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Wahlrecht.de Forum » Umfragen » SPD wird in Umfragen zu stark eingeschätzt » 1-25 « Zurück Weiter »

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Michail
Veröffentlicht am Samstag, 13. Juli 2002 - 00:04 Uhr:   

Ich habe das Gefühl, dass die SPD bei den vergangenen Umfragen
oftmals überschätzt wurde.
Viele Befragten, die sich zur SPD bekannten, blieben bei der Wahl
öfters zu Hause.
Hier einige Beispiele:
LTW NRW 1995: Der Verlust der absoluten Merheit der SPD wurde nicht vorausgesehen
LTW MV 1998: Die SPD wurde auf 41 % geschätzt - und bekam 34,1 %
LTW SACHSEN-ANHALT: Die SPD wurde auf 42 % geschätzt - bekam 35,9 %
LTW BREMEN 99: Die SPD wurde auf 46 % geschätzt, sie bekam 42,6 % - die CDU wurde auf 32,6 % geschätzt und bekam 37 %
LTW NRW 2000: Die SPD wurde auf 45-46% geschätzt, sie bekam 42,7 %
LTW SCHLESWIG-HOLSTEIN 2000: Die SPD wurde auf 45 % geschätzt, sie bekam knapp 43 %.
LTW SACHSEN-ANHALT 2002: Die SPD wurde auf etwa 25 % geschätzt - und bekam 20%.

Die "Katastrophen-Wahlen" der SPD (Thüringen 99, Sachsen 99 und Saarlan 99)
will ich hier gar nicht erwähnen, weil diese ja unter besonderer politischer
Stimmungslage stattfanden, die nicht immer vorherrscht.


FÜR DIE BUNDESTAGSWAHL heißt dies nun, dass - unabhängig davon ob es
für CDU/CSU-FDP doch noch reicht oder nicht - die stärkste Partei
schon im Grunde feststeht: Die Union.
Wie knapp oder deutlich die SPD dahinter liegen wird, wage ich nicht
zu vermuten, aber insgesamt gesehen, könnte die Aufholjagd der SPD
kaum reichen.
Außerdem reichte auch 1998 eine Aufholjagd der damaligen Regierungspartei CDU/CSU,
die in den Umfragen zurück lag, im Endeffekt auch nicht mehr,
und der Abstand zur Opposition, die die Wahl gewann, war nach
der Wahl größer als alle Umfragen es prophezeiten, die kurz vor
der Wahl eben diese Aufholjagd und knappen Abstand sahen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Samstag, 13. Juli 2002 - 18:56 Uhr:   

Da ist was dran: Die SPD-Anhänger (bzw. die, die sich dem Umfrager gegenüber so bezeichnen) fühlen sich am wenigsten "verpflichtet", zur Wahl zu gehen. Die brauchen spezielle Motivation - wenn die fehlt, sackt das Ergebnis schnell ab.
Die Unionswähler dagegen fühlen sich als brave Staatsbürger viel eher in der Pflicht, auch wenn sie mit der konkreten Parteiarbeit unzufrieden sind.

Dazu kommt manchmal noch ein weiterer Effekt: Manche Wähler aus Schichten, die klassisch SPD wählen, wählen heute Sachen wie Schill oder gar rechtsextrem. Aber das wollen sie nicht offen sagen, und nennen dann immer noch die SPD in den Umfragen.

Beide Effekte sind aber in den Bundestagswahlen schwächer als in Landes- oder Kommunalwahlen.
So heftig überschätzt wie in den genannten Beispielen wird die SPD daher nicht sein.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Samstag, 13. Juli 2002 - 19:08 Uhr:   

Dies ist vollkommen richtig. Allerdings hat Michail darin recht, dass nicht nur die SPD überschätzt, sondern zeitweise - vor den Bundestagswahlen 1998 - die Union überschätzt wurde. Meines Erachtens hat es bei den Bundestagswahlen 1998 einen "last-minute-swing" zugunsten der SPD und gegen die Union gegeben. Wie der Chef des Emnid-instituts, Höppner, sagte, fehlt der SPD heute die "Doppelspitze": Schröder für Modernisierung und "Mitte", Lafontaine für die linken Traditionswähler für "Soziale Gerechtigkeit". Schröder kann beide Bereiche nicht abdecken. Auch Helmut Schmidt, daran sei erinnert, war wesentlich populärer als die SPD und konnte - besonders bei en Wahlen 1980 - seine Popularität nicht zugunsten der SPD einsetzen. Ich kann es nicht beweisen, ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass inwzsichen die Bedeutung des Spitzenkandidaten bei der Wahlentscheidung gewachsen ist - auch wenn wir - wie Zweidrittel der Wähler richtig sagen, in erster Linie Parteien und keine Personen wählen. Ich glaube - ohne dies beweisen zu können - dass dies der entscheidende Grund war, weshalb 1998 Schröder und nicht Lafontaine SPD-Kanzlerkandidat wurde: Lafontaine hätte eine "eigene" rot-grüne Mehrheit nie erhalten und hätte dann Probleme gehabt, sich als SPD-Vorsitzender zu behaupten. Vielleicht hat er auch darauf spekuliert, dass es Schröder auch nicht schaffen würde, eine "eigene" rot-grüne Mehrheit zu erhalten und sich als "Reservekandidat" für ein rot-rot-grünes Bündnis präsentiert. Wie dem auch sei, ich glaube auch, dass zur Zeit die SPD höher eingeschätzt wird, als sie an Prozenten erhält - da sie ihre Anhänger nicht so geschlossen zur Wahlurne bekommt wie die Union - deren Wähler es als "Pflicht" empfinden, wählen zu gehen.
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Manfred
Veröffentlicht am Montag, 15. Juli 2002 - 08:30 Uhr:   

Ich glaube, dass bei einer derart wichtigen Wahl die Schwankungen
zwischen Umfragen und tatsächlichem Ergebnis deutlich niedriger sein
werden, als bei "zweitrangingen" Wahlen.
Bei dieser wichtigen Bundestagswahl werden wohl auch eher viele
halbinteressierte SPD-Anhänger wählen gehen, daher ist es kaum zu erwarten,
dass die SPD heutlich schlechter abschneiden wird als in den Umfragen.

Außerdem könnte die Schill-Partei Stoiber entscheidende Stimmen abnehmen, selbst aber unter der 5 % Hürde verbleiben, so dass diese
Stimmen für Stoiber dann verloren wären...
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Gerd
Veröffentlicht am Montag, 15. Juli 2002 - 11:52 Uhr:   

Was die meisten Landtagswahlen angeht könntet ihr vielleicht, bis auf ein paar Ausnahmen (Bremen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz) Recht haben. Bei der BTW '98 allerdings wurde die SPD in allen Umfragen nur leicht überschätzt, teilweise sogar unterschätzt, bei gleichzeitiger deutlicher Überschätzung der CDU. Ich bin mir deswegen sicher, auch ob der Tatsache, dass Stoiber nur von 30-37 % der Bevölkerung als Kanzler bevorzugt wird (Schröder von 50-56%), dass die SPD stärkste Partei nach den Wahlen sein wird. Sollte es bei den letzten LTW's also eine gewisse Schwierigkeit seitens der SPD gegeben haben, ihr Potential auszuschöpfen, werden diesmal viele Leute zur Wahl gehen und SPD wählen, um einen Kanzler Stoiber zu verhindern. Die jenigen in meinem Bekanntenkreis, die eher konservativ sind und früher CDU gewählt haben, werden auch diesmal wahrscheinlich wieder SPD wählen. Die Leute sind zwar allgemein mit der Regierung unzufrieden, aber in den Umfragen wird auch der Opposition kein gutes Zeugnis ausgestellt, da sie in ihrem Programm keine wirklichen Alternativen anbietet. Schwierig wird es dagegen für die Koalition, denn anders als noch vor 4 Jahren ist die FDP deutlich stärker als die Grünen. Mein derzeitiger Tipp für den 22.9. lautet daher: SPD wird mit 38-40% stärkste Partei; dahinter die CDU mit 36-37%; auf Platz 3 die FDP mit 8-9%, die Grünen 6-7%, die PDS schafft es wieder mit etwa 5%. Also keine Mehrheit für rotgrün oder schwarz-gelb. Was dann? Für Rot-gelb könnte es knapp reichen, wenn nicht, dann große Koalition? Will keiner. Rot-rot-grün? Dann verliert die SPD auch noch ihre restlichen Landesregierungen. Einzige Möglichkeit könnte die Ampel sein, wird aber auch schwierig, denn es müssten 3 Parteien unter einen Hut gebracht werden, FDP und Grüne liegen politisch zu weit auseinander, FDP müsste auf Außenministerium verzichten (Fischer auswechseln? Niemals!!) Möglich wäre es trotzdem, denn eine große Koalition treibt die Wähler nur in die extremen Ecken.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 15. Juli 2002 - 12:19 Uhr:   

Die Mobilisierung bei Bundestagswahlen ist etwas besser als bei "niedrigeren" Wahlen. Dennoch zeigten die Umfragen auch dort noch erhebliche Abweichungen zum späteren Ergebnis.
Und diese Tendenz nimmt m. E. zu, die Wähler sind zum größten Teil immer unsicherer in ihrer Festlegung und daher viel schwerer zu prognostizieren (insbesondere die Frage, ob sie überhaupt wählen gehen).

Einen speziellen "Anti-Stoiber"-Effekt bei der SPD-Mobilisierung sehe ich inzwischen kaum noch. Wer (z. B. die Filz-frustrierten NRW-Wähler) derzeit mit der SPD hadert, der hat auch meist so ein "ist-doch-alles-wurscht"-Gefühl, dem geht auch die Kandidatenfrage ziemlich vorbei.

Und inzwischen habe ich auch das Gefühl, daß der allerorten festgestellte Trend zur Personalisierung nicht mehr so durchschlägt, weil die Spitzenkandidaten nicht trennscharf genug sind.
Höhere Popularitätswerte bedeuten da kaum entsprechenden Wählerzuspruch.

Schill holt seine Wähler übrigens gleichermaßen von links und rechts.
Seine vielleicht 2-3% bundesweit werden das Gesamtergebnis deswegen kaum beeinflussen.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Montag, 15. Juli 2002 - 16:58 Uhr:   

Gewisse Mobilisierungs- / Nichtmobilisierungsannahmen werden in den veröffentlichten Umfragen sicher enthalten sein, überprüfen könnte man es nur mit den (nichtveröffentlichten) Rohdaten.

D.h., es könnte also auch anders kommen. Die Institute unterstellen, daß eine Partei nicht alle Anhänger mobilisieren kann und reduzieren die erfragten Werte entsprechend. Und am Wahltag gehen dann trotzdem alle brav zur Urne.

Ein last-minute-swing wird wohl in den meisten Fällen eine Ausrede für eine Fehlprognose sein, nachprüfen läßt es sich kaum.
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zerstoiber
Veröffentlicht am Dienstag, 16. Juli 2002 - 20:07 Uhr:   

einige dinge kann man so nicht stehen lassen.

1. die cdu-anhänger pauschal als "brave staatsbürger" zu bezeichnen, die sich in dieser hinsicht von den spd-anhängern unterscheiden, ist ziemlich unverschämt.

2. der filz-frust in meinem heimatland nrw hat sich weitgehend verflüchtet, die stimmung an der spd-basis ist in letzter zeit spürbar besser geworden. das belegen auch umfragen des nrw-trends im auftrag des wdr. bei der sonntagsfrage zur bundestageswahl sieht es ebenfalls schon wieder besser aus. die nrw`ler würden danach mit 42% zu 39%(cdu) die spd favorisieren, bei der kanzlerfrage schmiert stoiber vollends ab: nur 29% für ihn, aber 59% für schröder. damit ist die differenz zwischen beiden in nrw exorbitant größer als im bundesdurchschnitt. gerade deswegen muß es der spd gelingen, in nrw nochmal 3%-punkte auf 45% zuzulegen, ansonsten wird es sehr schwer, als stärkste fraktion in den bundestag einzuziehen.

3. die schill-partei schadet der cdu mehr als der spd. das hat man ganz eindeutig bei der wahl in hamburg gesehen, wo die spd im vergleich zur vorherigen wahl zugewinne verzeichnete, die cdu jedoch mit einem für eine volkspartei sehr dürftigen ergebnis abschnitt, weil es ihr als größte oppositionspartei nicht gelang, die unzufriedenheit in vernünftige bahnen zu kanalisieren.
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SoleSurvivor
Veröffentlicht am Dienstag, 16. Juli 2002 - 20:17 Uhr:   

" FDP und Grüne liegen politisch zu weit auseinander"

Das zweifle ich an. Ob die Schill-Partei jetzt eher der REP, der FDP oder der CDU/CSU/SPD mehr schadet kann ich nicht beurteilen. Deutschland ist nicht Hamburg.
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Hamster
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. August 2002 - 15:42 Uhr:   

Da kann man wiederum zig Gegen-Beispiele nennen. Nur ein Beispiel: Die vorletzte Landtagswahl in Deutschland! Bei den Berlin-Wahlen hat die CDU noch deutlich stärker verloren als von den Umfragen prognostiziert (genaue Daten habe ich jetzt nicht im Kopf).
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Ralf Henrichs
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 10:24 Uhr:   

Ich denke man kann es pauschal (Ausnahmen gibt es sicherlich) so sagen: am Ende schneidet die Partei besser (schlechter) ab, die in den Umfragen besser (schlechter) liegt. Weil die Unentschlossenen mehrheitlich bei den Sieger sein will. Daher schnitt in Berlin die CDU noch schlechter ab und in anderen Landtagswahlen, wo die SPD verlor, die SPD.

Insofern spricht dies, sollten sich die Umfragen nicht deutlich ändern (was aber natürlich möglich ist), natürlich für die Union.

Zu Schill: ich denke nicht, dass Schill bundesweit so viele Stimmen holen kann (wahrscheinlich noch nicht einmal 2%), dass dies wesentlich ins Gewicht fällt. Die Partei hat ihren Zenit schon überschritten.

Den Anti-Stoiber Effekt gibt es gegenwärtig tatsächlich nicht (kaum). Aber es ist die Frage, ob Stoiber auch im harten Wahlkampf dieses Weichspülerniveau durchhalten kann.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 13:41 Uhr:   

@Ralf Henrichs:
> Weil die Unentschlossenen mehrheitlich bei den Sieger sein will.
Dieser Effekt ist deutlich vorhanden.
Trotzdem kann man nicht pauschal sagen, daß Umfragewerte bei der Wahl verstärkt werden - es gibt genügend Gegenbeispiele.

Bei der letzten BTW gab es kurz vor der Wahl eine Phase, in der die Union in den Umfragen deutlich aufholte. M. E. deswegen, weil sich viele Wähler konkretere Gedanken über einen Regierungswechsel und dessen mögliche Risiken gemacht hatten. Aber gerade diese Umfragen haben der SPD dann wohl deutlich geholfen. Denn da haben dann viele beim Gedanken an weitere vier Jahre Kohl sich lieber zum "Risiko" durchgerungen.

Zu Schill:
Die Umfragewerte liegen derzeit im statistischen Fehlerbereich und sind unbrauchbar. Entscheidend wird auch sein, ob die PRO überhaupt in genügend vielen Bundesländern eine Liste und einen Wahlkampf organisiert bekommt und damit überzeugend darstellen kann, über 5% kommen zu können.
Denn m. E. sind im Unterschied zum rechtsextremen Kern die Schill-Wähler eher brav-bürgerlich und nicht bereit, den Verlust ihrer Stimme zu riskieren.
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Hamster
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 16:29 Uhr:   

@Ralf Henrichs
Diese These vertrete ich auch. Umfragen zeigen nur Trends an, die wirklichen Gewinne und Verluste sind meist gravierender. Es sei denn, die Wahl gilt in der öffentlichen Meinung als offen.
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zerstoiber
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 18:48 Uhr:   

82% halten die wahl noch für offen (forschungsgruppe wahlen).
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 21:09 Uhr:   

Ich denke aber, offen kann hier nur heißen, dass es aufgrund der Umfragen noch offen ist, ob Union und FDP alleine die absolute Mehrheit der Mandate erreichen oder ob SPD, Grüne und PDS zusammen eine (numerische)absolute Mandatsmehrheit im Bundestag erhalten. Ich denke schon, dass - auch wenn der Anteil der unentschlossenen Wähler eher aus dem SPD/Grüne-Potential kommen könnte - es eine relative Mehrheit von Schwarz-gelb vor rot-grün geben wird.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 22:00 Uhr:   

@Ralf
Bei der letzten BTW gab es kurz vor der Wahl eine Phase, in der die Union in den Umfragen deutlich aufholte. M. E. deswegen, weil sich viele Wähler konkretere Gedanken über einen Regierungswechsel und dessen mögliche Risiken gemacht hatten. Aber gerade diese Umfragen haben der SPD dann wohl deutlich geholfen. Denn da haben dann viele beim Gedanken an weitere vier Jahre Kohl sich lieber zum "Risiko" durchgerungen.

Ich halte diesen Gedanken für sehr richtig. Vor den letzten Bundestagswahlen war es nämlich so, dass in den letzten Umfragen, auch nach der Bayern-Wahl 1998 - sie lag zwei Wochen vor der letzten Bundestagswahl - "plötzlich" die CDU/CSU aufholte. Ich glaube, dass diese "Umfragen" angesichts der Anti-Kohl-Stimmung 1998 eher zur Mobilisierung der SPD-Wähler beigetragen hat und so den (überraschenden alleinigen) Sieg von rot-grün ermöglicht hat. Aber: rot-grün hatte 1998 nur knapp 1,5% mehr Stimmen als CDU/CSU, FDP und PDS zusammen. Dies wird nicht mehr möglich sein. Möglich wird allenfalls sein, dass SPD, Grüne und PDS zusammen (knapp) vor Union und FDP liegen. Und die große Frage ist doch dann, was tut dann die SPD. Gibt es dann
a) eine grosse Koalition unter CDU/CSU-Führung (Stoiber-Eichel)
b) eine Ampelkoalition (früher von Müntefering, jetzt von Westerwelle angeblich ausgeschlossen
c) doch eine rot-grüne Minderheitsregierung, die sich von der PDS tolerieren lässt.

Ich habe auch viele Bekannte, die früher bürgerlich wählten, jedoch Stoiber nicht trauen und bei der Wahl 1998 SPD wählten und dieses Mal - trotz Bauchschmerzen - wieder SPD wählen wollen, um einen Kanzler Stoiber zu verhindern. Diese Beobachtung - in dieser Liste schon einmal geäußert - habe ich auch gemacht. Es wird doch spannender, als man denkt, glaube ich.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 05. August 2002 - 15:20 Uhr:   

@Bernhard Nowak:
> rot-grün hatte 1998 nur knapp 1,5% mehr Stimmen als CDU/CSU, FDP und
> PDS zusammen. Dies wird nicht mehr möglich sein.
Richtig. Damals kamen eine Reihe spezieller Effekte zusammen und haben zu einem recht ungewöhnlichen Ergebnis geführt (insbesondere das grottenschlechte Unions-Ergebnis).

Eine rein rot/grüne Mehrheit ist so gut wie ausgeschlossen, obwohl bei vielen anderen Fragen noch manches offener ist, als die Umfragen suggerieren.

Mich erstaunt immer mehr, daß dies so wenig beachtet wird. Es wird in der Öffentlichkeit und den Medien zwar registriert und diskutiert, daß es für Schröder schlechter aussieht - aber auch, daß schwarz/gelb noch nicht sicher gewonnen hat.

Aber daß wir mit ziemlicher Sicherheit eine neue Koalition bekommen werden - das ist kein wirkliches Thema.
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zerstoiber
Veröffentlicht am Montag, 05. August 2002 - 23:27 Uhr:   

ich halte auch folgendes szenario für möglich:
1. spd wird knapp stärkste partei.
2. grüne werden knapp drittstärkste kraft (umfragen sehen sie z.t. nur noch 1% hinter der besserverdienenden sozialstaatsschleifern)
3. pds erreicht ein beschissenes ergebnis unter 5%, verpaßt drei direktmandate und sitzt nur noch mit 2 abgeordneten im nächsten bundestag.
4. herzlichen glückwunsch deutschland: schröder bleibt kanzler, joschka fischer außenminister und vizekanzler einer rotgrünen reformkoalition für erneuerung in sozialer und ökologischer gerechtigkeit.

die zeit des kleinmuts, des unmuts und des zauderns muß für alle anhänger und potentiellen wähler des rotgrünen projekts mit dem heutigen wahlkampfauftakt der spd in hannover endgültig vorbei sein.
das gilt auch für dieses forum. jetzt kann die devise nur noch lauten: jeden geht die richtungsentscheidung am 22. september etwas an, darum sollte jeder im rahmen seiner möglichkeiten und zwischenmenschlichen beziehungen bis zu diesem datum für rotgrün alles geben - nur keinen anlaß für verfrühtes jubelgeheule von schwarzgelb.
in diesem sinne: durch die ungläubigen muß ein ruck gehen. das spiel dauert 90 minuten plus nachspielzeit. für resignation besteht keine rechfertigung. erst wenn der abpfiff ertönt ist, darf man weinen - ob aus freude oder schmerz. gratulationen bitte für den 23. september aufheben.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 06. August 2002 - 10:20 Uhr:   

@zerstoiber:
Diese Durchhalteparolen werden Müntefering gefallen - aber mit der Realität haben sie wenig zu tun.

Die PDS könnte tatsächlich noch ein Wackelkandidat werden.
Aber für die SPD sehen die Chancen auf Überholung der Union ziemlich trübe aus. Den "Wahlkampfauftakt" (hatten wir nicht schon seit Monaten Wahlkampf?) hat Müntefering mit seinem grottendummen Fehler mit der BILD-Anzeige erfolgreich torpediert.
Es ist nun einmal so, daß die Union strukturell stärker ist als die SPD, und nur durch Kombination mehrerer Faktoren letztes Mal so unüblich schwach war. Stoiber muß gar nicht wirklich gut sein, mit der Mobilisierung des ganz normalen Wählerpotentials hat er die Nase schon vorn.

Und daß die Grünen die FDP überholen könnten, das wäre wohl nur möglich wenn Möllemann und Westerwelle beim gemeinsamen Bankeinbruch erwischt werden ...

Rot/grün ist platt, selbst bei hoher Skepsis gegen die Umfragen ist das sicher.

Bei der Frage der Nachfolge-Koalition dagegen ist noch viel offen (z. B. würde ein Rausfallen der PDS eine sozialliberale Koalition wieder viel leichter ermöglichen).
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Stoiber
Veröffentlicht am Dienstag, 06. August 2002 - 11:33 Uhr:   

Die Union hat vor der BTW 98 aufgeholt weil die Bayern-Wahl so deutlich gewonnen wurde, ein paar Tage später ist Fr.Merkel aber ein Fehler passiert: Sie hat in einer Show versehentlich eine Mehrwertsteuererhöhung für möglich gehalten um die große Steuerreform von Theo zu sichern.
Zerstoiber muß jetzt natürlich Zuversicht verbreiten wie der Kanzler, am Ende der Woche werden wir in den Umfragen sehen ob der Wahlkampfstart der SPD Wirkung zeigt, oder ob weiterhin der Streit zwischen SPD und BILD tobt. Ein Rückgang der Union auf dem derzeitigen hohen Niveau der Umfragen ist durchaus wahrscheinlich.
Ich hab' den Wahlkampf der SPD schon zu spüren bekommen, es wurden Flugblätter bereits am frühen Morgen verteilt, ein Typ neben mir hat unterstellt, daß es die SPD sowieso nicht schafft. Die SPD-ler wollten natürlich gleich Wetten abschließen, daß sie's doch schaffen. Schon erstaunlich wie stark die Wirkung der Umfragen auf das Wahlvolk ist und auch auf das Wahlverhalten.
Sogar in den eher SPD-nahen RTL Nachrichten hat der Kommentator gesagt, daß jetzt die SPD in 2 Wochen das Ruder rumreißen muß, sonst würde sich der Stoiber Trend verstärken, auch bei den Journalisten weil sie lieber bei den Gewinnern sind.
Wenn Rot/Grün doch noch siegt wäre das ein historischer Vorgang. Es müßte schon eine große überraschende neue Affaire über die CDU reinbrechen. Dann wäre der rasante Stimmungsumschwung allerdigs sicher, so sicher wie Rot/Grün nach der Wahl.
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Sole
Veröffentlicht am Dienstag, 06. August 2002 - 13:34 Uhr:   

Warum sollte eine Affaire so große Auswirkungen haben? Und wie kommst du darauf, dass die Grünen oder die SPD dabei ungeschoren davon kommen?
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Stoiber
Veröffentlicht am Dienstag, 06. August 2002 - 15:45 Uhr:   

Sollte bei der CDU wie Ende 99 eine derartige Affaire jetzt stattfinden wäre das der Sieg für Schröder. War ja nur eine Spakulation. Ich hoffe, so ein Affaire kann nicht aufgedeckt werden weil es sie nicht gibt. SZ und TAZ sucher aber sicher ganz eifrig :-)
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Sole
Veröffentlicht am Dienstag, 06. August 2002 - 19:09 Uhr:   

Die haben auch vorher schon gesucht. Man muß schon verzweifelt sein, wenn man sich an solche Strohhalme klammert. Was der SPD das Rückgrat vollends brechen würde wäre ein Kriegsbeginn im Irak vor der Wahl und die Aufforderung zu deutscher Beteiligung.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 06. August 2002 - 19:22 Uhr:   

Ich bleibe - aufgrund der veröffentlichten Umfragen - dabei: offen kann wohl nicht mehr sein, ob SPD und Grüne es alleine schaffen, sondern lediglich noch, ob SPD, Grüne und PDS zusammen mehr oder weniger Sitze im Bundestag haben werden als Union und FDP. Mich wundert allerdings auch die hohe Zahl der FDP-Sympathisanten bei Allensbach und ich schließe mich der Frage von Ralf an, woran dies liegt.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. August 2002 - 13:27 Uhr:   

In der Paralleldiskussion hatte ich gefragt, woran das wohl liegen mag, daß die FDP in den Wahlbörsen besser liegt als in den üblichen Umfragen.

Den Allensbach-Vorsprung dagegen stelle ich nicht in Frage, das liegt m. E. an der anderen (besseren) Methodik von Allensbach.
Zum Einen wird dort getrennt nach Erst- und Zweitstimme gefragt (und es ist bekannt, daß das gerade bei der FDP einen Unterschied macht).
Zum Anderen macht Allensbach keine Telephonumfragen, sondern sucht die ausgelosten Leute auf - und zwar notfalls mehrfach, bis man den Betreffenden erreicht.
Nun sind die typischen FDP-Sympathisanten aus verschiedenen Gründen (Alter, Beruf, Einkommen, Bildung) etwas "aushäusiger" als der Schnitt der Bevölkerung und mit einem schlichten Anruf laufen Forsa und Co. dort schneller mal beim Anrufbeantworter auf als beim typischen SPD/CDU-Wähler.

Bei der Zweitstimmenverteilung halte ich daher 11-12% für realistischer als die 8-9% der vier anderen Institute.

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