. Angesichts der vielfältigen Implikationen der marxistischen Theorie ("Recht" als Waffe im Klassenkampf) ist, wer mit "Kapitalismus" lediglich meint, dass keine Zentralverwaltungswirtschaft vorliegt, mit "Marktwirtschaft" (sehr gerne mit einem Adjektiv wie "sozial") wohl besser bedient. |
Sole
| Veröffentlicht am Dienstag, 26. Oktober 2004 - 18:08 Uhr: | |
"die pds ist keine kommunistische partei. sie bekennt sich bereits seit jahren zum "kapitalismus mit menschlichem antlitz", zur sozialen marktwirtschaft." Das halte ich aber für eine sehr bestreitbare Aussage. Ich hoffe, solche Meinungen nehmen nicht überhand. |
RedSock
| Veröffentlicht am Dienstag, 26. Oktober 2004 - 22:33 Uhr: | |
da gibt es nicht viel zu bestreiten; hier ein auszug aus der entsprechenden erklärung, volltext findet man bei: http://sozialisten.de/partei/geschichte/view_html?zid=19&bs=1&n=22 ********************************************************************* 27.10.2003 - Erklärungen, Reden und andere Dokumente zur Geschichte PDS lobt Gewinnstreben Neues Programm / Einsatz für soziale Marktwirtschaft Nach jahrelanger Debatte hat sich die PDS am Wochenende ein neues Grundsatzprogramm gegeben. Es löst das Parteiprogramm aus dem Jahr 1993 ab, das stark an der Auseinandersetzung mit der Bundesrepublik aus DDR-Sicht orientiert war. Von Pitt von Bebenburg Die PDS bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft und stellt die Freiheit der Menschen in den Mittelpunkt ihrer Politik. Das sind Kernpunkte ihres neuen Programms, das sie am Sonntag in Chemnitz mit Zweidrittel-Mehrheit beschloss. Der im Juni an die Parteispitze zurückgekehrte Lothar Bisky sagte, die PDS schöpfe Zuversicht und Mut aus der Verabschiedung des Programms. ********************************************************************* wenn sie darauf bestehen, streichen sie "seit jahren", die verlautbarung ist ja etwas jünger. tut aber wohl nicht viel zur sache. |
Sole
| Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Oktober 2004 - 08:12 Uhr: | |
Es handelt sich hierbei um eine Reflexion der FRänkischen Rundschau auf das damals neue Parteiprogramm. Wenn man Zeit und Lust hätte könnte man auch die gegenteiligen Interpretationen heraussuchen. Es handelt sich nicht um eine Originalaussage der PDS. Eine Partei, die antikapitalistisch sein will, kann nicht die Soziale Marktwirtschaft für "Kapitalismus mit menschlichem Antlitz" halten. Diese Sicht findet sich auch in Politiker-Äußerungen etwa bei www.dol2day.de oder in bestimmten Zeitungen. Eine solche PDS wäre nicht mehr als eine Traditions-SPD, oder im Junge-Welt-Jargon: "Trachtengruppe Ost". Was die PDS tatsächlich oft tut und propagiert ist die Erhaltung des Sozialstaates alter westdeutscher Prägung und ihrer Institutionen. Der Einsatz für die s.Mw. ergibt sich aus der Notwendigkeit, dem konservativen und marktliberalen Grundstrom etwas entgegenzusetzen. Und das soll dann der in Wirklichkeit gar nicht so tolle Sozialstaat West sein, weil man nichts besseres funktionsfähig fertig hat oder durchsetzen zu können glaubt. Ich halte diesen Weg für fatal und rückwärtsgewandt, auch für einen Ausdruck der Schwäche. Diese Linie ist kompatibel mit dem, was die WASG nach bisherigen Äußerungen anbieten will. Diffuser Widerstand, dem Volk aufs Maul und alles soll so bleiben wie bisher. Statt gemeinsam mit den Gewerkschaften neue, moderne Institutionen und Steuermechanismen zu konzipieren hat die PDS sich lange damit begnügt, traditionelle Gewerkschaftsforderungen wenig kritisch zu übernehmen. Beiden bleibt aber nur der aussichtslose Stellungskampf, wenn es das gewesen sein soll. Die Verteilungskämpfe in Deutschland sind richtig und wichtig, sie können aber im globalen Kontext nicht gewonnen werden. China ist auch nach Lohnkürzungen und Mehrarbeit noch billiger. Das Unternehmen geht dann eben zwei Jahre später dorthin. Für billigen Populismus ohne ein konstruktives Programm mache ich keinen Wahlkampf mehr. Schon das 2002er Wahl-Programm war konturlos und ideenarm. Den Weg, den die PDS kommunal und in den Ländern gegangen ist: Finanzierbare, für die Menschen nachvollziehbare Forderungen aufmachen, den will ich auch im Bund haben. Im Land gibt es Vorschläge zu einer Verwaltungsreform, zur Bildung, zur Förderung des Handwerkes, zur Modernisierung der Kommunalfinanzen, zu mehr Demokratie usw. Woran wir auf Landes- und Kommunalebene wie alle Parteien bisher scheitern ist die Haushaltssanierung. Viele behaupten gar, die PDS solle die Finger von diesem Thema lassen. Tatsächlich läßt sich das Problem meist nur bundesweit angehen. Wo die CDU schon alles Eigentum verscherbelt hat, Kredite für unsinnige Großinvestitionen ausgab und im Land den Geldhahn zudreht kann auch keine PDS noch etwas reißen. Viele dieser Vorschläge sehen auf den ersten Blick ein wenig nach DDR aus. Den einen mag das ganz sympathisch sein, die anderen sollten genauer hinschauen. Wenn du einmal mit Kipping über Grundgehalt geredet hast wirst du an eine irgendwie geartete Versöhnung mit dem jetzigen Zustand nicht glauben. Das Ziel des PDS-Programmes ist nur zu erreichen, wenn ihre Gegenangebote sich für die Menschen als gewinnbringend erweisen. Es war ein Problem des alten DDR-Systems, dass es trotz "sozialistischem Wettbewerb" letztlich keine eigenen Triebkräfte entwickelte. So durfte der NVA-Offizier in der politischen Schulung eben sagen, die Triebkraft der sozialistischen Gesellschaft sei die Systemkonkurrenz. Das Gewinnstreben ist in der Tat wichtig. Es darf aber nicht falsch verstanden werden. |
Look
| Veröffentlicht am Freitag, 21. Januar 2005 - 00:45 Uhr: | |
Warum ist der Thread schon wieder oben? |
Kai
| Veröffentlicht am Donnerstag, 27. Januar 2005 - 11:01 Uhr: | |
Fraktionsgemeinschaft "Technische Fraktion" im Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises ist keine Fraktion Der 15. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 24. Januar 2005 entschieden, dass die von drei Mitgliedern des Kreistags des Rhein-Sieg-Kreises, einem Ex-PDS-Mitglied, einem NPD-Mitglied und einem Mitglied des Bündnisses für Deutschland, gebildete Fraktionsgemeinschaft keine Fraktion ist. Die drei Kreistagsmitglieder hatten im Jahr 2004 eine gemeinsame Fraktion proklamiert, um in den Genuss eines Fraktionsbüros und weiterer Zuwendungen zu kommen. Nachdem der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises die Anerkennung des Fraktionsstatus abgelehnt hatte, hatten die drei Kreistagsmitglieder versucht, im Wege einer einstweiligen Anordnung durch das Verwaltungsgericht Köln die Anerkennung als Fraktion zu erreichen. Dies hatte das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 14. Dezember 2004 abgelehnt. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht nunmehr mit dem o. g. Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Nach der Kreisordnung sei eine Fraktion eine freiwillige Vereinigung von Mitgliedern des Kreistags, die u.a. durch eine grundsätzliche politische Übereinstimmung ihrer Mitglieder gekennzeichnet sei. Ob die letztgenannte Voraussetzung erfüllt sei, bemesse sich nach dem Statut des Zusammenschlusses, nach seiner tatsächlichen Anwendung und nach den Bekundungen der Mitglieder des Zusammenschlusses über die grundsätzliche politische Übereinstimmung. In Fällen politisch extrem heterogener Zusammensetzung bestehe besonderer Anlass festzustellen, ob die erforderliche grundsätzliche politische Übereinstimmung bestehe oder ob lediglich ein formaler Zusammenschluss zur Erlangung finanzieller Vorteile oder einer stärkeren Rechtsposition für die Verfolgung der uneinheitlichen individuellen politischen Ziele der einzelnen Mitglieder vorliege. Hier ergebe sich schon aus dem Statut vom 1. November 2004, dass es an der erforderlichen grundsätzlichen politischen Übereinstimmung fehle. Das machten bereits der Name "Technische Fraktion" und weitere Vorschriften des Statuts deutlich. So werde nicht eine inhaltliche Übereinstimmung, sondern bloß ein "technischer" Zusammenschluss ohne einheitliche Meinungsbildung der Fraktion angestrebt. Die Fraktionen zustehenden Zuwendungen sollen rechtswidrigerweise nicht der Fraktion selbst zugute kommen, sondern zu gleichen Teilen geteilt unmittelbar den Mitgliedern zufließen. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar. Az.: 15 B 2713/04 http://www.ovg.nrw.de/presse/pressem/2005/p050125.htm |
Sole
| Veröffentlicht am Donnerstag, 27. Januar 2005 - 12:00 Uhr: | |
Gut so. Der Mist ist, dass die meisten es nicht merken werden und das Fantom einer angeblichen Zusammenarbeit PDS und NPD, die es so nie gab wird wohl noch ewig in Diskussionen rumgeistern. |
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