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04.08.2010

100 Unterstützer für Wahlprüfungsbeschwerden gesucht

Bundestag wies Einsprüche zur Europa- und Bundestagswahl 2009 zurück


Berichterstattung durch den Vorsitzenden des Wahlprüfung­saus­schusses, Thomas Strobl (CDU/CSU), am 8. Juli 2010 um 12:40 Uhr (Dauer 7:00 min)

Kurz vor der Sommerpause wies der 17. Deutsche Bundestag 33 gegen die Gültigkeit der Bundestagswahl und die letzten 30 (von insgesamt 54) gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten des Europa­parlaments aus Deutschland gerichtete Einsprüche zurück. Neben einigen Wahl­fehlern, die sämtlich nicht mandats­relevant waren, ist eine Reihe von Einsprüchen zur Europa­wahl beach­tens­wert, welche die Verfassungs­widrig­keit von Wahlrechts­vorschriften rügen.

So behaupten 10 Einsprüche die Verfassungswidrigkeit der Fünf­prozent­hürde bei der Europawahl. Während etwa bei der Bundes­tags­wahl das „Ziel, einer übermäßigen Parteienzersplitterung […] ent­gegen­zu­wirken“ mit einer nationalen Fünf­prozent­hürde durchaus erreicht wird, sei das bei der Europawahl angesichts der zurzeit weit mehr als 150 Parteien aus 27 EU-Mit­glied­staaten im Europäischen Parlament klar zu verneinen. Die einzige bisher – noch vor der ersten Direktwahl des Europaparlaments – dazu ergangene Entscheidung des Bundes­verfassungsgerichts aus dem Jahr 1979 (BVerfGE 51, 222) wird daher kritisch gesehen. (Mehr dazu und zu weiteren Begründungen der Einsprüche ist in der Beschluss­empfeh­lung und beim Beschwerdeführer Guido Strack zu finden.)

Ein weiterer Einspruch sieht die Verfassungswidrigkeit der bestehenden Regelung der Briefwahl. Nachdem die Entwicklung des steigenden Briefwähleranteils bei Bundestags- und den Europawahlen von den Ländern, kommunalen Spitzenverbänden und der Bundesregierung diskutiert und Änderungsmöglichkeiten geprüft wurden, entschied sich der Gesetzgeber im Jahr 2007 dafür, die Notwendigkeit eines Hinderungsgrundes an der Urnenwahl als Voraussetzung für eine Briefwahl vollständig zu streichen. In Anbetracht der großen Anfälligkeit der Briefwahl für Wahlmanipulationen – mehr dazu und zum Verfahren beim Beschwerdeführer Arnim Rupp – und eines Briefwähleranteils von mittlerweile rund 20 Prozent verstoße die geltende Regelung gegen die Grundsätze der geheimen und freien sowie der öffentlichen Wahl.

Beschwerdeführer benötigen nun Unterstützung

Beitrittserklärungen zu den Wahlprüfungsbeschwerden wegen der Fünfprozenthürde und der Briefwahl [Links entfernt].


Abstimmung über die Beschluss­vorlagen des Wahl­prüfungs­aus­schusses, am 8. Juli 2010 um 12:47 Uhr (Dauer 0:40 min)

Nach der erwarteten Zurückweisung – der Bundestag prüft die Verfas­sungs­widrig­keit der gerügten Vorschriften nicht selbst, sondern behält die Prüfung dem Bundesverfassungsgericht vor – ist nun der Weg frei, die Regelungen in Karlsruhe vorzulegen. Dazu benötigen die Beschwerde­führer Ihre Unterstützung, denn für die Zulassung der Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht sind gemäß § 48 BVerfGG 100 Unter­schriften von Wahlberechtigten (mit Angabe des Namens, der Anschrift und des Geburtsdatums) notwendig.

Ihre Unterschriften stellen eine Art Vorprüfung dieser Anliegen durch die Öffentlichkeit dar, Sie gehen damit keinerlei finanzielle Verpflichtungen ein – aber erst Ihr Beitritt, der auch parallel zu mehreren Wahlprüfungs­beschwer­den erfolgen kann, ermöglicht die Überprüfung der Verfassungs­mäßigkeit der genannten Regelungen durch das Bundesverfassungsgericht.


von Matthias Cantow (04.08.2010, letzte Aktualisierung am 04.08.2010, letzte Aktualisierung der Links am 20.09.2010)