Deutscher Bundestag

[Wahlprüfung]

15. Wahlperiode

Drucksache 15/17

29.10.2002


Tenor und Begründung (BVerfGE 106, 253) der und Informationen zur Entscheidung
zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung,
Entscheidung (2 BvE 3/02) in der Hauptsache, Entscheidungen 2000–heute

[BTDrucks 15/17, S. 1] Antrag

der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen

1. Die Zahl der auf die Fraktionen entfallenden Sitze im Ältestenrat und in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages sowie die Regelung der Vorsitze in den Ausschüssen werden nach dem Verfahren der mathematischen Proportion (St. Lague/Schepers) berechnet, soweit nichts Abweichendes beschlossen wird. 1
Das Gleiche gilt für die Besetzung von anderen Gremien, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. 2
2. Führt dies nicht zur Wiedergabe der parlamentarischen Mehrheit, errechnet sich die Verteilung nach d’Hondt. Führt auch ein Rückgriff auf dieses Verfahren nicht zur Abbildung der parlamentarischen Mehrheit, ist das Verfahren St. Lague/Schepers mit der Maßgabe anzuwenden, dass die zu verteilende Anzahl der Sitze um einen reduziert wird und der unberücksichtigte Platz der stärksten Fraktion zugewiesen wird. 3
Berlin, den 29. Oktober 2002
Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion
 

Begründung:

Die grundsätzliche Anwendung des mathematischen Verfahrens St. Lague/Schepers für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen bei der Besetzung parlamentarischer und anderer Gremien sowie bei der Festlegung der Vorsitze in den Ausschüssen unter hilfsweisem Rückgriff auf das Verfahren nach d’Hondt entspricht herkömmlicher parlamentarischer Praxis. Hierdurch wird gewährleistet, dass sich die politischen Mehrheiten in allen Gremien des Deutschen Bundestages selbst oder in solchen Gremien, für die vom Deutschen Bundestag Mitglieder zu bestimmen sind, widerspiegeln. 4
Dieser Grundsatz ist in § 12 GO-BT niedergelegt, der sicherstellen soll, dass „ein Ausschuss die Zusammensetzung des Plenums verkleinernd abbildet“ (BVerfGE 80, 188 <222>). 5
Bei bestimmten nicht veränderbaren Gremiengrößen kommt es vor, dass die politischen Mehrheiten durch kein mathematisches Verfahren abgebildet werden. Dies ist in der 15. Wahlperiode unter anderem bezüglich der 16 Mitglieder umfassenden Bundestagsbank im Vermittlungsausschuss der Fall. Die Anzahl der [BTDrucks 15/17, S. 2] Mitglieder des Deutschen Bundestages im Vermittlungsausschuss ist angesichts der paritätischen Zusammensetzung dieses Gremiums zwischen Deutschem Bundestag und Bundesrat nicht veränderbar. 6
Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt den Grundsatz der Abbildung der parlamentarischen Mehrheiten in den Ausschüssen – ausdrücklich bezogen auf die Bundestagsbank im Vermittlungsausschuss (BVerfGE 96, 283) – bekräftigt. 7
Für die Fälle, in denen die Wiedergabe der Mehrheit auch nicht durch Veränderung der Gremiengröße erreicht werden kann, ist daher eine Regelung erforderlich. Dem trägt Nummer 2 Satz 2 Rechnung. 8

 


eingetragen von Matthias Cantow