Philipp Wälchli (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Montag, 13. März 2006 - 18:05 Uhr: | |
Der Verein ist ein Gebilde des Privatrechts. In Deutschland wird er zwar erst durch staatliche Konzessionierung statuiert, doch dies ändert an der Zuordnung zum Privatrecht nichts: Auch ein Bankhaus benötigt bspw. eine Lizenz und untersteht einer staatlichen Aufsicht, dadurch werden Banken aber nicht Bestandteil des Staates im engeren Sinne. Im Privatrecht herrscht grundsätzlich eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Soweit nicht zwingende Grundsätze des allgemeinen Privatrechts verletzt werden oder spezifische Bestimmungen für eine bestimmte Rechtsfigur, gibt es keine wesentlichen Schranken für privates gestaltendes Handeln. Namentlich können die Grundsätze des staatlichen Wahlrechts, Beamtenrechts usw. nicht einfach auf die privatrechtlichen Gebilde übertragen werden. Ich habe absichtlich etwas weiter ausgeholt, weil es sich um ein grundlegendes Missverständnis handelt: Im Privatrecht geht es nun einmal anders zu als im öffentlichen Recht; vieles wird nicht oder nicht bis in die haarkleinsten Einzelheiten festgeschrieben. Das Gesetz steckt zudem meist nur den Rahmen ab, die eigentlichen Antworten stehen dann in den Satzungen, Verträgen usw. Ggf. spielt auch die bisherige Praxis eine Rolle, oder aber man entscheidet auf Grund der sich ergebenden, nächstliegenden Lösung oder muss sich eben einigen, wenn gar kein Anknüpfungspunkt vorhanden ist, aus dem sich eine Lösung ableiten liesse. Es ist daher schlicht unmöglich, Fragen der Art "Darf der 1. Vorstizende ..." zu beantworten. Denn dies hängt von den konkreten Verhältnissen ab: Handelt es sich um einen eingetragenen oder einen nicht eingetragenen Verein? Welche Satzungsbestimmungen gibt es? Was gibt es sonst noch für Umstände, die ggf. beachtet werden müssten? Wie wurde es bisher gehandhabt? Gibt es neben der Satzung noch andere Bestimmungen, etwa Vereinsbeschlüsse, eine Geschäftsordnung usw.? In Vereinen gilt allgemein das Personalprinzip, d. h. eine Nase eine Stimme. Wenn also jemand in verschiedener Eigenschaft Organmitglied ist, hat er im allgemeinen trotzdem nur eine Stimme - Ausnahmen sind aber u. U. möglich. Eine Kumulation von Chargen/Funktionen ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, es sei denn, dass nach Gesetzesvorschrift ein Ausschliessungsgrund vorliegt (was in der Praxis sehr selten sein dürfte) oder dass sich zwei Aufgaben sachlich nicht vertragen. So kann niemand gleichzeitg eine geschäftsführende Tätigkeit ausüben und eine geschäfts- oder rechnungsprüfende: Er würde sich also selbst überwachen, was sachlich nicht geht (und im konkreten Falle müsste er etwa Anzeige gegen sich selbst einreichen, worauf sogleich die gesetzliche Ausschliessungsvorschrift wirksam würde). Nach BGB 32,1 gilt, dass die Mehrheit der erschienenen Mitglieder entscheidet, was mangels anderer Regelung auch für den Vorstand (und ggf. weitere Organe) gilt. Die Bestimmung ist aber dispositiv, d. h. es kann davon durch die Satzung durchaus abgewichen werden, namentlich was den Vorstand angeht. Laufende Geschäfte untergeordneter Natur könnten bspw. auch dem Vorsitzenden übertragen werden, auch andere Regelungen sind denkbar. Ein Stichentscheid ist im Gesetz nicht vorgesehen, er kann aber eingeführt werden, u. U. ist er auch stillschweigend praktiziert worden. Im Anfechtungsfalle wird ein Gericht dann wohl davon ausgehen, dass eine lange geübte Praxis verbindlich sei. Summa summarum lässt sich je nach dem diese oder jene Lösung herleiten, ohne Kenntnis der konkreten Lage eines bestimmten Vereins lässt sich da nun mal nichts verbindlich ausmachen. Aus gutem Grund gibt es keine Verfahrensordnung für alle Vereine, denn dies wäre widersinnig: Es soll in den Vereinen ja eben gerade die Aktivität der Bürger zum Zuge kommen können. |