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25.10.2002

Bundesratsabstimmung Zuwanderungsgesetz: SPD verzichtet auf Argument Richtlinienkompetenz

Eine überraschende Wendung gab es bei der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht am 23.10.2002 in Karlsruhe über die Abstimmung zum Zuwanderungsgesetz im Bundesrat am 22. März 2002. Während bisher die umstrittene Gültigkeit der Abstimmung des Landes Brandenburg mit der Richtlinienkompetenz des Landeschefs begründet wurde, ist dieses Argument der SPD-Länder vor dem BVerfG nicht mehr aufrechterhalten geworden. Der brandenburgische Ministerpräsident Stolpe sei von Wowereit nur "aus Gründen der Höflichkeit" angesprochen worden. Schönbohm hätte sein Nein durch Zwischenrufe wiederholen müssen, dieses Unterlassen führe zu einer gültigen Ja Stimmabgabe des Landes Brandenburg.
Siehe auch TAZ vom 24.10.2002

Kommentar
Ein gefährliches Spiel, bei dem indirekt der Bundesratspräsident Wowereit auf die Anklagebank gesetzt wird. Eine Entscheidung über die Richtlinienkompetenz hätte für keine Seite einen Gesichtsverlust bedeutet, die Verfassungsrichter müßten aber eine grundlegende Entscheidung über die Spielregeln im Bundesrat treffen. Nun müssen die Richter auch über das Vorgehen urteilen, bei der "Nachfrage" nur Stolpe (und eben nicht Schönbohm) das Wort zu erteilen und gleichwohl ein dazwischengerufenes Nein Schönbohms zu verlangen. Auch bleibt die Glaubwürdigkeit durch den Wechsel zu einer widersprechenden Rechtfertigung auf der Strecke. Eine Staatsrechtliche Entscheidung kann den Richtern nun aber erspart bleiben. Wenn sie sich auf die vorgetragenen Argumente beschränken (was sie nicht müssen), bleibt Ihnen nur noch eine Geschäftsordnungsfrage (Wann ist ein Nein ein Nein) zu entscheiden.


von Martin Fehndrich