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26.06.2007, Nachtrag: 20.02.2013

Papst Benedikt XVI. ändert Papstwahlgesetz

In einem heute veröffentlichten Schreiben (Motu Proprio, deutsche Übersetzung) ordnet Benedikt XVI. an, dass bei der nächsten Papstwahl ein Papst nur mit Zweidrittelmehrheit der stimmberechtigten Kardinäle gewählt werden kann. Die bisherige, von Johannes Paul II. eingeführte Regelung (Universi Dominici gregis, Ziffer 75), nach 33 oder 34 Wahlgängen von der Zweidrittelmehrheit zur (absoluten) Mehrheit wechseln zu können, wurde außer Kraft gesetzt.

Stattdessen wird es in einem solchen Fall Wahlen zwischen den beiden Kardinälen geben, die im vorherigen Wahlgang die meisten Stimmen hatten. Die beiden Kandidaten verlieren dabei das aktive Wahlrecht (siehe auch die vorläufigen und inoffiziellen Übersetzungen des Teils mit der Regelung „Si scrutinia ...“ im Wahlrecht.de-Forum).

Durch die Beschränkung auf zwei Kardinäle grenzt die Vorschrift das passive Wahlrecht auf Kardinäle ein. Dabei ist nach anderen Regelungen durchaus auch die Wahl eines Papstes möglich, der nicht Mitglied des Kardinalskollegium ist (so Universi Dominici gregis, Ziffer 88, falls der Gewählte kein Bischof ist). Der letzte Papst, der kein Kardinal war, wurde 1378 gewählt (Urban IV.).

Mit dem Einsetzen der Zweidrittel-Stichwahlregelung wird den Kardinälen die Möglichkeit eines Kompromisskandidaten genommen.

Nachtrag vom 20.02.2013: Nachträgliche Änderung des Motu Proprio zur Papstwahl

Der Text des Motu Proprio zur Änderung der Papstwahlregeln wurde inzwischen an einer Stelle geändert: Betroffen ist die Regelung, welche beiden Kandidaten in die Stichwahl kommen. In der offiziellen Veröffentlichung im L’Osservatore Romano vom 27. Juni 2007 hieß es noch:

[…] vocem passivam habebunt tantummodo duo Cardinales qui in superiore scrutinio maiorem numerum suffragiorum obtinuerunt, […]

Inoffizielle Übersetzung: […] passives Wahlrecht werden nur die beiden Kardinäle haben, die beim vorherigen Durchgang eine größere Zahl an Stimmen erhalten haben, […]

Im Amtsblatt des Heiligen Stuhls, dem Acta Apostolicae Sedes (AAS) vom 7. September 2007, S. 776 f. steht dann unerwartet ein anderer Text: Aus duo cardinales („beiden Kardinälen“) wurde duo nomina („zwei Namen“). Nach diesem geänderten Wortlaut könnten ebenso Kandidaten, die keine Kardinäle sind, in die Stichwahlen kommen.

Auch in der Internetversion auf vatican.va wurde der Text zur Jahreswende 2007/08 geändert (vgl. die Versionen vom 14. Dezember 2007 und vom 21. Februar 2008 – im Text nach tantummodo). Eine Korrektur des Schreibens in einer späteren Ausgabe des L’Osservatore Romano (d. h. im Online-Archiv) haben wir bisher jedoch nicht gefunden. Das ist insoweit interessant, da im Motu Proprio für das Inkrafttreten der Regelung explizit eine Veröffentlichung im L´Osservatore Romano verlangt wird. Auch im AAS findet sich kein Hinweis auf die Änderung gegenüber dem zuerst im L’Osservatore Romano veröffentlichten Wortlaut.

Die stille Änderung ist nicht nur uns entgangen: Selbst auf der Seite des Vatikans steht in der einzigen Übersetzung der Vorschrift (ins Französische) noch immer les deux cardinaux.

Mit der Änderung ist die Regelung der Papstwahl wieder in sich konsistent. Auch ein Nicht-Kardinal kann theoretisch Papst werden, nun ebenfalls in der im Jahr 2007 eingeführten Stichwahl mit Zweidrittelmehrheit.


von Martin Fehndrich (26.06.2007, letzte Aktualisierung am 20.02.2013)