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22.01.2003

Bundeswahlleiter veröffentlicht repräsentative Wahlstatistik

Vier Monate nach der Bundestagswahl hat der Bundeswahlleiter die Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik veröffentlicht. Wichtigste Erkenntnisse der Untersuchung sind nach Ansicht des Bundeswahlleiters:

Besonders interessant ist auch der Vergleich zwischen den Ergebnissen in Urnen- und Briefwahl für die FDP. Die bisweilen als wahlentscheidend eingestufte Veröffentlichung des berühmten Möllemann-Flugblatts fand nämlich zu einem Zeitpunkt statt, als die meisten Briefwähler ihre Stimme bereits abgegeben hatten. Der Bundeswahlleiter gab nun bekannt, daß der FDP bei der Briefwahl (8,4 %) um 1,3 Prozentpunkte besser abschnitt als bei der Urnenwahl (7,1 %). Dieser Unterschied ist aber nicht höher als bei vergangenen Bundestagswahlen, woraus man wohl schließen kann, daß die Bedeutung des Möllemann-Flyers für den Ausgang der Bundestagswahl im allgemeinen überschätzt wurde.

Die Wahlbeteiligung bei den unter 30-Jährigen ist im Vergleich zur Bundestagswahl 1990 um 2,6 Prozentpunkte auf 70,3% gestiegen (Westdeutschland 72,3%, Ostdeutschland 62,8%). Der seit 1980 zu beobachtende Trend zu einer verstärkten Wahlenthaltung bei dieser Altersgruppe hat sich also nicht fortgesetzt.

Ab der Altersgruppe der 21- bis 24-Jährigen nahm die Wahlbeteiligung mit steigendem Alter zu, wobei die Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen mit 86,4% die höchste Wahlbeteiligung zu verzeichnen hatte. Die höchste Wahlbeteiligung wiesen mit 89,8% die bayerischen Männer der Altersgruppe zwischen 60 und 69 Jahren auf. Die niedrigste Wahlbeteiligung lag mit 53,7% bei den sachsen-anhaltinischen Männern der Altersgruppe der 21- bis 24-Jährigen.

Während bundesweit SPD und CDU/CSU mit jeweils 38,5% der Zweitstimmen gleich abgeschnitten haben, lagen die Unionsparteien bei den Männern mit 39,2% um 2,5 Prozentpunkte vor der SPD. Bei den Frauen lag die SPD mit 40,2% um 2,4 Prozentpunkte vor den Unionsparteien.

Die SPD erreichte ihr bestes Zweitstimmenergebnis mit 41,3% bei den weiblichen Jungwählern zwischen 18 und 24 Jahren, ihr schlechtestes bei den Männern der Altersgruppe zwischen 25 und 34 Jahren (34,4%). Das beste Zweitstimmenergebnis hatten die Unionsparteien mit 46,4% bei den über 60-jährigen Männern, das schlechteste bei den Frauen der jüngsten Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren (30,7%).

Die GRÜNEN und die FDP hatten bei den jüngeren Wählern mehr Rückhalt als in den älteren Altersgruppen. Die FDP erreichte in den Wählergruppen unter 35 Jahren mit 10,2% der Zweitstimmen der 18- bis 24-Jährigen und 9,8% der Stimmen der 25- bis 34-Jährigen im Vergleich zum Bundesergebnis (7,4%) ein überdurchschnittliches und ihr bestes Zweitstimmenergebnis mit 11,5% bei den 18- bis 24-jährigen Männern, ihr schlechtestes bei den ab 60-jährigen Frauen (5,4%).

In den Altersgruppen bis 59 Jahre haben Die GRÜNEN Zweitstimmenergebnisse über dem Bundesdurchschnitt aller Altersgruppen erzielt (zwischen 8,8 und 12,6%). Die GRÜNEN erreichten ihr bestes Ergebnis mit 13,5% bei den 35- bis 44-jährigen Frauen, ihr schlechtestes bei den Männern ab 60 Jahren (3,4%).

Während die GRÜNEN bei den Zweitstimmen in den neuen Bundesländern in jeder Altersgruppe schlechter abschnitten als im Westen, erreichte die FDP in Ost- und Westdeutschland ähnliche Zweitstimmenergebnisse. In der jüngsten Wählergruppe schnitt die FDP in Ostdeutschland sogar besser ab: Bei den 18- bis 24-Jährigen erreichte die FDP im Osten 11,2%, im Westen 10,0%.

Beim Stimmensplitting war die Kombination Erststimme SPD – Zweitstimme GRÜNE sehr verbreitet. Der deutliche Überhang an Zweitstimmen bei den GRÜNEN (+ 1,4 Mill. Stimmen) wurde hauptsächlich durch solche Wähler verursacht, die ihre Erststimme dem jeweiligen Wahlkreiskandidaten der SPD gegeben haben. In Westdeutschland kamen die Zweitstimmen der GRÜNEN in einem erheblichen Umfang von rund 2,2 Mill. Stimmen von solchen Wählern, die mit ihrer Erststimme für die SPD votiert haben. Besonders ausgeprägt war diese Variante des Stimmensplittings in den Ländern Schleswig-Holstein, Saarland, Hamburg und Niedersachsen. Signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen waren in diesem Zusammenhang nicht zu erkennen. Die Häufigkeit dieser Kombination wird auch bei einer Betrachtung aus der Perspektive der Zweitstimmenwähler deutlich: Von 100 Wählern, die ihre Zweitstimme den GRÜNEN gegeben haben, haben nur 31,3% der Wähler auch mit der Erststimme für die GRÜNEN votiert (Männer: 29,1%; Frauen: 33,1%). 59,7% dieser Wähler wählten mit der Erststimme den SPD- Wahlkreiskandidaten (Männer: 62,5%; Frauen: 57,3%).

Wie die Repräsentative Wahlstatistik zeigt, haben von den rund 3,5 Mill. Wählern, die der FDP die Zweitstimme gegeben haben, die FDP nur rund 1,6 Mill. Wähler auch mit der Erststimme gewählt. Rund 1,3 Mill. haben hingegen "taktisch" gesplittet und der CDU die Erst- und der FDP die Zweitstimme gegeben. Auch hier waren signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht erkennbar.

Detaillierte Ergebnisse der Repräsentativen Wahlstatistik


von Wilko Zicht