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§ 6 Absatz 1 Satz 2 BWahlG – „gleiche...

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Manuel Simon Herz
Veröffentlicht am Samstag, 13. August 2005 - 21:18 Uhr:   

Grüß Euch zusammen,
Ich erlaube mir, nachfolgend einen Auszug aus dem Bundeswahlgesetz anzuführen, der mir fragwürdig erscheint. Wenn ich ihn richtig verstehe, besagt er, dass die Zweitstimmen vieler Wähler wertlos werden, wenn ein parteifreier Kandidat ein Direktmandat gewinnt.

Danke für Eure Bemühungen
Viele Grüße,
Manuel

§ 6
Wahl nach Landeslisten

(1) Für die Verteilung der nach Landeslisten zu besetzenden Sitze werden die für jede Landesliste abgegebenen Zweitstimmen zusammengezählt. Nicht berücksichtigt werden dabei die Zweitstimmen derjenigen Wähler, die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis erfolgreichen Bewerber abgegeben haben, der gemäß § 20 Abs. 3 oder von einer Partei, für die in dem betreffenden Lande keine Landesliste zugelassen ist, vorgeschlagen ist.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Samstag, 13. August 2005 - 21:32 Uhr:   

Das ist korrekt und auch folgerichtig, da sonst die Wähler des landeslistenlosen Wahlkreiskandidaten zumindest doppelten Stimmerfolg hätten, wenn sie mit ihre Zweitstimme eine Landesliste wählen, die nicht an einer Sperrklausel scheitert – siehe etwa: BVerfG, Beschluss vom 23.11.1988, 2 BvC 3/88 (BVerfGE 79, 161).

Umstritten – und momentan immer noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig – ist, ob diese Rechtsfolge auch für von einer Partei vorgeschlagenen Direktkandidaten gilt, deren Landesliste/n nicht die Sperrklauseln überwunden haben (Stichwort: „Berliner Zweitstimmen“).
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Manuel Simon Herz
Veröffentlicht am Dienstag, 16. August 2005 - 17:29 Uhr:   

Vielen Dank für die flotte Antwort und den Link zur BVG-Entscheidung, die ich auch gleich durchgelesen, aber wohl nicht ganz verstanden habe.

Ich kann meinen Unmut mangels juristischem Wissen nur an einem simplen Beispiel darlegen:

Betrachtet wird nur der Wahlkreis "1"
Dort kann man die Landeslisten der Parteien "Partei A" und "Partei B" wählen.
Die beiden Parteien stellten je einen Direktkandidat "Direkt a" und "Direkt b" auf, dazu gibt es den anderen Kreiswahlvorschlag "Direkt c"
Setzt sich einer der beiden Parteigebundenen _Direktkandidaten durch, so zählen alle abgegebenen Zweitstimmen.
Erhält jedoch der "Direkt c" die meisten Erststimmen, dann fällt eine große Anzahl Zweitstimmen unter den Tisch.
Ich empfinde das immer noch als befremdlich und als benachteiligung von anderen Kreiswahlvorschlägen, lasse mich aber gern belehren falls ich etwas falsch verstehe und jemand mein Laienbeispiel versteht und Lust hat zu antworten.
Vielen Dank.
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Lars Tietjen
Veröffentlicht am Dienstag, 16. August 2005 - 19:02 Uhr:   

Der Unterschied ist, dass wenn Direkt a oder Direkt b gewählt werden dies keinen Einfluss auf die Mehrheitsherhältnisse im Bundestag hat. (Außer es kommt zu Überhangmandaten. Da dann aber das Überhangmandat nicht lokalisierbar ist, können schon rein technich die Zweitstimen nicht gestrichen werden.)

Die Zahl der Mandate für die Parteien ergeben sich aus den Zweitstimmen.

Wenn Direct c gewählt wird, dann wird dies dazu führen, dass nur noch 597 statt 598 Mandate auf der Grundlage der Zweitstimmen gewählt werden. Die Wähler von Direct c haben also schon direkt Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlaments genommen. Wenn ihre Zweitstimmen gezählt würden, dann wird ihr Einfluss größer als die der anderen Wählern.

Um dies zu verdeutlichen. Wenn in allen Wahlkreisen 50% der Wähler einen unabhängigen Direktkandidaten und die Parei A wählen, dann hätte bei Anrechnung dieser Zweitstimmen diese Wählergruppe 75% der Mandate bestimmt. Die restlichen 50% der Wähler würden dann nur 25% der Mandate beeinflussen.
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Sporadischer Besucher
Veröffentlicht am Dienstag, 16. August 2005 - 22:55 Uhr:   

@Manuel Simon Herz

Man muß hier bei der Verwirklichung des Gleichheitsgrundsatzes unterscheiden zwischen den Wählern und den Wahlkreisbewerbern.

Die angesprochene Regelung verwirklicht den Grundsatz der gleichen Wahl nur hinsichtlich der Wähler (allerdings auch nur mit Einschränkungen - s. nächsten Kommentar).

Es wird jedoch das Recht des Einzelbewerbers auf Chancengleichheit verletzt, da man (nur) in seinem Fall seine potentiellen Wähler damit abschrecken kann, daß die Zweitstimmen verfielen, wenn er gewählt würde. Bei einem von einer Partei nominierten Wahlkreibewerber ist diese Argumentation nicht möglich - derzeit selbst dann nicht, wenn die nominierende Partei nicht in den Bundestag kommt ("Berliner Zweitstimmen").
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Sporadischer Besucher
Veröffentlicht am Dienstag, 16. August 2005 - 23:03 Uhr:   

@Lars Tietjen: Um dies zu verdeutlichen. Wenn …

Solche Effekte gibt es aber auch, wenn splittende Wähler mit der Erststimme einen Wahlkreisbewerber der einen Partei und mit der Zweitstimme die Listenbewerber einer anderen Partei wählen, wobei beide Parteien in den Bundestag kommen. Beispiel: Bei der letzten Bundestagswahl hat C. Ströbele seinen Wahlkreis aufgrund der splittenden Wähler gewonnen. Diese (splittenden) Wähler haben also mit ihrer Erststimme C. Ströbele zu einem Mandat verholfen und mit der Zweitstimme zusätzlich einem Kandidaten einer anderen Landesliste.
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Lars Tietjen
Veröffentlicht am Dienstag, 16. August 2005 - 23:35 Uhr:   

@ Sporadischer Besucher
Aber die Grünen haben dadurch kein zusätzliches Mandat bekommen. Es hat lediglich eine andere Zusammensetzung der Fraktion bewirkt, aber keine größere Fraktion. Deshalb ist es eben etwas anderes als das was ich beschrieben habe.
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Görd
Veröffentlicht am Mittwoch, 17. August 2005 - 18:11 Uhr:   

Wenn's diese Regelung nicht gebe, würden die großen Parteien womöglich gar keine Direktkandidaten aufstellen sondern "parteilose" Kandidaten, die der jeweiligen Partei dennoch nahe stehen.
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Sporadischer Besucher
Veröffentlicht am Freitag, 19. August 2005 - 23:20 Uhr:   

@Görd: "Wenn's diese Regelung nicht ..."

Nicht jeder Zweck rechtfertigt, Wahlrechtsgrundsätze der Verfassung zu verletzen. Vielmehr ist der Gesetzgeber gefordert, seine Ziele durch verfassungskonforme Regelungen zu verwirklichen.
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Sporadischer Besucher
Veröffentlicht am Freitag, 19. August 2005 - 23:26 Uhr:   

@Lars Tietjen: "Aber die Grünen haben dadurch kein zusätzliches Mandat …"

Es geht hier nicht darum, ob eine Partei mehr Sitze bekommt, als ihr (nach welchen Kriterien auch immer) zustehen, sondern darum, daß ein splittender Wähler ggf. zwei Bewerbern zu einem Mandat verhelfen kann - und damit doppeltes Stimmengewicht haben kann im Vergleich zu einem nichtsplittenden Wähler, der nur einem Bewerber zu einem Mandate verhelfen kann.

Ob doppeltes Stimmengewicht vorliegt, hängt nicht davon ab, daß ein Wähler zwei erfolgreichen Bewerbern derselben Partei zum Erfolg verhilft.
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Lars Tietjen
Veröffentlicht am Samstag, 20. August 2005 - 06:43 Uhr:   

@Sporadischer Besucher
>Es geht hier nicht darum, ob eine Partei mehr Sitze bekommt,

Doch genau darum geht es bei dieser Frage. Es ist so kein doppeltes Stimmgewicht.

Es sind zwei unterschiedliche Effekte bei unabhängigen Bewerbern und Direktkandidaten der Parteien. Deshalb werden diese in der Frage des Verfalls der Zweitstimmen unterschiedlich behandelt.
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Sporadischer Besucher
Veröffentlicht am Montag, 22. August 2005 - 23:31 Uhr:   

@Lars Tietjen

Auch wenn in der Realität so etwas nicht vorkommt, so hilft doch bisweilen ein idealtypisches Beispiel, um bestimmte Effekte sichtbar zu machen.

Bei der Bundestagswahl 2002 kam auf rund 66.000 Wähler ein Abgeordneter. Nehmen wir nun folgendes Szenario an:

• 66.000 Wähler folgen im Wahlkreis 84 der Empfehlung einer Wahlinitiative: Erststimme für C. Ströbele, Zweitstimme für die von der SPD nominierten Listenbewerber.
• C. Ströbele ist nicht als Listenbewerber nominiert.
• C. Ströbele erhält keine (Erst-)Stimme derjenigen Wähler, die ihre Zweitstimme den von den GRÜNEN nominierten Listenbewerbern geben.

Damit haben die besagten 66.000 Wähler zwei Bewerber “durchgebracht“: C. Ströbele (mit der Erststimme) und einen von der SPD nominierten Listenbewerber (mit der Zweitstimme). Also haben diese Wähler bei diesem Szenario doppeltes Stimmengewicht, da im Durchschnitt auf 66.000 Wähler nur ein Abgeordneter kommt.

Dieses doppelte Stimmengewicht geht natürlich auf Kosten anderer Wähler (und eines anderen Bewerbers): C. Ströbele wird den Wählern der Landesliste der GRÜNEN zugerechnet, obwohl sie ihn mit ihrer Zweitstimme nicht gewählt haben, da er nicht als Listenbewerber nominiert ist. Diese Zurechnung ist mit der von der Verfassung stets verlangten unmittelbaren Abgeordnetenwahl nicht vereinbar.

(Das Bundeswahlgesetz verschleiert also durch diese Zurechnung das doppelte Stimmengewicht, indem es implizit unterstellt, C. Ströbele sei von denjenigen Wählern gewählt worden, die ihre Zweitstimme den von den GRÜNEN nominierten Listenbewerbern gegeben haben.)

In dem idealtypischen Beispiel ist das doppelte Stimmengewicht offensichtlich. Wenn Sie nun der Meinung sind, daß in der realen Konstellation des Wahlkreises 84 bei der Bundestagswahl 2002 kein doppeltes Stimmengewicht vorliege, so stellt sich die Frage:

Wann verschwindet das doppelte Stimmengewicht, wenn man sich - ausgehend vom idealtypischen Beispiel – der realen Konstellation schrittweise nähert?
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m.g.s.
Veröffentlicht am Dienstag, 23. August 2005 - 11:21 Uhr:   

Ich glaube, Ihr redet aneinander vorbei.

Sporadischer Besucher: Natürlich ist es richtig, dass auch taktisch splittende Wähler einen höheren Einfluss haben, indem sie einem Kandidaten zum Mandat verhelfen können und trotzdem mit ihren Zweitstimmen den Anteil einer anderen Partei erhöht haben. Insoweit ist Ströbele in diesem Fall natürlich fein raus, weil sonst ein anderer Grünen-Kandidat statt ihm das Mandat bekommen hätte. Aber mit diesen Erststimmen wird die Zusammensetzung des Bundestages nur personell, nicht aber strukturell verändert. Ströbele kommt statt einem anderen Grünen. Die Erststimmen für Ströbele haben den Grünen also nicht zu einem zusätzlichen Mandat verholfen, weil die Verteilung der Mandate immer noch nach Zweitstimmen erfolgt wäre (es ist ja zunächst kein Überhangmandat).

Wenn Ströbele jedoch parteilos o.ä. gewesen wäre, hätte er das Mandat _unabhängig_ von der Zweitstimmenverteilung bekommen, und die Zweitstimmen der Ströbele-Wähler hätten _trotzdem_ die Zweitstimmenverteilung mitbestimmt.

Du hättest recht, wenn Ströbele ein Überhangmandat erhielte, weil zu viele Direktkandidaten gewählt wurden. Auch da würde dann die Zusammensetzung strukturell verändert. Wenn es aber nicht so ist, bleibt es bei der rein personellen Veränderung, und das ist ein vergleichsweise geringer Vorteil für die entsprechenden Wähler.
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Hinke (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Samstag, 07. Oktober 2006 - 21:20 Uhr:   

Das ist ja ein toller Salat, den ihr da anrichtet. Da entscheidet man ja doch lieber, wieviel Engel auf eine Nadelspitze gehen oder wem des Kaisers Bart gehört!
Ich kandidierte deshalb bei der letzten Bundestagswahl mit dem Slogan: "So einfach kann das Wählen sein: Erststimme Ja, Zweitstimme Nein!" Ich bin überzeugt, dass der Hase im Wahlrechtspfeffer liegt und dass Deutschland nur mit dem reinen Mehrheitswahlrecht weiterkommt.
Um das zu schaffen, sollten sich alle direkt gewählten Abgeordneten zur Verfassunggebenden Nationalversammlung konstituieren, die mit dem verkorksten Wahlrecht und dem entgleisten Föderalismus aufräumt.
Der Art. 146 GG liefert für eine solche Versammlung die Grundlage. So einfach ist das.
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Aed (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Samstag, 07. Oktober 2006 - 21:46 Uhr:   

So einfach kann das Wählen sein: Erststimme Ja, Zweitstimme Nein!"

Im Wahlkreis 224? Dann war der Slogan wohl nicht sehr erfolgreich, schließlich gab es dort 866 Zweitstimmen mehr als Erststimmen ,-).
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Samstag, 07. Oktober 2006 - 23:42 Uhr:   

Da wäre es dann doch interessant zu erfahren, inwiefern Artikel 146 GG die Grundlage dafür liefern sollte, dass die direkt gewählten Abgeordneten sich zur verfassunggebenden Nationalversammlung konstituieren könnten resp. dürften.
Besagte Bestimmung regelt mithin nur, unter welchen Voraussetzungen die Geltung des Grundgesetzes als ganzes aufhört. Und auch da stellen sich noch ein paar Folgefragen, etwa die, wie der Passus "vom gesamten deutschen Volk in freier Entscheidung angenommen" auszulegen sei - doch wohl am ehesten in dem Sinne, dass eine Volksabstimmung durchzuführen wäre und sich nicht irgendwelche Leute eigenmächtig zur Nation erklären.
Ein solches eigenmächtiges Vorgehen dürfte strafrechtlich als Amtsmissbrauch oder gar als Hochverrat zu qualifizieren sein. Dann wäre vermutlich schon der Aufruf dazu strafbar.
Es stellt sich auch die Frage, ob die "Ewigkeitsgarantie" aus Art. 79 GG, die den Föderalismus einschliesst, dem Aufräumen mit dem angeblich entgleisten Föderalismus entgegenstünde, was mindestens des Nachdenkens bedürfte, wie solches ohnehin stets geistigen Schnellschlüssen vorzuziehen ist.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Sonntag, 08. Oktober 2006 - 12:13 Uhr:   

Art. 146 ist an Schwammigkeit wirklich kaum zu überbieten. Denkbar aber wäre folgendes: Bundestag und Bundesrat beschließen eine komplett neue Verfassung und dann gibt es eine Volksabstimmung. Nur werden sich die Länder wohl kaum selbst abschaffen.

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