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14.06.2009, Nachtrag: 20.06.2009

Nachtrag 20.06.2009: Tauss’ SPD-Austritt – Union bleibt knapp stärkste Fraktion

Mit dem Austritt des Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss aus der SPD und seinem Antrag auf Aufnahme in die Piratenpartei erlischt auch dessen Mitgliedschaft in der SPD-Fraktion. Da Tauss angekündigt hat, sein Mandat im Bundestag zu behalten, reduziert sich die Stärke der SPD-Fraktion auf 221 Sitze. Somit bleibt die Union auch nach einem Verzicht von Peter Jahr (CDU) auf sein Bundestagsmandat mit dann 222 Sitzen stärkste Fraktion.

Bundestag: Unionsfraktion schrumpft auf SPD-Größe

Wenn der Bundestagsabgeordnete Peter Jahr (CDU) sein bei der Europawahl am 7. Juni erhaltenes Mandat im Europaparlament annimmt, wird sich die Stärke der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag spätestens Mitte Juli auf 222 Sitze reduzieren – auf genau so viele Sitze wie die SPD-Fraktion.

Bei der Bundestagswahl 2005 gewann Peter Jahr im Wahlkreis Döbeln – Mittweida – Meißen II (Wahlkreis 163) in Sachsen das Direktmandat. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 wurde sein Wahlkreis aufgelöst und das Gebiet den drei Wahlkreisen Mittelsachsen (Wahlkreis 162), Chemnitzer Umland – Erzgebirgskreis II (Wahlkreis 164) und Meißen (Wahlkreis 156) zugeordnet. Jahr verzichtete auf eine Kampfkandidatur um einen Platz als Direktkandidat in einem der weiter bestehenden Wahlkreise und bewarb sich zur Europawahl um einen Landeslistenplatz.

Aufgestellt auf dem zweiten Platz der CDU-Landesliste Sachsens wurde er bei der Europawahl am letzten Wochenende gewählt (das Mandat ist trotz des bisher nur vorläufigen Ergebnisses sicher). Gemäß Artikel 7 Abs. 2 Satz 1 Direktwahlakt ist das Mandat im Europäischen Parlament inkompatibel mit einem Bundestagsmandat, so dass Jahr bis zur Eröffnung der ersten Sitzung des Europaparlaments, die am 14. Juli 2009 statfinden wird, auf sein Mandat im Bundestag verzichten muss.

Kein Nachrücken in das Überhangmandat

Da die CDU bei der Bundestagswahl 2005 in Sachsen vier Überhangmandate gewann, in die aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 97, 317) nicht nachgerückt werden darf, wird niemand Peter Jahr in den Bundestag folgen. Aus dem gleichen Grund verlor die CDU/CSU-Fraktion schon beim Ausscheiden der Abgeordneten Wissmann und Krummacher zwei Sitze im Bundestag. Bereits zuvor schied der im sächsischen Wahlkreis 156 Kamenz – Hoyerswerda – Großenhain für die CDU in den Bundestag gewählte Abgeordnete Henry Nitzsche aus seiner Partei und Fraktion aus.

Eine ausführliche Analyse und eine Liste aller vom Nachrückverbot bedrohten Direktmandate der Bundestagswahl 2005 finden sich in der Meldung vom 1. Juli 2007: CDU verliert Bundestagsmandat.

Mit Jahrs Verzicht auf das Bundestagsmandat wäre der ursprüngliche Sitzvorsprung der Unionsfraktion von vier Sitzen auf die SPD völlig abgeschmolzen. Ohne die Nachwahl im Wahlkreis Dresden I, bei der die Wähler erstmals ausführlich über das negative Stimmgewicht ihrer Zweitstimme informiert wurden und die CDU so ein zusätzliches Überhangmandat erzielte, wäre die SPD-Fraktion nun vermutlich sogar stärker, obwohl die SPD bei der Bundestagswahl 2005 rund 436.000 Zweitstimmen weniger als die Unionsparteien erhalten hatte.

Für die Zahl der Mitglieder in den Ausschüssen hat das Ausscheiden Jahrs keine Auswirkungen. In den ständigen Ausschüssen des Bundestags sind Union und SPD jeweils gleich stark vertreten. Nur im Gemeinsamen Ausschuss nach Art. 53a Grundgesetz hat die SPD dann den gleichen Anspruch wie die Union auf einen zwölften Sitz – einen Losentscheid und eine ggf. dadurch notwendige Änderung der Ausschusssitzverteilung wird es vor der Bundestagswahl im Herbst vermutlich nicht mehr geben.


von Martin Fehndrich und Matthias Cantow (14.06.2009, letzte Aktualisierung: 20.06.2009)