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25.08.2005

Bundesverfassungsgericht weist Klagen gegen Bundestagsauflösung zurück

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat heute das Urteil in den Organstreitverfahren (2 BvE 4/05, 2 BvE 7/05) der beiden Bundestagsabgeordneten Jelena Hoffmann (SPD) und Werner Schulz (GRÜNE) verkündet. Die Anträge gegen die Bundestagsauflösung nach Artikel 68 GG durch den Bundespräsidenten am 21. Juli 2005 wurden im Ergebnis mit 7:1 der Stimmen zurückgewiesen.

Das Gericht kommt zu dem Schluß, daß der Einschätzung des Bundeskanzlers, er könne bei den bestehenden Kräfteverhältnissen im Deutschen Bundestag künftig keine vom Vertrauen der Parlamentsmehrheit getragene Politik mehr verfolgen, ... keine andere Einschätzung eindeutig vorzuziehen sei.

Damit läßt es dem Bundeskanzler und dem Bundespräsidenten einen großen Beurteilungsspielraum. Dabei kann eine Beurteilung von außen auch nur teilweise möglich sein. Der Öffentlichkeit – und auch dem Gericht – kann die Entwicklung des Verhältnisses des Bundeskanzlers zu den regierungstragenden Fraktionen teilweise verborgen bleiben. Der Bundeskanzler muß damit nicht seine Handlungsunfähigkeit beweisen.

In einem Sondervotum vermißt dagegen Richter Jentsch – der als einziger gegen die Entscheidung stimmte – den fehlenden Beleg für eine materielle Auflösungslage und verlangt nachprüfbare Anhaltspunkte. Darüberhinaus bemängelt er die Instrumentalisierung der Vertrauensfrage, welche die Stellung des Parlaments schwäche.

Die Richterin Lübbe-Wolff kritisiert in ihrem Sondervotum die einschränkende materielle Auslegung von Artikel 68 GG, die andererseits durch den großzügig bemessenen Einschätzungsspielraum zu einer Kontrollfassade verkomme.

Diskussion über ein Selbstauflösungsrecht des Deutschen Bundestags hält an

Schon kurz nach der Verkündung in Karlsruhe regten sowohl Bundespräsident Horst Köhler als auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse ein Nachdenken über ein Selbstauflösungsrecht des Bundestags im Grundgesetz an, wie es auch Wahlrecht.de im Rahmen der Diskussion vor der Vertrauensfrage des Bundeskanzlers Gerhard Schröders vorschlug.

Klage von Kleinparteien formal abgewiesen

Schon am 23. August 2005 wurden in einem Organstreitverfahren – 2 BvE 5/05 – die Anträge der Familien-Partei Deutschlands gegen die Anordnung der Bundestagsauflöung und das – trotz der kurzen Wahlvorbereitungszeit – unverändert hohe Unterschriftenquorum als unzulässig verworfen, da:

Diesem Verfahren war auch die Ökologisch-Demokratische Partei (ödp) beigetreten. Den Parteimitgliedern und verhinderten Wählern der klagenden sowie anderer kleiner Parteien bleibt nur die Möglichkeit einer erst nach der Bundestagswahl zulässigen Wahlprüfungsbeschwerde.

Die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag kann damit wie geplant am 18. September 2005 stattfinden.

Zweite Sitzung des Bundeswahlausschusses

Ebenso am heutigen Tage befaßte sich der Bundeswahlausschuß in seiner zweiten Sitzung mit den Beschwerden verschiedener Parteien. Dieser richteten sich gegen die Entscheidungen der Landeswahlausschüsse vom 19. August 2005 über die Nichtzulassung von 64 Landeslisten, meistens aufgrund fehlender Unterstützungsunterschriften oder Fristversäumnisse.

Stattgegeben wurde allein der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der NPD-Landesliste in Baden-Württemberg (formaler Fehler bei der Listenaufstellung), mit der Maßgabe, dass sechs Bewerber, die durch gemeinsame schriftliche Erklärung der Vertrauenspersonen zurückgenommen wurden, aus der Landesliste gestrichen wurden. Damit tritt neben SPD, GRÜNEN, FDP, Die Linke. und MLPD auch die NPD in allen Bundesländern an.

Die übrigen Beschwerden wurden zurückgewiesen.

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von Martin Fehndrich