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Christian Pankofer
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| Veröffentlicht am Freitag, 03. Oktober 2008 - 20:17 Uhr: | |
Hallo zusammen, habe mal eine Verständnisfrage zur Ministerpräsidentenwahl in Bayern! Also meiner Meinung nach kann Horst Seehofer gar nicht zum Ministerpräsident gewählt werden, da er nicht Mitglied des neuen Landtages ist. Ich verstehe es so, das der Ministerpräsident aus den Mandatsträgern des Landtages gewählt wird. Gleichzusetzten wie bei der Bundeskanzlerwahl. Hier wählt auch der Bundestag seinen Kanzler. Ich hoffe Ihr versteht mich, und gebt mir recht! Gruß aus der Heimat von Edmund Stoiber! Christian |
Lars Tietjen
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| Veröffentlicht am Freitag, 03. Oktober 2008 - 21:39 Uhr: | |
Nein. In beiden Fällen gibt es keine entsprechende Vorschrift, dass ein entsprechenendes Landtags bzw. Bundestagsmandat Voraussetzung für die Wählbarkeit ist. |
Christian Pankofer
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| Veröffentlicht am Freitag, 03. Oktober 2008 - 23:01 Uhr: | |
Hallo, da bin ich eigentlich anderer Meinung... da könnte ja dann rein theortisch jeder sich ins Gespräch bringen! Wenn das so wäre.. dann könnten die PArteien es natürlich ausnutzen, erst jemand als Kanzler oder Ministerpräsident-Kandidat aufstellen und dann einen ganz anderen an dessen Stelle bringen.! Gruß Christian |
juwie
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| Veröffentlicht am Freitag, 03. Oktober 2008 - 23:13 Uhr: | |
So isses aber... |
Thomas Frings
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| Veröffentlicht am Samstag, 04. Oktober 2008 - 00:06 Uhr: | |
Bevor man spekuliert, sollte man einfach in die Verfasssung schauen. Art. 44: "(1) Der Ministerpräsident wird von dem neugewählten Landtag spätestens innerhalb einer Woche nach seinem Zusammentritt auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. (2) Wählbar ist jeder wahlberechtigte Bayer, der das 40. Lebensjahr vollendet hat. (3) Der Ministerpräsident kann jederzeit von seinem Amt zurücktreten. Er muß zurücktreten, wenn die politischen Verhältnisse ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten zwischen ihm und dem Landtag unmöglich machen. Der Rücktritt des Ministerpräsidenten hat den Rücktritt der Staatsregierung zur Folge. Bis zur Neuwahl eines Ministerpräsidenten geht die Vertretung Bayerns nach außen auf den Landtagspräsidenten über. Während dieser Zeit kann der Landtagspräsident vom Landtag nicht abberufen werden. (4) Bei Rücktritt oder Tod des Ministerpräsidenten während seiner Amtsdauer wird in der nächsten Sitzung des Landtags ein neuer Ministerpräsident für den Rest der laufenden Amtsdauer gewählt. (5) Kommt die Neuwahl innerhalb von vier Wochen nicht zustande, muß der Landtagspräsident den Landtag auflösen." |
Norddeutscher Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Samstag, 04. Oktober 2008 - 00:40 Uhr: | |
@ Thomas Frings Artikel 44 Absatz 4 finde ich ziemlich pietätlos. Man stelle sich z.B. vor, die RAF hätte 1977 den Ministerpräsidenten Goppel am Morgen vor einer Landtagssitzung ermordet. Dann hätte der Landtagspräsident statt eine Trauersitzung durchzuführen gleich die Nachfolgerwahl auf die Tagesordnung setzen müssen. Und wenn ich den Absatz 4 richtig verstehe, hätte auch eine Wahl durchgeführt werden müssen, denn Absatz 5 dürfte ja nur den Fall regeln, daß die Wahl eines Kandidaten mangels Mehrheit nicht zustande kommt. |
Christian Pankofer
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| Veröffentlicht am Samstag, 04. Oktober 2008 - 08:08 Uhr: | |
Hallo zusammen, Thomas, danke für die Erklärung. Ich wollte nicht spekulieren, sondern nur meine UNWISSENHEIT erklärt bekommen. Ich wusste nicht wo ich nachschauen sollte.. deshalb meine Frage hier! Nun werd ich mich auch als Ministerpräsident aufstellen lassen! Gruß Christian |
Migan Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Samstag, 04. Oktober 2008 - 11:39 Uhr: | |
@ Norddeutscher Das Problem verstehe ich nicht. Wenn im Flugzeug ein Pilot stirbt oder bei einer Operation der Chirurg, dann muss der auch sofort ersetzt werden. Und da ein Ministerpräsident ja immer sehr wichtig ist... logische Konsequenz! |
Christian Pankofer
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| Veröffentlicht am Samstag, 04. Oktober 2008 - 11:46 Uhr: | |
Hallo Migan, es ist ja kein PROBLEM, ich habe nur eine Verständnisfrage gestellt! Sicher muß ein wichtiger Posten neu besetzt werden. Gruß Christian |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 04. Oktober 2008 - 12:18 Uhr: | |
@Norddeutscher "Artikel 44 Absatz 4 finde ich ziemlich pietätlos. Man stelle sich z.B. vor, die RAF hätte 1977 den Ministerpräsidenten Goppel am Morgen vor einer Landtagssitzung ermordet." Ich halte den Artikel auch für wenig gelungen, aber eher aus anderen Gründen. Im beschriebenen Fall hätte man sinnvollerweise die Sitzung verschoben. Unlogisch ist zunächst, daß die Vier-Wochen-Frist nur dann gilt, wenn ein Ministerpräsident während der Wahlperiode ausscheidet. Kommt die Wahl dagegen zu Beginn der Wahlperiode nicht zustande, hat das keine Konsequenz. Es ist nicht ganz eindeutig, ob sich Absatz 5 nur auf Absatz 4 oder auch auf Absatz 1 bezieht. Der Wortlaut spricht aber eher für die erste Variante. Ein großes Defizit ist das Fehlen eines Mißtrauensvotums in Bayern. Dank der fast immer stabilen Verhältnisse gab es da bisher nie Probleme. Das könnte in Zukunft anders sein. In Abs. 3 Satz 2 steht zwar, daß der MP zurücktreten muß "wenn die politischen Verhältnisse ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten zwischen ihm und dem Landtag unmöglich machen", aber einen uneinsichtiger MP ist nur schwer loszuwerden. Da gäbe es zwei Möglichkeiten: 1) Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof wegen vorsätzlichen Verfassungsbruchs. Dafür braucht man aber eine Zweidrittelmehrheit. 2) Selbstauflösung und Neuwahl. Dafür ist die Mehrheit der Mitglieder erforderlich. Aber es muß gar nicht mal Fehlverhalten sein, das zum Problem wird. Wenn z.B. Strauß nach seinem Zusammenbruch bei der Jagd nicht nach zwei Tagen gestorben wäre, sondern monate- oder jahrelang im Koma gelegen hätte (wie Scharon), dann wäre die Selbstauflösung des Landtags die einzige Möglichkeit gewesen, ihn abzulösen. Die Altersgrenze von 40 Jahren ist sehr fragwürdig. Die Abgeordneten werden auch ohne Altersgrenze nicht so unklug sein, jemanden gleich nach dem Abi zum Ministerpräsidenten zu wählen. |
Werner Fischer
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 04. Oktober 2008 - 14:32 Uhr: | |
@ Thomas Frings Die Bayern haben durchaus ein "Mißtrauensvotum" gegen ihre Regierung - allerdings nicht ihre Repräsentaten im Landtag. Die Wahlberechtigten können per Volksbegehren und Volksentscheid ihren Landtag auflösen und so Neuwahlen erzwingen. Wo gibt es das sonst? In Bayern funktioniert die Demokratie ein wenig "direkter", als wir das üblicherweise in Deutschland kennen. Beispiele dafür sind das Wahlrecht und das Recht auf Volksentscheide. Bisher ist Bayern damit recht gut gefahren. Dort sind die Bürger der wahre "Souverän", in vielen anderen Staaten meist nur "Stimmvieh" (entschuldigt den krassen Ausdruck) - alle 4 oder 5 Jahre einmal gefragt und dann wieder vergessen. Wenn man Grundgesetz und Bayerische Verfassung demokratisch gegenüberstellt, entpuppt sich das Grundgesetz schnell als "Leichtgewicht". Aber natürlich läßt sich auch in Bayern noch manches verbessern. |
Lars Tietjen
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 04. Oktober 2008 - 14:55 Uhr: | |
@Werder Fischer "Die Wahlberechtigten können per Volksbegehren und Volksentscheid ihren Landtag auflösen und so Neuwahlen erzwingen. Wo gibt es das sonst?" Naja z.B. in Bremen und Berlin. Wenn ich mich richtig erinnere auch noch in einigen anderen Bundesländern. Aber wäre mir jetzt zu aufwendig es zu recherieren. |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 04. Oktober 2008 - 16:56 Uhr: | |
@Werner Fischer "Die Bayern haben durchaus ein "Mißtrauensvotum" gegen ihre Regierung - allerdings nicht ihre Repräsentaten im Landtag." Das ist so nicht richtig. Sowohl Landtag als auch das Volk haben die Möglichkeit, eine Neuwahl herbeizuführen. Beides ist aber kein direktes Mißtrauensvotum. Auflösung des Landtags durch das Volk ist längst nicht nur in Bayern möglich. Praktische Relevanz hatte das aber bisher ausschließlich in Berlin, wo das Abgeordnetenhaus 1981 und 2001 durch Selbstauflösung dem Volksbegehren zuvorkam. Möglich ist das in -Bayern -Baden-Württemberg -Rheinland-Pfalz -Bremen -Berlin -Brandenburg In Baden-Württemberg, Bremen und Brandenburg liegt die Latte allerdings derart hoch, daß sie praktisch nicht zu nehmen ist. In BaWü und Bremen muß mehr als 50% der Wahlberechtigten für die Aufösung stimmen, in Brandenburg mehr als 50% der Wahlberechtigten und zwei Drittel der gültig Abstimmenden. In Bayern reicht dagegen die Mehrheit der Abstimmenden, in Rheinland-Pfalz die Mehrheit der Abstimmenden bei mindestens 25% Wahlbeteiligung. In Berlin ist die Mehrheit der Abstimmenden bei mindestens 50% Wahlbeteiligung erforderlich. Unterschriftenquoren für den Volksentscheide sind Bayern: 1 Mio. Wahlberechtigte BaWü: ein Sechstel der Wahlberechtigten Rheinland-Pfalz: 300000 Wahlberechtigte Bremen: 20% der Wahlberechtigten Berlin: 10% der Wahlberechtigten Brandenburg: 200000 Wahlberechtigte Mit 1 Mio. Wahlberechtigten (derzeit 10,75% aller Wahlberechtigten) liegt die Hürde in Bayern also eher am unteren Ende. Aber die Unterschriften von über 10% der Wahlberechtigten in einem großen Flächenland zu besorgen ist immer noch eine nicht gerade niedrige Hürde, zumal man ja für die Eintragung aufs Amt gehen muß. Das ist ohne breite Medienaufmerksamkeit praktisch nicht zu schaffen. Den Freien Wählern oder Bürgerinitiativen würde es allein nicht gelingen, die Unterschriften zu bekommen, da müßten schon Parteien mitmachen. |
Werner Fischer
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 04. Oktober 2008 - 18:09 Uhr: | |
@ Thomas Frings Besten Danke für die detaillierte Info! Ich hab keine Probleme mit etwas höheren Hürden. Es sollen ja keine Anliegen einzelner Parteien oder Interessengruppen behandelt werden, sondern nur echte und breite Volks-Begehren. |
bayer Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 15. Juli 2012 - 02:31 Uhr: | |
kann mir jemand sagen, ob die wahl des ministerpräsidenten in bayern eine einfache oder absoulte mehrheit erfordert?? vielen dank schon mal |
Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 15. Juli 2012 - 16:40 Uhr: | |
Einfache Mehrheit; nach der aktuellen Geschäftsordnung gibt es gegebenenfalls eine 2er-Stichwahl. Details hier. |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 15. Juli 2012 - 16:44 Uhr: | |
Da Art. 44 keine Mehrheit vorschreibt, gilt Art. 23: (1) Der Landtag beschließt mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, sofern die Verfassung kein anderes Stimmverhältnis vorschreibt. (2) Zur Beschlußfähigkeit des Landtags ist die Anwesenheit der Mehrheit seiner Mitglieder erforderlich. (3) Die in der Verfassung vorgesehenen Ausnahmen bleiben unberührt. |