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01.01.2007

Saarland-Beitritt vor 50 Jahren: Die wahlrechtlichen Folgen

Am 14. Dezember 1956 trat das Saarland mit Wirkung zum 1. Januar 1957 der Bundesrepublik Deutschland bei (nach dem damaligen Artikel 23 des Grundgesetzes, wie später auch die DDR). Daraufhin beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz über die Eingliederung des Saarlandes (23. Dezember 1956) mit Änderungen des Bundeswahlgesetzes und der Zusammensetzung des 2. Deutschen Bundestages.

Aus wahlrechtlicher Sicht bedeutete die kleine Wiedervereinigung:

Im Bundeswahlgesetz wurden keine spezielle Regelungen für saarländische Parteien eingeführt. Da schon die Zahl der Wahlberechtigten im Saarland weniger als fünf Prozent der deutschen Wahlberechtigten betrug und die Grundmandatsklausel mit drei Sitzen bei fünf Wahlkreisen sehr hoch ist, hatten damit faktisch nur Bundesparteien eine Chance, ab der Bundestagswahl 1957 Mandate im Saarland zu gewinnen. Dementsprechend schlossen sich die saarländischen Parteien den bundesdeutschen Parteien an. Die Sozialdemokratische Partei des Saarlandes (SPS) hatte sich schon vorher der SPD angeschlossen, die Christliche Volkspartei (CVP) der CSU (später der CDU) und die Demokratische Partei Saar (DPS) der FDP.

Die zehn vom Landtag gewählten Abgeordneten des 2. Deutschen Bundestages

lfd.
Nr.
Nachname Vorname Vorschlags-
liste
Stimmen
1. Kratz *) Wilhelm CDU 15
2. Röder Franz Josef
3. Schäfer Manfred
4. Ruland Franz CVP 12
5. Schneider Franz
6. Schneider Heinrich DPS 13
7. Schwertner Erich
8. Wedel Fritz
9. Schreiner Nikolaus SPD 10
10. Will Hans-Peter

Der KP-Abgeordnete Walch kündigte in der Plenardebatte zur Wahl am 4. Januar 1957 eine Stimmabgabe der KP-Abgeordneten für die SPD an. Zur Sitzverteilung im 3. Landtag des Saarlandes siehe die Wahlergebnisse im Saarland. Bemerkenswert dabei ist auch, dass die Sitzverteilung zwischen DPS (13) und CVP (12) zum Zeitpunkt der Wahl der saarländischen Bundestagsabgeordneten am 4. Januar 1957 erst durch Entscheidung der Verfassungskommission vom 19. April 1956 entstanden war. Die ursprüngliche Verteilung nach der Landtagswahl am 18. Dezember 1955 lautete: DPS 12 und CVP 13 Sitze – trotz einem Mehr an Stimmen für die DPS. Die Wahlprüfungsentscheidung hatte damit aller Wahrscheinlichkeit nach auch Einfluss auf die Vergabe eines Bundestagsmandats.
* Der Abgeordnete Wilhelm Kratz legte zum 11. April 1957 sein Bundestagsmandat nieder, da er Landtagspräsident im Saarland wurde. Nachrücker war Karl Steinhauer.

Die saarländischen Abgeordneten nach der 3. Bundestagswahl am 15. September 1957

lfd.
Nr.
Nachname Vorname Partei im/über
1.SchneiderDr. HeinrichFDPWahlkreis 243 – Saarbrücken/Stadt
2.DraegerHeinrichCDUWahlkreis 244 – Saarbrücken/Land
3.BaldaufAlbertCDUWahlkreis 245 – Saarlouis
4.GotteslebenLeoCDUWahlkreis 246 – Ottweiler
5.ConradKurtSPDWahlkreis 247 – Homburg
6.SchreinerNikolausSPDLandesliste
7.GörgenDr. Herrmann MatthiasCSULandesliste
8.RulandFranzCSULandesliste

Dass es nur acht Abgeordnete waren, ist eine Folge der Verwendung des Divisorverfahrens mit Abrunden (d’Hondt) bei der Unterverteilung, welches für alle Parteien gegen die saarländischen Landeslisten wirkt (siehe folgende Tabelle).

Wahlergebnis der 3. Bundestagswahl am 15. September 1957

Partei Bundesrepublik Saarland
Zweit-
stimmen
Sitze *) Zweit-
stimmen
Sitze Relativer
Anteil
Hare-
Niemeyer
Sainte-
Laguë
CDU11.875.339212 *)183.42333,274533
SPD9.495.571169138.30922,461632
CSU3.133.06055117.16822,056922
FDP2.307.13541100.08011,778522
DP 1.007.282174.06900,068700
Summe27.818.387494 *)543.04989,6402109

* ohne die drei Überhangmandate der CDU

Gesetzestexte

Gesetz über die Eingliederung des Saarlandes (SaarEinglG von 1956)

§ 2

Bis zum Ablauf der gegenwärtigen Wahlperiode entsendet das Saarland zehn Abgeordnete nach folgenden Vorschriften in den Deutschen Bundestag:

  1. Der Landtag des Saarlandes wählt alsbald nach Inkrafttreten dieses Gesetzes aus seiner Mitte die Abgeordneten sowie eine ausreichende Anzahl von Ersatzmännern nach Vorschlagslisten. Bei der Wahl sind die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtages entsprechend anzuwenden.
  2. Jeder Abgeordnete hat eine Stimme.
  3. Die Sitze werden den Vorschlagslisten nach der Zahl der ihnen zugefallenen Stimmen im Höchstzahlverfahren d’Hondt zugeteilt. Über die Zuteilung des letzten Sitzes entscheidet bei gleichen Höchstzahlen das vom Präsidenten des Landtages zu ziehende Los. Entfallen auf eine Liste mehr Sitze, als Bewerber benannt sind, so bleiben die Sitze unbesetzt. Die Sitze werden den Bewerbern in der Reihenfolge der Vorschlagslisten zugewiesen.
  4. Der Präsident des Landtages fordert die Gewählten auf, binnen zwei Tagen schriftlich zu erklären, ob sie die Wahl annehmen. Die Gewählten erwerben die Mitgliedschaft im Bundestag mit dem Eingang der schriftlichen Annahmeerklärung bei dem Präsidenten des Landtages. Gibt der Gewählte bis zum Ablauf der gesetzten Frist keine Erklärung ab, so gilt die Wahl zu diesem Zeitpunkt als angenommen.
  5. Für die Wählbarkeit und den Verlust der Mitgliedschaft im Bundestag gelten die Bestimmungen des Wahlgesetzes zum zweiten Bundestag und zur Bundesversammlung vom 8. Juli 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 470) entsprechend. Scheidet ein Mitglied aus, so tritt der nächste nicht gewählte Bewerber der gleichen Vorschlagsliste ein. Die Feststellung, wer als Listennachfolger eintritt, trifft der Präsident des Landtages. Nummer 4 gilt entsprechend. Ist die Vorschlagsliste erschöpft, so bleibt der Sitz unbesetzt.
  6. Der Präsident des Landtages übermittelt das Ergebnis der Wahl dem Präsidenten des Bundestages.

[...]

§ 14

Das Bundeswahlgesetz vom 7. Mai 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 383) tritt mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes im Saarland in Kraft. Das Saarland wird nach Maßgabe der Anlage in fünf Wahlkreise eingeteilt, Das Bundeswahlgesetz wird wie folgt geändert:

  1. Es werden ersetzt in § 1 Abs. 1 die Zahl 506 durch die Zahl 516, in § 1 Abs. 2 die Zahl 253 durch die Zahl 258, in § 54 Nr. 1 die Zahl 484 durch die Zahl 494 und die Zahl 242 durch die Zahl 247,
  2. In der Anlage treten die nach Satz 2 gebildeten fünf Wahlkreise als Wahlkreise Nr. 243 bis 247 hinzu.

Die neuen Wahlkreise aus der Anlage zu § 14 Saarland-Eingliederungsgesetz


von Martin Fehndrich (01.01.2007, letzte Aktualisierung 22.01.2007)