Hessen

[Landtagswahlrecht]

Wahlsystem

Personalisierte Verhältniswahl mit geschlossenen Listen.

Besonderheiten

Abgeordnetenzahl

Der Landtag besteht aus mindestens 110 Sitzen. Davon werden 55 Mandate in Einmannwahlkreisen nach relativer Mehrheitswahl und die restlichen über geschlossene Listen vergeben.

Wahlperiode

Die Legislaturperiode wurde durch einen Volksentscheid am 22. September 2002 von vier auf fünf Jahre verlängert.

Aktives und passives Wahlrecht

Aktiv wahlberechtigt ist jeder Deutsche, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens sechs Wochen seinen (Haupt-)Wohnsitz in Hessen hat. Passiv wahlberechtigt, also wählbar ist, jeder Wahlberechtigte, seit mindestens drei Monaten in Hessen wohnt. Hessen war lange Zeit das einzige Bundesland mit einem passiven Wahlrecht erst ab dem 21. Lebensjahr. Erst 2018 wurde das Wählbarkeitsalter in der Landesverfassung auf 18 Jahre gesenkt, nachdem in einem Volksentscheid 70,3 % der gültig Abstimmenden zugestimmt hatten. In einem Volksentscheid im Jahr 1995 hatte noch eine Mehrheit von 62,7 % der gültig Abstimmenden eine Absenkung auf 18 Jahre abgelehnt.

Stimmenzahl

Jeder Wähler hat wie bei der Bundestagswahl zwei Stimmen. Interessant ist die Namensgebung: Die von der Bundestagswahl bekannte Erststimme heißt Wahlkreisstimme, die Zweitstimme wird Landesstimme genannt. Auf diese Weise will man Missverständnisse beim Wähler hinsichtlich der Bedeutung der jeweiligen Stimme vermeiden. Mit der Wahlkreisstimme wählt man einen Wahlkreiskandidaten, mit der Landesstimme die Landesliste einer Partei. Diese Regelung wurde erst 1988 von der CDU/FDP-Koalition auf Wunsch der FDP eingeführt. Zuvor hatte jeder Wähler nur eine Stimme, die gleichzeitig für den Wahlkreiskandidaten und die Landesliste einer Partei gewertet wurde.

Wahlkreiseinteilung

Erst seit 2017 sieht das Landtagswahlgesetzgesetz Toleranzgrenzen für die Größenabweichungen der Wahlkreise vor. Hiernach soll die Bevölkerungszahl (volljährige Deutsche) eines Wahlkreises der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahlkreise so weit wie möglich entsprechen; beträgt die Abweichung mehr als 25 Prozent ist eine Neuabgrenzung vorzunehmen.

Sperrklausel

Für die Sitzverteilung auf die Landeslisten werden nur jene Parteien berücksichtigt, die mindestens fünf Prozent der insgesamt abgegebenen gültigen Landesstimmen erhalten haben. Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht.

Sitzzuteilungsverfahren

Die Mandate werden seit 1983 nach dem Verfahren Hare/Niemeyer verteilt. Zuvor galt das d’Hondtsche Höchstzahlverfahren.

Sitzverteilung

In den Wahlkreisen sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Wahlkreisstimmen erzielt haben. Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 110 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen, die von Kandidaten errungen wurden,

Diese verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Fünf-Prozent-Hürde überspringen konnten, nach dem Verfahren Hare/Niemeyer entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Stimmenzahlen verteilt. Dabei bleiben die Landesstimmen jener Wähler unberücksichtigt, die mit der Wahlkreisstimme einen erfolgreichen Wahlkreiskandidaten gewählt haben, der keiner zugelassenen Landesliste angeschlossen ist.

Von den so auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitze werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt.

Überhang- und Ausgleichsmandate

Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate als ihr nach dem Verhältnisausgleich zustehen, verbleiben diese Sitze der Partei. Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate. Dazu wird die Gesamtzahl der Abgeordneten von 110 um so viele erhöht, bis unter Einbeziehung der Überhangmandate die Proportion nach Hare/Niemeyer-konformes erreicht ist. Dies bedeutet nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs (Urteil vom 11.01.2021), die Sitzzahl so lange zu erhöhen, bis denjenigen Parteien, welche die Überhangmandate errungen haben, sämtliche Sitze, die sie in den Wahlkreisen gewonnen haben, auch auf Grundlage ihrer Landesstimmenproportion gemäß den Berechnungsschritten nach Hare/Niemeyer zugeteilt werden können. Erfüllen verschiedene Gesamtsitzzahlen des Landtages diese Voraussetzungen, muss laut Staatsgerichtshof eine Auswahlentscheidung getroffen werden: Es sei diejenige Gesamtsitzzahl zu wählen, bei der die Summe der Abweichungen der tatsächlichen prozentualen Sitzanteile der an der Sitzverteilung teilnehmenden Parteien von ihren jeweiligen idealen prozentualen Sitzanteilen, die ihrem Landesstimmenproporz entsprechen, so klein wie möglich ist.

Meldungen

Ergebnisse


von Wilko Zicht (1999, letzte Aktualisierung: 08.10.2023, letzte Aktualisierung der Links: 24.10.2018)