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13.02.2005

Bundestag: Experten-Anhörung im Streit um Ausschusssitzverteilung

Am Donnerstag, den 17. Februar 2005, findet eine öffentliche Anhörung vor dem Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags zur Neuverteilung der Ausschusssitze im Vermittlungsausschuss statt.

Hintergrund ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2 BvE 3/02 vom 8. Dezember 2004 zur Besetzung der Bundestagsbank des Vermittlungsausschusses, in der die jetzige Regelung kritisiert wurde. Nach dieser erhielt die SPD-Fraktion einen zusätzlichen Sitz zulasten der nach Mandaten fast ebenso starken CDU/CSU-Fraktion, was schon im Vorfeld der Entscheidung heftige Diskussionen auslöste.

Aber auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts scheint es unterschiedliche Interpretationen über die Folgen zu geben. Das Bundesverfassungsgericht hat – wie es auch zu erwarten war – dem Bundestag die konkrete Neuregelung als Frage der parlamentarischen Selbstorganisation überlassen. Jedoch widersprechen sich Gründe und Leitsatz der Entscheidung in einem entscheidenden Teil, sodass man auf die Fortsetzung der Diskussion gespannt sein kann.

Die nach der Entscheidung am 15. Dezember im Bundestag geführte Debatte über den Antrag der Unionsfraktionen auf Neuverteilung der Sitze wurde nun in den für Geschäftsordnungsangelegenheiten zuständigen Ausschuss verwiesen und wird dort mit einer Anhörung von Experten fortgesetzt. Novum ist dabei, dass diesmal auch mit Friedrich Pukelsheim ein Mathematiker als Sachverständiger geladen wurde – eine Entscheidung, die auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gut getan hätte.

Als Experten sind geladen

Die Sitzung findet um 15 Uhr im Marie-Lüders-Haus (Saal 3.101) statt (Tagesordnung). Wahlrecht.de wird darüber berichten.

Kommentar

(mf) Daß die Methode der SPD vorab einen Sitz zuzuteilen, kein allgemeines Verfahren sondern eine speziell für die jetzige Zusammensetzung des Bundestags entwickelte ist, hat auch das Bundesverfassungsgericht zu Recht bemängelt.

Der Deutsche Bundestag muss sich letzlich entscheiden, ob er rein nach Spiegelbildlichkeit besetzen will (z.B. mit dem Quotenverfahren mit Standardrundung - Sainte-Laguë) oder ob er eine Mehrheitsabbildung durchsetzen möchte. In diesem Fall böte sich eine Mehrheitsklausel an, die der regierungstragenden Mehrheit auch den Mehrheitssitz garantiert (wie von wahlrecht.de schon lange vorgeschlagen). Der neunte Sitz ginge dann automatisch an Rot-Grün und würde hier quasi intern verteilt (und nach Sainte-Laguë an die Grünen und nicht an die SPD).

Literatur zum Thema

Links


von Martin Fehndrich und Matthias Cantow