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GüntherAnders Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Dienstag, 20. April 2010 - 04:58 Uhr: | |
Oder ist mein Stimmzettel auch dann gültig, wenn auf ihm nur ein Kreuz für die Landesliste ist? Anders |
Matthias Cantow
Moderator
| Veröffentlicht am Dienstag, 20. April 2010 - 05:05 Uhr: | |
Der Stimmzettel ist auch mit einer fehlenden Erststimme gültig, ein Direktkandidat muss nicht gewählt werden (dabei wird auch nicht auf den Einfluss auf das Kräfteverhältnis der Parteien im Landtag verzichtet). |
Wähler Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 25. April 2010 - 17:30 Uhr: | |
@Matthias Cantow " (dabei wird auch nicht auf den Einfluss auf das Kräfteverhältnis der Parteien im Landtag verzichtet)." Das ist nicht vollständig richtig. Wenn man mit seiner Wahl dazu beiträgt, daß ein Einzelbewerber oder ein Bewerber einer Partei, die weniger als 5% der Landeslistenstimmen erhält, im Wahlkreis gewählt wird, trägt daß sehr wohl zur Veränderung der Kräfteverhältnisse bei, weil ja eine Kraft vertreten ist, die sonst nicht vertreten wäre. |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 25. April 2010 - 18:57 Uhr: | |
@Wähler Ist ja theoretisch richtig, praktisch aber völlig irrelevant, denn noch nie ist so ein Bewerber in NRW gewählt worden oder auch nur in die Nähe eines Sieges gekommen. Nur ein einziger Einzelbewerber schaffte jemals 10% (16% 1950 in Brilon). |
Matthias Cantow
Moderator
| Veröffentlicht am Sonntag, 25. April 2010 - 18:58 Uhr: | |
@Wähler Das ist theoretisch richtig (in diesem Falle würde aber die Zweitstimme nicht gezählt werden), es geht hier aber um die Landtagswahl in zwei Wochen: Einzelbewerber gibt es gerade einmal in zwanzig Wahlkreisen, in keinem einzigen davon haben diese eine reale Chance – oder in welchem Wahlkreis soll das möglich sein? |
Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 25. April 2010 - 19:16 Uhr: | |
Im Fall von erfolgreichen Bewerbern, deren Partei an der Sperrklausel scheitert, zählt die Zweitstimme aber schon (wobei auch das bei dieser Wahl keine Relevanz haben wird). |
Werner Fischer
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 25. April 2010 - 21:08 Uhr: | |
@Ratinger Linke Nur Juristen empfinden diese Regelung als gerecht, Wähler mit gesundem Menschenverstand halten sie für eine klare Benachteiligung - und denen schließe ich mich gerne an. |
Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 25. April 2010 - 21:25 Uhr: | |
Wobei die Regelung in NRW mangels Grundmandatsklausel eine beschränktere Wirkung hat als anderswo. Das Gerechtigkeitsproblem liegt nicht in der Zählung der Zweitstimmen, sondern an der Inkompatibilität von Sperrklausel und Zweistimmenwahlrecht. Wenn man die Zweitstimmen in so einem Fall nicht zählt, zwingt man die Wähler dazu, die Erststimme generell ungültig zu machen, sofern sie ihr beabsichtigtes Stimmengewicht sichern wollen, was das Wahlsystem ad Absurdum führt. |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 25. April 2010 - 21:59 Uhr: | |
@RL Ich seh das Problem nicht. Es wäre problemlos möglich, es so zu regeln, dass auch die Zweitstimmen von Wählern unberücksichtigt bleiben, die einen erfolgreichen Bewerber einer an der Sperrklausel gescheiterten Partei gewählt haben. Die Wähler dieses Bewerbers gehen kein Risiko ein, weil ihre Zweitstimme nur dann nicht zählt, wenn der Bewerber erfolgreich ist. In diesem Fall haben sie höchstwahrscheinlich sogar dann noch ein höheres Stimmgewicht als die übrigen Wähler wegen des hohen Anteils an Direktmandaten. Praktisch spielt diese Ungerechtigkeit aber keine Rolle, weil sowohl Einzelbewerber als auch Bewerber von Kleinparteien sowieso keine Chance haben. |
Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 25. April 2010 - 22:35 Uhr: | |
Man wählt doch keinen Direktkandidaten, damit seine Partei erfolgreich ist, sondern u.U. sogar in der Absicht, dessen Partei durch ihr Personal zu schwächen. Auf dem Stimmzettel steht: "maßgebende Stimme für die Verteilung der Sitze insgesamt auf die einzelnen Parteien" Das ist jetzt schon irreführend, aber bisher hat der Wähler wenigstens grundsätzlich die Möglichkeit, sich über die wahre Wirkung zu informieren. Bei Kandidaten, die einer Partei mit Landesliste angehören, ist das aber überhaupt nicht mehr möglich und die Unmittelbarkeit der Wahl deshalb auf jeden Fall verletzt. Abgesehn davon bringt ein rechnerisch vielleicht höheres Stimmengewicht einem Wähler mit annähernd gleichen Präferenzen für Erst- und Zweitstimmenpartei wenig, weil die Mandate faktisch unterschiedlichen Klassen angehören. Solang die Mehrheit im Landtag nicht davon abhängt, ist die Macht von fraktionslosen Abgeordneten gering. Die praktische Relevanz ist durchaus gegeben. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, dass das in NRW tatsächlich angewendet würde, momentan sehr gering, aber die Wirkung der Erststimme ist in der Regel ebenso gering. Im Saldo wäre es in den meisten Wahlkreisen günstiger, auf die Abgabe der Erststimme zu verzichten, insbesondere als Briefwähler, wo man bis zur Wahl noch mit außergewöhnlichen Ereignissen rechnen muss. Beim Bundestag gibt es etliche Wahlkreise, wo man so eine Regelung unmöglich bei seiner Entscheidung ignorieren kann und wo man auch jetzt schon mit der latenten Gefahr lebt, dass die Spielregeln in der Wahlprüfung geändert werden. |
Wähler Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 26. April 2010 - 01:04 Uhr: | |
"Man wählt doch keinen Direktkandidaten, damit seine Partei erfolgreich ist, sondern u.U. sogar in der Absicht, dessen Partei durch ihr Personal zu schwächen. Auf dem Stimmzettel steht:" Das kommt drauf an. 1994-2002 z.B. haben die PDS-Wähler sicherlich die Direktkandidaten gewählt, um die Partei zu stärken, schließlich ist sie 1994 und 2002 an der 5-%-Hürde gescheitert und 1998 nur knapp drüber gekommen, während drei Direktmandate als aussichtsreich gelten konnten. 1994 und 2002 (auch wenn es dort nur zwei Direktmandate waren) hat die Wahl von PDS-Direktkandidaten auch etwas an den Kräfteverhältnissen geändert. Und wenn man 2002 (1994 nicht, weil es in NRW meines wissens keine Drei-Direktmandate-Regelung gibt) auf NRW überträgt, was zwar eher unwahrscheinlich ist, aber es geht ja um die wahlrechtstheoretische Frage, dann würden zwei erfolgreiche Direktmandate für eine Kleinpartei eben auch die Kräfteverhältnisse insoweit ändern, daß die Partei vertreten statt nicht vertreten wäre. |
Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 26. April 2010 - 03:41 Uhr: | |
Umso schlimmer, wenn man das Kräfteverhältnis entgegen seinen Absichten verändert und dafür noch mit dem Verlust der eigentlichen Stimme bestraft wird. Das Risiko, dass man einer eigentlich unerwünschten Partei zu einem Mandat verhilft, hat man als Stimmensplitter natürlich immer, solang die Sperrklausel nur selektiv sperrt, aber was will man machen, wenn man den Kandidaten seiner Partei für den denkbar schlechtesten hält und ihm mit der vorgeblichen Personalisierung auch noch eine besondere Legitimation verschaffen müsste? Dann bleibt nur noch die ungültige Erststimme, und Stimmensplitting wäre nur noch eine Option für Leute mit gleichrangigen Parteipräferenzen bzw. (beim Bundestag) zur gezielten Verschaffung zusätzlichen Stimmengewichts. Insgesamt wäre das Zweistimmenwahlrecht also völlig unsinnig. 2002 waren nicht die PDS-Wähler das Problem, sondern die, die eben nicht PDS gewählt haben, sondern nur deren Direktkandidaten. Natürlich kann man das taktisch ausnutzen, was einen groben Mangel des Wahlsystems darstellt, aber der Reparaturversuch mit dem Nichtzählen der Zweitstimme macht die Sache insgesamt nur noch schlimmer. |
Werner Fischer
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 26. April 2010 - 08:27 Uhr: | |
@Ratinger Linke - Zustimmung! In Bayern zählen beide Stimmen - eine Übernahme dieser Lösung wäre m. E. der geeignetere "Reparaturversuch" gewesen - man kann bei den weiteren Einzelheiten ja noch viel variieren. |
Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 26. April 2010 - 14:36 Uhr: | |
Wobei der entscheidende Punkt, warum das Problem in Bayern nicht auftritt, die ausnahmslos gültige Fünfprozenthürde ist (was in der Verfassung verankert ist). Wenn es Ausnahmen wie in NRW oder im Bund gäbe, könnte man immer noch (zurecht) einwenden, dass die Erststimme zu billig wäre und deshalb trotzdem die Entwertung der Zweitstimme fordern. Das Problem, dass das Stimmengewicht bei der Wahl eines Kandidaten, dessen Partei außerhalb des Verhältnisausgleichs steht, nicht mit dem normalen vergleichbar ist (bzw. man bei reiner Mehrheitswahl gar nicht von einem Stimmengewicht sprechen kann), hat man sogar bei einem Einstimmenwahlrecht. Allerdings entschärft man das Problem schon wesentlich, wenn die Erststimme was kostet, weil damit der taktische Anreiz zu einem Wahlverhalten, das mit der Verhältniswahl nicht kompatibel ist, stark sinkt. Eine Gewichtung der Erststimme wäre deshalb auch ohne Übernahme der strikten Sperrklausel ein Fortschritt. |
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