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Quote in Brandenburg

Wahlrecht.de Forum » Wahlsysteme und Wahlverfahren » Landtagswahlen in Deutschland » Quote in Brandenburg « Zurück Weiter »

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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 31. Januar 2019 - 21:05 Uhr:   

Krank, kränker, brandenburgischer Landtag:
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_10400/10466.pdf

Undemokratische Rückentwicklung in Richtung der finsteren Zeiten der Quotenregelungen der Nationalen Front der DDR. Listen sollen künftig zwangsweise abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt sein. Nur wenn von einem Geschlecht niemand mehr kandidiert, darf abgewichen werden. Wenn also z. B. drei Frauen auf die Liste wollen, müssen die alle gewählt werden, wenn die Partei mehr als 7 Bewerber aufstellen will - höchst undemokratisch.

Eine Ausnahme gibt es:
Die Sätze 3 bis 6 finden keine Anwendung auf Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen, die satzungsgemäß nur ein Geschlecht aufnehmen und vertreten wollen.
Also 0% Frauen u.U. erlaubt, 30% Frauen dagegen verboten? Reine Willkür.

Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Grünen war noch irrer.

Verfassungsrechtlich ist das Gesetz gelinde gesagt sehr zweifelhaft. Verfassungsgerichtliche Entscheidungen sind zu erwarten.
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 01. Februar 2019 - 04:51 Uhr:   

Das bekommt man also wenn man Rot-Rot-Grün wählt: Die Abschaffung der Demokratie. Gut dass es solche Mehrheiten in den meisten Bundesländern nicht mehr gibt.

Ich habe noch Hoffnungen dass Verfassungsrichter dies für ungültig erklären werden, allerdings kenne ich die Brandenburgische Verfassung nicht genau. Auf Bundesebene meinte der juristische Dienst des Bundestages ja, dass dies nur mit einer Grundgesetzänderung möglich sei. Allerdings frage ich mich wie das überhaupt mit der FDGO zu vereinbaren sein soll. Freiheitlich und demokratisch ist daran nun wirklich nichts.

Die Ausnahme für reine Männer- und Frauen-Parteien ist zwar logisch, denn wenn nun einer Partei wie z. B. der Feministischen Partei vorgeschrieben worden wäre, Männer aufstellen zu müssen, wäre das der Gipfel des Undemokratischen gewesen. Allerdings zeigt dieser Extremfall nur überdeutlich, dass die Quotenregelung eben an sich undemokratisch ist, denn jede Partei hat in Wähler- und Mitgliederschaft ein mehr oder weniger unausgewogenes Männer-Frauen-Verhältnis. Mit dieser Sonderregel scheint man das Gesetz gerichtsfest machen zu wollen, sieht aber sehr stümperhaft aus.
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Holger81
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 01. Februar 2019 - 16:20 Uhr:   

"Das bekommt man also wenn man Rot-Rot-Grün wählt: Die Abschaffung der Demokratie."

Das ist massiv übertrieben, keine Partei wird daran gehindert, zu den Parlamentswahlen anzutreten und ihr Programm zu vertreten, nur die Kandidatenauswahl wird eingeschränkt.
Aber ich stimme zu, dass das Quotengesetz grundfalsch ist (wobei man den Vorwurf "undemokratisch" im Prinzip genauso für die allgemein akzeptierten Regionalquoten durch Wahlkreise und (im Bund bzw. Bayern/BW) Landes- bzw Bezirkslisten machen kann).

"Eine Ausnahme gibt es:
Die Sätze 3 bis 6 finden keine Anwendung auf Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen, die satzungsgemäß nur ein Geschlecht aufnehmen und vertreten wollen.
Also 0% Frauen u.U. erlaubt, 30% Frauen dagegen verboten? Reine Willkür. "

Faktisch ist diese Ausnahme überflüssig, sie ist nur ein Spezialfall der von Ihnen zuvor erwähnten erschöpften Liste bei einem Geschlecht - bei einer Ein-Geschlechtspartei besteht halt die Liste des anderen Geschlechts von Vornherein aus 0 Kandidaten. Jede andere Partei kann einen Frauenanteil von 30% auf der Liste erreichen, wenn ihre weiblichen Mitglieder auf von der Partei unerwünschte Kandidaturen verzichten. Nicht möglich ist jedoch, z.B. jeden dritten Listenplatz mit einer Frau zu besetzen.

"Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Grünen war noch irrer."

Dadurch, dass die Quotierung jetzt "nur noch" für die Listen gilt, wird das 50%-Ziel sicher verfehlt werden. Im Extremfall kann der Landtag zukünftig trotzdem (auch ohne reine Männerparteien) einen Frauenanteil von nur 25% haben, wenn in den Wahlkreisen nur Männer gewählt werden und keiner von ihnen auf einem ziehenden Listenplatz steht. Für die linken Parteien ändert sich ohnehin nichts, sie zwingen nur ihre Prinzipien den anderen Parteien auf.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 01. Februar 2019 - 17:40 Uhr:   

"Faktisch ist diese Ausnahme überflüssig, sie ist nur ein Spezialfall der von Ihnen zuvor erwähnten erschöpften Liste bei einem Geschlecht - bei einer Ein-Geschlechtspartei besteht halt die Liste des anderen Geschlechts von Vornherein aus 0 Kandidaten. Jede andere Partei kann einen Frauenanteil von 30% auf der Liste erreichen, wenn ihre weiblichen Mitglieder auf von der Partei unerwünschte Kandidaturen verzichten."
Ein einziger Querulant kann es durchkreuzen. Vorgeschlagene müssen der Partei nicht angehören. Außerdem ist es dem innerparteilichen Klima kaum zuträglich, Kandidaten "von oben" von einer Kandidatur abzuhalten.

"Das ist massiv übertrieben, keine Partei wird daran gehindert, zu den Parlamentswahlen anzutreten und ihr Programm zu vertreten, nur die Kandidatenauswahl wird eingeschränkt."
Nur? Ausschließlich zur Wahl von Kandidaten ist eine Wahl da. Eine Partei an sich hat kein Stimmrecht im Parlament.

Zu einem freien Wahlvorschlagsrecht gehört eben, dass die Parteimitglieder oder ihre Vertreter selbst bestimmen, nach welchen Kriterien (Geschlecht, Beruf, politische Erfahrung/Verdienste, Beliebtheit, Sachwissen oder was auch immer) sie ihre Kandidaten aussuchen, und diese nicht von einer Parlamentsmehrheit aufgezwungen werden.

"akzeptierten Regionalquoten durch Wahlkreise und (im Bund bzw. Bayern/BW) Landes- bzw Bezirkslisten machen kann)."
Nicht vergleichbar, schon weil jeder überall kandidieren kann, Merkel wohnt z. B. nicht in ihrem Wahlkreis.
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Holger81
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 05. Februar 2019 - 13:48 Uhr:   

"Ein einziger Querulant kann es durchkreuzen. Vorgeschlagene müssen der Partei nicht angehören. Außerdem ist es dem innerparteilichen Klima kaum zuträglich, Kandidaten "von oben" von einer Kandidatur abzuhalten."

Zustimmung; wobei die Partei notfalls halt den einen Querulanten vor den weiteren Kandidaten des überwiegenden Geschlechts aufstellen kann/muss, was die Quote nicht stark verändert.


"Nur? Ausschließlich zur Wahl von Kandidaten ist eine Wahl da. Eine Partei an sich hat kein Stimmrecht im Parlament. "

Bei Parlamentswahlen in Deutschland kann der Wähler in den meisten Ländern "dank" geschlossener Listen mit der Zweitstimme (leider) nur eine Partei wählen, nicht einzelne Kandidaten. Und diese geschlossenen Listen erleichtern natürlich die Durchsetzung des Fraktionszwangs, sodass faktisch in den meisten Fällen die Parteien/Fraktionen über das Stimmrecht ihrer Abgeordneten entscheiden.

"Zu einem freien Wahlvorschlagsrecht gehört eben, dass die Parteimitglieder oder ihre Vertreter selbst bestimmen, nach welchen Kriterien (Geschlecht, Beruf, politische Erfahrung/Verdienste, Beliebtheit, Sachwissen oder was auch immer) sie ihre Kandidaten aussuchen, und diese nicht von einer Parlamentsmehrheit aufgezwungen werden. "
Da stimme ich zu.

""akzeptierten Regionalquoten durch Wahlkreise und (im Bund bzw. Bayern/BW) Landes- bzw Bezirkslisten machen kann)."
Nicht vergleichbar, schon weil jeder überall kandidieren kann, Merkel wohnt z. B. nicht in ihrem Wahlkreis."

Die große Mehrheit der direkt Gewählten dürfte aber in ihrem Wahlkreis wohnen, da die meisten lokalen Parteimitgliedern das so erwarten. Würden Sie es akzeptieren, wenn statt der in BB beschlossenen Geschlechterquote für die Kandidaten die Listenplätze abwechselnd nur von den männlichen bzw. den weiblichen Partei(tags)mitgliedern gewählt würden, aber formal jede(r) für jeden Listenplatz kandidieren kann?

Und dass ein Kandidat z.B. bei Bundestagswahlen nicht bundesweit kandidieren kann, sondern nur in einem Land (+ggfs. in einem Wahlkreis per Erststimme), ist auch eine Einschränkung des passiven Wahlrechts. (Und auch des aktiven Wahlrechts der Mitglieder, dass sie nur in einem Land die Kandidaten mitwählen können.)
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Holger81
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 05. Februar 2019 - 15:53 Uhr:   

"Und dass ein Kandidat z.B. bei Bundestagswahlen nicht bundesweit kandidieren kann, sondern nur in einem Land (+ggfs. in einem Wahlkreis per Erststimme), ist auch eine Einschränkung des passiven Wahlrechts. (Und auch des aktiven Wahlrechts der Mitglieder, dass sie nur in einem Land die Kandidaten mitwählen können.)"

Wobei man hierbei zumindest deutlich besser als bei der Geschlechterquote argumentieren kann, dass diese Einschränkungen (durch das Bundesstaatsprinzip) im GG abgesichert sind. Aber verfassungsmäßig zwingend ist die strenge Aufteilung des Wahlvolks und der Kandidaten auf Bundesländer nicht, wie man bei der Europawahl mit Bundeslisten sieht.

Ein m.E. sehr guter Kommentar zu der Reform:
Wahl­recht­liche Irr­wege in Bran­den­burg - Gastbeitrag von Alexander Hobusch
Wobei Hobusch anders als hier von Thomas Frings geschrieben von einer "harten" Quotierung ausgeht, d.h. "dass eine Liste nur so lange "ziehen" kann, wie auch Personen des anderen Geschlechts antreten." Das würde das Gesetz natürlich noch schlimmer machen...
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Christian Ryll
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 05. Februar 2019 - 17:20 Uhr:   

Schaut Euch das mal an:

http://www.wahlrecht.de/forum/messages/40/7411.html?1549117266

Und das:

http://de.justizwillkuer.wikia.com/wiki/Ein_Ausma%C3%9F_von_Willk%C3%BCrjustiz

Frauenquoten sind verfassungswidrig!!!!
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 06. Februar 2019 - 07:26 Uhr:   

@Holger81
"Bei Parlamentswahlen in Deutschland kann der Wähler in den meisten Ländern "dank" geschlossener Listen mit der Zweitstimme (leider) nur eine Partei wählen, nicht einzelne Kandidaten. Und diese geschlossenen Listen erleichtern natürlich die Durchsetzung des Fraktionszwangs, sodass faktisch in den meisten Fällen die Parteien/Fraktionen über das Stimmrecht ihrer Abgeordneten entscheiden."

Abgeordnete haben immer die Wahl, ob sie sich dem Fraktionswillen beugen oder nicht. Wenn sie dies tun, dann freiwillig. Sie müssen im Parlament auch keiner Fraktion angehören, um abstimmen zu können. Dass sich ein Abgeordneter, der sich dem Willen seiner Fraktion/Partei widersetzt, an Einfluss in und auf die Fraktion/Partei verliert, liegt in der Natur der Sache, mag in der Art und Weise hier und da kritikwürdig sein, aber ändert nichts daran, dass Abgeordnete in ihrem Abstimmungverhalten prinzipiell frei sind.

Wenn jetzt irgendjemand einfach auf einen Parteitag kommen kann und gewählt werden muss(!?) wegen seines Geschlechts, und dann im Parlament also machen kann was er will, hat das mit Demokratie nichts mehr zu tun.

Hier stellt sich auch die Frage, was passiert wenn derjenige einfach keine Stimme auf dem Parteitag bekommt? Wird er dann trotzdem einfach aufgestellt? Braucht man dazu überhaupt noch eine Wahl? Was hat das mit Demokratie zu tun?

"Würden Sie es akzeptieren, wenn statt der in BB beschlossenen Geschlechterquote für die Kandidaten die Listenplätze abwechselnd nur von den männlichen bzw. den weiblichen Partei(tags)mitgliedern gewählt würden, aber formal jede(r) für jeden Listenplatz kandidieren kann?"

Was aus meiner Sicht am ehesten zu akzeptieren wäre, wären zwei komplett getrennte Listen. Über die eine stimmen auf dem Parteitag nur die Männer ab, über die andere nur die Frauen. Bei der Landtagswahl stimmen Männer dann auch nur über die Männerlisten ab und Frauen nur über die Frauenlisten. Das wäre eine saubere Regelung, die ich aber für falsch hielte. Wenn z. B. eine Hausfrau sagt: Mit Politik kenne ich mich nicht aus, das überlasse ich den Männern, ist das meines Erachtens zu akzeptieren. Solche Frauen holt man durch Quoten auch nicht in Funktionen, stattdessen fördern Quoten einen ganz anderen Typus multifunktionaler Quotenfrauen.

Wenn das Gesetz sagt, dass die Machtverteilung zwischen den Regionen nicht zu ungleich verteilt sein darf, ist das etwas anderes als wenn es sich in das Verhältnis zwischen Mann und Frau einmischt. Regionen können nämlich unabhängig von anderen Regionen existieren, und können daher das Wohl anderer Regionen im eigenen Interesse komplett missachten. Männerwelt und Damenwelt sind hingegen jeweils für sich allein nicht überlebensfähig, sondern aufeinander angewiesen. Daher gibt es schon von Natur aus guten Grund, das Wohl des anderen Geschlechts im eigenen Interesse mitzubedenken.

Wie Männer und Frauen ihr Verhältnis gestalten, ist zudem im Gegensatz zum Verhältnis unterschiedlicher Landesteile eine Privatangelegenheit, in die sich der Staat nur sehr zurückhaltend einmischen sollte.
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Christian Ryll
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. Februar 2019 - 22:19 Uhr:   

@ Mark Tröger:

"Was aus meiner Sicht am ehesten zu akzeptieren wäre, wären zwei komplett getrennte Listen. Über die eine stimmen auf dem Parteitag nur die Männer ab, über die andere nur die Frauen. Bei der Landtagswahl stimmen Männer dann auch nur über die Männerlisten ab und Frauen nur über die Frauenlisten. Das wäre eine saubere Regelung, die ich aber für falsch hielte. Wenn z. B. eine Hausfrau sagt: Mit Politik kenne ich mich nicht aus, das überlasse ich den Männern, ist das meines Erachtens zu akzeptieren. Solche Frauen holt man durch Quoten auch nicht in Funktionen, stattdessen fördern Quoten einen ganz anderen Typus multifunktionaler Quotenfrauen. "

Ich habe doch geschrieben, dass auch das Verfassungswidrig ist !!!!}
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 08. Februar 2019 - 06:29 Uhr:   

@Christian Ryll
"Ich habe doch geschrieben, dass auch das Verfassungswidrig ist !!!!"

Indem ich von "Männer-" und "Frauenlisten" gesprochen habe, habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Meine Idee zielt auf eine Trennung der aktiv Wahlberechtigten nach Geschlecht ab (so wie die aktiv Wahlberechtigten aktuell auch nach Wahlkreis getrennt werden). Passiv wahlberechtigt wäre aber für beide Listen jeder. Das heißt die Frauen könnten auf ihre Liste durchaus auch Männer wählen und umgekehrt.

Wäre auch das verfassungswidrig? Und wenn ja warum genau?

Bei Landtagswahlen ist die absolute Zahl männlicher und weiblicher Wähler nie genau gleich groß. Also müsste jeweils die Gesamtzahl der über die zwei getrennten Systeme Gewählten davon abhängig gemacht werden. Das ist leicht zu machen.

Ein anderer undemokratischer Aspekt könnte sein, dass die innerhalb einer Partei Wahlberechtigten eines Geschlechts weniger repräsentativ für die Wähler des gleichen Geschlechts der Partei sind als dies beim anderen Geschlecht der Fall ist. Beispiel: 36% der Wähler der AfD bei der BTW 2017 waren Frauen, während nur 17% der Mitglieder der AfD Frauen waren. Das heißt, die Frauen in der AfD hätten bei der Bestimmung der Mandate einen zu hohen Erfolgswert. Für die weibliche Wählerschaft der Partei sind die Frauen in der AfD auch weniger repräsentativ als die Männer in der AfD für die männliche Wählerschaft der Partei. Manche werden aber behaupten, dass die Frauen in der AfD dennoch eher dem Willen der weiblichen Wählerschaft der Partei entsprechen würden, als dies eine Mischung aus Männern und Frauen tun würde, und die Regelung daher trotzdem besser wäre. Das ist halt spekulativ. Meines Erachtens wäre so eine Regelung nicht so eklatant undemokratisch wie diverse andere Vorschläge, möglicherweise aber dennoch (knapp) verfassungswidrig.

Eventuell könnte man die Trennung von Männern und Frauen bei der Wahl noch weiter abschwächen: Es gibt zwei Listen, für beide dürfen beide Geschlechter auf Parteitagen kandidieren, über beide dürfen beide Geschlechter auf Parteitagen abstimmen, nur bei der Wahl des Volkes stimmen über die eine Liste nur die Männer ab und über die andere nur die Frauen. Die Erfolgswertgleichheit wäre hier überall gegeben. Aber es gäbe mehr Grund für die Parteien auf den Willen der einzelnen Geschlechter einzugehen.

Ein weiterer Punkt, warum Quoten-Regelungen verfassungswidrig sein könnten, ist die rechtliche Einführung weiterer Geschlechter. Wie werden denn "diverse" Personen behandelt, wenn alles zwischen Männern und Frauen irgendwie aufgeteilt wird? Und wer bestimmt überhaupt über das Geschlecht einer Person, wenn es da keine scharfen Grenzen mehr anerkannt werden? Darf man sich das jetzt selber aussuchen? Dürfte man sich z. B. als Mann einfach zur Frau umdeklarieren und dann als Frau zur Wahl antreten?
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SaaleMAX
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 08. Februar 2019 - 20:56 Uhr:   

Ich finde Quoten diktatorisch und vollkommen undemokratisch!
Das ist Absurd überhaupt so einen Gedanken zu hegen.

Es sollte doch immer die Leistung, die Parteiarbeit und sonstiges Engagement gelten um für Listen kandidieren zu können.
Bei reiner Quotenregelung ist mit Sicherheit viel politischer Ausschuß und Mittelmaß dabei, der dann noch mit Sitzen belohnt wird...damit man ja rein korrekt mit Quote die Zeit im Parlament absitzt.
Meine Aussage dazu bezieht sich auf beide Geschlechter.

Echte, gute Parteiarbeit sollte immer innerhalb einer Partei ganz frei von Geschlecht oder Seilschaften mit Zukunftsperspektiven und oder auch aussichtsreichen Listenplätzen belohnt werden.
Leistung muss sich lohnen!
Eine Quote ist der TOD für Alle die sich politisch engagieren und Tag und Nacht ein Ohr am Volk haben.
Quotierungen sind wirklich der letzte Nonsens, der aus der Grünen Ecke kommt.

Ich finde generell das die grüne Gleichmacherei völlig aus dem Ruder läuft.Und man muß doch einfach sagen dürfen und das ist nicht gelogen , dass sich unter beiden Geschlechtern einfach eine größere Mehrheit der Männer zur Politik hingezogen fühlt und sich da engagieren will.

Ich kann doch auch nicht dahergehen und sagen, das ab Morgen die Hälfte aller Hebammen männlich zu sein hat....oder ??


Na mal schauen was die Grünen dazu sagen..
Sowas ist Grüne Brechstangendiktatur..das schlimme daran ist dieser Virus hat auch schon auf andere Parteien übergegriffen.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 09. Februar 2019 - 10:22 Uhr:   

"Die große Mehrheit der direkt Gewählten dürfte aber in ihrem Wahlkreis wohnen, da die meisten lokalen Parteimitgliedern das so erwarten."
Das ist zwar richtig, aber sie können eben prinzipiell jeden aufstellen und gerade prominentere POlitiker gibt es schon in nennenswerter Zahl, die nicht in "ihrem" Wahlkreis kandidier(t)en, neben Merkel z.B. Adenauer und die Ministerpräsidenten Kretschmann, Teufel, Clement, Steinbrück.

"Würden Sie es akzeptieren, wenn statt der in BB beschlossenen Geschlechterquote für die Kandidaten die Listenplätze abwechselnd nur von den männlichen bzw. den weiblichen Partei(tags)mitgliedern gewählt würden, aber formal jede(r) für jeden Listenplatz kandidieren kann?"
Nein, schon deswegen nicht, weil die Geschlechter in einer Partei nicht annähernd gleich stark vertreten sind, sondern Männer meist stark dominieren. Außerdem sollten die ohnehin schon recht detaillierten Regeln für die Kandidatenaufstellung nicht zu einem ideologischen staatlichen Bevormundungsinstrument "ausgebaut" werden.

"Und dass ein Kandidat z.B. bei Bundestagswahlen nicht bundesweit kandidieren kann, sondern nur in einem Land (+ggfs. in einem Wahlkreis per Erststimme), ist auch eine Einschränkung des passiven Wahlrechts. (Und auch des aktiven Wahlrechts der Mitglieder, dass sie nur in einem Land die Kandidaten mitwählen können.)"
So gesehen ist jedes Wahlsystem eine Einschränkung der Wahlfreiheit. Auch eine Bundesliste wäre es, denn damit würde es den Wählern verwehrt, nur in bestimmten Ländern oder Teilen von Ländern zu kandidieren. Die Quote greift außerdem im Gegensatz dazu direkt in die Kandidatenauswahl ein, wenn eine bestimmte Quote an Frauen vorgeschrieben wird.

Man muss außerdem berücksichtigen, dass eine Quote schnell die nächste nach sich ziehen kann. Wenn die Frauenquote durchgesetzt ist, kommen kranke Ideologen als nächstes mit der Mihigru-Quote und anderen undemokratischen Regulierungsphantasien. Da darf man niemals den kleinen Finger reichen.


Auf Verfassungsrichter würde ich mich auf keinen Fall verlassen, auch wenn der Fall eigentlich eindeutig ist, die Quote ist eine durch nichts gerechtfertigte Beeinträchtigung der freien Wahl.

Selbst wenn hier die behauptete Benachteiligung von Frauen denn existieren würde, wäre das kaum eine Rechtfertigung. Aber gemessen daran, dass Frauen sich viel weniger als Männer politisch organisieren, sind sie in Parlamenten keineswegs unterrepräsentiert. Ein Frauenanteil von unter 50% "beweist" keine Benachteiligung, selbst die Grünen haben deutlich unter 50% Frauen unter ihren Mitgliedern, obwohl es bei ihren Wählern deutlich über 50% sind.

Vollkommen undemokratisch ist es, ein bestimmtes Wahlergebnis wie x % Frauen staatlicherseits herbeiführen zu wollen.
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SaaleMAX
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 09. Februar 2019 - 21:46 Uhr:   

Man sollte dabei auch schauen wieviele Frauen sind denn eigentlich Mitglied in der einen oder anderen Partei.
Danach könnte man auch über Listenplätze oder Posten im Proporz zumindest diskutieren.

Letztendlich nützt es keiner Partei über Quote zu reglementieren, wenn am Ende hier und da nicht mal genügend geeignete weibliche Kandidaten zusammen kommen.Deswegen ist der Vorstoß aus Brandenburg vollkommen an der Realität daneben.
Im Leben ist nicht alles mit Quoten zu Regeln, sondern es wird immer Bereiche geben wo das eine oder andere Geschlecht Vorteile hat.
Und das ist GUT so.
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Christian Ryll
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 09. Februar 2019 - 21:56 Uhr:   

@Mark Tröger:

"Wäre auch das verfassungswidrig? Und wenn ja warum genau?"

Das lässt sich bereits aus diese Debatte herleiten:

http://www.wahlrecht.de/forum/messages/40/7411.html?1549117266

Weiterhin darf bei einer Wahl nicht nach Geschlecht ausdifferenziert werden.
Weiterhinrzu u.a.:

https://www.prinz.law/urteile/bgh/II_ZR__47-71

"Hier erklärt z.B. der BGH:
b) Ähnliche Erwägungen gelten grundsätzlich für das Gebot der Wahlrechtsgleichheit. Auch unter diesem Gesichtspunkt steht es dem Gesetzgeber bzw. dem zuständigen Parteiorgan frei, innerhalb welchen Wahlsystems sie die Wahlrechtsgleichheit verwirklichen wollen (vgl. BVerfGE 6, 84, 89 = NJW 57, 377; BVerfGE 11, 351, 360 = NJW 60, 2283). Durch den wahlrechtlichen Gleichheitsgrundsatz sind sie nur dahingehend gebunden, daß alle abgegebenen Stimmen den gleichen Zählwert und - soweit das Verhältniswahlsystem angewandt wird - den gleichen Erfolgswert haben müssen (BVerfGE 1, 208, 244 ff.; 7, 63, 70 = NJW 57, 1313; BVerfGE 13, 243, 246; 16, 130, 139 = NJW 63, 1600; für innerparteiliche Wahlen vgl. Maunz-Dürig, GG, Art. 21 Rdnr. 58 i.V.m. Art. 20 Rdnr. 34 sowie § 10 Abs. 2 PartG). Ferner verbietet die Gleichheit der Wahl, bestimmte Wählergruppen nach Bildung, Religion, Vermögen, Klasse, Rasse oder Geschlecht, nach der Art der politischen Meinung, für die sich der Wählende entschieden hat, oder nach sonstigen Kriterien, die außerhalb des Wahlsystems liegen und sich auch nicht aus zwingenden Erfordernissen eines geordneten Wahlverfahrens ergeben, unterschiedlich zu behandeln (BVerfGE 6, 84, 91 = NJW 57, 377; BVerfGE 15, 165, 166 f.; für die innerparteilichen Wahlen vgl. Hencke, Recht der politischen Parteien 2. Aufl. S. 87 f.). Ungleichbehandlungen dagegen, die unmittelbare Folge des Wahlsystems sind, sind mit dem wahlrechtlichen Gleichheitsprinzip grundsätzlich vereinbar."

Das lässt sich aus Art. 25 IPBPR herleiten.

Hier ist der Vorgang zur Änderung des GG

http://dipbt.bundestag.de/dip21.web/searchDocuments/documentData_detail_vo.do

Hier noch ein Gutachten von Herr Papier:

https://www.mhkbg.nrw/mediapool/pdf/presse/pressemitteilungen/Gutachten_Zielquoten.pdf

Hier noch was vom schweizer Bundesgericht!!
http://www.servat.unibe.ch/dfr/c1123152.html

@Thomas Frings:

"Auf Verfassungsrichter würde ich mich auf keinen Fall verlassen, auch wenn der Fall eigentlich eindeutig ist, die Quote ist eine durch nichts gerechtfertigte Beeinträchtigung der freien Wahl."

Leider haben Sie Recht:

Hier meine Verfahren:

Wahlprüfung Europawahl:

https://vignette.wikia.nocookie.net/justizwillkuer/images/3/30/BeschwerdeEuWa.pdf/revision/latest?cb=20150906222358&path-prefix=de

https://vignette2.wikia.nocookie.net/justizwillkuer/images/b/b0/Beschwereubverfg.pdf/revision/latest?cb=20170501145328&path-prefix=de

Hier Beschwerde Bundestagswahl:

Hier die Beschwerde:
"http://vignette3.wikia.nocookie.net/justizwillkuer/images/6/6f/Wahlpr%C3%BCfungsbeschwerdeBTW.pdf/revision/latest?cb=20160225183104&path-prefix=de"

Hier die Entscheidung:

http://vignette1.wikia.nocookie.net/justizwillkuer/images/5/50/WB2BVC27-14.pdf/revision/latest?cb=20160216190817&path-prefix=de

Hier ist eine Verfassungsbeschwerde:

http://vignette2.wikia.nocookie.net/justizwillkuer/images/4/4b/Beschwerdebv.pdf/revision/latest?cb=20150427095244&path-prefix=de

Hier ist die Entscheidung:

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=2%20BvR%203058/14

Und noch zur Wahlprüfung LSA

Hier die Beschwerde;

https://vignette.wikia.nocookie.net/justizwillkuer/images/2/2b/Anlage37a.pdf/revision/latest?cb=20180513210647&path-prefix=de

Hier die Entscheidung des LVerfG

https://verfassungsgericht.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MJ/MJ/lvg/LVerfG-LSA_20171025_03-17_Wahlpruefung_redaktKorr.pdf

Den Rest können Sie sich selbst denken!
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 10. Februar 2019 - 08:58 Uhr:   

Es hat den Anschein, dass die Gerichte sich hier vor Entscheidungen und Begründungen drücken wollen, wenn sie Anträge einfach für unzulässig erkären, obwohl darin gute Argumente wie ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und ein Verstoß gegen die Freiheit der Wahl durch Einschränkung des Entscheidungsspielraums aufgeführt werden.

Im Beschluss des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt habe ich allerdings doch noch eine Argumentation gefunden:

"Die Organisations- und Programmfreiheit der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 S. 2 und 3 GG ermöglicht es, bei der Kandidatenaufstellung im Vorfeld der Wahl Listenplätze Frauen vorzubehalten, um den Frauenanteil in den Parlamenten zu erhöhen."

"Der vorbehaltlos geltende Grundsatz der Gleichheit der Wahl kann aber in verschiedener Weise verwirklicht werden. Für den Gesetzgeber hat die Rechtsprechung Differenzierungen unter Voraussetzungen gerechtfertigt, die das Bundesverfassungsgericht in der Formel eines zwingenden Grundes zusammenfasst (BVerfG, Urt. v. 10.04.1997 – 2 BvC 3/96, BVerfGE 95, 408 [418]). Dabei wird unter dem Begriff des „zwingenden Grundes“ auch gefasst, dass solche Gründe zugelassen sind, die durch die Verfassung legitimiert und von einem Gewicht sind, das der Wahlrechtsgleichheit die Waage halten kann. Solche differenzierenden Regelungen müssen zur Verfolgung ihrer Zwecke geeignet und erforderlich sein. Dabei richtet sich ihr erlaubtes Ausmaß auch danach, mit welcher Intensität in das Wahlrecht eingegriffen wird (BVerfG, Urt. v. 10.04.1997, a. a. O.; Urt. v. 03.07.2008 – 2 BvC 1, 7/07, BVerfGE 121, 266 [298]). Für die politischen Parteien gewährleistet die Satzungsautonomie zusätzliche Spielräume zugunsten von Differenzierungen bei der Verwirklichung der Gleichheit bei der Kandidatenaufstellung im Vorfeld der Wahl. Die Organisations- und Programmfreiheit der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 S. 2 und 3 GG ermöglicht es, bei der Wahl zu Parteiämtern, wie auch bei der Aufstellung zu Wahlen, die demokratische Ordnung ihren Zielen anzupassen (BVerfG, Beschl. v. 01.04.2015 – 2 BvR 3058/14, juris, Rdnr. 25), wenn diese Ziele insoweit durch die Verfassung legitimiert und hinreichend gewichtig sind. Das ist für das Bestreben, den Frauenanteil in den Parlamenten zu erhöhen, der Fall. Wenn in Art. 34 LVerf, wie auch in Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG, dem Staat die Aufgabe zugewiesen wird, geschlechtsspezifischen Nachteilen entgegenzutreten, können den Parteien darauf gerichtete Quotenregelungen bei der Aufstellung ihrer Wahlbewerber nicht verwehrt werden (vgl. Hans Hugo Klein, in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, 60. Lieferung, 2010, Art. 38, Rdnr. 108)."

Heißt also: Laut Gericht darf eine Partei selbst ihre demokratische Ordnung einschränken, sofern dadurch andere gewichtige von der Verfassung legitimierte Ziele verfolgt werden.

Eine Einschränkung der demokratischen Ordnung wird hier euphemistisch als "Anpassung" zugegeben. Wenn eine Partei aber frei zwischen Nichtanpassung der demokratischen Ordnung und der Verfolgung anderer durch die Verfassung legitimierter Ziele entscheiden darf, ergibt sich daraus auch, dass der Staat die Partei auch nicht zur "Anpassung" der demokratischen Ordnung zwingen darf.

Dieses Abwägung von Verfassungsgrundsätzen und Verfassungszielen ohne dass es klar einzuhaltende Prioritäten gibt grenzt natürlich an Jusitzwillkür. Aber ein vollkommen beliebiges Interpretieren der Verfassung ergibt sich damit in meinen Augen noch nicht. Aber unbehaglich ist es schon, zumal wenn man bedenkt, dass Verfassungsrichter von der Politik gewählt werden, also abhängig sind. Die AfD hat dazu im Bundestag einen Gesetzentwurf zur Entpolitisierung der Justiz eingebracht, nach dem Verfassungsrichter nicht mehr von der Politik sondern von der Justiz gewählt würden. Es ist natürlich zu erwarten, dass der Entwurf abgelehnt wird. Die Wahrung der Demokratie muss letztlich vom Volk selbst sichergestellt werden, bestenfalls durch Wahlen sofern es diese auch zukünftig noch geben wird. Leichte Zweifel daran kann man schon bekommen, denn mit der obigen Argumentation des Gerichts könnte man irgendwelche anderen Verfassungsziele auch gegen demokratische Wahlen insgesamt ausspielen. Auch die DDR nannte sich "demokratisch".
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J.A.L.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 10. Februar 2019 - 14:47 Uhr:   

@ Mark Tröger:

Das Urteil des LVerfG Sachsen-Anhalt geht aber darum, ob du eine parteiinterne Quote verboten werden (bzw. die so quotierte Liste von der Wahl ausgeschlossen werden) kann.

Und so sehr ich gegen verpflichtende Quoten für alle Parteien bin, so sehr sehe ich auch nicht, weshalb parteiinterne Quoten untersagt werden sollten. Gerade das ist ein Bereich, der am besten der eigenen Entscheidung jeder Partei oder Wählergruppe vorbehalten bleiben muss.
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 10. Februar 2019 - 15:47 Uhr:   

"Und so sehr ich gegen verpflichtende Quoten für alle Parteien bin, so sehr sehe ich auch nicht, weshalb parteiinterne Quoten untersagt werden sollten. Gerade das ist ein Bereich, der am besten der eigenen Entscheidung jeder Partei oder Wählergruppe vorbehalten bleiben muss."

Ich wäre auch dafür, dass Parteien frei über ihre innere Struktur entscheiden können, allerdings dann wirklich umfassend frei.

Wenn es aber eine Regelung wie in Artikel 21 Grundgesetz gibt, nach der die innere Ordnung von Parteien demokratischen Grundsätzen entsprechen muss, dann sollte diese Regel auf alle Verstöße gegen demokratische Grundsätze die gleiche Anwendung finden.

Momentan haben wir aber die Situation, dass manche Verstöße gegen demokratische Grundsätze in den Parteien erlaubt sind, andere aber nicht. Undemokratische Frauenquoten sind erlaubt, aber eine undemokratische Struktur wie z. B. in Geert Wilders Ein-Mann-Partei ist untersagt.

Indem demokratische Grundsätze tendenziös angewendet werden, werden sie meines Erachtens verletzt.

Bei freiwilligen Frauenquoten handelt es sich sich allerdings noch um vergleichsweise geringfügige Verstöße gegen demokratische Grundsätze. Der Lackmustest wird die Beurteilung von 1) verpflichtenden Frauenquoten und 2) der auch nur freiwilligen Kombination mehrerer Quoten. Beides ist eklatant undemokratisch. Durch die bisherige Rechtssprechung, ist auch mein Vertrauen in die Gerichte leider nicht besonders ausgeprägt.
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Christian Ryll
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 10. Februar 2019 - 17:14 Uhr:   

@all:

Hier geht es aus einem Urteil des BverfG

http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv002001.html

RN 38-40

" So läßt sich die freiheitliche demokratische Grundordnung als eine Ordnung bestimmen, die unter Ausschluß jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.

Damit ist auch das Entscheidende über das Verhältnis von Art. 21 zu Art. 9 II GG gesagt. Begrifflich gehören auch die Parteien zu den "Vereinigungen" im Sinne des Art. 9 II GG (vgl. auch § 90a III StGB). Damit würden sie unter den dort bezeichneten Voraussetzungen ohne weiteres verboten sein und somit dem Zugriff der Exekutive schlechthin unterliegen. Dabei würden im einzelnen schwierige Auslegungsfragen entstehen, namentlich wenn man den in Art. 9 II GG verwandten Begriff der "verfassungsmäßigen Ordnung" dem Begriff der "freiheitlichen demokratischen Grundordnung" gegenüberstellte und ihr Verhältnis zueinander nur aus dem Wortlaut mit Mitteln der Logik zu bestimmen versuchte. Eine befriedigende Lösung kann nur aus den oben entwickelten grundsätzlichen Erwägungen gewonnen werden. Ist nämlich eine Vereinigung eine politische Partei, so hat sie - eben wegen der den Parteien und nur ihnen eingeräumten Sonderstellung - Anspruch auf die Privilegierung nach Art. 21 II GG. Diese Vorschrift ist also für die politischen Parteien uneingeschränkt lex specialis gegenüber Art. 9 II GG. Diese Bestimmung bleibt im Bereich des Politischen nur auf Gruppen anwendbar, die sich nicht als politische Parteien organisiert haben oder betätigen, oder auf Nebenorganisationen von Parteien.

Art. 21 GG ist mit Ausnahme des Abs. I 4 unmittelbar anwendbares Recht, obwohl Abs. III eine nähere Regelung durch Bundesgesetze vorsieht. Dies ist für Abs. II offensichtlich, zumal durch das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht die nähere Regelung schon getroffen ist. Die aktuelle Geltung der beiden ersten Sätze des Art. 21 I GG ist wegen ihrer schon oben gekennzeichneten grundsätzlichen Bedeutung ebenso offensichtlich. Abs. I 3 mag zwar in dem vorgesehenen Parteiengesetz eine nähere Ausgestaltung erfahren. Unmittelbar anwendbar ist er jedenfalls insoweit, als er es verbietet, daß eine Partei sich in grundsätzlicher Abweichung von demokratischen Prinzipien organisiert. Die Frage aber, ob ein Verstoß gegen diese Bestimmung eine Partei verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 II GG macht, ist damit nicht entschieden. Ihre Beantwortung ergibt sich aus der Erwägung, daß eine Partei nur dann aus dem politischen Leben ausgeschaltet werden darf, wenn sie die obersten Grundsätze der freiheitlichen Demokratie ablehnt. Entspricht die innere Ordnung einer Partei demokratischen Grundsätzen nicht, so wird im allgemeinen der Schluß naheliegen, daß die Partei die Strukturprinzipien, die sie bei sich selbst verwirklicht hat, auch im Staate durchsetzen, damit also einen der wesentlichsten Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, nämlich die Bildung des Staatwillens als Ergebnis des freien politischen Kräftespiels, zugunsten eines autoritären Systems beseitigen will. Ob dieser Schluß berechtigt ist, muß im Einzelfall geprüft werden. Erreicht die Abkehr von demokratischen Organisationsgrundsätzen einen solchen Grad, daß sie nur als Ausdruck einer grundsätzlich demokratiefeindlichen Haltung erklärbar ist, so kann, namentlich wenn auch andere Umstände diese Einstellung der Partei bestätigen, der Tatbestand des Art. 21 II GG erfüllt sein. Die gleichsam "abstrakte" Feststellung einer demokratischen Grundsätzen nicht entsprechenden inneren Ordnung würde für sich allein jedoch nicht genügen. "


Und RN 328

"In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Bedeutung der von dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied der SRP Fritz Heller mit Schreiben vom 12. September 1952 mitgeteilten angeblichen Selbstauflösung der SRP zukommt. Es braucht nicht entschieden zu werden, welchen Einfluß die während eines Verfahrens auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit rechtswirksam erfolgte Selbstauflösung einer Partei auf das Verfahren hätte. Hier ist davon auszugehen, daß die Selbstauflösung sich in der von Heller mitgeteilten Form vollzogen habe. Eine Auflösung in dieser Form aber ist in jedem Falle rechtlich unerheblich. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob nach dem Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches das für die Auflösung zuständige Organ seine Befugnis einem anderen Organ in der Weise übertragen kann, daß das ermächtigte Organ nach seinem völlig freien Ermessen die Auflösung zu beliebiger Zeit verfügen kann. Bei einer in Vereinsform organisierten politischen Partei jedenfalls wäre eine Satzungsbestimmung oder eine Einzelermächtigung dieses Inhalts wegen Verstoßes gegen die zwingende Vorschrift des Art. 21 I 3 GG nichtig. Ein stärkerer Verstoß gegen die demokratischen Grundsätze für die innere Ordnung einer Partei ist kaum denkbar, als wenn die Entscheidung über die Existenz einer politischen Partei überhaupt, die ihrer Bedeutung nach von einem möglichst großen Gremium getroffen werden müßte, in das freie Belieben einer autoritären Spitze aus wenigen Funktionären gestellt wird. Auch eine von dieser autoritären Spitze eingeholte Zustimmung der Parteimitglieder zu einer so verfügten Auflösung vermag diesen Mangel nicht zu beheben. Eine solche "Akklamation" ohne Diskussion ist keine demokratische Abstimmung. Die näheren Umstände der angeblichen Selbstauflösung der SRP bedürfen daher nicht der Klärung. "

Genau diesen Anforderungen genügen die Binnenorganisation der Parteien
CDU/CSU, SPD, die Linke und Bündnis 90/die Grünen nicht !!!


In dieser Drucksache

http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/03/015/0301509.pdf

auf S. 24 ff heißt es:

„§ 18 enthält die grundlegenden Vorschriften über das Verhältnis zwischen Mitglied und Partei. Sie sind im Zusammenhang mit § 10 Abs. 2 Nr. 2, der eine Festlegung der Rechte und Pflichten der Mitglieder in der Satzung verlangt, und mit der obligatorischen Parteischiedsgerichtsbarkeit (§ 16) zu sehen. § 18 verbürgt die Gleichheit innerhalb der Partei sowie durch Schutzbestimmungen gegen die Übermacht der Verbandsgewalt die Freiheit der Mitglieder und trägt damit einem wesentlichen Gesichtspunkt des Artikels 21 Abs. 1 Satz 3 GG Rechnung (vgl. Gutachten S. 159 f., 164). [….]Zu den Grunderfordernissen einer demokratischen inneren Ordnung gehört, dass die einzelnen Mitglieder in grundsätzlich gleicher Weise an der Willensbildung der Partei beteiligt werden. Der Entwurf verankert das Gleichheitsprinzip nur in Beschränkung auf die ordentlichen Mitglieder. Daneben kennt das deutsche Vereinsleben von jeher auch Mitglieder mit besonderer, meist geminderter Rechtsstellung: z. B. fördernde Mitglieder, auswärtige Mitglieder, Ehrenmitglieder usw. Sie kommen auch bei Parteien vor. Es besteht kein Grund, diese Möglichkeiten künftig auszuschließen. Auf der anderen Seite entspricht es der Natur dieser außerordentlichen Mitgliedschaften, dass sie der ordentlichen Mitgliedschaft nicht gleichstehen."

Und auch dieser Drucksache

http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/019/0501918zu.pdf

zum PartG steht auf S. 2 und 4

"
„Gemäß Artikel 21 Abs. 1 Satz 3 GG muss die innere Ordnung der Parteien demokratischen Grundsätzen entsprechen. Der Gesetzgeber greift in die Verbandsautonomie der Parteien ein und verpflichtet sie zur Demokratisierung. Auch hierdurch wird die verfassungsrechtliche Sonderstellung der Parteien gegenüber den anderen Gruppierungen der Gesellschaft hervorgehoben und ihre Symmetrie zum demokratischen Staatsaufbau festgelegt. Die verfassungsrechtlich verbürgte öffentliche Funktion der Parteien erfordert diese Übereinstimmung mit den Grundprinzipien der Demokratie nicht nur bei ihrer Zielsetzung, sondern auch in ihrem inneren Gefüge. Durch die freie und gleiche Willensbildung von unten nach oben, von der Basis der Mitgliedschaft zur Parteiführung, sollen möglichst weite Schichten der Bürger zu einer aktiven Teilnahme am politischen Leben angeregt werden. Daher muss die innere Ordnung der Parteien so gestaltet werden, dass jedem Mitglied entsprechend seiner Befähigung, Aktivität und Überzeugungskraft die Möglichkeit zu mitbestimmender Teilnahme und zum Aufstieg in der Parteiorganisation gegeben wird. Die Parteien sollen sich dabei allen Bürgern öffnen, die ihre betreffende politische Grundrichtung bejahen und zur Mitarbeit bereit sind. Gleichzeitig muss das einzelne Mitglied vor jeder Verbandswillkür geschützt und ein gerechtes Verfahren im Streitfall gewährleistet sein. Zur Erreichung dieser Ziele ist der Innenausschuss in mehreren Vorschriften über den interfraktionellen Entwurf hinausgegangen.[…]
Zu § 10
Die Rechte der Mitglieder sind in mehreren Punkten verstärkt worden, insbesondere bezüglich der Ausschlussverfahren. Parteiausschlüsse sind nur bei schwerwiegenden Verstößen rechtmäßig. Allgemeine Aufnahmesperren sind unzulässig. Bei der Betonung der Gleichheit des Stimmrechts ist der Begriff „ordentliches Mitglied" fallengelassen worden, da ohnehin nur „ordentliche Mitglieder", und nicht etwa Gast- oder Ehrenmitglieder stimmberechtigt sein können. Im übrigen stellt die Vorschrift klar, dass eine Privilegierung bestimmter Mitglieder oder Mitgliedergruppen unzulässig ist. Doppelmitgliedschaften mit der Folge mehrfacher Stimmberechtigung sind mit dem demokratischen Gleichheitsgrundsatz unvereinbar."


Damit war es der Wille des Gesetzgebers, dass Mitglieder und Gruppen solcher nicht privilegiert werden dürfen.

@ J.A.L.: Ließ doch den veröffentlichten Schriftsatz durch und erklär uns allen mal wonach die nicht rechtstaatlich gearbeitet haben!!!
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 14. Februar 2019 - 17:55 Uhr:   

Hier noch ein Beispiel für die antidemokratischen Vorstellungen innerhalb der der politischen Klasse:

https://www.rundblick-niedersachsen.de/reimann-bringt-frauenstimme-bei-kommunalwahlen-ins-gespraech/

"Reimann regt Änderungen auch für das Kommunalwahlrecht an. Gerade in kommunalen Vertretungen sei der Frauenanteil oft erschreckend gering. Bisher hat jeder Wähler in Niedersachsen die Möglichkeit, bei einer Kreistagswahl drei Stimmen zu vergeben – er kann die Liste einer Partei ankreuzen, die Stimmen auf mehrere Kandidaten verteilen oder einem bestimmten Kandidaten mehrere Stimmen geben.

Die Ministerin würde diese Möglichkeiten nicht einschränken, sondern noch erweitern. Eine vorsichtige Variante wäre, auf jeden Stimmzettel einen Hinweis zu drucken, aus dem hervorgeht, dass die stärkere Repräsentanz von Frauen erwünscht ist."


Das erinnert an den Stimmzettel damals 1938 zur Volksabstimmung zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich mit großem Ja und kleinem Nein: http://www.zeitklicks.de/typo3temp/pics/7259c22f83.jpg

Nun möchte diese Ministerin also sogar ausdrückliche Hinweise zum von der Politik gewünschten Abstimmungsverhalten auf den Wahlzettel abdrucken. Ich weiß garnicht, worüber ich mehr erstaunt bin, dass diese Ministerin nicht merkt wie demokratiewidrig das wäre, oder dass sie glaubt, mit so einer dreisten Bevormundung des Volkes gut ankommen zu können.

Aber vielleicht segnen Verfassungsgerichte ja auch diesen Vorschlag ab, schließlich kann die Umsetzung demokratische Grundsätze zur Verfolgung anderer in der Verfassung festgelegter Ziele ja "angepasst" werden.

Die einstige Kulturnation Deutschland scheint geistig immer weiter auf das Niveau eines Hühnerhaufens zu degenerieren.
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Wilko Zicht
Moderator
Veröffentlicht am Donnerstag, 14. Februar 2019 - 21:17 Uhr:   

Zumal die Idee nicht neu ist, sondern in Rheinland-Pfalz bereits vor einigen Jahren am Verfassungsgericht gescheitert war:

http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/7qe/page/bsrlpprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&doc.id=KVRE004121415&doc.part=L
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 14. Februar 2019 - 22:58 Uhr:   

Da wäre der Weg nicht mehr weit, die Wahl oder Nichtwahl gewisser Parteien auf dem Stimmzettel nahe zu legen. Das zeigt nur den undemokratischen Kern solcher Phantasien. So offensichtliche Bevormundungsversuche dürften Verfassungsgerichte recht zuverlässig kippen, bei Quoten bin ich mir nicht so sicher.
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Christian Ryll
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 16. Februar 2019 - 23:13 Uhr:   

Hier noch eine weitere Entscheidung des BVerfG

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/07/fs20120725_2bvf000311.html

"4. Die gesetzgeberische Gestaltungsmacht findet ihre Grenzen aber dort, wo das jedem Bürger zustehende Recht auf freie und gleiche Teilhabe an der demokratischen Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 123, 267 <341>) beeinträchtigt wird. Aus der Gewährleistung allgemeiner, unmittelbarer, freier und gleicher Wahl in Art. 38 Abs. 1 GG folgt die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers, ein Wahlverfahren zu schaffen, in dem der Wähler vor dem Wahlakt erkennen kann, welche Personen sich um ein Abgeordnetenmandat bewerben und wie sich die eigene Stimmabgabe auf Erfolg oder Misserfolg der Wahlbewerber auswirken kann (BVerfGE 47, 253 <279>; 95, 335 <350>; 121, 266 <307>). Das Verfahren der Mandatszuteilung muss deshalb grundsätzlich frei von willkürlichen oder widersinnigen Effekten sein (vgl. BVerfGE 121, 266 <300>). Zudem verbietet der Grundsatz der Wahlfreiheit eine Gestaltung des Wahlverfahrens, die die Entschließungsfreiheit des Wählers in einer innerhalb des gewählten Wahlsystems vermeidbaren Weise verengt (vgl. BVerfGE 47, 253 <283>; 95, 335 <350>).

5. Weitere Grundanforderungen an alle Wahlsysteme ergeben sich insbesondere aus dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit. Danach sind unabhängig von der jeweiligen Ausgestaltung des Wahlverfahrens alle Wähler bei der Art und Weise der Mandatszuteilung strikt gleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 11, 351 <360>; 95, 335 <369>). Die Stimme eines jeden Wahlberechtigten muss grundsätzlich den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben (vgl. BVerfGE 95, 335 <353,>; 121, 266 <295>; 124, 1 <18>). Alle Wähler sollen mit der Stimme, die sie abgeben, den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis nehmen können (BVerfGE 121, 266 <295>).

a) Dieser für alle Wahlsysteme einheitliche Maßstab verlangt, dass der Wahlgesetzgeber Erfolgschancengleichheit im gesamten Wahlgebiet gewährleistet (vgl. Herzog, Rechtsgutachten zu der Vereinbarkeit der Verhältniswahl in kleinen Wahlkreisen <dreier-wahlkreissystem> mit dem Grundgesetz, 1968, S. 33 <46>), und dass das von ihm festgelegte Sitzzuteilungsverfahren in allen seinen Schritten seine Regeln auf jede Wählerstimme gleich anwendet und dabei auch die Folgen so ausgestaltet, dass jeder Wähler den gleichen potentiellen Einfluss auf das Wahlergebnis erhält (vgl. BVerfGE 95, 335 <353,>)."

Kann mir einer erklären wie diese Maßstäbe bei einer Quote noch erfüllt sein sollen?
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 17. Februar 2019 - 12:04 Uhr:   

Kann mir einer erklären wie diese Maßstäbe bei einer Quote noch erfüllt sein sollen?

Garnicht. Aber im Urteil steht auch folgendes:

"Aus dem formalen Charakter des Grundsatzes der Wahlrechtsgleichheit folgt ferner, dass dem Gesetzgeber bei der Ordnung des Wahlrechts nur ein eng bemessener Spielraum für Differenzierungen verbleibt. Diese Differenzierungen bedürfen zu ihrer Rechtfertigung stets eines besonderen, sachlich legitimierten Grundes. Es muss sich um Gründe handeln, die durch die Verfassung legitimiert und von mindestens gleichem Gewicht wie die Gleichheit der Wahl sind."

und:

"Die Fünf-Prozent-Sperrklausel findet ihre Rechtfertigung in dem verfassungslegitimen Ziel, die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Parlaments zu sichern."

Heißt also, das Gericht legt das Grundgesetz als Wischi-Waschi-Verfassung aus, in der der Grundsatz der Demokratie keine klare Priorität gegenüber anderen Verfassungsgrundsätzen hat, sondern alles mögliche gegeneinender irgendwie abgewogen werden kann.

In Bezug auf die freiwillige und verpflichtende Frauenquoten kommt es wohl auf das Auslegen und das Abwägen von Artikel 3 an:

"(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden."


Da ist von Gleichberechtigung und nicht von Gleichheit die Rede. Demnach müssen meines Erachtens Frauen das gleiche Recht haben, zu wählen und gewählt zu werden, aber nicht notwendigerweise auch im Ergebnis gleich häufig wählen und gewählt werden.

Dann ist da von der Beseitigung bestehender Nachteile die Rede. Die Frage ist, was alles unter diese Nachteile fällt. Nur menschgemachte oder auch natürliche? Wenn z. B. Männern ihren Frauen verbieten könnten an Wahlen teilzunehmen, fiele das natürlich darunter. Aber was ist mit naturgegebenen Nachteilen, dass z. B. nur Frauen Kinder kriegen und stillen können? Muss es dafür irgendeinen Ausgleich geben, wo Frauen dann bevorzugt werden? Und dann behaupten Feministen ja, Frauen würden gesamtgesellschaftlich irgendwie benachteiligt werden, ohne das man das jetzt an einzelnen klaren Regelverstößen festmachen könnte. Ob man so einer Behauptung recht gibt hängt letztlich auch davon ob, ob man naturgegebene geschlechtliche Unterschiede anzunehmen bereit ist oder nicht. Entspricht die geringere Vertretung von Frauen in der Politik einem geringeren inneren Antrieb der Frauen in die Politik zu gehen oder muss das an männlicher Unterdrückung liegen? Um das zu entscheiden müssten sich die Verfassungsrichter als Gesellschaftswissenschaftler und Biologen betätigen.

Und dann steht da noch, dass niemand aufgrund seines Geschlechts bevorzugt werden darf. "Niemand" bezieht sich auf einzelne Personen anstatt auf Gruppen. Das heißt eigentlich, dass niemand einzelnes staatlich (also z. B. durch verpflichtende Quoten) bevorzugt werden darf, auch wenn dadurch seine Gruppe insgesamt vermeintlich gerechter behandelt wird.

Eigentlich sollten verpflichtende Quoten vor Gericht nicht durchkommen, unter anderem auch wegen Unverhältnismäßigkeit. Aber es gibt da einen gewissen Willkürfaktor des Gerichts.
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Werner Fischer
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 17. Februar 2019 - 18:59 Uhr:   

Hätte ich nicht besser ausdrücken können!
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Christian Ryll
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 19. Februar 2019 - 14:01 Uhr:   

Und es geht weiter:

https://rp-online.de/politik/deutschland/andrea-nahles-spd-chefin-moechte-frauen-anteil-im-bundestag-erhoehen_aid-36824923

@ Mark Tröger:

"Heißt also, das Gericht legt das Grundgesetz als Wischi-Waschi-Verfassung aus, in der der Grundsatz der Demokratie keine klare Priorität gegenüber anderen Verfassungsgrundsätzen hat, sondern alles mögliche gegeneinender irgendwie abgewogen werden kann. "

http://de.justizwillkuer.wikia.com/wiki/Ein_Ausma%C3%9F_von_Willk%C3%BCrjustiz

Hier kannst Du Dich ein Bild von unserer Justiz machen!!!
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 20. Februar 2019 - 20:43 Uhr:   

Die AfD hat sich jetzt der Absicherung bzw. Wiedereinführung demokratischer Grundsätze auch in den "demokratischen" Parteien angenommen:

http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/079/1907936.pdf

Dass solche Stimmen auch aus der Politik wieder Gehör finden können, ist zumindest schon einmal ein Fortschritt im Vergleich zu vor ein paar Jahren.
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Christian Ryll
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 12. Mai 2019 - 19:20 Uhr:   

Das ist sinnfrei und das weiß die AFD ganz genau!!

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