Wahlkreisgeometrie - Gerrymandering

[Wahlrechtslexikon]

Wahlkreisgeometrie, Gerrymandering

Ein entscheidender, wenn nicht der entscheidende, Faktor bei Mehrheitswahlsystemen ist der geometrische Zuschnitt, d.h. die Auswahl der Wählergruppen der Wahlkreise.

Während die Einwohnerzahl unter dem Gleichheitsgesichtspunkt einigermaßen objektiv eingeteilt werden kann, ist der Zuschnitt der Wahlkreise und damit die Zusammenfassung bestimmter Wähler in einem Wahlkreis weitgehend willkürlich.

Wertlose Stimmen bei der Mehrheitswahl

Bei der Mehrheitswahl kann man zwei Arten wertloser Stimmen unterscheiden:

Dies zeigt sich immer wieder bei Mehrheitswahlen, ob durch die Art der Wählerverteilung oder auch durch bewußte Manipulation der Wahlkreise um dies auszunutzen.

Manipulationsstrategien beim Wahlkreiszuschnitt

Die beiden Strategien um den Wahlerfolg der Opposition zu schmälern sind daher:

Beispiel

Betrachtet wird ein Wahlgebiet mit insgesamt 9 Wählern und 3 Wahlkreisen. Die Wähler sind ausschließlich Anhänger entweder der Arbeiterpartei A oder der Bauerpartei B.

[AAA AAB BBB] oder [AAA ABB ABB]
Je nach Art der Wahlkreiseinteilung ergibt sich nun eine Mehrheit für Partei A oder B. Mit der Wahlkreiseinteilung bestimmt man damit zwangsläufig den Wahlsieger.

Ergebnis A BMehrheit
Stimmen 5 4 A
Sitze (Szenario 1) 2 1 A
Sitze (Szenario 2) 1 2 B

Gerrymandering

Die Bezeichnung Gerrymandering geht zurück auf Massachusetts Governor Elbridge Gerry (einem der Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung ). Gerry unterzeichnete 1812 ein Gesetz mit grotesk geformten Wahlkreisen (geformt ähnlich einem Salamander, daher Gerrymander). Dies führte dazu, daß die oppositionellen Federalisten bei der Wahl 1912 trotz 51% Prozent der Stimmen, nur 11 der 40 Wahlkreise gewinnen konnten.

Manipulationswürfe gibt es im Zusammenhang mit Wahlkreiseinteilungen immer wieder; sei es in Frankreich (absolute Mehrheitswahl), Nordirland oder auch in Berlin, wo die Zusammenlegung von Ost und West Bezirken in Bundestags-Wahlkreisen die Chancen der PDS auf erfolgreiche Direktkandidaten reduziert.

Regeln beim Wahlkreiszuschnitt

Auch wenn Willkür beim Wahlkreiszuschnitt nicht zu vermeiden ist, so können gewisse Regeln aufgestellt werden, um zumindest eine auf das Wahlergebnis gerichtete Manipulation zu erschweren. So sollen die Wahlkreisgrenzen mit anderen Verwaltungsgrenzen übereinstimmen und die Wahlkreise als solche sollten kompakt sein (keine Gerrymander Gestalt). Im Idealfall ist der Wahlkreis identisch mit einem unter einem anderen Gesichtspunkt logischem Gebiet, so daß am Ende der Abgeordnete der Stadt X gewählt ist und nicht ein Abgeordneter der Partei Z (was ja eigentliche Intention der Mehrheitswahl sein sollte).

Links:


von Martin Fehndrich (letzte Aktualisierung: 01.07.2006)