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iwiwiwm
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| Veröffentlicht am Dienstag, 29. September 2009 - 22:50 Uhr: | |
Ja, Herr Wandersleben, was auf den ersten Blick eindeutig ist, ist auf den zweiten eben oft nicht mehr der Fall: Wenn es heißt "in einem weiteren Wahlgang" scheint es anfangs nur um einen einzigen Wahlgang zu gehen. Am Ende kann es aber auch nur einer unter vielen sein. So ist es auch mit dem Satz: "Das Nähere regelt ein Gesetz, das für den Fall des Entstehens von Überhangmandaten Ausgleichsmandate vorsehen muss." Von konkreten Anzahlen, gar einer Gleichheit steht da nichts. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Dienstag, 29. September 2009 - 23:19 Uhr: | |
Eben. |

Horst Wandersleben
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 00:21 Uhr: | |
@iwiwiwm Ein rhetorischer trick, der einen versuch war, aber zu durchschaubar ist: Einfach nicht auf die beispiele des anderen eingehen, sondern einen nebenschauplatz eröffnen. Was hat "ein weiterer wahlgang" auch nur im entferntesten mit mandatsverteilungen zu tun? |

Horst Wandersleben
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| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 00:50 Uhr: | |
@iwiwiwm: "Von konkreten Anzahlen, gar einer Gleichheit steht da nichts." Meine beispiele zeigen, dass in der deutschen sprache das wort "ausgleich" immer "gleichheit" ausdrückt. Folglich ist in dem verfassungsartikel sehr wohl von "gleichheit" die rede. |

Thomas Frings
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| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 01:53 Uhr: | |
@Horst Wandersleben "Meine beispiele zeigen, dass in der deutschen sprache das wort "ausgleich" immer "gleichheit" ausdrückt." Erstens ist das falsch, zweitens ist Ihre Rabulistik - diplomatisch formuliert - wenig hilfreich. |

Horst Wandersleben
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| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 10:13 Uhr: | |
@Thomas Frings: "...zweitens ist Ihre Rabulistik - diplomatisch formuliert - wenig hilfreich." Entschuldigung, das war nicht nicht meine absicht. Gehe ich tatsächlich zu einfältig an das thema ran? |

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 12:02 Uhr: | |
@Horst Wandersleben Man kann ja durchaus vertreten, daß Vollausgleich verfassungsmäßig geboten ist. Aber Ihre Argumentation ist halt nicht gelungen. Die Verfassung schreibt einerseits ein Verfahren vor, "das die Persönlichkeitswahl mit den Grundsätzen der Verhältniswahl verbindet", andererseits schreibt sie die Sitzzahl fest, von der nur unter bestimmten Bedingungen abgewichen werden kann. Nun ist es durchaus angezeigt, dem Proporz mehr Bedeutung beizumessen als möglichst nah bei 69 Sitzen zu bleiben, zumal ja Ausgleichsmandate zwingend vorgeschrieben sind. Das schließt aber den Mittelweg Teilausgleich nicht unbedingt aus, zumal die Verfassung ja nur "Grundsätze der Verhältniswahl" vorschreibt, was Einschränkungen zuläßt. Das sieht zumindest stillschweigend auch der Gesetzgeber so, denn sonst wäre jede Sperrklausel verfassungswidrig. Dem kann man entgegenhalten, daß Ausgleichsmandate zwingend vorgeschrieben seien und durch die vorgeschriebene Verhältniswahl könne damit nur der Vollausgleich gemeint sein. Da die Verfassung aber von einer Verbindung von Persönlichkeitswahl (wobei offensichtlich bei der Persönlichkeitswahl von Wahl in Einerwahlkreisen ausgegangen wird, wenn auch anderes von der Verfassung nicht ausgeschlossen wird) mit den Grundsätzen der Verhältniswahl spricht, kann man aber auch argumentieren, ein Vorteil durch besonderen Erfolg einer Partei bei der Persönlichkeitswahl sei zulässig, solange die "Grundsätze der Verhältniswahl" nicht gesprengt würden. Dann stellte sich die Frage, wie weit "Grundsätze der Verhältniswahl" reichen. Der Verfassungswortlaut ist m.E, keineswegs so eindeutig, daß man mit einer gewissen Sicherheit davon ausgehen kann, daß das Verfassungsgericht die jetzige Ausgleichsregelung für verfassungswidrig erklärt. Ich tippe mal, 50:50-Chance, daß die Sitzverteilung Bestand hat. Daß die Landeswahlleiterin sich am Wortlaut des Gesetzes orientiert, ist verständlich und richtig. |

Horst Wandersleben
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 12:19 Uhr: | |
@Thomas Frings: Danke für die ausführliche darstellung des problems. Eine für mich fremde welt, wie ich gestehen muss. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 21:03 Uhr: | |
Grundsätzlich muss man dem Gesetzgeber wohl die Möglichkeit zugestehen, den Ausgleich zu beschränken, da sich die Parlamentsgröße ansonsten vervielfachen könnte. Abgesehn von der Größe an sich führt das faktisch zum Problem von Listenerschöpfungen, die den Proporz erst recht verzerren, auch wenn das Landeswahlgesetz in Schleswig-Holstein prinzipiell beliebig lange Listen erlaubt. Die Frage ist, ob die Beschränkung in der vorliegenden Form sachgerecht ist. Einerseits kann das Parlament auch schon ohne Ausgleichsmandate auf 109 Abgeordnete anwachsen, so dass zumindest diese Zahl durch das Grundgerüst des Wahlsystems implizit hingenommen wird. Andererseits ist eine Regel, die die absolute Parlamentsgröße außer Acht lässt und die Ausgleichsmandate rein relativ zu den Überhangmandaten beschränkt, wenig geeignet, einen Ausgleich zwischen den Anforderungen einer Verhältniswahl und einer beschränkten Parlamentsgröße zu erreichen. Immerhin gibt es hier einige typische Fälle, in denen ein vollständiger Ausgleich möglich ist, da der Wahlkreisanteil deutlich über 50% liegt und damit nicht grundsätzlich mehr Ausgleichsmandate als Überhangmandate nötig sind. Trotzdem ist es schon eine Einschränkung, die nicht nur in Extremfällen greift. |

Wilko Zicht
Moderator
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 21:21 Uhr: | |
@Thomas & Ratinger Linke: Ich stimme euch ausdrücklich zu, dass ein Teilausgleich nicht generell ausgeschlossen ist. Aber er müsste auf wirkliche Ausnahmefälle abzielen, z.B. Überhangmandate für eine kleine wie den SSW. Wenn aber selbst beim Standardfall, dass die deutlich größte Partei Überhangmandate erringt, kein vollständiger Ausgleich erzielt wird, dann sehe ich den Verfassungsauftrag an den Gesetzgeber als nicht erfüllt an. Was die Erfolgschancen einer Wahlprüfungsbeschwerde beim Landesverfassungsgericht angeht, so würde ich diese sogar auf unter 50% beziffern. Jedenfalls dann, wenn das Verfahren im Landtag nicht innerhalb weniger Wochen durchgezogen wird, sondern Monate oder gar über ein Jahr dauert. Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Landesverfassungsgericht eine längst im Amt befindliche Landesregierung absägt. Zumal der Fall durchaus Spielraum für ein salomonisches Urteil lässt: Das Gericht könnte beispielsweise sagen, dass der Gesetzgeber bis zu dieser Wahl davon ausgehen durfte, dass die geltende Regelung ausreicht, und nur für die Zukunft gehalten ist, sie zu ändern. |

Christian Schmidt Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 22:09 Uhr: | |
Die Landeswahlleiterin muss sich nach dem Landeswahlgesetz richten, und wo es zu Fragen der auslegung geht, relevanten Gereichtseinscheidungen.Da nun das OVG eindeutig entschieden hat wie die strittige Formulierung auszulegen ist, hat die Landeswahlleiterin hier keine Wahl. Ob es nun nach Wortlaut der Verfassung einen vollen Ausgleich geben muss oder nur einen Teilausgleich ist eine andere Frage, die nur vom Verfassungsgericht beantwortet werden kann (und nicht von der Landeswahlleiterin). Sollte das Gericht entscheiden dass das Landeswahlgesetz Verfassungswidrig ist muss es wohl (wegen der klaren Mandatsrelevanz) Neuwahlen anordnen. Interressant ist auch das selbst wenn das Verfassunggericht das Landeswahlgesetz als verfassungsmaesig anerkennt, die CDU/FDP-Regierung im laufe der Legislaturperiode ihre Mehrheit verlieren koennte. Nach Rechtspechung des Bundesverfassungsgericht kann in Bundestags-Ueberhangmandate nicht nachgerueckt werden, Ich denke mal dass analog in nicht ausgeglichene Lantags-Ueberhangmandate auch nicht nachgerueckt werden kann. |

Wilko Zicht
Moderator
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 22:38 Uhr: | |
Die Landeswahlleiterin ist nicht nur an das Gesetz, sondern erst recht an die Verfassung gebunden. Da der Gesetzeswortlaut so undeutlich ist, dass man einigen Auslegungsaufwand betreiben muss, um überhaupt eine eindeutige Lösung zu erreichen (wie mit ungedeckten Überhangmandate zu verfahren ist, steht z.B. gar nicht im Gesetz), hatte sie durchaus die Wahl, das Gesetz nicht allein anhand des Wortlauts und der Systematik, sondern vor allem im Lichte der Verfassung auszulegen. Die Notwendigkeit von Neuwahlen sehe ich nicht, da die Auslegung der Ausgleichsmandatsvorschrift keinen Einfluss auf das Wahlergebnis hinsichtlich der Stimmenverteilung gehabt haben dürfte. Und was das Nachrücken angeht, lässt sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts meines Erachtens nicht übertragen. Immerhin sind alle Überhangmandate, auch die am Ende ungedeckten, in die Sitzverteilung nach den Zweitstimmen eingeflossen. Hätte die CDU beispielsweise nur 33 statt 34 Direktmandate erhalten, hätte auch die FDP einen Sitz weniger bekommen. Wenn der CDU-Sitz nicht nachbesetzt wird, kann man aber nicht einfach auch den FDPler rauswerfen. Für jedes Überhangmandat wurde mindestens ein Ausgleichsmandat vergeben. Nur hat das letztlich in der Summe halt nicht gereicht, so dass ein ungedeckter Überhang in Höhe von drei Sitzen übrig geblieben ist. Die Zahl drei ist in diesem Zusammenhang aber nur eine Rechengröße, die sich auf alle 11 Überhangamandate der CDU gleichmäßig verteilt. Jedes einzelne Überhangmandat ist also quasi zu acht Elfteln von Ausgleichsmandaten gedeckt, so dass ein Nachrückverbot jedenfalls nicht verfassungsrechtlich zwingend ist. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 23:09 Uhr: | |
Die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts lässt sich bei der Auslegung der Landeswahlleiterin schon auf die ungedeckten Überhangmandate übertragen. Durch das Zweitstimmenergebnis gedeckt sind nur die Sitze, die auf Höchstzahlen vergeben worden sind; u.U. noch weitere, falls diese nicht ausgleichsbedürftig gewesen wären. Letzteres ist hier jedoch nicht der Fall, da der 93. D'Hondt-Sitz an die Linke gegangen wäre. Damit ist die Liste der CDU als erschöpft zu betrachten, solang 31 direkt gewählte Abgeordnete ihr Mandat innehaben. Es gibt keinen Grund, mit einer Hypothese von nur 33 Direktmandaten zu operieren, wenn ein Abgeordneter der CDU ausscheidet. Die 3 Überhangmandate, für die kein Ausgleichsmandat vergeben wird, obwohl es nötig wäre, existieren tatsächlich. |

Wilko Zicht
Moderator
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 23:33 Uhr: | |
Wie viele Sitze auf Höchstzahlen zu vergeben sind, bemisst sich aber nach § 3 Abs. 5 Satz 3 LWahlG, also nach der Höhe der Überhangmandate. Wenn ein Überhangmandat wegfällt, sind auch die letzten beiden Höchstzahlen nicht mehr zuteiligungsberechtigt. Es wäre dann quasi ein ungedecktes Ausgleichsmandat. Ich sage ja nicht, dass es verfassungsrechtlich geboten ist, in (nur) teilausgeglichene Überhangmandate nachrücken zu lassen. Aber ich halte hier beide Lösungen vom Ermessensspielraum des Gesetzgebers gedeckt. |

Horst Wandersleben
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 23:41 Uhr: | |
Jetzt verstehe ich den satz umso besser; "Auf hoher see und vor gericht ist man in Gottes hand." Wenn ein techniker ein auto auch nur ansatzweise so nachlässig entwickeln würde, wie offenbar gesetze gemacht werden, dann würde ich keines mehr besteigen. Und man sage mir bitte nicht, das sei schuld er politiker in der legislativen. Die gesetzetexte werden doch hoffentlich von juristen gemacht oder wenigstens geprüft!? |

iwiwiwm
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 30. September 2009 - 23:55 Uhr: | |
Absolut richtig! Und das Problem ist, daß die meisten Juristen weder vernünftiges Deutsch noch Grundzüge der Mathematik beherrschen. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Oktober 2009 - 00:34 Uhr: | |
Das Bundesverfassungsgericht hat beim Nachrücken aus der Liste verlangt, dass der entsprechende Sitz vom Zweitstimmenergebnis getragen wird. Die Beschränkung in § 3 Abs. 5 Satz 3 LWahlG hängt aber vom Erststimmenergebnis ab, darf also bei der Beurteilung keine Rolle spielen. Die reine Ausweitung der Sitzzahl hat zwar ihre Ursache auch im Erststimmenergebnis, aber die entsprechende Sitzverteilung wird allein vom Zweitstimmenergebnis getragen. Andernfalls könnte man jedenfalls nicht folgern, dass in ungedeckte Überhangmandate nachgerückt werden kann, sondern allenfalls, dass dies auch für die restlichen Überhangmandate nicht möglich ist. Abgesehn davon ändert das Ausscheiden eines direkt gewählten Abgeordneten auch gar nicht das, was § 3 Abs. 5 Satz 1 LWahlG als "Mehrsitze" bezeichnet. Der Sitz, in den wegen als erschöpft anzusehender Liste nicht nachgerückt werden kann, geht im Übrigen nicht verloren, sondern bleibt nach § 50 Abs. 2 LWahlG leer. |

nowhereman
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Oktober 2009 - 11:41 Uhr: | |
Ist bekannt, ob sich das neue Verfassungsgericht in SH aus einem Vorschlagsrecht der einzelnen Parteien ergibt und wie sieht der Schlüssel aus? Ein Schelm, der sich bei solch einer Frage, die dann mit 4:4 oder 5:3 beantwortet wird, nichts dabei denkt. Wenn man beide Sichtweisen mit einigem Recht herauslesen kann, dann spielen am Ende immer sachfremde Überlegungen mit eine Rolle, so sehr ich die Fähigkeiten von Verfassungsrichtern schätze, sich neutral mit einem Sachverhalt auseinanderzusetzen. Andere Frage: Wäre eine einstweilige Verfügung zugunsten der Antragssteller gegen die Auslegung der Wahlleiterin nicht auch denkbar, wenn schwerste Bedenken gegen die Auslegung der Wahlleiterin vorlägen? |

Good Entity Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Oktober 2009 - 12:25 Uhr: | |
@Horst Wandersleben: Wenn ein techniker ein auto auch nur ansatzweise so nachlässig entwickeln würde, wie offenbar gesetze gemacht werden, dann würde ich keines mehr besteigen. Nun ja, zumindest bei einem erheblichen Teil der Software, die wir so auf unseren Rechnern nutzen, vermute ich sehr stark, dass sie zumindest "ansatzweise so nachlässig entwickelt" wurde wie die Gesetze zum Wahlrecht. Alles eine Frage der Gewöhnung. "Das System ist eben nicht so stabil" oder "heute läuft bei uns im Amt nichts, wir haben nämlich letzte Woche ein meues Update bekommen" und so .. Auch der Dissenz zwischen Macher (Gesetzgeber/Gesetzschreiber bzw. Programmierer) auf der einen und Nutzer (Gericht/Rechtsanwaltschaft/wahlrecht.de bzw. Anwender) auf der anderen Seite ist sehr ähnlich. Und das Juristen nicht rechnen können, sieht man schon am Aufbau des RVG (früher noch schlimmer die BRAGO). Eine ganz simple Formel statt der öden Stufentabellen würde alles sehr viel leichter verständlich und nachvollziehbar machen. Das gleiche gilt natürlich auch für die Lohnsteuertabellen. |

DrFB Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Oktober 2009 - 21:56 Uhr: | |
@nowthereman Gerade das LVerfGG SH sieht die einstweilige Anordnung sogar ausdrücklich vor. Ein Fall des § 30 LVerfGG SH ist hier sicher gegeben, da spätestens das LVerfG SH bei der sog. inzidenten Normenkontrolle (vom HVerfG in ständiger Rechtsprechung befürwortet, vgl. HVerfG 10/04 und HVerfG 03/08) im Wahlprüfungsverfahren vor dem Gericht die Nichtigkeit der Begrenzung der Zahl der Ausgleichsmandate aussprechen muß, sofern eine verfassungskonforme Auslegung nicht gelingt. Es kann ja nicht sein, daß eine Mehrheit sich nur deshalb hält, weil die einzig wichtige Frage, obwohl es eine in zwei Wochen zu lösende Rechtsfrage ist, erst nach zwei Jahren verhandelt wird.http://www.frank-bokelmann.de/HVerfG_10_04_Urteil_2005-09-20_Original.PDF |

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Oktober 2009 - 23:04 Uhr: | |
@DrFB Nein, eine einstweilige Anordnung ist hier ausgeschlossen, Art. 3 Abs. 3: (3) Die Wahlprüfung und die Abstimmungsprüfung stehen den Volksvertretungen jeweils für ihr Wahlgebiet zu. Ihre Entscheidungen unterliegen der gerichtlichen Nachprüfung. |

Christian Schmidt Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Samstag, 03. Oktober 2009 - 10:21 Uhr: | |
Wilko, 1) Der Gesetzeswortlaut ist halt nicht (mehr) undeutlich, da vom Verwaltungsgericht klipp und klar festgelegt worden ist wie er auszulegen ist. 2) Re Neuwahlen, ok, sollte das LVerG den Teilausgleich für verfassungswidrig halten kann es auch einfach anordnen das die Oppositionsparteien ein paar extra Ausgleichsmandate bekommen. |

kues Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 04. Oktober 2009 - 16:40 Uhr: | |
> Der Gesetzeswortlaut ist halt nicht (mehr) undeutlich, da vom Verwaltungsgericht klipp und klar festgelegt worden ist wie er auszulegen ist. So "klipp und klar" hat das VG es nicht getan bzw. gar nicht tun können. Zum einen wurde vom VG über das Kommunalwahlgesetz entschieden und nicht das Landeswahlgesetz. Beide sind an den wichtigen Stellen sehr ähnlich, aber auch nicht komplett identisch. Dazu kommt beim Landeswahlgesetz eben noch der Satz aus der Verfassung. Zum anderen hat das VG zuvor schon einmal die/eine andere Auslegung vertreten, da ist eine analoge Übertragung auf das Landeswahlgesetz um so problematischer. Beschämend bleibt einfach, daß insbesondere Landtag und Landeswahlausschuss das Problem vorweg einfach nicht sehen bzw. klären/lösen wollten... |

nowhereman
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Dienstag, 06. Oktober 2009 - 17:27 Uhr: | |
Ist in Schleswig-Holstein je an eine Umstellung von D`Hont auf Quotientenverfahren mit Standardabrundung nachgedacht worden? Andere Länder haben sich ja erfreulicherweise (oft auf Druck des kleineren Koalitionspartner) für dieses entschlossen. Wenn ja, was waren die (offiziellen) Gründe, dies nicht zu tun? |

Kay Karpinsky
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 10. Oktober 2009 - 17:25 Uhr: | |
Mecklenburg-Vorpommern hat übrigens dieselbe Ausgleichsregel wie Schleswig-Holstein – fast alle schlechten Gesetze sind schließlich durch den westlichen Nachbarn inspiriert worden – und verkompliziert das auch noch durch Hare-Niemeyer. Anders als bisher ist bei ungefährer Bestätigung des aktuellen Trends eine Überhangsituation nicht unwahrscheinlich. Man braucht gar nichts zu erfinden, sondern nur das Landesergebnis der Bundestagswahl nehmen. Die Zweitstimmen führten, wie an anderer Stelle schon mal erwähnt, zur folgender Sitzverteilung: CDU 25, LINKE 22, SPD 13, FDP 7, GRÜNE 4. Sainte-Laguë käme hier zum gleichen Ergebnis. Die Zweitstimmenmehrheit in den 36 Landtagswahlkreisen liegt in neun Fällen bei der Partei Die LINKE (Rostock I, II und IV, 2x Schwerin, 2x Neubrandenburg, Wismar, Neustrelitz), in den anderen 27 Wahlkreisen läge die CDU vorne. Wenn man nun unter Berufung auf das ostüblich wenig ausgeprägte Stimmensplitting annimmt, die Erststimmenmehrheiten verteilten sich genauso, käme es zu einem Überhang. Die niedrigste Sitzzahl, bei der nach Hare-Niemeyer 27 Mandate auf die CDU entfallen, liegt bei 75, damit wären „kleiner“ und „großer“ Ausgleich identisch. Das funktioniert aber nur, weil vier der fünf Parteien auf einen Nachkommaanteil kleiner 0,5 kommen und die CDU den letzten Restsitz für 0,44 erhält. Jeweils einen Ausgleichssitz erhielten LINKE und FDP: Also 27/23/13/8/4. Wenn jetzt durch gelb/schwarzes Stimmensplitting ein weiterer Wahlkreis von der CDU gewonnen würde (wahrscheinlich wäre vor allem Rostock IV), ergäbe sich ein Überhang von drei Mandaten für die CDU. Die niedrigste Sitzzahl für Vollausgleich läge bei 79. Der „große“ Ausgleich ergäbe dann einen Landtag mit der Sitzverteilung 28/24/14/8/5. Für den „kleinen“ Ausgleich gibt es jetzt mehrere Varianten der Interpretation: 1. Auf der Basis von 79 Sitzen werden die „letzten“ vergebenen Sitze für Nicht-Überhang-Parteien wieder „abgezogen“. Das beträfe dann die Parteien mit dem geringsten zur Mandatszuteilung berechtigenden Nachkommaanteil, also die GRÜNEN mit 0,57 und die SPD mit 0,91 (!). 2. Es wird von vornherein nur auf der Basis von 77 Sitzen verteilt. Die CDU bekommt ihre 28 Mandate vorab, die anderen, solange es noch Sitze gibt: Auch hier Sitzverteilung wie in der ersten Variante 28/24/13/8/4. 3. Es wird eine Neuberechnung nur für 77-28 = 49 Sitze durchgeführt. Ergebnis 28/23/13/8/5, also müsste die LINKE den Unterausgleich kompensieren. Es wird ein Paradoxon sichtbar: Bei einer normalen Hare-Niemeyer-Verteilung eines Landtags mit 77 Sitzen wäre das Resultat nämlich 27/24/14/8/4. Auch anderen Paradoxa ist Tür und Tor geöffnet, auch bei den Varianten eins und zwei. Da man jetzt noch nicht sagen kann, wem was nützen wird, müssten an sich alle ein Interesse haben, diesen Murks zu beseitigen. Sainte-Laguë beseitigt wenigstens die Paradoxa. Eine eindeutige Formulierung zur Berechnung von Ausgleichssitzen tut ebenfalls not. Und schließlich muss die fehlende Regelung zur Wahlkreisgröße hinterfragt werden. Derzeit weichen zehn Wahlkreise nach Zahl der Wahlberechtigten um mehr als 25% nach unten (4x) oder oben (6x) ab. Ein systematischer Vorteil für eine Partei kann zwar nicht festgestellt werden, da die Miniwahlkreise sowohl Hochburgen von CDU als auch solche der LINKE betreffen (nur die Hochburgen der GRÜNEN liegen tendenziell eher in großen Wahlkreisen, was für die Wahlkampfführung einer kleinen Partei aber auch von Vorteil sein kann). Aber eine Spanne von 50488 (Bad Doberan / Schwaan) bis 26182 (Grimmen) erscheint im Hinblick auf die Möglichkeit nicht vollständig ausgeglichener Überhangmandate kaum noch vertretbar. |

Kay Karpinsky
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 10. Oktober 2009 - 17:42 Uhr: | |
Korrektur: In Schwerin-Nord liegt die CDU vorne (Spaltendreher, hätte mich auch gewundert). Also von vornherein drei Überhangmadate. Und es weichen nur fünf Wahlkreise um mehr als 25% nach oben ab. Aber bis 2011 wird es Grevesmühlen geschafft haben, genauso wie Pasewalk in die Gegenrichtung. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Samstag, 10. Oktober 2009 - 19:57 Uhr: | |
Die Regel in Schleswig-Holstein halt ich ja für eindeutig auslegbar, wenn man die verfassungsrechtliche Frage vernachlässigt, aber die im Landeswahlgesetz von Mecklenburg-Vorpommern ist zumindest inkomplett. Die naheliegende Auslegung ist in Mecklenburg-Vorpommern anders als in Schleswig-Holstein der große Ausgleich. Bei den zunächst genannten "weiteren Sitzen" sind ja eindeutig die Überhangmandate nicht mit gemeint. Es gibt eigentlich keinen Grund zu der Annahme, dass später mit den "weiteren Sitzen" was anderes gemeint sein könnte. Völlig unklar ist, wer bei einer gerade Sitzzahl den letzten Sitz erhält. Zudem ist schon nicht klar, ob die "Gesamtsitzzahl" unausgeglichenen Überhang mit einbezieht. Nach dem Wortlaut eher nicht, da zuletzt die Berechnungsgrundlage für den Verhältnisausgleich damit gemeint war. Zudem muss es ja einen Grund haben, dass gegenüber Schleswig-Holstein der Bezug auf Satz 1 gestrichen worden ist. Wenn man andernfalls den unausgeglichenen Überhang mit einbezieht, also von einer abgeschlossenen Verteilung ausgeht, ist völlig offen, wie im Fall eines Alabama-Paradoxons zu verfahren ist. Insbesondere dann, wenn es die überhängende Partei betrifft. Fraglich ist auch der Fall negativer Ausgleichsmandate. Einerseits schließt der Ausdruck "weitere Sitze" wohl einen negativen Ausgleich aus, andererseits darf aber die überhängende Partei ziemlich eindeutig keine Ausgleichsmandate bekommen. Insgesamt kann das ein Hare/Niemeyer-konformes Verhältnis unmöglich machen. Ähnlich ungeklärt ist der Fall, dass mehr als eine Partei überhängt. Relativ klar ist für mich hingegen, dass iterativ Sitze verteilt werden sollen, bis entweder ein Hare/Niemeyer-konformes Verhältnis oder die Maximalzahl (je nach Bezug der "weiteren Sitze" großer, mittlerer oder kleiner Ausgleich) erreicht ist. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 17. Februar 2010 - 20:49 Uhr: | |
Die CDU verspricht sich was von einem Reimport aus Mecklenburg-Vorpommern http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl17/umdrucke/0300/umdruck-17-0369.pdf http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl17/umdrucke/0300/umdruck-17-0375.pdf Tatsächlich wär die Verteilung bei der letzten Wahl zufällig gut gegangen. Die Ausgangsverteilung ist nach Hare/Niemeyer nicht anders als bei D'Hondt, also gibt es weiter 11 Überhangmandate. Nachdem meines Erachtens in Mecklenburg-Vorpommern eindeutig der große Ausgleich gilt, ist das Limit 102 bzw. 103. Tatsächlich reichen schon 101 (bei D'Hondt wären es 100, wegen gerader Sitzzahl aber faktisch auch 101; Unterschied ist, dass der SSW bei Hare/Niemeyer einen Sitz zulasten der SPD bekäme). Alabamaparadoxa gibt es bei 77 (SSW), 88/89 (Linke), 95 (Grüne), 99 (SSW) und 103/104 Sitzen (Linke), aber bei den 101 Sitzen ist keines aktiv. Auch bei kleinem (91 Sitze, davon je nach Sichtweise 5 oder 6 unausgeglichene Überhangmandate) und mittlerem Ausgleich (95 Sitze, davon 4 unausgeglichene Überhangmandate; Sitzverteilung aber effektiv wie bei D'Hondt) ist kein Paradoxon relevant. Vielleicht erfährt man bei der Anhörung, wie die Landeswahlleiterin in Mecklenburg-Vorpommern ihr Wahlgesetz gegebenenfalls auslegen würde. Online ist auch die Wahlprüfungsbeschwerde der Linken. Mathematisch haarsträubend. http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl17/umdrucke/0300/umdruck-17-0368.pdf |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 17. Februar 2010 - 20:52 Uhr: | |
Obige Rechnung setzt übrigens voraus, dass man nicht die Sperrklausel für den SSW importieren will, was dem Wortlaut nach der Fall wäre. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 05. März 2010 - 01:24 Uhr: | |
Bei den Umdrucken gibts inzwischen noch 2 Wahlprüfungsbeschwerden, die aber nahezu wortgleich mit der der Linken sind. Erwähnenswert ist noch, dass darin auch das Verfahren der Wahlprüfung angegriffen wird, insbesondere weil sich da laut Wahlordnung die Landeswahlleiterin faktisch selbst prüft, was klar im Widerspruch zum Wahlgesetz steht, wonach dafür ein Wahlprüfungsausschuss zuständig ist (der zudem nicht nur aufgrund der Einsprüche, sondern auch von Amts wegen prüfen müsste). Allerdings bestimmt bereits das Wahlgesetz, dass Einsprüche nicht an den Landtag, sondern an die Landeswahlleiterin bzw. den Kreiswahlleiter zu richten sind. Tatsächlich hat sich der Innen- und Rechtsausschuss nichtmal die Begründungen der Landeswahlleiterin zueigen gemacht und sie förmlich in eine Beschlussvorlage für den Landtag übernommen. Die Einsprüche (bis auf die bezüglich der Nachzählung in Husum) sind völlig ohne Begründung abgelehnt worden. Inzwischen ist übrigens auch der Vorprüfungsbericht vom Landtagsserver verschwunden (vermutlich deshalb, weil er zu einem guten Teil eine Adressliste der Einsprechenden war). Aus der Beschlussdrucksache 17/192 ist er offenbar nur oberflächlich getilgt worden. Angegriffen wird nicht nur der (teilweise) fehlende Ausgleich, sondern schon die Zuteilung der Überhangmandate. Die Begründung mit dem Überhangurteil des BVerfG, das angeblich auch ausgeglichenen Überhang in diesem Umfang verbietet, erscheint mir aber ziemlich weit hergeholt. Nebenbei bemerkt gibt es jetzt auch die Niederschrift der Ausschusssitzung vom 20. Januar. Demnach ist mit einem Gesetzentwurf von CDU und FDP bald nach der Anhörung zu rechnen. Zu den Anzuhörenden gehen 1 Monat nach Ablauf der Frist immer noch Vorschläge bei den Umdrucken ein. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 05. März 2010 - 02:09 Uhr: | |
Wer den Vorprüfungsbericht in Drucksache 17/192 lesen will, muss die Dateilänge auf 10049254 Bytes kürzen, z.B. mit "head -c 10049254 drucksache-17-0192.pdf > out.pdf" unter Linux oder dergleichen. |

Lukas J. Krakow
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2010 - 00:47 Uhr: | |
Ich habe heute mal aus Spaß ein wenig mit den Zahlen gespielt. Und mittlerweile stellt sich mir die Frage, ob sowohl die eine, als auch die andere Auslegung des Wahlgesetzes nicht ein gewisses negatives Stimmgewicht impliziert. Also nach derzeitiger Interpretation kommt die CDU ja auf 34 von 95 Sitzen. Das macht 35,8 % der Sitze im Landtag. Hätte sie ein Direktmandat weniger gewonnen, wären es 33 von 92 (Hier scheint die Klausel nicht zu greifen, dass bei gerader Gesamtsitzzahl ein weiteres Mandat vergeben werden muss: Die nächste Höchstzahl liegt bei der CDU - m.E. übrigens ein eindeutiges Indiz, dass das Gesetz so nicht zu interpretieren ist) Mandaten gewesen, also 35,9 %. Ich weiß, das ist ein wenig Milchmädchenrechnung: Ist jetzt 33/92 wirklich besser als 34/95? Aber wenn ein Wähler Seine Stimme abgibt, will er doch nicht, dass neben einem Sitzgewinn für die CDU auch noch 2 weitere Parteien davon profitieren. Theoretisch müssten doch dann auch Extremfälle möglich sein, bei denen eine Partei die absolute Mehrheit verliert?! Aber das gleiche Problem erscheint auch bei der "oppositionellen" Interpretation des Wahlgesetzes. Wenn ich das richtig verstanden habe, hätte die CDU da 34 von 101 Sitzen: 33,7 %. Nehmen wir wieder an, die CDU hätte einen Wahlkreis weniger gewonnen: Das ergibt dann 33/97 (!) Sitzen, und damit 34 % der Mandate. Ich find es sehr fragwürdig, dass durch den Gewinn eines Wahlkreises durch die CDU drei andere Parteien davon profitieren. Ich hoffe mal, ich habe mich nicht verrechnet, und bin auf eure Meinungen gespannt! Beste Grüße |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2010 - 06:26 Uhr: | |
Das haben wir schon wo diskutiert. Meiner Meinung nach ist der Wortlaut relativ eindeutig, dass der Sitz zur Herstellung einer geraden Gesamtsitzzahl dann zusätzlich an die überhängende Partei geht, die Verteilung also 34/93 wär. Höchstens könnte man der Auffassung sein, dass diese Höchstzahl durch den ungedeckten Überhang indirekt schon berücksichtigt ist, dann müsste der Sitz an die SPD gehn. Letztere Auslegung müsste man wohl wegen der Verfassung entgegen dem Wortlaut bevorzugen. Erststimmen bedingen kein negatives Stimmengewicht im Sinn des Bundesverfassungsgerichtsurteils, aber man kann ähnliche Fälle auch mit Zweitstimmen konstruieren. Wenn man das Urteil ernst nimmt (und unterstellt, dass nicht nur absolute Sitze, sondern auch Sitzanteile gemeint sind, wofür es deutliche Anhaltspunkte gibt), ist jede Ausgleichsregelung verfassungswidrig. Beim Bundestag sowieso, weil da der Ausgleich nichts an den vorhandenen negativen Stimmengewichten im absoluten Sinn ändert. |

Lukas J. Krakow
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2010 - 12:22 Uhr: | |
Naja, ich fänds ein wenig widersinnig, erst die Höchstzahlen der CDU mit einzubeziehen und am Ende ein Mandat draufzuschlagen. Aber bei deiner Interpretation verändert sich das Sitzverhältnis durch Verlust eines Direktwahlkreises von 34/95 auf 34/93. Da ist es doch schon ziemlich eindeutig: Durch die Stimme für die CDU habe ich ihr eigentlich geschadet. Noch schlimmer: Durch meine Stimme haben nur andere Parteien Sitze dazugewonnen! Ziemlicher Mumpitz, wenn ihr mich fragt. Wenn pro Überhangmandat nur ein Ausgleichsmandat an andere Listen verteilt wird, besteht das Problem nicht, die Anteilswerte bleiben immer größer. Aber das ist dann meistens halt kein vollständiger Ausgleich mehr, sondern nur leichte Kompensation. Ich persönliche lehne Ausgleichsmandate sowieso ab. Ich finde das einfach willkürlich. Ich will doch nur die Partei bevorzugen, die ich auch wähle. Gleichzeitig setze ich aber auch ein wenig Roulette in Gang und siehe da, drei Parteien die ich gar nicht leiden kann gewinnen durch meine Stimme ein Mandat hinzu. Da sehe ich die Unmittelbarkeit der Wahl in Frage gestellt. Das führt mich auch gleich zur nächsten Frage: Hat der Art. 38 eigentlich für die Landesparlamente Relevanz? Den im GG soll der ja die Wahl des Bundestages regeln. Folglich gilt für die Wahl der Länderparlamente wahrscheinlich nur Artikel 20. Da wäre dann die Frage, ob demokratische Wahlen mit eben den 5 explizit in Art. 38 genannten Kriterien gleichzusetzen ist. Beste Grüße! |

Marc K.
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2010 - 00:31 Uhr: | |
Lukas J. Krakow, es gilt für die Länder weder Art. 38 GG - der sich nach seinem eindeutigen Wortlaut nur auf die Bundestagswahl bezieht - noch Artikel 20 GG. Für die Länder gilt als Vorgabe Artikel 28 GG (sog. Homogenitätsgebot). Dieser verpflichtet die Länder bestimmte Standards zu erfüllen: Artikel 28 I 1-2 GG lautet: Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Ihre Frage ob die fünf in Artikel 38 GG genannten Wahlgrundsätze (allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahl) auch für die Länder gelten beantwortet Artikel 28 I 2 GG mit JA. Die Norm aus der sich das für die Länder (und auch für die Gemeinden) ergibt ist aber eben jener Artikel 28 I 2 GG. Artikel 38 GG gilt nur für die Bundestagswahlen. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2010 - 10:43 Uhr: | |
@Lukas J. Krakow: Eine Stimme für einen Direktkandidaten der CDU ist unter einem Zweistimmenwahlrecht (außer in Bayern) keine Stimme für die CDU und kann deshalb nicht mit den Konsequenzen für die Landesliste der CDU verglichen werden. Die Erststimme dient nur zum Austausch von Kandidaten auf der zugehörigen Liste. Wenn Erststimmen systematisch zu einer Besserstellung der Partei des Kandidaten führen, ist damit das Prinzip der Verhältniswahl verletzt. Wenn sich überhaupt was ändert, muss es eine sehr kleine und zufällige Abweichung in beide Richtungen sein. Deshalb ist auch der Mindestausgleich problematisch. Für richtiges negatives Stimmengewicht müssen schon zusätzliche Zweitstimmen dafür verantwortlich sein, dass die Partei schlechtergestellt wird. |

Norddeutscher Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2010 - 16:57 Uhr: | |
@Ratinger Linke ²Die Erststimme dient nur zum Austausch von Kandidaten auf der zugehörigen Liste." Das stimmt nicht. Wenn die PDS bei der Bundestagswahl 2002 keine zwei Dikrektmandate erhalten hätte, wäre sie überhaupt nicht im Bundestag gewesen und hätte sie noch eines mehr gewonnen, hätte sie sogar (trotz nur 4,4%) am Verhältnisausgleich teilgenommen. Man kann also nicht behaupten, daß die Erststimme nur zum Austauch von Kandidaten auf der zugehörigen Liste dient. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2010 - 22:23 Uhr: | |
Ja, aber das ist dann auch ein Element, das die Verhältniswahl aushöhlt. Auf Bundesebene gibts ja sogar völlig unausgeglichene Überhangmandate, selbst interne. |
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