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Weihnachten und die Linken

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Sole der Weihnachtsmann bringt Geschenke. naja nicht ganz
Veröffentlicht am Donnerstag, 18. Dezember 2003 - 21:31 Uhr:   

Ich weiß nicht, ob der folgende Text hierher passt. Wenn nicht einfach löschen. Ich hab ihn hauptsächlich aus dieser Geschichte mit Schill heraus verfasst. (aber eigentlich nicht für dieses Board)
Angst vor der Avantgarde. Ein Gruß zur Weihnachtszeit. (Ralf Lang, Weihnachten 2003.)

Der typische Linke in Deutschland ist kein Kommunist oder macht sich überhaupt über einen gewissen Rahmen hinaus Gedanken.. Er hat Marx nicht gelesen, weiß nicht den Unterschied zwischen KPD/ML und KPD/RZ. Er hat ein gesundes Gefühl dafür, wenn irgendwas falsch läuft. Oft genug kann er dabei aber nicht sagen, was.

In Deutschland haben wir auch eine Art Mehrheitslinken: Er findet die DDR nicht super, ist irgendwie gegen Globalisierung und hat so eine Ahnung, dass die Konzerne zu viel Macht haben. Er hat schon mal was von Sozialismus gehört, ohne sich tiefergehend damit zu befassen.

Ich wünschte, wir hätten mehr von diesen Leuten in der PDS. Nicht, weil wir andere nicht haben wollen. Es sind aber die, die noch am offensten sind bei der Suche nach einem Ansatz.

Vor einem hat der Standardlinke aber Angst: Kommt irgendwo einer daher, der nicht den Eindruck erweckt selber nicht ganz sicher zu sein, da wird ihm Bange.

Nicht ohne Grund: Gelegenheiten, von der Qualität und Tauglichkeit diverser Wahrheitsverkünder und Gesellschaftshausierer und ihrer Themen und Thesen sich zu überzeugen hatte der Linke in Ost und West - oder im wiedervereinleibten Deutschland - zweifelsohne genug.

Was gab es da nicht alles für Zeug: Maoisten, Hoxha-Fans, Stalinisten, Bernsteinisten und tausend andere Arten von Wanderpredigern. Das wäre alles nicht halb so schlimm gewesen, wenn nicht jeder dieser Sektenstifter eine derart feste Glaubensgemeinschaft erzeugt hätte, dass tausende verschiedene Zirkel, Vereine und Parteien entstanden ohne dass außenstehende nachvollziehen konnten, worüber denn da der Dissens besteht.

Für Leser, die keine Lust hatten sich in die 1960er Jahre einzulesen tut's auch eine kurze Stichwortrecherche zu den Namen Trotzki und Stalin.

Aktuell begegnet uns das wieder: Es gibt zwei Schill-Fraktionen, eine mit Schill und eine von der Schill-Partei. In etwa so, nur hoch zehn, muss man sich das mit den Allzuüberzeugten vorstellen.

Mit diesem Gedanken im Hinterkopf begibt man sich natürlich auf allerlei Irrwege.

Wir hatten unlängst die Diskussion, ob ein Programm letztlich seine Inhalte an Mitgliedern oder Wählern orientieren muss. Wir bezeichneten das als Henne-Ei-Problem. Nein! Wie können wir nur? Nachdem uns die Allzuüberzeugten zum Beleg ihres Wissens jahrelang mit Marx-Zitaten überhäuft haben sollte doch ein kleiner Rest Dialektik an uns hängengeblieben sein. Ist es nicht? Nein? Na gut. Aber da sieht man mal wieder wohin das führt wenn man allzu überzeugt ist. Man kann keinen mehr überzeugen. Da bleibt nicht mal was hängen.

Und wenn ich über verbissene Fans von Schill in diversen Foren lache, dann darf ich auch nicht vergessen, über mich selbst zu lachen - oder nicht alles so verbissen zu sehen.

Also natürlich ist das wie so vieles ein Spannungsfeld, in dem man bewußt suchen muss.

Ich erinnere mich daran.

Das Programm-Problem hat zwei Seiten.

Die könnte man wenn man wollte mit SPD und DKP bezeichnen. Das würde auch seitenlange Schilderungen sparen.

Der "DKP" Ansatz, also dass der Partei das Programm gefällt und das Qualitätsmerkmal genug ist, ist das eine Extrem.

Dass das Programm der DKP seit Jahren keinem mehr gefällt und nur noch besteht, weil bisher keiner es geschafft hat die Mitglieder mit einem überzeugenden Ansatz für ein neues zu konfrontieren sei dahingestellt.

Der SPD-Ansatz, irgendwo dem Wähler hinterherzuforschen und nachzulaufen und dann die Inhalte der eigenen Mitgliedschaft nicht mehr klarmachen können - das ist auch keine Lösung für eine linke Partei.

Freilich - find mal den SPDler, der sein Parteiprogramm kennt und ernst nimmt. Es gibt sie. Es gibt sie wie die Nadel im Heuhaufen - man findet sie irgendwann, aber suchen ist zwecklos.

Eine Partei braucht das Selbstbewußtsein, zu sagen was sie für richtig hält ohne sich als Avantgarde zu verstehen.

Die Selbstsicherheit, das was man verkündet auch vertreten zu können ist nicht weniger wert als die Fähigkeit, bei Widersprüchen nicht automatisch zu denken "der weiß es noch nicht besser". Die Versuchung ist groß, freilich - allzu oft hätte man ja auch recht wenn man so dächte - aber es macht eben betriebsblind und damit langfristig dumm. Das Gespür, wann der andere Recht haben könnte dürfen wir auch nicht verlieren, niemals.

Wenn wir aber schon bei Werten und Verlusten sind: Das, was man mit einem der beiden geschilderten Extreme verliert sind Freunde.

Geht es euch nicht auch so? Ich kann sie nicht leiden, die seelenlosen Vertreter der Ware Politik. Es ist nicht ihre Politik, das wissen sie, das weiß ich, sie wissen dass ich es weiß - denke ich jedenfalls. Sie stehen da und verhökern Thesen, die nicht ihre sind an Leute, die sie nicht hören wollen. So machen sie es, die in der (*pscht*).

Und geht es euch nicht genauso? Ich kann sie nicht leiden, die betriebsblinden Besserwisser von der Straßenecke, die Verkünder der Wahrheit, deren inneren Widerspruch zu übersehen sie jahrelang trainieren mussten. Schade um die Menschen. Es sind mehrheitlich gute Menschen. Aber der Linke weiß ja: Wo ein Besserwisser ist, da haben keine zwei Meinungen Platz. Das mag jetzt besserwisserisch klingen - das wirft man mir öfter vor. Unter uns: Ich habe viel zu oft Angst, dass ich Recht haben könnte. Wer an eine baldige große Krise in Partei, Staat und Gesellschaft glaubt, wer die Apokalypse nahe vermutet, der will sich einfach irren. Oder Bücher verkaufen. Oder Senator werden. Minister, immerhin. Das tut jene Spezies, die beides tut: Wahrheiten verkünden, sie aber selber nicht glauben.

Auch die haben keine Freunde. Aus gutem Grund. Sie sind mehrheitlich böse.

Wir wollen doch unsere Freunde behalten, also müssen wir den Mittelweg finden. Nicht betriebsblind, aber ohne Angst, die eigene Meinung auch als solche zu vertreten.

Dann kann nicht viel schief gehen. So macht man sich Freunde, und Freunde bringen Geschenke.

Wenn ihr keine Freunde haben solltet seid ihr in der Zwickmühle. Dann müsst ihr euch jetzt zur Weihnachtszeit möglicherweise selbst beschenken. Das macht keinen Spaß. Aber wenn das selber Schenken keinen Spaß macht, dann muss auch das Geschenk keine Freude bringen.

Also Frohe Weihnachten und schenkt sie euch - die Mitgliedschaft in der PDS.


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PS: Wie ich diesen letzten Satz meine, dieses Rätsel ist mein Geschenk an euch. Ralf Lang, Weihnachten 2003.
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Märchenonkel
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 18. November 2009 - 16:30 Uhr:   

Man sollte dieses Fest eh streichen, jedenfalls von jedweder "christlicher Überlieferung" freimachen, als pseudochristlich in die Kirche zu gehen und nur in dieser Jahreszeit den einen oder anderen Euro zu verspenden für "die gute Sache". Selten ist eine Zeit mit so viel Heuchelei und Doppelmoral geprägt wie die Adventszeit, in der man sich plötzlich wieder lieb hat und der anderen gewahr wird, die man das ganze Jahr ignoriert hat - in jeder Beziehung.

Sehen wir Weihnachten doch einfach als riesigen kapitalistischen Umschlagplatz, das kommt der Bedeutung heutzutage näher...wie ja auch die beiden obigen Beiträge eindrucksvoll zeigen. ;)

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