Griechenland (Griechisches Parlament)

[Wahlsysteme im Ausland]

Am 20. September 2015 wird in Griechenland das Parlament neu gewählt. Es handelt sich dabei um eine vorgezogene Neuwahl, die seitens der Regierung herbeigeführt wurde, nachdem ihr aufgrund von Abweichlern aus den eigenen Reihen eine eigene Mehrheit im Parlament verlorengegangen war und sie bei wichtigen Abstimmungen auf Unterstützung von Teilen der Opposition angewiesen war.
Die Wahllokale sind am Sonntag zwischen 7 und 19 Uhr Ortszeit (6–18 Uhr MEZ) geöffnet.

Umfangreiche Linkliste zur Parlamentswahl in Griechenland

Wahlsystem

System der Wahl des Griechischen Parlaments (griechisch: Βουλή των Ελλήνων)

Besonderheiten

Abgeordnetenzahl

Das griechische Parlament besteht aus insgesamt 300 Mitgliedern.

Wahlperiode

Die Legislaturperiode beträgt vier Jahre.

Aktives und passives Wahlrecht

Aktiv wahlberechtigt ist jeder griechische Staatsangehörige, der das 18. Lebensjahr vollendet hat oder es im Wahljahr vollenden wird. Formal besteht in Griechenland Wahlpflicht. Ihre Nichtausübung wird jedoch nicht sanktioniert.
Passiv wahlberechtigt, also wählbar, sind alle Griechinnen und Griechen, die mindestens 25 Jahre alt sind.

Einteilung des Wahlgebietes

12 Abgeordnete werden über Landeslisten für das gesamte Wahlgebiet vergeben, 288 in 56 Regionalwahlkreisen. Deren Abgrenzung entspricht im Wesentlichen den Nomoi der NUTS3-Ebene nach dem Gebietsstand von 1985. Attika (Athen, Piräus und Umland) ist abweichend in fünf Wahlkreise unterteilt, Thessaloniki in zwei. Die Zahl der in jedem Wahlkreis zu vergebenen Mandate berechnet sich nach der Zahl der im Wahlkreis eingeschriebenen Wählerinnen und Wähler, die Verteilung erfolgt nach Hare/Niemeyer. Dabei werden im mit Abstand größten Wahlkreis Athen B 44 Mandate vergeben, auf sieben Wahlkreise entfällt jeweils nur 1 Mandat – siehe ΠΙΝΑΚΑΣ ΕΔΡΩΝ ΚΑΙ ΑΡΙΘΜΟΥ ΥΠΟΨΗΦΙΩΝ (mittlere Spalte „ΑΡΙΘΜΟΣ ΕΔΡΩΝ“).

Sperrklausel

An der Verteilung der Sitze nehmen alle Listen teil, die landesweit mindestens drei Prozent der gültigen Stimmen erhalten haben. Auf diese werden 250 Sitze proportional nach Hare/Niemeyer verteilt.

Mehrheitsbonus

Die stärkste Partei erhält 50 Sitze zusätzlich. Bei verbundenen Listen aus mehreren Parteien wird die Stimmenzahl durch die Zahl der beteiligten Parteien geteilt, so dass diese faktisch keine Chance auf den Mehrheitsbonus haben.

Sitzzuteilungsverfahren

Die Mandate werden nach dem Quotenverfahren mit Restausgleich nach größten Bruchteilen (Hare/Niemeyer) zugeteilt.

Sitzverteilung

Die Verteilung der Sitze auf die Wahlkreise erfolgt nach folgendem Verfahren:

  1. Die 12 Landessitze werden nach Hare/Niemeyer gemäß dem Verhältnis aller Stimmen der Listen über 3 % landesweit verteilt.
  2. In den Wahlkreisen wird die jeweilige Hare-Quota berechnet, wobei die Stimmen der Listen unter der Sperrklausel bei der Ermittlung der jeweiligen Gesamtstimmenzahl hier mitzählen.
  3. In den Wahlkreisen werden Mandate entsprechend des Betrags voller Hare-Quoten an die Listen verteilt.
  4. In den Wahlkreisen mit nur einem zu vergebenden Mandat fällt der Sitz an die stimmenstärkste Liste. Listen, die landesweit an der Dreiprozenthürde gescheitert sind, werden dabei nicht berücksichtigt.
  5. Die Differenz aus der Summe der bis dahin an die Listen vergebenen Sitze mit dem Soll des landesweiten Proporzes einschließlich Mehrheitsbonus wird gebildet. Die Zahl der Reststimmen („unbenutzte Stimmen“) der Listen in den einzelnen Wahlkreisen außer den Einerwahlkreisen wird berechnet.
  6. In den Wahlkreisen mit zwei oder drei zu vergebenen Mandaten werden noch nicht vergebene Sitze an die Liste mit den jeweils größten Reststimmenzahlen vergeben. Kommt dadurch eine Liste auf insgesamt mehr Sitze, als ihr nach landesweitem Proporz einschließlich Mehrheitsbonus zustehen, werden wieder Sitze abgezogen, beginnend bei den Dreierwahlkreisen, in der Reihenfolge der geringsten Reststimmenzahlen, anschließend bei den Zweierwahlkreisen entsprechend.
  7. Noch nicht besetzte Sitze werden zugeteilt, beginnend mit der kleinsten Partei, in der absteigenden Reihenfolge der Reststimmenzahlen in den Wahlkreisen, in denen noch unbesetzte Sitze zu vergeben sind. Das wird wiederholt, bis alle Sitze verteilt sind.

Der landesweite Proporz, der Mehrheitsbonus und die Wahlkreisgröße bleiben damit erhalten. Der Proporz innerhalb der Wahlkreise ist im Zweifel nachrangig. Es kann in diesem Verfahren theoretisch zu Überhang kommen, etwa wenn die zweitstärkste Partei alle Einerwahlkreise gewinnt und in den restlichen Wahlkreisen volle Hare-Quoten jeweils knapp erreicht. Dieses Szenario ist aber unwahrscheinlich und im Übrigen im Wahlgesetz auch nicht eindeutig geregelt.

Zu aktuellen Informationen zu den Parteien und Umfragen siehe die Liste der Links.

Durch Mehrheitsbonus und Sperrklausel ist eine absolute Mandatsmehrheit für die stärkste Partei bereits ab ca. 37 % möglich.

Eine Regierungsbildung gegen die stärkste Partei kann aktuell nahezu ausgeschlossen werden, da einige kleinere Parteien (vor allem XA und KKE) als nicht koalitionsfähig gelten.

Wahlumfragen

Eine Veröffentlichung von Umfragen war in den 15 Tagen vor der Wahl nicht erlaubt. Dieser Zeitraum wurde Ende 2014 auf einen 1 Tag vor der Wahl gekürzt.


von Kay Karpinsky (23.01.2015, letzte Aktualisierung: 19.09.2015, letzte Aktualisierung der Links: 19.09.2015 – Stand des Wahlrechts: 20.01.2015)