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mbaumann Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 28. März 2011 - 09:26 Uhr: | |
Hallo, gestern gehen meine Frau und ich zur Wahl. Dabei begleitete uns unser Sohn (4) der seit ein paar Monaten im Kindergarten ist und weder lesen noch schreiben kann. Selbstverständlich geht der Kleine zusammen mit meiner Frau hinter ihre Sichtblende worauf prompt eine der Wahlhelferinnen ankommt und mit "So geht das aber nicht hier!" uns ziemlich schroff darauf hinweist, daß unser Sohn nicht mit hinter die Sichtblende kommen dürfe. Von dem darauf folgendem Wortgefecht - bei dem die Wahlhelferin den kürzeren zog - mal ganz abgesehen ist folgende Behauptung seitens der Wahlhelferin gefallen, die ich gerne bestätigt oder wiederlegt sehen würde: Behauptung: "Es steht im Wahlgesetz, daß es verboten ist Kinder mit hinter die Sichtblende zu nehmen." Das einzige was ich hierzu gefunden habe, ist der Hinweis, daß die Wahl "geheim" erfolgen soll. "Geheim" ist etwas doch so lange, wie kein außenstehender Kenntniss von einer Sache nehmen kann die nicht für ihn bestimmt ist. Oder? Und "Kenntniss nehmen" setzt auch ein "erkennen" voraus, was bei einem vierjährigen, angesichts eines Wahlzettels auf dem 81 Stimmen abgegeben werden können, sicher ausgeschlossen werden kann. Da ich mich nicht so gut auskenne und schon gar kein Jurist bin, würde mich interessieren wo im Wahlgesetz steht, daß ich mein Kind nicht mitnehmen darf. Und was passiert wenn ich es doch mache? Kann ich von der Wahl ausgeschlossen werden oder wird dadurch meine Stimme ungültig? Viele Grüße, M.Baumann |
Björn
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| Veröffentlicht am Montag, 28. März 2011 - 11:09 Uhr: | |
Ein klassischer Fall, wo ich als Wahlhelfer vor zwei Jahren auch Zeuge sein durfte vom Disput unseres Vorstehers und dem Wähler. Ich habe jetzt nur den Bundeswahlleiter parat: http://www.bundeswahlleiter.de/de/glossar/texte/Wahlkabine.html Kleinkinder dürfen - Kinder tabu. |
Taugenichts
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| Veröffentlicht am Montag, 28. März 2011 - 13:27 Uhr: | |
Das Problem ist bekannt. Kleinkinder können das Wahlgeheimnis nicht verletzen, denn dazu müssten sie lesefähig sein. Außerdem bedürfen sie der Aufsicht durch Erwachsene. Ein vierjähriges Kind darf also selbstverständlich mit in die Wahlkabine. Bei älteren Kindern verhält es sich freilich anders. Da wundere ich mich auch immer über manche Eltern, die meinen, sie müssten ihr z.B. zwölfjähriges Kind mit in die Wahlzelle nehmen. Meine Eltern haben mir das früher richtigerweise nie erlaubt. Manche Leute nehmen sogar ihren Hund mit. Zwar besteht bei einem Hund nicht die Gefahr einer Verletzung des Wahlgeheimnisses, dafür könnte aber ein Wahlhelfer verletzt werden. |
Ingo Zachos
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| Veröffentlicht am Montag, 28. März 2011 - 14:11 Uhr: | |
Als erfahrener Wahlvorstand hätte ich anders entschieden, und das Kind "toleriert". Sie war zu übereifrig nehme ich an, oder vielleicht auch unerfahren oder in Streß wegen hohen Andrangs. Bitte also nicht über die Wahlhelferin herzuziehen. Im Grundsatz sollte ein Wähler schon allein in der Kabine sein, aber Ausnahmen wie Kleinkinder können m.E. schon dabei sein. Schwierig nur, ab wann man die Grenze zieht. Aber vier Jahre erscheint mir noch unbedenklich. Geschickter wäre es auch gewesen, das Kind abzulenken und zu beschäftigen, während Mama wählt. Ein Keks, ein nettes Wort und ein Lächeln wirken auch bei den Eltern oft besser als eine schroffe Ablehnung. Als Wahlhelfer hat man sich korrekt zu verhalten, aber eine freundliche Athmosphäre ist auch bei Andrang, wenn viele Wähler mürrisch werden können, oder wenn sich ein Wähler mal sehr viel Zeit lässt, oft viel Wert. Aber auch als Wahlhelfer lernt man von Wahl zu Wahl... |
Ratinger Linke
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| Veröffentlicht am Montag, 28. März 2011 - 22:28 Uhr: | |
4 Jahre sind meines Erachtens zumindest hart an der Grenze des Tolerierbaren. Der Wahlvorstand muss bei der Altersschätzung sicherheitshalber mindestens ein Jahr aufschlagen, und schon bei 4 Jahren kann man Lesefähigkeit nicht sicher ausschließen. Ob Kreuze eher links oder rechts gemacht werden, kann in der Regel auch ein 4-Jähriger feststellen und mitteilen. Ganz strikt braucht man das nicht zu sehn, weil man bei einem solchem Wahlsystem auch von außerhalb der Wahlzelle einiges von der Stimmabgabe zumindest vermuten kann. Aber jedenfalls fällt das noch in den Bereich, wo ein Wahlvorstand begründet einschreiten kann. In Hessen gibts offenbar kaum zentrale Detailanweisungen für die Wahlvorstände jenseits der Wahlordnung, aber in den Gemeinden kann es solche geben. In größeren Gemeinden ist es eher wahrscheinlich, dass solche Anweisungen auch formal vorhanden sind, aber online kann ich für Wiesbaden nichts finden. In Hamburg steht z.B. in der Geschäftsanweisung für die Wahlvorstände explizit: "Um die Geheimhaltung der Wahl nicht zu gefährden, ist darauf zu achten, dass sich in der Wahlkabine jeweils nur eine Person aufhält. Dies gilt auch für Ehepartner oder Kinder." Bayern regelt unverbindlicher: "[...] zur strikten Wahrung des Wahlgeheimnisses ist anderen Personen (mit Ausnahme von Kleinkindern) das gleichzeitige Betreten der Wahlzelle zu untersagen [...]". |
Ratinger Linke
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| Veröffentlicht am Montag, 28. März 2011 - 22:34 Uhr: | |
PS: In der hessischen Kommunalwahlordnung steht: "Der Wahlvorstand achtet darauf, dass sich immer nur ein Wähler und dieser nur so lange wie notwendig in der Wahlzelle aufhält" (§ 39 Abs. 2 Satz 2). Das kann man schon so interpretieren, dass sich außer dem Wähler niemand (also auch kein Kind) in der Wahlzelle aufhalten darf. Wenn nur andere Wähler ausgeschlossen wären (also z.B. Nichtwähler erlaubt), würde das dem Grundsatz der geheimen Wahl klar widersprechen. |
mbaumann Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 28. März 2011 - 22:41 Uhr: | |
vielen Dank für die Aufklärung. Viele Grüße, M.Baumann |
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