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5%-Hürde im Europawahlrecht

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Archiv bis 23. Juni 2004Sole43 23.06.04, 14:38h 
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Juni 2004 - 18:01 Uhr:   

Dass es eine gewisse Hürde geben sollte, um überhaupt auf einen Stimmzettel zu kommen, ist eigentlich völlig unstrittig. Bei Europa- und Bundestagswahlen gibt es da schon noch Spielraum nach oben. Allerdings sind Kandidatenzahlen auf kommunaler Ebene wenig geeignet, weil die Hürden zu kommunaler Kandidatur extrem unterschiedlich sind, sowohl zwischen den Ländern als auch im Stadt/Land-Vergleich.
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Sole
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Juni 2004 - 21:13 Uhr:   

Nicht nur die formalen Hürden (Unterschriften) sind verschieden, auch die Hürde für praktikable Kandidaturen. Ein Wahlsystem mit Wahlkreisen ist da eher störend für kleinere Parteien.

Und so Notbehelfe wie in BaWü sind auch nicht das Wahre.
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C.-J. Dickow
Veröffentlicht am Donnerstag, 24. Juni 2004 - 00:55 Uhr:   

@Sole

Vor allem, wenn es so ausgestaltet ist, wie in Schleswig-Holstein. Da kann auch die Liste nur gewählt werden, wenn ein Direktkandidat aufgestellt werden. Wenn die Zahl der Wahlkreise irgendwie sinnvoll wäre, könnte man das ja noch hinnehmen, aber eine Gemeinde mit 4.600 Einwohnern (ca. 3.000 Wahlberechtigte) so aufzuteilen, daß eine Partei oder Wählergruppe neun Direktkandidaten aufstellen muß, um von jedem Wähler alle Stimmen erhalten zu können, ist schon eine Herausforderung. Die Gemeinde ist in drei Wahlkreise aufgeteilt, in denen jeweils drei Direktkandidaten zu wählen sind. Häufeln ist nicht möglich und für das Listenwahlergebnis werden die Stimmen für die Direktkandidaten zusammengezählt.
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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 24. Juni 2004 - 16:55 Uhr:   

Gepaart mit der dort üblichen 5 % Hürde absolut tödlich.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Freitag, 25. Juni 2004 - 13:24 Uhr:   

Die formale Hürde zur Zulassung der Kandidatur ist immer noch ein geringerer Eingriff als die Sperrklausel an sich. Man sollte schon noch unterscheiden können, welches das eigentliche Problem ist.
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Sole
Veröffentlicht am Montag, 28. Juni 2004 - 17:57 Uhr:   

Man kann ein Übel ja nicht damit rechtfertigen, dass es noch größere gibt.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Dienstag, 29. Juni 2004 - 14:08 Uhr:   

Ich betrachte die formale Hürde doch gar nicht als Übel. Solange sie immer noch niedriger ist als die tatsächliche faktische Sperrwirkung, ist sie ein sehr nützliches Instrument, um einer allzu ausgeprägten Unübersichtlichkeit des Kandidatenfeldes entgegenzuwirken. Und das liegt im Interesse der Wähler.
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Martin
Veröffentlicht am Dienstag, 29. Juni 2004 - 19:23 Uhr:   

Mörsberg schrieb:
"Wenn die Sperrklausel nicht da wäre, würde ein Großteil der Wähler, die dieses Mal abseitige Kreuze gemacht haben, ernsthafter wählen und sich die kleinen Parteien und ihre Kandidaten genauer angucken."

Das ist meines Erachtens nach zu kurz gedacht. Wenn man sich die relativ hohen Stimmzahlen für die "Kleinen" etwas genauer anschaut, so fällt auf, dass ein nicht unerheblicher Anteil auf Gruppierungen wie die Grauen, die Familien-Partei, die Frauen-Partei, Die Tierschutz-Partei und die ÖDP entfällt, also Parteien, die sich mit ihren (auch aus dem Namen heraus gut erkennbaren) Zielen an eine Klientel wenden, die eigentlich auch ganz gut von den derzeitigen rot-grünen Regierungsparteien abgedeckt werden müssten. Dass jetzt viele Stimmen (auch absolut und nicht nur prozentual deutlich mehr als vor vier Jahren!) an diese Parteien gingen, kann durchaus als westdeutsche Variante zur ostdeutschen PDS-Protestwahl gedeutet werden.
Dieses Ergebnis kann übrigens auch als deutlicher Fingerzeig in Richtung "neuer Linkspartei" gewertet werden. Es scheint tatsächlich ein beachtliches Potential für eine Partei neben der SPD zu geben, die sich verstärkt der Probleme von Familien und Rentnern z.B. annehmen würde, da gerade im Westen die Hürde für viele Menschen sehr hoch ist, die PDS zu wählen.
Auch der Hinweis auf die 5-Prozent-Hürde, die quasi als Ruhekissen gedeutet wird, da man ja nichts wirklich schlimmes mit seiner Stimme für eine Splitterpartei anstellt, ist nicht stichhaltig. Ich glaube sogar, dass genau das Gegenteil stimmt. Gerade weil die Europawahl von vielen Wählern als nicht so wichtig erachtet wird, wagen sie hier ihrer tatsächlichen Neigung nachzugeben, ganz ohne taktische Hintergedanken in Bezug auf "verschenkte" Stimmen. Somit könnte gerade die Europawahl ein sehr genaues Abbild der politischen Stimmung liefern, das allenfalls durch die niedrige Wahlbeteiligung gestört wird.

c07 schrieb:
"Dass es eine gewisse Hürde geben sollte, um überhaupt auf einen Stimmzettel zu kommen, ist eigentlich völlig unstrittig. Bei Europa- und Bundestagswahlen gibt es da schon noch Spielraum nach oben."

Ich würde eindringlich davor warnen gerade bei der Europawahl die Unterschriftenhürde anzuheben oder diese, wie bei der Bundestagswahl, sogar auf die einzelnen Bundesländer zu dezentralisieren. Die Europawahl ist die einzige Wahl in Deutschland, bei der auch kleinere und vor allem junge Parteien die Chance haben, mit einigermaßen vertretbarem Aufwand BUNDESWEIT zu kandidieren. Die Grünen beispielsweise würde es heute mit großer Wahrscheinlichkeit als Bundespartei nicht geben, wenn sich ihren Vorläuferlisten nicht 1979 die Europawahl als Plattform eröffnet hätte. Nur die vergleichsweise geringen formalen und organisatorischen Hürden der Europawahl führten dazu, dass sich ein Teil der vor allem dezentral organisierten grünen Vorläuferorganisationen zu einer bundesweiten Wahlteilnahme zusammenraufen konnte und dann den völlig unerwarteten Sensationserfolg von über 3 Prozent erzielte. Vor allem die so erzielte Wahlkampfkostenerstattung machte die "richtige" Gründung der Bundespartei "Die Grünen" erst möglich. Kleine Anmerkung am Rande: Da das Geld damals unter den einzelnen Partnern aufgeteilt wurde, wurde von diesem Geld später sogar noch der Aufbau der ÖDP mitfinanziert, als sich diese von den Grünen abspaltete.
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c07 (C07)
Veröffentlicht am Dienstag, 29. Juni 2004 - 23:06 Uhr:   

Für eine Bundesliste bei der Europawahl sind 4.000 frei sammelbare Unterschriften nötig. Das ist wirklich relativ lächerlich für eine halbwegs ernst zu nehmende Gruppierung und an Infoständen ganz nebenbei erreichbar. Zum Vergleich: Wer für den Stadtrat in München kandidieren will, muss 1.000 Wahlberechtigte dazu bewegen, zur Unterschrift ins Rathaus zu gehn (was allerdings nicht bei jeder Wahl neu fällig wird). Das ist zwar jenseits einer vernünftigen Obergrenze, aber trotzdem noch zu schaffen.

Die Grünen waren zum Teil auch schon vor 1979 organisiert, nur nicht unter dem gemeinsamen Dach. Aber auch einzeln und in Teilbündnissen hat es 1978 für Wahlergebnisse gereicht, die zumindest heute eine Parteienfinanzierung begründen würden (weiß nicht, ob das damals schon so war). Das, was 1979 zur Europawahl angetreten ist, war eigentlich auch noch eher ein Vorläufer der ÖDP. Die Grünen im heutigen Sinn haben sich erst in der Folge entwickelt (u.a. durch den relativen Erfolg bei der damaligen Wahl).

Tatsächlich behindern zu niedrige Hürden eher die Entwicklung neuer Parteien, weil dadurch eigentlich notwendige Konzentrationsprozesse tendenziell unterbleiben. Dass die Grünen 1979 nur 7 Konkurrenten gehabt haben (SPD, CDU/CSU, FDP, DKP, CBV (Abspaltung der Bayernpartei), EAP (heute BüSo) und Zentrum), hat ihrer Entwicklung sicher nicht geschadet.
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Martin
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Juni 2004 - 10:17 Uhr:   

c07 (C07) schrieb:
"Wer für den Stadtrat in München kandidieren will, muss 1.000 Wahlberechtigte dazu bewegen, zur Unterschrift ins Rathaus zu gehn (was allerdings nicht bei jeder Wahl neu fällig wird). Das ist zwar jenseits einer vernünftigen Obergrenze, aber trotzdem noch zu schaffen."

Da ich selber kommunalpolitisch aktiv war, gebürt den bayerischen Vertretern kleinerer Parteien, die diese Kraftakte immer wieder hinbekommen, auch meine absolute Hochachtung. Die bei weitem größere Hürde dürfte es dort aber sein, überhaupt erst einmal genug Kandidaten für einen ausichtsreichen Antritt zusammenzubringen. Wobei dann bestimmte Kandidaten auch entsprechende Unterschriften "mitbringen" dürften. Aber so oder so betrachtet, in Norddeutschland (ich stamme aus Niedersachsen) wären solche Zustände absolut tödlich.

c07 (C07) schrieb:
"Die Grünen waren zum Teil auch schon vor 1979 organisiert (...)"

Von "organisiert" konnte in Wahrheit kaum die Rede sein. Wenn überhaupt hatten die GAZ und AUD so etwas wie "richtige" Parteistrukturen, allerdings mit klaren regionalen Schwerpunkten. Der Rest waren allefalls lockere Wahllisten wie die GLU in Niedersachsen, bei denen alles einen Tag nach der Wahl wieder auseinanderlief. Nicht einmal richtige Mitgliederlisten gab es, was immer wieder zu schönen Verwicklungen auf "Parteitagen" führte.
Welche entscheidene Rolle die Europawahl spielte, zeigt Baden-Württemberg. Dort konnte sich gerade wegen des Erfolgs der Europawahl im Herbst 1979 ein Landesverband der "Sonstigen politischen Vereinigung Die Grünen" bilden (unter "SPV Die Grünen" lief die Europakandidatur), der bei der anschließenden Kommunalwahl neun Kreistagsmandate und im Frühjahr 1980 sechs Landtagsmandate erzielte. Diese drei Wahlen (Europa/Kommunal/Landtag) im Südwesten als EINHEIT und in dieser REIHENFOLGE bildeten den eigentlichen Durchbruch der Grünen, dem alles andere folgen sollte.
Hätte damals etwa eine Bundestagswahl am Beginn der Kette gestanden, wäre das Projekt wahrscheinlich sofort gescheitert, denn die organisatorischen und formalen Hürden hätten für eine bundesweite und damit spürbar wahrnehmbare Kandidatur niemals erreicht werden können. Selbst eine relativ gefestigte Kleinpartei wie die ÖDP mit viel größeren personellen und finanziellen Möglichkeiten als die Grünen der siebziger Jahre, sieht sich heute außerstande flächendeckend an einer Bundestagswahl teilzunehmen.
Für meine These spricht übrigens auch das Beispiel der Republikaner, die in den Anfängen eine ähnliche Entwicklung (inklusive der besonderen Bedeutung einer Europawahl!) nahmen wie die Grünen. Dass sie dann das Ganze vor allem aufgrund innerparteilicher Streitigkeiten wieder vergeigten (was übrigens auch bei den Grünen immer wieder drohte), steht auf einem anderen Blatt (und wird von mir aus inhaltlichen Gründen auch durchaus begrüßt).

c07 (C07) schrieb:
"Tatsächlich behindern zu niedrige Hürden eher die Entwicklung neuer Parteien, weil dadurch eigentlich notwendige Konzentrationsprozesse tendenziell unterbleiben. Dass die Grünen 1979 nur 7 Konkurrenten gehabt haben (SPD, CDU/CSU, FDP, DKP, CBV (Abspaltung der Bayernpartei), EAP (heute BüSo) und Zentrum), hat ihrer Entwicklung sicher nicht geschadet."

Kleine Parteien stehen in der Regel (insbesondere wenn es um das erzielen "wahrnehmbarer" Ergebnisse geht) niemals in Konkurrenz zu anderen kleinen Parteien, sondern einzig und allein zu den großen Parteien.
Außerdem wäre es schon eine seltsame Argumentation, wenn "etablierte" Kleinparteien, die immer wieder gerne gegen die 5-Prozent-Hürde angehen, auf der anderen Seite davon profitieren sollen, dass noch kleinere Parteien durch Zugangsverschärfungen bei der Kandidatur behindert werden.
Und drittens zeigt gerade die Europawahl, dass auch die Struktur der Parteienlandschaft bei den "Kleinen" sehr viel stabiler und übersichtlicher ist, als man eigentlich auf Grund der relativ niedrigen Teilnahmehürde erwarten würde. Meine Vermutung ist, dass viele "Eintagsfliegen" unter den Parteien wohl viel eher zu einer Bundestagswahl auftauchen, da diese gerade im Hinblick auf die Medienpräsenz viel interessanter erscheint.
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Juni 2004 - 12:33 Uhr:   

Martin:
> immer wieder hinbekommen

Die Hürde existiert in dieser verschärften Form erst seit der vorletzten Kommunalwahl und war übrigens auch Gegenstand von Klagen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich für nicht zuständig erklärt.

> Die bei weitem größere Hürde dürfte es dort aber sein, überhaupt erst
> einmal genug Kandidaten für einen ausichtsreichen Antritt zusammenzubringen.

Diese Hürde halt ich zwar auch für sachlich verfehlt (sie ist eine Folge der Häufelbeschränkung), aber in der Praxis ist sie viel leichter zu schaffen (in München sind z.B. 27 Kandidaten für volle Wertung nötig).

> Hätte damals etwa eine Bundestagswahl am Beginn der Kette gestanden,
> wäre das Projekt wahrscheinlich sofort gescheitert, denn die
> organisatorischen und formalen Hürden hätten für eine bundesweite und
> damit spürbar wahrnehmbare Kandidatur niemals erreicht werden können.

Die AUD hat es 1976 ganz allein geschafft, in allen Ländern außer Niedersachsen, Bremen und Rheinland-Pfalz anzutreten. 1965 (wo sie allerdings noch nicht viel mit den Grünen gemeinsam gehabt hat) war sie in sämtlichen Ländern vertreten. Andere Kleinstparteien haben das damals auch regelmäßig ganz oder nur mit geringen Lücken geschafft.

> Selbst eine relativ gefestigte Kleinpartei wie die ÖDP mit viel größeren
> personellen und finanziellen Möglichkeiten als die Grünen der siebziger Jahre,
> sieht sich heute außerstande flächendeckend an einer Bundestagswahl teilzunehmen.

Das ist aber eine neue Entwicklung. 1990 und 1994 war sie noch komplett vertreten, 1998 fast komplett. Die ÖDP ist heute nur noch regional gefestigt; in manchen Gegenden existiert sie einfach nicht mehr.

> Kleine Parteien stehen in der Regel (insbesondere wenn es um das erzielen
> "wahrnehmbarer" Ergebnisse geht) niemals in Konkurrenz zu anderen
> kleinen Parteien, sondern einzig und allein zu den großen Parteien.

Bei den Parteien, die einen gewissen allgemeinpolitischen Anspruch haben, gibt es diese Konkurrenz sehr wohl. Das gilt momentan vor allem am rechten Rand und früher vor allem am linken. Exoten wie EAP/BüSo oder RSF/FSU konkurrieren mit beiden. Etwas anders ist das nur bei den 1-Thema-Parteien, die erst in der letzten Zeit aufgekommen sind. Die konkurrieren zwar nicht direkt untereinander, aber mit sämtlichen Parteien, die einen umfassenderen Anspruch haben. Bei diffus unzufriedenen Wählern, die einfach was anderes suchen, konkurrieren sie faktisch auch untereinander.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Juni 2004 - 12:49 Uhr:   

@Martin:
> Gruppierungen wie die Grauen, die Familien-Partei, die Frauen-
> Partei, Die Tierschutz-Partei und die ÖDP entfällt, also Parteien,
> ... die eigentlich auch ganz gut von den derzeitigen rot-grünen
> Regierungsparteien abgedeckt werden müssten.
Das sehe ich nicht.
Bei der dezidiert feministischen Frauenpartei gibt es eine inhaltliche Überschneidung zu den Grünen.
Graue oder Tierschutz sind vom Thema her wohl gleich nah (oder besser: weit weg) von allen Bundestagsparteien.
Die Familienpartei dürfte eher Konkurrenz zur Union sein.

Und die ÖDP sieht sich ja explizit als Gegensatz zu den Grünen, die Umweltschutz nur noch nominell vertreten.

Ich sehe das eher wie c07: Alle diese Parteien konkurrieren teilweise untereinander, auf jeden Fall aber mit allen Bundestagsparteien. Man kann sie nicht pauschal auf die "linke" Seite buchen.
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Martin Jurgeit
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Juni 2004 - 14:59 Uhr:   

@c07:
Dass es früher scheinbar leichter war, beinahe bundesweit als kleine Partei zu kandidieren, hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass über die Jahre die Form der Unterschriftensammlung immer stärker verschärft wurde. Anfangs wurden die Unterschriften nur auf einfachen Listen mit Namen, Adresse und Unterschrift gesammelt und allenfalls stichpunktartig überprüft. Inzwischen muss man solche Unterschriften auf Formblättern sammeln, die dann von den örtlichen Ordnungsämtern beglaubigt werden. Das ist zwar noch lange nicht so schlimm wie etwa das persönliche Erscheinen auf dem Amt wie bei der bayerischen Kommunalwahl, hat aber in den letzten zwanzig Jahren eine ziemlich abschreckende Wirkung bei vielen potentiell zu Unterschriften bereiten Leuten entfaltet. Zudem werden die Menschen (mit gutem Grund) immer misstrauischer eine Unterschrift zu leisten, erst recht, wenn sie dazu auch noch auf der Straße oder an der Haustür aufgefordert werden.
Dass es Anfang der 90er Jahre u.a. der ÖDP leiter fiel bundesweit anzutreten, hing übrigens auch entscheidend damit zusammen, dass einzelne Parteien zeitweilig von der Sammlung der Unterschriften aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts befreit wurden.

@Ralf Arnemann:
Prinzipiell stimmen die Einwände natürlich. Allerdings würde ich widerum Mörsberg Recht geben, dass die wenigsten wohl genau wissen, welche Ziele die Parteien vertreten und einfach über den Namen der Parteien ihre Wahlentscheidung abgeleitet haben. Und ich glaube schon, dass der Schluss zulässig ist, dass beispielsweise viele der zusätzlichen Wähler der Familien-Partei, der Frauen-Partei und vor allem der Grauen ursprünglich von der SPD kommen, denn gerade bei Familien, (alleinerziehenden) Frauen und Rentnern hat sich in den letzten Monaten besonders viel Frust über die derzeitige Politik der Bundesregierung angestaut. Ich habe ja auch ausdrücklich von einer PROTESTwahl gesprochen.
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Josef
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Juni 2004 - 21:40 Uhr:   

@Martin Jurgeit:
Die erwähnte Sonderregelung betraf die BTW 1990. Nachdem die Listen, die in der Volkskammer vertreten waren, keine Unterschriften brauchten, mussten (ich glaube, es war ein Urteil des BVerfG) die Parteien, die ohne Sperrklausel im Bundestag 1987 vertreten gewesen wären, auch keine Unterschriften beibrigen.
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Josef
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Juni 2004 - 22:40 Uhr:   

@c07: Ich antworte mal hier, auch wenn's eigentlich ein eigenes Thema wäre...

Zu den Unterschriftenhürden bei bayerischen Kommunalwahlen.

Ich will jetzt mal gar nicht mit Extrembeispielen von Kleingemeinden anfangen, da dort das Spektrum an kandidierenden Listen nicht allzu reichhaltig ist.
Der durchschnittliche bayerische Landkreis hat knapp 124.000 (Median: ca. 115.500) Einwohner. Unterstellt man eine Wahlbeteiligung (bzw. besser: gültig Wählende) von 50% der EINWOHNER (z.B.: 70% der Ew. sind wahlberechtigt, 70% davon gehen zur Wahl) und 1,6% der Stimmen die bei d'Hondt für einen der 60 Sitze erforderlich sind, so braucht es 990 (Median: 925) Wähler damit eine Liste einen Sitz im Kreistag erhält (vereinfachend eine einheiltliche Abgabe der 60 Stimmen unterstellt).
Für die Zulassung dieser Liste braucht es aber 385 Unterschriften, die nach dem Wahlrecht von 1996 auf dem Landratsamt, nach dem von 2002 auf der Gemeinde zu leisten sind - innerhalb von ca. 3 1/2 Wochen! Dass die Landratsämter bzw. Gemeindeverwaltungen nur dann geöffnet haben, wenn der Normalbürger in der Arbeit ist, sei auch mal so angemerkt.
Unterstellen wir, dass eine neue Liste 30 Kandidaten aufstellt, die nicht unterschreiben dürfen, also de facto zu den 385 Unterschriften addiert werden müssen, so heißt das, dass 42% (Variante Median: 45%) derer, die die Liste nachher wählen müssen, um einen Sitz zu erhalten, diese im Vorfeld unterstützen müssen.
Mal ganz abgesehen von der Frage, wie geheim die Wahl dann noch sein kann - das heißt dass de facto die Hürde zur Wahlzulassung höher ist als die für einen Sitz.
Das weiß-blaue Verfassungsgericht hat in seiner Argumentation damals diesen Knackpunkt damals ganz locker und lässig ignoriert und sich rein auf die Frage der Pauschalierung (Staffelung in Stufen) beschränkt. Und nachdem es den Knackpunkt nicht beachtet hat, konnte es auch keine Probleme mehr erkennen *grmpf*.
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c07
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Juli 2004 - 02:07 Uhr:   

Wie bürgerunfreundlich das konkret ist, hängt allerdings sehr von der Gemeinde ab. In München sind z.B. die Öffnungszeiten für diesen Zweck sehr human und Interessenten sind relativ leicht von einem Infostand zur Einschreibestelle lotsbar, weil sie nicht in den eigentlichen Amtsräumen, sondern direkt in der Infozentrale untergebracht ist.

Die Unterschriften kann man nicht ganz direkt mit den Wählern vergleichen, weil auch andere unterschreiben können und das praktisch auch häufig tun. Allerdings ist es deshalb nicht einsichtig, dass man nicht für mehrere Listen unterschreiben kann (obwohl man sogar mehrere wählen darf).

Das ist übrigens auch hier schon diskutiert worden.
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Alexander
Veröffentlicht am Freitag, 03. Dezember 2004 - 12:01 Uhr:   

[In diesen Pfad verschoben – der Administrator]

Wird es trotz der für 2009 geforderten europaweiten Listen, respektive Parteienbündnisse unterschiedliche Sperrklauseln geben? Wie ist die deutsche 5%-Hürde dann noch zu rechtfertigen?
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 03. Dezember 2004 - 12:29 Uhr:   

[In diesen Pfad verschoben – der Administrator]

Es wird keine europaweiten Listen geben, selbst wenn es irgendwann ein einheitliches Wahlverfahren in allen Mitgliedsstaaten geben sollte. Das Thema 5%-Hürde bei Europawahlen ist hier schon diskutiert worden.
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kalbe
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 22. November 2008 - 16:18 Uhr:   

[In diesen Pfad verschoben – der Administrator]

Wie wird eigentlich die Hürde gerechtfertigt?

1) Im Europäischen Parlament gibt es ebenso wenig wie in den Kommunen eine Regierungsbildung.
2) Durch die 27 Mitgliedsstaaten werden sowieso viele parteien mit wenigen Sitzen ins Parlament gewählt.
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Lars Tietjen
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 22. November 2008 - 21:16 Uhr:   

Dazu findet sich hier einiges...

BVerfGE 51, 222
– 2 BvR 193, 197/79 –
http://www.servat.unibe.ch/law/dfr/bv051222.html
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Matthias Cantow
Moderator
Veröffentlicht am Sonntag, 23. November 2008 - 22:57 Uhr:   

@kalbe
Nach dieser umstrittenen Entscheidung noch vor der ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments gab es übrigens keine inhaltlichen Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts mehr dazu. Zur letzten Europawahl wurden mehrere Wahleinsprüche wegen der Sperrklausel eingelegt, u.a. EuWP 40/04 und EuWP 46/04. Wahlprüfungsbeschwerden gegen die Zurückweisung der Einsprüche wurden (teils unfreiwillig) nicht erhoben.
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Jens Müller
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 07. Juni 2009 - 11:32 Uhr:   

Nach dieser Wahl sollten eigentlich genug Beitritte zusammenzukriegen sein, oder?
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Jens Müller
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. Juli 2009 - 17:18 Uhr:   

Ich finde, das Lissabon-Urteil von gestern bietet auch Stoff zur Unterfütterung. Da steht irgendwo drin, daß das EP eine parlamentarische Regierung eh nicht zu tragen in der Lage ist (also schon von der Ableitung der Hoheitsgewalt her).
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Guido Strack
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 10. November 2009 - 17:44 Uhr:   

Die Erwiderungen von Prof. Dr. v. Arnim (http://bit.ly/1RSJYv) und von mir (http://bit.ly/rZ2iL) auf die Stellungnahme des BMI ((http://bit.ly/4G7AC) zur Rechtmäßigkeit von § 2 Abs. 7 EuWG im Rahmen der Wahlanfechtungen der Euorpawahl (http://bit.ly/2m0gYY und http://bit.ly/vXAUP) liegen jetzt vor.

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