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17.02.2006

Erfolgreiche Premiere des Neuen Zürcher Zuteilungssystems

Bei den Wahlen zum Gemeinderat der Stadt Zürich ist das Neue Zürcher Zuteilungssystem am 12. Februar zum ersten Mal zum Einsatz gekommen. Die Neuregelung war auf Anordnung des Schweizer Bundesgerichts (BGE 129 I 185) nötig geworden und wurde unter der wissenschaftlichen Beratung von Friedrich Pukelsheim entworfen. Deswegen wird es in Zürich auch Doppelter Pukelsheim genannt. Grund für die Anordnung des Bundesgerichts war, dass im alten Wahlsystem kleinere Parteien in kleineren Wahlkreisen benachteiligt wurden. Wie erwartet, ist es mit dem neuen System den kleineren Parteien gelungen, mehr Sitze auf Kosten der größeren zu erringen.

Es waren 125 Sitze in neun Distrikten, die eine Größe von 10 bis 19 Sitze haben, zu vergeben. Von den 14 angetretenen Parteien konnten 8 Mandate erringen.

Da das neue System aus einer Ober- und Unterzuteilung besteht, wurde die Geduld der Wartenden auf eine harte Probe gestellt, da man für die Zuteilung warten musste, bis die Ergebnisse aller Distrikte vorliegen.

Wahlergebnis und Sitzzuteilung für den Gemeinderat der Stadt Zürich

Listengruppen/
Wählerzahl/
Sitzanspruch
Wahlkreise mit Parteistimmen und Sitzanspruch der Listen Listen-
gruppen-
divisor
1 + 2 3 4 + 5 6 7 + 8 9 10 11 12
12 Sitze 16 Sitze 13 Sitze 10 Sitze 17 Sitze 16 Sitze 12 Sitze 19 Sitze 10 Sitze
01 SP 23.180 44 28.518 4 45.541 7 26.673 5 24.092 4 61.738 5 42.044 6 35.259 4 56.547 6 13.215 3 1,006
02 SVP 12.633 24 15.305 2 22.060 3 8.174 2 9.676 1 27.906 2 31.559 4 19.557 3 40.144 4 10.248 3 1,002
03 FDP 10.300 19 21.833 3 10.450 1 4.536 1 10.919 2 51.252 5 12.060 2 15.267 2 19.744 2 3.066 1 1,010
04 Grüne 7.501 14 12.401 2 17.319 3 10.221 2 8.420 1 25.486 2 9.154 1 9.689 1 12.559 1 2.187 1 0,970
05 CVP 5.418 10 7.318 1 8.661 1 4.099 1 4.399 1 14.223 1 11.333 1 8.347 1 14.762 2 4.941 1 1,000
06 AL 2.517 5 2.413 0 7.418 1 9.086 2 2.304 0 5.483 1 2.465 0 2.539 0 3.623 1 429 0 0,800
07 EVP 3.088 6 2.829 0 2.816 0 1.029 0 3.422 1 10.508 1 9.841 1 4.690 1 11.998 2 0 0,880
12 SD 1.692 3 1.651 0 3.173 0 1.406 0 1.106 0 2.454 0 5.333 1 1.490 0 6.226 1 2.078 1 1,000
Divisor/
Wahlkreis-
divisor
530 7.000 6.900 5.000 6.660 11.200 7.580 7.800 9.000 4.000

Gewinner und Verlierer

In den Zürcher Medien wurde in den darauffolgenden Tagen auf Basis von Berechnungen des Statistischen Amtes der Schweiz spekuliert, dass das neue System die SP um einen Triumph gebracht hat. Diese These wurde jedoch durch Modellrechnungen von Daniel Bochsler von der Universität Genf entkräftet.

Altes und neues Zuteilungssytem im Vergleich

Im alten System wurden die Sitze einfach distriktweise mit dem Verfahren von D’Hondt zugeteilt, Listenverbindungen waren erlaubt. Mit dem neuen System wurden die Sitze erst für das ganze Wahlgebiet auf die Parteien nach dem Verfahren von Sainte-Laguë verteilt und dann an die Parteien innerhalb der Distrikte unterzugeteilt. Eine Erfolgswertgleichheit ist also über alle Distrikte hinweg gewährleistet.

01 SP 02 SVP 08 SL 12 SD 04 Grüne 06 AL 09 GLP 03 FDP 05 CVP 07 EVP 13 EDU
„–“: Fünf-Prozent-Hürde in keinem der Distrikte erreicht
Altes Wahlsystem 46 27 0 0 18 3 0 16 12 3 0
Neues Wahlsystem 44 24 3 14 5 19 9 3

Es ist festzustellen, dass nicht die großen Parteien beim neuen System die Verlierer sind, sondern lediglich bisher im Vorteil waren, weil sie zu viel bekommen haben. Dieser Mangel wurde mit dem neuen System behoben.

Fünf-Prozent-Hürde

Ein weiterer Kritikpunkt in den Medien war die distriktweise Fünf-Prozent-Hürde. Um überhaupt an der Sitzverteilung teilnehmen zu können, muss eine Partei in einem der Distrikte mindestens fünf Prozent der Stimmen erhalten. Die SD ist im Gemeindeparlament vertreten, weil sie 5,5 % in Distrikt 12 erreicht hat. Die GLP, die mehr Stimmen (2,65%) als die SD (2,46%) erhalten hat, ist nicht vertreten, weil sie überall unter fünf Prozent geblieben ist. Eine Absenkung der Fünf-Prozent-Hürde ginge wieder auf Kosten der großen Parteien.


von Sebastian Maier (letzte Aktualisierung: 22.02.2006)