Nachwahlen

[Wahlrechtslexikon]

Nachwahlen zum 1. Deutschen Bundestag bis 1952

Nr. Datum Wahlkreis Ursprünglich gewählt Partei % In Nachwahl gewählt Partei %
1 14.05.50 29 Kulmbach Friedrich Schönauer SPD 27,6 Johannes Semler CSU 38,7
2 19.11.50 63 Arnsberg–Soest Heinrich Lübke CDU 40,7 Ernst Majonica CDU 36,6
3 11.03.51 2 Kassel Georgs-August Zinn SPD 42,3 Ludwig Preller SPD 55,1
4 15.04.51 1 Hofgeismar–Waldeck–
Wolfhagen [Korbach]
Karl Rüdiger FDP 35,2 Hans Merten SPD 47,2
5 06.05.51 18 Hannover-Nord Bruno Leddin SPD 44,1 Egon Franke SPD 52,9
6 27.05.51 44 Donauwörth Martin Loibl CSU 36,2 Wilhelm Niklas CSU 42,9
7 23.09.51 12 Neustadt (Wstr.) Ernst Roth SPD 39,3 Willy Odenthal SPD 53,8
8 02.12.51 33 Nürnberg–Fürth Willy Fischer SPD 37,3 Johann-Adam Segitz SPD 52,8
9 16.03.52 31 Harz Hermann Stopperich SPD 35,7 Hans-Joachim Fricke DP 45,3
10 30.03.52 4 Heilbronn Georg Kohl FDP 28,2 Adolf Mauk FDP 60,3
11 04.05.52 11 Friedberg–Büdingen Willy Knothe SPD 33,1 Kurt Moosdorf SPD 53,9
12 04.05.52 10 Segeberg–Neumünster Carl Schröter CDU 31,0 Walter Bartram CDU 35,1
13 18.05.52 3 Bremerhaven–Bremen-Nord Bernhard Lohmüller SPD 37,3 Philipp Wehr SPD 51,3
14 09.11.52 19 Hannover-Süd Kurt Schumacher SPD 55,1 Ernst Winter SPD 59,8

Nachwahl während der Wahlperiode des 1. Deutschen Bundestag

Im 1. Deutschen Bundestag fand für ausscheidende, direkt im Wahlkreis gewählte Abgeordnete eine Nachwahl im Wahlkreis statt. Paragraph 15 des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag vom 15. Juni 1949 lautete:

„Erklärt ein Bewerber, daß er die Wahl nicht annimmt, stirbt ein Abgeordneter oder verliert er seinen Sitz (vgl. § 7), so findet, wenn er auf einem Kreiswahlvorschlag gewählt war, Nachwahl statt, im anderen Fall rückt der nachfolgende Bewerber des gleichen Landesergänzungsvorschlages nach.“

Keine Änderung bei Landeslistensitzen

Eine Neuberechnung der Landeslistensitze fand nicht statt, so daß die Nachwahl direkt die parteipolitische Zusammensetzung des Bundestages verändern konnte. Die Partei die den Wahlkreis gewann, wurde über ihren proportionalen Anteil gehoben, die Partei die den Wahlkreis bei der Hauptwahl gewonnen hatte, wurde unter ihren proportionalen Anteil gedrückt (und so quasi für den ursprünglichen Wahlkreisgewinn bestraft.).

Wahlbündnisse

Da im Gegensatz zur Hauptwahl nur der Wahlkreisgewinn als solcher zählte und die Stimmen nicht der Landesliste zugute kam, gab es in vielen Fällen Wahlbündnisse mehrerer Parteien, von denen nur eine einen Kandidaten aufstellte, der von den anderen Parteien des Bündnisses unterstützt wurde. (Aus der Nichtbeteiligung allein läßt sich aber noch nicht auf ein Wahlbündnis schließen, für eine kleine Partei ohne Aussicht auf Gewinn des Wahlkreises, machte – im Gegensatz zur Hauptwahl – eine Aufstellung eines „Strohmanns“ als Wahlkreiskandidat keinen Sinn.

Drei Änderungen der parteipolitischen Zusammensetzung

In drei Fällen führte die Nachwahl zur Wahl eines Kandidateten einer anderen Partei (Kulmbach, Hofgeismar–Waldeck–Wolfhagen [Korbach] und Harz), zweimal zulasten der SPD und einmal zulasten der FDP.

Vierzehn Nachwahlen bis 1952

Diese Vorschrift führte zu insgesamt 14 Nachwahlen in der ersten Legislaturperiode und endete mit einer Gesetzesänderung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag im Oktober 1952. Das Gesetz vom 8. Januar 1953, trat am 9. Januar 1953 in Kraft und galt rückwirkend „auch für Nachwahlen, deren Voraussetzungen in der Zeit vom 1. Oktober 1952 bis zum Inkrafttreten eingetreten sind“.

Die letzte Nachwahl fand am 9. November 1952 für den am 20. August 1952 verstorbenen Kurt Schumacher statt.


von Martin Fehndrich