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22.09.2010

Bund und Länder schließen zukünftigen Wahlcomputereinsatz praktisch aus

„Ein verfassungsrechtlich unbedenklicher Weg für einen künftigen Einsatz von [elektronischen] Wahlgeräten“ ist „zur Zeit nicht erkennbar“. Darüber sind sich Bund und Länder einig, wie sich aus dem uns vorliegenden Ergebnisprotokoll einer Besprechung vom 2. März 2010 im Bundesministerium des Innern ergibt.

Die im Wahlcomputerurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2009 (BVerfGE 123, 39) ausgesprochenen, aber auch die nicht ausgesprochenen verfassungsrechtlichen Hürden (hiermit könnte das Wahlgeheimnis gemeint sein) werden als so hoch angesehen, dass ein Einsatz der zurzeit bekannten Geräte gegenwärtig nicht in Frage komme. Nach dem Urteil gab es noch Stimmen von Mitgliedern des Wahlprüfungsausschusses des Bundestags, die betonten, dass Karlsruhe über Wahlcomputer einer bestimmten Bauart geurteilt hat, an der sich die künftige Praxis des Wahlgeräteeinsatzes zu orientieren habe. Das Gericht stellte allerdings – auch wenn es zu Beginn der Verfahren nicht so aussahsehr weitgehende Anforderungen aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl auf, deren Auswirkungen weit über das Aus der streitgegenständlichen NEDAP-Wahlcomputer hinausgehen.

Unter den Teilnehmern der Besprechung in Berlin besteht demnach ebenso Einigkeit, dass ein Einsatz der vorhandenen NEDAP-Wahlgeräte selbst nach Modifikationen (Papier-Quittung für Stimmabgabe, vgl. den Vorschlag des deutschen Lieferanten „Wahlgeräte nach dem Karlsruher Urteil“) nicht in Frage komme, da hier ebenfalls die Kontrolle der wesentlichen Schritte des Wahlverfahrens durch die Bürger nicht gewährleistet werden könne. Spätestens damit müssen die Gemeinden, die noch im Besitz von Wahlcomputern sind, ihre letzten Hoffnungen begraben, diese Geräte bei staatlichen Wahlen in Deutschland noch einmal einsetzen zu können.

Elektronische Auszählung

Bei der von Bremen beabsichtigten Unterstützung der Auszählung der „normalen“ Stimmzettelurnenwahl durch Rechner mit einer speziellen Software werden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gesehen. Die neuen Wahlsysteme der Bürgerschaftswahlen in Bremen und Hamburg mit großem Einfluss der Wähler auf die Personalisierung sind auszählungsintensiv, so dass in beiden Ländern der Einsatz von (verschiedenen) elektronischen Auszählhilfen erwogen wird. Zutreffend wird in der Berliner Besprechung festgestellt, dass die aus den Wahlgrundsätzen in Artikel 38 Abs. 1 Grundgesetz abzuleitenden Anforderungen für jedes Stadium der Wahl, also auch für die Auszählung gelten.


von Martin Fehndrich und Matthias Cantow (22.09.2010, letzte Aktualisierung am 22.09.2010, letzte Aktualisierung der Links am 22.09.2010)