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Marc K.
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 15:23 Uhr:   

@Ralf Arnemann

"> Eine separate Entwicklung wie z.B. in der Tschechei war wegen der
> wesentlich niedrigeren kulturellen Hürde und wegen dem
> Staatsbürgerschaftsrecht keine reale Option.
Die kulturelle Hürde interessiert wirtschaftlich recht wenig.
Das Staatsbürgerschaftsrecht wäre natürlich bei "Nicht-Wiedervereinigung" geändert worden, so wie Lafontaine, Schröder und andere das ja lange gefordert hatten ("Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft")."
Ebenso wurde dies auch von den Grünen gefordert.
Eine solche Entwicklung hätte es im übrigen nur unter einer Rot-Grünen Regierung geben können. Die Union hätte dies nie mitgemacht. Abgesehen von möglichen verfassungsrechtlichen Problemen hierbei: schließlich gab es im GG ja sogar ein Wiedervereinigungsgebot.
Es wäre auch eine historische Torheit größten Ausmaßes gewesen die Chance für die Einheit nicht zu nutzen. Ein geeintes, demokratisches Deutschland - ein Ziel das bei der Revolution von 1848 noch gescheitert ist - zu verwirklichen war erst 1990, nach der Revolution von 1989 möglich. Diese Möglichkeit ungenutzt verstreichen zu lassen wäre vollkommen unverantwortlich gewesen. Es wäre auch ein Verrat an den Menschen in der DDR gewesen, die schließlich die Wiedervereinigung forderten. Hier hat die Regierung Kohl-Genscher wirklich 100% richtig gehandelt und die historische Chance genutzt.
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Immanuel Goldstein
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 15:28 Uhr:   

@Marc K.
Es ist interessant was Sie alles in meinen Kommentar rauslesen. Weder hab ich mich über Ereignisse vor dem Inkraftreten der vollen deutschen Souveränitat (1990) geäußert noch häng ich irgendwelchen abstrusen, antideutschen Verschwörungstheorien an. Ich denke, dass es gewisse politische Mechanismen gibt,deren Entwicklung abhängig von der Größe ihre handelnden Teilelemente ist. Dass man zu diesem Zwecke auch eine mittelgroße Staatsmacht wie Deutschland betrachten kann, sollte selbstverständlich sein.
Wenn sie mit mir über die (extrem vielen) negativen Seiten der Sowjetunion, Milosevics, der schwarzen Hand ,GB's oder Frankreichs diskutieren wollen, dann nur zu. Ich glaube an jeder Staats- und Regierungsform und -praxis gibt es viel gerechterweise zu kritisieren.
Ich persönlich denke, dass sich mich a priori - zur Vereinfachung des Denkens - in eine mentale Schublade inklusiver Aufschrift gesteckt haben. Dies und ihre Wortwahl verraten mehr über ihre eigenen Wünsche aus denen man leider auf eine gewisse Selbstüberschätzung und Machtphantasien schließen kann.
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Marc K.
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 15:37 Uhr:   

"Wenn sie mit mir über die (extrem vielen) negativen Seiten der Sowjetunion, Milosevics, der schwarzen Hand ,GB's oder Frankreichs diskutieren wollen, dann nur zu. Ich glaube an jeder Staats- und Regierungsform und -praxis gibt es viel gerechterweise zu kritisieren."
Wenn Sie die schwarze Hand weglassen, gäbe es über die anderen Akteure auch einiges an Diskussionsstoff. Die russische Unterstützung für Serbien zum Beispiel. Hier spielen natürlich kulturelle Verbindungen eine Rolle. Huntington hat diesen Aspekt im Zusammenhang mit dem Konflikt auch in seinem Buch "Kampf der Kulturen" aufgegriffen.
"Ich persönlich denke, dass sich mich a priori - zur Vereinfachung des Denkens - in eine mentale Schublade inklusiver Aufschrift gesteckt haben. Dies und ihre Wortwahl verraten mehr über ihre eigenen Wünsche aus denen man leider auf eine gewisse Selbstüberschätzung und Machtphantasien schließen kann."
Soll ich jetzt einmal ihre Wortwahl analysieren? Sie setzen Patriotismus mit Nationalismus gleich (wobei Ihnen hier schon Ex-Bundespräsident Rau deutlich widersprechen würde).
Und Sie beschreiben deutsche Verwicklungen als die Ursache der Kriege in Bosnien und Kosovo.
Zitat:
"Weitere Verwicklungen Deutschlands auf den Balkan brachte der Bosnienkrieg und die Kosovokrise mit sich."
Ich tue hier nichts hineininterpretieren. Das sind schließlich Ihre Worte.
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Immanuel Goldstein
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 15:40 Uhr:   

@ Marc K.
Warum sprechen sie eigentlich von Nationalitätenkonflikt, wenn Bürgerkrieg gemeint ist? Warum sprechen sie von Verantwortung, wenn ich von Verwicklungen spreche? Warum loben sie Machtzuwachs, wenn von der Hybris ebendessen die Rede ist?
Übrigens an ihrer Äußerung über das südosteuropäische Geldwesen sehe ich, dass sie ind den letzten 10 Jahren keine dieser Regionen besucht haben.
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Immanuel Goldstein
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 15:42 Uhr:   

@Marc K.
Ich setzte nicht Partiotismus mit Nationalismus gleich. Manche schon. Das ist das Problem.
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Immanuel Goldstein
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 15:44 Uhr:   

@ Marc K.
Ich meinte erst Bosnienkrieg und Kosovokrise, dann intervention. Vielleicht missverständlich geschrieben.
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Marc K.
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 15:48 Uhr:   

"Warum sprechen sie eigentlich von Nationalitätenkonflikt, wenn Bürgerkrieg gemeint ist?"
Weil es sich um einen Nationalitätenkonflikt gehandelt hat.
"Warum sprechen sie von Verantwortung, wenn ich von Verwicklungen spreche?" - Nein, sie sprachen davon das die Verwicklungen zu diesen Konflikten geführt hätten. Das impliziert die Verantwortung bzw. die Schuld für diese Konflikte. Wenn Sie das anders sehen und meinen, warum schreiben Sie das dann so?

"Warum loben sie Machtzuwachs, wenn von der Hybris ebendessen die Rede ist?"
Welche Hybris meinen Sie denn? Wo ist denn der neue Wilhelminismus? Kann ich nun wahrlich nicht erkennen. Wo ist denn die Hybris?

"Übrigens an ihrer Äußerung über das südosteuropäische Geldwesen sehe ich, dass sie ind den letzten 10 Jahren keine dieser Regionen besucht haben."
Naja: in der Türkei war ich: Da kann man problemlos mit Euro bezahlen (und früher mit DM). Nur wird ja der Euro nicht allein von Deutschland kontrolliert, sondern von allen Euro-Mitgliedsstaaten.
Zu einer deutschen Hegemonie kann er also kaum führen, eher zu einer der EU.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 16:36 Uhr:   

@Marc K.:
> Ebenso wurde dies auch von den Grünen gefordert.
Richtig.
Das ist eben das Problem bei den Grünen: Die sind bei allen solchen Schweinereien immer ganz fett mit dabei - aber man vergißt das so oft.
Und die Prügel landen dann immer nur bei den Roten ...

> Eine solche Entwicklung hätte es im übrigen nur unter einer Rot-
> Grünen Regierung geben können.
Wahrscheinlich. Obwohl auch bei der Union (insbesondere der CSU) die Versuchung stark da war, den einfachen Weg zu gehen (d.h. möglichst am Status Quo festzuhalten). Man erinnere sich an die Berlin-Bonn-Abstimmung ...

> Abgesehen von möglichen verfassungsrechtlichen Problemen hierbei:
> schließlich gab es im GG ja sogar ein Wiedervereinigungsgebot.
Das war nicht einklagbar.
Natürlich wäre es nicht möglich gewesen, einen Beitrittswunsch der DDR-Länder abzulehnen.
Aber es bedurfte ja aktiver Vorarbeit der Bundesregierung, um so einen Antrag überhaupt zu ermöglichen. Schließlich galt bis zum 4+2-Vertrag noch der Besatzungsvorbehalt und in der DDR stand die Rote Armee. Ohne den intensiven Einsatz von Kohl/Genscher (und die Unterstützung von Bush sen.) wäre es überhaupt nicht möglich gewesen, daß die DDR einen Antrag hätte stellen können.

> Es wäre auch eine historische Torheit größten Ausmaßes gewesen die
> Chance für die Einheit nicht zu nutzen.
Korrekt.
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Marc K.
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 17:03 Uhr:   

@Ralf Arnemann

"> Ebenso wurde dies auch von den Grünen gefordert.
Richtig.
Das ist eben das Problem bei den Grünen: Die sind bei allen solchen Schweinereien immer ganz fett mit dabei - aber man vergißt das so oft.
Und die Prügel landen dann immer nur bei den Roten ..."
Tja, die Grünen bevorzugen es sich mit den "weichen Themen" zu profilieren. Das sie dabei sogar so weit gingen in den 90er-Jahren im Hinblick auf eine Koalition mit der SPD gegen den Abbau von Kohlesubventionen zu votieren unterstreicht nur die Grüne Beliebigkeit.

"> Eine solche Entwicklung hätte es im übrigen nur unter einer Rot-
> Grünen Regierung geben können.
Wahrscheinlich. Obwohl auch bei der Union (insbesondere der CSU) die Versuchung stark da war, den einfachen Weg zu gehen (d.h. möglichst am Status Quo festzuhalten). Man erinnere sich an die Berlin-Bonn-Abstimmung ..."
Also hier ging es ja um die Frage des Regierungssitzes. Im Vergleich zu der Frage der Einheit und deren Folgekosten waren diese Kosten wirklich Peanuts.
Dennoch halte ich die Position der Bonn-Befürworter für falsch. Ich hielt es für einen ganz wichtigen Schritt den Regierungssitz nach Berlin zu verlegen, auch gerade in Hinblick auf die damit verbundene Symbolik: die wiedervereinte Hauptstadt des wiedervereinigten Landes.


"> Abgesehen von möglichen verfassungsrechtlichen Problemen hierbei:
> schließlich gab es im GG ja sogar ein Wiedervereinigungsgebot.
Das war nicht einklagbar.
Natürlich wäre es nicht möglich gewesen, einen Beitrittswunsch der DDR-Länder abzulehnen.
"Aber es bedurfte ja aktiver Vorarbeit der Bundesregierung, um so einen Antrag überhaupt zu ermöglichen. Schließlich galt bis zum 4+2-Vertrag noch der Besatzungsvorbehalt und in der DDR stand die Rote Armee. Ohne den intensiven Einsatz von Kohl/Genscher (und die Unterstützung von Bush sen.) wäre es überhaupt nicht möglich gewesen, daß die DDR einen Antrag hätte stellen können"
Das ist richtig. Andererseits gab es ja schon vorher Schritte die de facto auf die staatliche Einheit hinausliefen, z.B. den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des GG am 1 Juli 1990 und die Währungsunion vom 1. Juli 1990. Dies wurde auch im Rahmen von bilateralen Abkommen geregelt (also außerhalb von 2 + 4). Damit konnte man insbesondere auch Druck auf einen baldigen Abschluß der Verhandlungen machen und die Wiedervereinigung als unabwendbare Folge der Entwicklung deutlich machen - gerade gegenüber Frankreich, dass hier anfangs sehr ablehnend war.
Nur der letzte Schritt, der Beitritt, bedurfte einer Zustimmung der Siegermächte. Alles andere nicht.
Und den Druck auf die andere Schritte hätte es von Seiten der DDR auf jeden Fall gegeben.
Und über das Staatsangehörigkeitsrecht hätte weiterhin eine Einwanderung stattfinden können. Das deutsche Staatsangehörigkeitsrechts basiert auf dem sog. "Recht des Blutes". Aus dem Grund haben z.B. Personen deutscher Abstammung aus Osteuropa einen Anspruch auf Zuwanderung und auf die Staatsangehörigkeit. Denen hätte man den Bürgern der DDR allenfalls erschweren aber kaum verwehren können. Alles andere hätte zu einer Klagewelle geführt.
Auch von daher lief alles auf eine Wiedervereinigung hinaus.
Es war die einzige Lösung.

Ein Alternativ-Modell wie eine Vertragsgemeinschaft zweier Staaten und eine Stufenweise-Vereinigung wäre praktisch kaum durchführbar gewesen und in der internationalen Situation (1991, 1993 Putsch-Versuche in Moskau) durchaus waghalsig gewesen. Zum anderen hätte es die Teilung in zwei Staaten ja nur noch weiter verlängert. Und dann zusammenzukommen wäre wohl noch schwieriger gewesen.
Das gejeiere über "Mauer in den Köpfen" von Mitte der 90er-Jahre ist mir noch sehr geläufig, aber auch die Tatsache, dass zumindest dieser Ausdruck heute verschwunden ist.
Deutschland hatte nun mal 40 Jahre eine geteilte Geschichte zwischen dem 4/5 im Westen und dem 1/5 im Osten. Aber nun sind es schon wieder 14 Jahre gemeinsame Geschichte. Ich sehe das sich das langsam auswächst. Aber es braucht eben viel länger als 1990 vermutet.
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Olaf Mjilketsch
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 17:33 Uhr:   

Man muss ich die verfassungsrechliche Lage vor der Einheit ansehen. Die Beitrittsoption war eine Option für die DDR, der Bundesrepublik jederzeit beizutreten. Nix Beitragswunsch und Antrag. Das hätte weder eine rote, noch eine schwarze Regierung im Westen verhindern können, nur eine große Koalition mit Änderung GG, Streichen des damaligen Artikel 23.

Tatsächlich gab es 1990 in der Volkskammer eine (gescheiterte) Abstimmung darüber mit sofortiger Wirkung (statt zum 3.10.) der BRD beizutreten.
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Marc K.
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 17:46 Uhr:   

Olaf Mjilketsch,

stimmt: gemäß Artikel 23 (alt) wenn ich richtig erinnere: "Die anderen Länder treten auf Beschluß bei."
Es gab da aber schon noch ein kleines Problem: und das war der Vier-Mächte-Vorbehalt in Bezug auf die abschließende Regelung auf Deutschland und Berlin.
Eine unilaterale Maßnahme Deutschlands hätte hier zu einer internationalen Krise führen können. Insbesondere Frankreich und GB standen ja anfangs gegen die Vereinigung und hatten schließlich noch Truppen auf deutschen Territorium.
Das mußte man von daher auch ausverhandeln.
Verfassungsrechtlich hatten aber die Länder tatsächlich ein Recht auf Beitritt, wie das Saarland ihn ja auch hatte nach der Abstimmung 1955 (mit Wirkung zum 1. Januar 1957). Frankreich war hier klug genug das Ergebnis zu akzeptieren.
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2004 - 19:53 Uhr:   

Ralf:
> > Eine mittelfristig weiterlebende DDR wär selbstverständlich
> > trotzdem von der BRD alimentiert worden.
> Schon. Aber das wäre nur ein Bruchteil dessen gewesen, was nach der
> Vereinigung transferiert wurde.

Mag sein, wenn so dieser Bruchteil eine ähnliche Wirkung gehabt hätte wie die tatsächlichen Transfers. Aber das ist rein spekulativ.

> Die kulturelle Hürde interessiert wirtschaftlich recht wenig.

Doch, weil sie den Fortzug unattraktiver macht und damit zusätzliche Probleme durch zu schnellen Bevölkerungswandel vermeidet.

> Das Staatsbürgerschaftsrecht wäre natürlich bei
> "Nicht-Wiedervereinigung" geändert worden

Für eine praktisch relevante Änderung war 1990 der Zug abgefahren. An Artikel 16 GG hätte da kein Weg mehr vorbeigeführt. Und wenn doch, dann hätte zumindest das, was jahrzehntelang gepredigt worden ist, stimmungsmäßig Fakten geschaffen gehabt.

> De facto wurde der erste Konsumrausch also von allen Staaten
> (also der restlichen Welt) mitbezahlt, die weiterhin die DM
> zum alten Wert akzeptierten.

Ich bin kein Experte auf dem Gebiet, aber der Außenwert ist doch hier relativ irrelevant. Grob geschätzt ist der Teil, der tatsächlich vom Ausland gekommen ist, auch wieder bei den Gewinnen, die der Boom gebracht hat, abgeschöpft worden. Außerdem sind da durchaus auch Spätfolgen denkbar. Zumindest hat es einen Optimismus gefördert, der durch nichts gedeckt war.

Marc:
> Es wäre auch ein Verrat an den Menschen in der DDR gewesen,
> die schließlich die Wiedervereinigung forderten.

Die Forderungen der Menschen aus anderen Staaten intressieren einen Staat normalerweise wenig. Nur ist die DDR eben nicht als ein anderer Staat betrachtet worden.
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Marc K.
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 09:09 Uhr:   

c07

"Die Forderungen der Menschen aus anderen Staaten intressieren einen Staat normalerweise wenig. Nur ist die DDR eben nicht als ein anderer Staat betrachtet worden."
Die DDR seit den 70er-Jahren schon. Nur waren es eben "besondere Beziehungen". Zwei Staaten die nicht "Ausland" sind, Botschafter die "Ständige Vertreter" genannt wurden und eine Staatsbürgerschaft die Bürgern der DDR automatisch in der Bundesrepublik zugestanden hat.
Letzten Endes wurde die Teilung eben nie als dauerhaft anerkannt und die Wiedervereinigung war Staatsziel der Bundesrepublik.
Abgesehen davon: wer behauptet eigentlich das die Mehrheit der Westdeutschen gegen die Wiedervereinigung gewesen sei?
Es entsprach den Zielen der Bundesrepublik das alle deutschen Bundesländer ein Teil von ihr seien.
Es wäre in der Tat außerordentlich seltsam gewesen zu dem Zeitpunkt davon abzurücken, als es die Chance gab das zu realisieren.
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c07
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 11:51 Uhr:   

Marc:
> Nur waren es eben "besondere Beziehungen".

Weil die DDR zwar nach außen, nicht aber nach innen anerkannt worden ist.

> wer behauptet eigentlich das die Mehrheit der Westdeutschen gegen
> die Wiedervereinigung gewesen sei?

Niemand. Nur deine These, dass die Meinung der DDR maßgeblich gewesen sein sollte, hat dieses Szenario impliziert.
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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 11:54 Uhr:   

"Das SED-Vermögen war letztlich ein Teil des Staatsvermögens. Wenn man die SED zu Schadenersatz verpflichtet hätte, wäre sie ohnehin pleite gewesen. Die Übernahme von Altvermögen aus DDR-Zeiten durch die PDS ist für mich Hehlerei."

Was der PDS gehört, gehörte vorher der KPD und war legal erworben. Insofern sehe ich da keine Hehlerei.
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Immanuel Goldstein
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 12:05 Uhr:   

Hehlerei: Das mit Gewinabsicht Weitergeben von Diebesgut.
Hat weder die SED noch die PDS noch die KPD jemals begannen.

Unterschlagung: Das unterlassene Abgeben von abgabepflichtigen Gütern.
Kam auch von Seiten der PDS vor; ist leider aber auch bei den Alt-BRD-Parteien weit verbreitet.
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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 12:08 Uhr:   

"Aber was soll das "Aneignung"? Das ist schon wieder dieses völlig deplazierte Vokabular."

Der Ausdruck ist wirklich unglücklich gewählt. "Anschluss" klang aber noch abwegiger. "Beitritt" wäre gut gewesen, verlagert aber den Focus von der BRD auf das Beitrittsgebiet. Fand ich auch unpassend.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 14:13 Uhr:   

@Olaf:
> Tatsächlich gab es 1990 in der Volkskammer eine (gescheiterte)
> Abstimmung darüber mit sofortiger Wirkung (statt zum 3.10.) der BRD
> beizutreten.
Das hätte eine Gaudi gegeben.
Dann hätte die NATO am Folgetag den Bündnisfall ausrufen müssen, weil Truppen des Warschauer Pakts auf dem Territorium des NATO-Landes BRD standen ...

Ernsthaft: Ein solcher Beschluß hätte die DDR in ein völkerrechtliches Vakuum katapultiert (und die Russen hätten den auch nicht genehmigt).
Es wäre völlig offen gewesen, was mit all' den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Ex-DDR passiert und ob die BRD die mit Beitritt übernehmen muß.

Und deswegen wäre der Bezug aufs GG erstmal Theorie geblieben.
> Nix Beitragswunsch und Antrag. Das hätte weder eine rote, noch eine
> schwarze Regierung im Westen verhindern können, nur eine große
> Koalition mit Änderung GG, Streichen des damaligen Artikel 23.
Natürlich hätte auch eine Regierung Lafontaine nicht rundweg ablehnen dürfen.
Aber verzögern.
Z. B. mit der Forderung, die DDR müsse erst einmal "lastenfrei" sein, d.h. sich mit den Alliierten und sonstwem einigen, bevor man von "Ländern" im Sinne des GG-Artikels reden könne.
Irgendetwas in der Art, was natürlich ohne die Unterstützung der Bundesregierung nicht erfüllbar wäre.

Ist natürlich alles Spekulation, aber m. E. hätte das BVG bei vernünftiger Begründung eine solche Handlungsweise der Regierung gebilligt.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 14:32 Uhr:   

@Marc K.:
> wer behauptet eigentlich das die Mehrheit der Westdeutschen gegen
> die Wiedervereinigung gewesen sei?
Ich würde mal sagen, das war lange Zeit durchaus unklar.
In der veröffentlichten Meinung dominierte bis kurz vor Schluß ganz klar die These, eine Wiedervereinigung wäre unrealistisch und inhaltlich sinnlos (und würde unselige deutsche Traditionen wiederbeleben).
Es war durchaus nachvollziehbar, daß Lafontaine glaubte, mit Vereinigungs-Skepsis die Wahlen gewinnen zu können - in seinem Umfeld war diese Meinung wohl allgemein üblich.
Die große Mehrheit pro Wiedervereinigung ist wahrscheinlich erst durch das erfolgreiche Handeln von Kohl/Genscher (und Brandt!) entstanden, ein Jahr vorher hätte eine Abstimmung ganz anders ausgehen können.

Ich halte die Bonn-Berlin-Abstimmung ein Jahr später durchaus für ein geeignetes Modell, um die Wiedervereinigungs-Skeptiker (Gegner durften sie ja nicht mehr sein) zu lokalisieren.
Denn wer gegen die Vereinigung war, war tendenziell eher bemüht, ihre Folgen zu minimieren und möglichst wenig an der alten BRD zu verändern.
Umgekehrt war für die begeisterten Wiedervereinigungsanhänger die Einhaltung des Berlin-Versprechens ganz logisch.

Völlig deckungsgleich waren die Lager natürlich nicht, und bei den NRWlern und den Ossis hatte ihr Lokalfavorit Priorität.

Bei den westdeutschen Abgeordneten im Bundestag hatte Bonn damals ja die Mehrheit!
Und diese Mehrheit rekrutierte sich aus den Jungen und Linken in der SPD, und den katholischen Anhängern der Adenauer-Linie bei der Union.
Komplett für Berlin war nur die FDP.

Zur Staatsbürgerschaft:
> Das deutsche Staatsangehörigkeitsrechts basiert auf dem sog. "Recht
> des Blutes".
Wie übrigens JEDES Staatsangehörigkeitsrecht auf diesem Planeten.
Das "Recht des Bodens" ist immer nur Ergänzung.

> Aus dem Grund haben z.B. Personen deutscher Abstammung
> aus Osteuropa einen Anspruch auf Zuwanderung und auf die
> Staatsangehörigkeit.
Das ist schon komplizierter. Deutsch-Stämmige aus den USA oder Südamerika haben so einen Anspruch keineswegs.
Und noch wichtiger: Österreicher auch nicht. Obwohl ihre Vorfahren noch viel später deutsche Bürger waren als die Vorfahren der Rußlanddeutschen oder gar der Baltendeutschen.
Eine Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts, so daß die Bürger einer demokratisch gewordenen DDR wie die Österreicher behandelt werden hätte sehr wohl vor dem BVG Bestand behalten.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 14:42 Uhr:   

@c07:
> ... aber der Außenwert ist doch hier relativ irrelevant.
Direkt nicht. Aber er zeigt (wie auch der stabile Innenwert, d.h. das Ausbleiben von Inflation), daß im Prinzip eine große Menge Geld aus dem Nichts erschaffen wurde und den DDR-Bürgern einen Wohlstandszuwachs verschaffte, der eben nicht zu Lasten des Bundeshaushalts ging.
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Marc K.
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 15:12 Uhr:   

@Ralf Arnemann

"> wer behauptet eigentlich das die Mehrheit der Westdeutschen gegen
> die Wiedervereinigung gewesen sei?
Ich würde mal sagen, das war lange Zeit durchaus unklar.
In der veröffentlichten Meinung dominierte bis kurz vor Schluß ganz klar die These, eine Wiedervereinigung wäre unrealistisch und inhaltlich sinnlos (und würde unselige deutsche Traditionen wiederbeleben).
Es war durchaus nachvollziehbar, daß Lafontaine glaubte, mit Vereinigungs-Skepsis die Wahlen gewinnen zu können - in seinem Umfeld war diese Meinung wohl allgemein üblich.
Die große Mehrheit pro Wiedervereinigung ist wahrscheinlich erst durch das erfolgreiche Handeln von Kohl/Genscher (und Brandt!) entstanden, ein Jahr vorher hätte eine Abstimmung ganz anders ausgehen können."
Ein Jahr vorher wäre das gar nicht möglich gewesen. Und angesichts der Situtation des jahrzehntelangen Kalten Krieges und der Vorbehalte unserer Nachbarstaaten war die Meinung das es unrealistisch sei auch nicht vollkommen unbegründet.


"Ich halte die Bonn-Berlin-Abstimmung ein Jahr später durchaus für ein geeignetes Modell, um die Wiedervereinigungs-Skeptiker (Gegner durften sie ja nicht mehr sein) zu lokalisieren.
Denn wer gegen die Vereinigung war, war tendenziell eher bemüht, ihre Folgen zu minimieren und möglichst wenig an der alten BRD zu verändern.
Umgekehrt war für die begeisterten Wiedervereinigungsanhänger die Einhaltung des Berlin-Versprechens ganz logisch."
Das würde ich anders sehen. Die Wiedervereinigung war ja rechtlich keine Wiedervereinigung, sondern ein Beitritt der fünf neuen Bundesländer zur Bundesrepublik. Die Wiedervereinigung ging durchaus von einer konservativen Position aus, nämlich einer Vegrößerung der Bundesrepublik und nich auf die Schaffung eines neuen Staates mit einer neuen Verfassung. Diesen Stabilitätsgedanken sehe ich als entscheidendes Motiv für viele Bonn-Befürworter. Denn die Bonner Periode stand für Stabilität in der deutschen Politik.
Hier Veränderungen zu machen - auch wenn nur symbolisch durch die Verlegung des Regierungssitzes traf auf Unwillen. Abgesehen vom - aus meiner Sicht kurzsichtigen - Kostenargument.

Aber so ist es schließlich mit vielen: wenn vorgeschlagen wird: wir müssen sparen heißt es auch immer: ja. Aber wenn es dann konkret wird kommt der Widerstand. Genauso ist es mit der Reformbereitschaft. Bei der Wiedervereinigung gab es auch eine Mehrheit dafür. Aber die Bereitschaft dann die Veränderungen durchzuführen die auf sie folgte, ja folgen mußte, da war die Bereitschaft nicht mehr so groß.

Die taktische Einschätzung Lafontaines war im übrigen eine große Dummheit, im Grunde genommen die Größte die er begangen hat. Sie hat die SPD auch auf ihr schlechtestes Wahlergebnis seit den 50er-Jahren geführt - und das war immerhin unter Adenauer zur Zeiten des Wirtschaftswunders.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 15:24 Uhr:   

@Marc K:
> ... war die Meinung das es unrealistisch sei auch nicht vollkommen
> unbegründet.
Richtig. Das war lange Zeit unrealistisch.
Aber als es dann realisierbar wurde, wurde "ist nicht realistisch" zum Abwehr-Argument für Leute die eigentlich meinten "will ich nicht".

Und gerade bei den Journalisten war die Ablehnung der Wiedervereinigung wohl verbreiteter als in den meisten anderen Berufsgruppen. Was gab es damals überall Kommentare zu lesen der Art: "Selbst wenn es jetzt möglich ist, dürfen wir das nicht machen". Aus allen möglichen "moralischen" oder historischen Überlegungen heraus.

> Diesen Stabilitätsgedanken sehe ich als entscheidendes Motiv für
> viele Bonn-Befürworter.
Um am stabilsten wäre es gewesen, wenn man bei zwei Staaten geblieben wäre ...
Natürlich gab es diese Überlegungen, und natürlich war nicht jeder Bonn-Befürworter gegen die Einheit.
Aber die Korrelation war m. E. ziemlich hoch - Festhalten-wollen an Bonn und Festhalten-wollen an der alten Bonner Republik ohne Ossis, das ging meist Hand in Hand.

> Die taktische Einschätzung Lafontaines war im übrigen eine große
> Dummheit, im Grunde genommen die Größte die er begangen hat.
Richtig.
Er scheint generell Schwierigkeiten zu haben, Wunschvorstellung und Realität zu trennen.
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Marc K.
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2004 - 18:34 Uhr:   

@Ralf Arnemann

"Und gerade bei den Journalisten war die Ablehnung der Wiedervereinigung wohl verbreiteter als in den meisten anderen Berufsgruppen. Was gab es damals überall Kommentare zu lesen der Art: "Selbst wenn es jetzt möglich ist, dürfen wir das nicht machen". Aus allen möglichen "moralischen" oder historischen Überlegungen heraus."
Um es mal ganz platt zu formulieren: Na und. Man sollte generell zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung unterscheiden. Ginge es nach der veröffentlichten Meinung wäre Kohl nie Kanzler geworden bzw. es nicht lange geblieben. Tatsächlich war er mit 16 Jahren der Kanzler mit der längsten Amtszeit in der Bundesrepublik.

"Die taktische Einschätzung Lafontaines war im übrigen eine große
> Dummheit, im Grunde genommen die Größte die er begangen hat.
Richtig.
Er scheint generell Schwierigkeiten zu haben, Wunschvorstellung und Realität zu trennen."
Das ist wahr. Darum war es auch gut das er 1999 zurückgetreten ist. Er sollte es auch dabei belassen. Aber natürlich: er ist frei Fehler zu wiederholen, wo auch immer er dies tun möchte.
Aber ich glaube nicht das er sich von der SPD lösen wird.
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Olaf Mjilketsch
Veröffentlicht am Freitag, 03. September 2004 - 08:50 Uhr:   

>> Tatsächlich gab es 1990 in der Volkskammer eine (gescheiterte)
>> Abstimmung darüber mit sofortiger Wirkung (statt zum 3.10.) der
>> BRD beizutreten.
>Das hätte eine Gaudi gegeben.
>Dann hätte die NATO am Folgetag den Bündnisfall ausrufen müssen,
>weil Truppen des Warschauer Pakts auf dem Territorium
>des NATO-Landes BRD standen ...

genau, wie dann am 4.10.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 03. September 2004 - 10:15 Uhr:   

@Olaf:
> genau, wie dann am 4.10.
Da gab es eine von der Bundesrepublik ausgehandelte Rechtsgrundlage.

Bei einer völlig unvorbereiteten Beitrittserklärung wäre völlig offen gewesen, ob die Stationierungsabmachungen der SU mit der DDR noch irgendeine Bedeutung haben.

Das mit dem NATO-Bündnisfall war ein Scherz. Aber er zeigt doch, daß ein schlicht einseitiger und unvorbereiteter Beitritt unter Berufung auf das GG wohl nicht möglich gewesen wäre. Bzw. die Bundesregierung hätte das wohl mit Rückendeckung des BVG auf Eis legen können.

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