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Parteienfinanzierung und gemeinsame W...

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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 09. November 2010 - 04:13 Uhr:   

Ursache der Abschaffung von gemeinsamen Wahlvorschlägen ("Listenvereinigungen") in Sachsen-Anhalt Anfang 2008 war, dass man einen Konflikt mit der Parteienfinanzierung gesehn hat (und ohne Finanzierung keinen Bedarf).

http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/index.php?typ=1&cmd=send&did=K-33614&id=200

Inhaltlich ist das natürlich richtig, weil die vorgesehenen speziellen Landesmittel für solche gemeinsamen Listen die Obergrenzen der Parteienfinanzierung laut Parteiengesetz unterlaufen. Ob § 21 Abs. 3 GG tatsächlich jegliche auf Landesgesetzgebung basierende Geldflüsse zu Parteien ausschließt, halt ich aber zumindest für fraglich. Schließlich regelt das Landeswahlgesetz auch sonst Parteiangelegenheiten in Verbindung mit der Wahl.

Fraglich ist auch, welche Ansprüche es in solchen Fällen aufgrund des Parteiengesetz geben würde. Der Bundesgesetzgeber hat diesen Fall offenbar einfach übersehn und rechnet damit, dass Parteien und Listen immer eindeutig zuordenbar wären. Ob bei gemeinsamen Listen alle beteiligten Parteien jeweils den Betrag kassieren können oder keine, ob das irgendwie aufzuteilen wäre und was bei gemeinsamen Listen mit Nichtparteien passiert, ist völlig unklar.

Dabei sind gemeinsame Wahlvorschläge keine Seltenheit: In Bayern haben sie bei Kommunalwahlen in kreisangehörigen Gemeinden lange Zeit zweistellige Prozentanteile gehabt (gemeinsame Wahlvorschläge ohne Beteiligung von Parteien nicht mitgezählt); zuletzt waren es immerhin noch 8,7%. Bloß auf höherer Ebene sind sie etwas unüblicher, aber wo sie erlaubt sind, kommen sie auch vor.

In Sachsen-Anhalt war zuletzt die Listenvereinigung aus Grauen, ÖDP und Tierschutzpartei mit 0,8% nicht mehr weit von der Parteienfinanzierungsgrenze weg. Die andere Listenvereinigung aus Offensive D, Stattpartei und DSU war nur bei 0,3%, nach Personenstimmen aber über 1% (mit Maximum bei 6,4% im Wahlkreis Merseburg). Zulässig waren nur Listenvereinigungen aus Parteien; die Bezahlung laut LWG war im Vergleich zur Parteienfinanzierung sehr mäßig (ungedeckelte 2,05 € im Vergleich zu nominal 4,25 €).

In Brandenburg (dem einzigen Land, wo jetzt noch gemeinsame Wahlvorschläge auf Landesebene möglich sind, nicht auf Parteien beschränkt) haben zuletzt die Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen zusammen mit den Freien Wählern Brandenburg eine Liste gehabt und waren mit 1,7% oberhalb der Schwelle für die Parteienfinanzierung. Die Freien Wähler Brandenburg gehören zu den FWD, die eine Partei sind (bzw. zumindest als solche registriert). In Brandenburg ist offenbar überhaupt keine spezielle Wahlkampfkostenerstattung oder dergleichen vorgesehn, wenn es nicht in ein anderes Gesetz ausgelagert ist.

Nebenbei bemerkt wär die häufige Spezialfinanzierung für Einzelbewerber noch ein Grund für Parteien, ihre Wahlkreisbewerber als Einzelbewerber laufen zu lassen. So kann man nicht nur die Stimmen, sondern auch noch die Parteienfinanzierung verdoppeln (die 2,80 € beim Bundestag sind zumindest für die großen Parteien sogar mehr als typischerweise eine Zweitstimme einbringt).

Der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt hat das offenbar nicht kapiert, nachdem er beim "Anschluss an den Landeswahlvorschlag" (§ 18 LWG) schreibt, als ob das etwas Wünschenswertes wär. Tatsächlich handelt man sich dabei nur Nachteile ein (außer vielleicht der Platzierung auf dem Stimmzettel).
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 07. Januar 2011 - 05:34 Uhr:   

Die Brandenburger Listenvereinigung hat übrigens einen Anspruch auf Parteienfinanzierung geltend gemacht, das Verwaltungsgericht Berlin hat eine Klage aber kürzlich abgewiesen. Details find ich dazu keine, außer der Vorankündigung des Verwaltungsgerichts:

"Die Kläger - die Freien Wähler Landesverband Brandenburg e.V. und die Brandenburger Verei-nigte Bürgerbewegung - begehren mit ihrer Klage die Teilhabe an der staatlichen Parteienfinanzierung. Die Kläger nahmen als Listenvereinigung unter der Bezeichnung „Zusammen für Brandenburg: Freie Wähler“ an der Landtagswahl in Brandenburg im Jahr 2009 teil und erhielten 1,7 % der abgegebenen Zweitstimmen. Die Verwaltung des Deutschen Bundestages lehnte den Antrag der Kläger auf Festsetzung und Auszahlung staatlicher Mittel nach dem Parteiengesetz mit der Begründung ab, die Listenvereinigung könne nicht als Partei oder politische Vereinigung im Sinne des Parteiengesetzes angesehen werden. Die Kläger sehen darin einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

(VG 2 K 191.09, voraussichtlicher Verhandlungstermin im Sommer 2010)"
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Luis Alberto Fernández Vidaud
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 07. Januar 2011 - 07:19 Uhr:   

Eine kleine Hilfe:
Wesentliche Entscheidungen des VG Berlin stehen auf folgender Seite:

http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/vg/presse/index.html .

Nach rbb-online war das eine Entscheidung vermutlich vor dem 03.12.2010. Kann es sein, daß ein Brandenburgisches Verwaltungsgericht diese Entscheidung gefällt hat?


Luis
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 07. Januar 2011 - 14:24 Uhr:   

Die Entscheidung muss schon vom 3. Dezember 2010 sein; zur zweiten Entscheidung zur Parteienfinanzierung vom selben Tag gibts ja auch eine Pressemitteilung. IIRC hab ich auch eine Ankündigung vom Tag davor für beide gefunden (find ich jetzt nicht mehr). Erstaunlich ist allerdings, dass es als "besonders interessantes Verfahren" gelistet wird und dann keine Pressemitteilung dazu rauskommt. In der Entscheidungsdatenbank sind beide nicht drin, aber das kann u.U. noch kommen.
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Lars Tietjen
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 07. Januar 2011 - 17:40 Uhr:   

@Ratinger Linke
Vermutlich liegt die schriftliche Urteilsbegründung schlicht noch nicht vor. Man findet auch nichts in den einschlägigen kostenpflichtigen Datenbanken (Juris, beck-online und LexisNexis)...

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