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cyrix
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| Veröffentlicht am Sonntag, 04. September 2011 - 15:08 Uhr: | |
In der Erläuterung auf dieser Seite (jetzt auf der Startseite prominent verlinkt) des Landtagswahlsystems Mecklenburg-Vorpommerns wird darauf hingewiesen, dass die Regelung, wie viele Ausgleichsmandate bei Überhang vergeben werden, nicht klar formuliert ist. Dabei wird auf eine Meldung vom 10. Juni 2008 verwiesen, in welcher die unklare Forumulierung "weitere Sitze" im Wahlgesetz bemängelt wird. Im derzeit gültigen Wahlgesetz vom 16. Dezember 2010 findet sich jedoch mittlerweile die genauere Formulierung "Die Zahl der Ausgleichsmandate darf dabei jedoch das Doppelte der Zahl der Überhangmandate nicht übersteigen", welche wenigstens das Problem klären sollte. Jedoch habe ich mit der Formulierung nun ein anderes Problem. Zuerst einmal der relevante Abschnitt im Wortlaut: "(6) In den Wahlkreisen errungene Sitze verbleiben der Partei auch dann, wenn sie die nach den Absätzen 3 und 4 ermittelte Zahl übersteigen (Überhangmandate). In diesem Fall werden den übrigen Landeslisten weitere Sitze zugeteilt (Ausgleichsmandate). Die Gesamtzahl der Abgeordnetensitze ( Artikel 20 Absatz 2 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern) erhöht sich um so viele, bis unter Einbeziehung der Überhangmandate das nach den Absätzen 3 und 4 zu berechnende Verhältnis erreicht ist. Die Zahl der Ausgleichsmandate darf dabei jedoch das Doppelte der Zahl der Überhangmandate nicht übersteigen. Ist die erhöhte Gesamtzahl der Abgeordnetensitze eine gerade Zahl, so wird diese um einen zusätzlichen Sitz erhöht. Auch bei Überhang- und Ausgleichsmandaten ist § 46 anwendbar." In Absatz (3) wird Hare-Niemeyer beschrieben; Absatz (4) enthält die Mehrheitsklausel. Nun besitzt ja Hare-Niemeyer insbesondere das Alabama-Paradoxon, sodass eine weitere Erhöhung der Sitzzahl einer Partei auch wieder den letzten Sitz kosten kann. Insbesondere eine kleinere überhängende Partei könnte bei einem erfolgten Minimalausgleich (wenn dieser auf eine gerade Gesamtsitzzahl führt) wieder überhängend werden, wenn der Paritätssitz dazu kommt. Ob dann erneut weitere Ausgleichsmandate vergeben werden, lese ich da nicht heraus. |

Wilko Zicht
Moderator
| Veröffentlicht am Sonntag, 04. September 2011 - 15:35 Uhr: | |
Danke für den Hinweis, der Absatz zur Formulierung "weitere Sitze" war in der Tat veraltet und ist jetzt rausgenommen worden. Wegen des Alabama-Paradoxon ist Hare/Niemeyer bei Wahlsystemen mit Ausgleichsmandaten eigentlich ungeeignet. Wenn der Gesetzgeber das berücksichtigt hätte, hätte er gleich ein anderes Verfahren genommen. Von daher ist natürlich auch nicht geregelt, was passiert, wenn das Paradoxon tatsächlich mal zuschlägt. |

Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 04. September 2011 - 16:46 Uhr: | |
Nach § 38 Abs. 2 LWKO verteilt die Landeswahlleitung die Sitze. Man beachte, dass es nicht "berechnet" wie bei der Ermittlung der Stimmenzahlen heißt. Soweit das Gesetz keine definierten Vorgaben macht, kann sie also nach Lust und Laune entscheiden. Das praktisch relevante Problem ist eher, wie bei negativen Ausgleichsmandaten verfahren wird. Einerseits ist ziemlich klar formuliert, dass zusätzliche Sitze verteilt werden, andererseits ist aber die konkrete Berechnung, die gerade das nicht erreicht, auch klar. Wenn man einfach weiterverteilt, kann die Kappungsgrenze dazwischenkommen. Beim Pattvermeidungssitz ist die Auslegung naheliegend, dass man von vornherein in 2er-Schritten erhöht. Unklar ist auch, was passiert, wenn die Kappungsgrenze erreicht ist. Beide Möglichkeiten (Streichung des Überhangs und Streichung des Ausgleichs) sind eigentlich klar ausgeschlossen. Zu den Änderungen siehe auch http://www.wahlrecht.de/forum/messages/40/4430.html |

rüganer Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 07. September 2011 - 22:47 Uhr: | |
Wenn Leonhard das Direktmandat gewinnt, geht dann der letzte vergebene Sitz (NPD) an die FDP? Oder gibt es dann Ausgleichsmandate oder was passiert dann? |

Wilko Zicht
Moderator
| Veröffentlicht am Mittwoch, 07. September 2011 - 23:16 Uhr: | |
Mit Überhang- und Ausgleichsmandaten hat das nichts zu tun. Die Antwort findest du in unserem Artikel zur Wahl: http://www.wahlrecht.de/news/2011/landtagswahl-mecklenburg-vorpommern-2011.htm Diskutiert wird das Thema außerdem schon hier: http://www.wahlrecht.de/cgi-bin/forum/show.cgi?40/4745 |

Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 07. September 2011 - 23:42 Uhr: | |
Im weiteren Sinn hat es schon was mit Überhang zu tun. Die FDP hat ja dann nach berücksichtigten Stimmen Anspruch auf 0 Sitze und bekommt real 1 mehr. Bloß kann man das nicht ausgleichen; sie wird immer 1 Sitz zu viel haben, egal wie viele Ausgleichsmandate man vergibt. Deshalb wird er gleich außerhalb der Reihe vergeben. In Bayern würd er stattdessen gestrichen und der Zweitplatzierte den Sitz bekommen. |

Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Donnerstag, 08. September 2011 - 00:45 Uhr: | |
Der letzte vergebene Sitz ist übrigens nicht der der NPD, sondern der der SPD. Der 5. Sitz der NPD ist nach momentanem Stand bei Sitz 69 dran. Der 70. geht an die CDU. Dass trotzdem die NPD einen Sitz verlieren könnte, wenn die Grünen einen mehr bekommen, liegt nur am Alabamaparadoxon von Hare/Niemeyer, siehe im anderen Thread. |
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