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Minderheitenpartei und Bundestag

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001-025tg25 05.04.05, 09:45h 
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Knut
Veröffentlicht am Dienstag, 05. April 2005 - 09:51 Uhr:   

@ Thomas Frings:
Sorry.. Ich hatte mal gelesen, dass die SVP auf Landesebene ebenfalls von einer ital. Sperrklausel befreit ist...
Weiß jemand, wie das mit entsprechenden deutschen Minderheiten in Polen und Osteuropa ist? Da solls auch so sein. Werd selbst mal recherchieren..

Übrings: Die Friesen haben eine eigen Sprache. In den Niederlanden wird sie von 400.000 gesprochen. In Nordfriesland dagegen grad noch von 10.000. Und das Nordfriesische ist in Dialekte zerfallen. Das stimmt.

Der SSW vertritt nicht nur die Dänen sondern auch die nationalen Friesen. Das kommt oft etwas zu kurz. Heißt ja net, dass sich die Friesen gleich wieder von den Dänen knechten lassen wollen ...obwohl ich bezweifel, dass sich die Wikinger gleich auf ihre Pferde schwingen und Nordfriesland platt machen wollen... :-)
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tg
Veröffentlicht am Dienstag, 05. April 2005 - 10:07 Uhr:   

@ Knut

Die Deutschen in Polen sind bei der Wahl zum nationalen Parlament von der 5-%-Hürde befreit und zur Zeit mit 2 Abgeordneten im Sejm vertreten.
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Martin Jurgeit
Veröffentlicht am Dienstag, 05. April 2005 - 10:48 Uhr:   

@Thomas Frings:

"Was soll die Haarspalterei: Natürlich meinte ich mit Südtirol, wie im heutigen Sprachgebrauch üblich, nur die Provinz Bozen ohne das Trentino."

Also ich weiß jetzt wirklich nicht, wer hier der Haarspalter ist? Demnächst kommen dann die Dänen und behaupten, das "richtige" Südschlewig besteht ja eigentlich nur aus Stadt und Landkreis Flensburg, weil da halt besonders viele Dänen leben.
Das Trentino hat jedenfalls seit 1.000 Jahren zu Tirol gehört und auch zur heutigen "Tiroler Europaregion" gehört es natürlich selbstverständlich dazu.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 05. April 2005 - 14:32 Uhr:   

Ich will diese unfruchtbare Diskussion hier nicht weiterführen, aber was soll der Unsinn? Wenn man z.B. von Deutschland redet, dann meint man (von ein paar Extremisten mal abgesehen) die Bundesrepublik Deutschland in den heutigen Grenzen und nicht alle Gebiete, die irgendwann mal zu Deutschland gehört haben, ebenfalls teilweise Jahrhunderte.
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Martin Jurgeit
Veröffentlicht am Dienstag, 05. April 2005 - 16:24 Uhr:   

@Thomas Frings:
Was soll der Unsinn? Soweit mir bekannt gibt es in Italien immer noch die autonome Region Trentino-Südtirol und Bozen ist halt eine Provinz (bei uns würde man wohl von Regierunsbezirk oder Landkreis sprechen) innerhalb dieser Region. Hier sollen doch nicht irgendwelche Grenzen neu gezogen werden - was soll der ganze Quatsch, den du mir da indirekt unterstellst.
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Knut
Veröffentlicht am Dienstag, 05. April 2005 - 16:24 Uhr:   

@ tg:
Vielen dank für die Info! In Polen scheint es einen Dachverband der deutschen Minderheit namens VDG zu geben.

Um auf das Thema zurück zu kommen:
Ich denke weder die dänisch/friesische Minderheit noch die sorbische Minderheit wären glücklich einen zweiten Landesverband des SSW zu gründen. Darüber hinaus müsste der SSW seinen Namen verändern und würde somit Gefahr laufen seinen Ruf als schleswigsche Regionalpartei zu verlieren.

Die Gründung der Sorbischen Volkspartei sehe ich kritisch. Soweit ich weiß, wird die Gründung von vielen Sorben abgelehnt. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass der SSW und die sorbische Partei eine gemeinsame Liste zur Bundestagswahl aufstellen würden. Rechtlich müsste das doch gehen.
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Sole
Veröffentlicht am Dienstag, 05. April 2005 - 16:43 Uhr:   

Wie?
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Kai
Veröffentlicht am Dienstag, 05. April 2005 - 17:05 Uhr:   

Südtirol ist der südlich des Brenner gelegene Teil der ehemaligen Grafschaft Tirol. Damit umfasst Südtirol also das Gebiet, das Italien 1919 von Österreich erhielt: die heutigen Provinzen Bozen und Trient, bzw. die 1948 geschaffene autonome Region Trentino-Alto Adige.

Richtig ist aber auch, dass sich der Sprachgebrauch seit der Eingliederung nach Italien auf den mehrheitlich deutschsprachigen Teil Italiens, also in etwa die Provinz Bozen, reduziert hat. Und die Provinz Bozen (im Gegensatz zur Provinz Trient) war auch Gegenstand der Südtirol-Frage zwischen Österreich und Italien, die erst durch den Notenwechsel von 1992 völkerrechtlich beendet wurde.
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Kai
Veröffentlicht am Dienstag, 05. April 2005 - 17:12 Uhr:   

@Knut:

Die Aufstellung einer gemeinsamer Liste zweier Parteien zur Bundestagswahl ist unzulässig (ich verweise auf die Diskussion zu DVU/NPD). Wenn der SSW in Brandenburg und Sachsen anträte, dann nur als Vertretung der dänischen Minderheit (die in Brandenburg und Sachsen vermutlich nicht viele Mitglieder hat). Rechtlich wäre das (insbesondere nach den beiden jüngsten Beschlüssen des BVerfG) kein Problem, politisch glaubwürdig wäre es aber nicht.
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Knut
Veröffentlicht am Mittwoch, 06. April 2005 - 12:11 Uhr:   

@ Kai!
Wusste ich net. Danke :-)

Also müssen beide Seiten eine neue bundesweite Partei gründen oder den SSW entsprechend verändern und umbenennen. Was beides sicher nicht realistisch wäre.
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Sole
Veröffentlicht am Mittwoch, 06. April 2005 - 23:58 Uhr:   

Pro forma eine Wahlpartei zu gründen ist schon möglich. Wenn man es denn will.
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Immanuel Goldstein
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. April 2005 - 13:20 Uhr:   

Eine etwas seltsame und vielleicht auch provkante Frage:
Für den Fall, dass sich in Österreich die Vorstellung von einer österreichischen Nation durchsetzen würde (seit 1945 gibt es da ja eine gewisse Tendenz zu), könnten sich dann nicht Teile der Bayern als österreichische Minderheit in Deutschland präsentieren (gemeinsame Vergangenheit, Sprache,Kultur Religion, Vererbungssitten, enge verwandtschaftliche Beziehungen)? Wäre es für Deutschland beziehungsweise die Bayern dann sinvoll Minderheiten Rechte den in Deutschland lebenden,langsiedelten Österreichern (sprich Alt-Bayern) zu gewähren?
Köntnen die Bayern möglicherweise sich sogar einseitig (ohne Österreichs Ansporn) als Minderheit definieren? Was wären die Folgen?
Noch detaillierter: würde dann für CSU, Bayernpartei und vielleicht für eine künftige SPB (SPBayern) die Befreiung von der 5%-Hürde gelten? Können also konkurrierende Parteien ein und die selbe Minderheit vertreten? Würde sich der SSW in einen konservativen und sozialdemokratischen Flügel spalten - würden dann nicht für beide eine solche Befreiung vorliegen?
Ich hoffe der Fragenkatalog stört niemanden. Hoffentlich finden einzelne einzelne Fragen beantowrtenswert.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. April 2005 - 13:57 Uhr:   

"Für den Fall, dass sich in Österreich die Vorstellung von einer österreichischen Nation durchsetzen würde"

Natürlich hat sich seit dem Krieg eine österreichische Nation herausgebildet. Die Abgrenzung von Deutschland als erstes Opfer Hitlers war in der Nachkriegszeit opportun- auch wenn die angebliche Opferrolle es historisch betrachtet natürlich Schwachsinn ist.
In der Regel schafft sich ein Staat, wenn er denn lange genug besteht, seine nationale Identität selbst. Die Bayern sind sicher keine nationale Minderheit, sonst könnte man ja gleich jede landsmannschaftliche Gruppe zur Minderheit erklären, wie z.B. Schwaben, Pfälzer, Badener, Ostfriesen, Rheinländer, Westfalen etc. Und die genannten Gruppen könnte man teilweise noch weiter aufspalten. Als nationale Minderheit können sie sich auch nicht definieren. Hätten die Allierten nach 1918 dem Anschluß Österreichs ans Deutsche Reich zugestimmt (in Volksabstimmungen in Salzburg und Tirol waren 1921 99,4 bzw. 98,8% dafür), hätten sich die Österreicher hinterher auch nicht als Minderheit definieren können.

"Würde sich der SSW in einen konservativen und sozialdemokratischen Flügel spalten - würden dann nicht für beide eine solche Befreiung vorliegen?"
Ja sicher, wo steht, daß eine Minderheit nur von einer Partei vertreten werden darf?
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Immmanuel Goldstein
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. April 2005 - 15:39 Uhr:   

@ Jürgen Frings
""Würde sich der SSW in einen konservativen und sozialdemokratischen Flügel spalten - würden dann nicht für beide eine solche Befreiung vorliegen?"
Ja sicher, wo steht, daß eine Minderheit nur von einer Partei vertreten werden darf?"
Sehe ich ja auch so (und halte es auch für richtig). Dies könnte aber missbraucht werden (CDU und SPD könnten z.B. Satelitenparteien konstruieren.)
"Die Bayern sind sicher keine nationale Minderheit, sonst könnte man ja gleich jede landsmannschaftliche Gruppe zur Minderheit erklären, wie z.B. Schwaben, Pfälzer, Badener, Ostfriesen, Rheinländer, Westfalen etc"
Na ja, eine Minderheit ist jede dieser Gruppen - wenn auch keine nationale. Aber wenn die Österreicher eine Nation sind, wieso sollten die Bayern nicht dahinzugehören? Es leben ja auch Makedonen in Bulgarien (seit 1992 erst so genannt) seit Jahrhunderten, obwohl es ein Makedonien erst seit Anfang 1990'er gibt (die Makedonier wurden bis ins späte 19.Jhdt. als Bulgaren betrachtet - die Sprachen sind fast identisch - erst danach hat sich unter einem Teil der Makedonen eineigenes Nationalbewußtsein (gleichzeitg aber auch de Wunsch nach Großbulgarien) gebildet und erst ín Jugoslawien Titos in der Mehrheit der mak. Bevölkerung und zum Schluss der erste mak. Nationalstaat (der sich allerdings als Staat von zwei Nationalitäten - Albanern - versteht). Während dieser ganzen Zeit lebten und siedelten aber "Protomakedonen" (sprich Bulgaren, die sich nicht von den späteren Einwohnern Makedoniens unterscheiden) in Bulgarien. Trotzdem werden sie nun zurecht als mak. Minderheit in Bulgarien wahrgenommen (wenn auch nicht rechtl. geschützt - darum zanken die Hinterbänke des Parlament seit 2 Jahren). Ich hoffe dies Beispiel erläutert meine Frage in Bezug auf Bayern (Österreich gibt es immerhin jetzt doch schon länger als Makedonien; Bayern bzw. Makedonen leben aber noch länger in Deutschland bzw. Bulgarien).
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John Rawls
Veröffentlicht am Freitag, 08. April 2005 - 11:01 Uhr:   

Fürchterliche Diskussion; und das unter Leuten, die ich hier wirklich ernst nehme.

Wenn ich mit einem Fingerschnippen ein historisches Ereignis mit all seinen Folgen rückgängig machen könnte, wäre es der Vertrag von Lausanne. Da ist ein politischer (Un-)Geist aus der Flasche gelassen worden, der wohl so schnell nicht wieder rein will.

Das ganze Nationalitäten- und nationale Minderheitengedöns ist einfach nicht mein Menschenbild.
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Bernd aus Bayern
Veröffentlicht am Samstag, 09. April 2005 - 11:17 Uhr:   

@sole:

Pro forma eine Wahlpartei zu gründen ist schon möglich. Wenn man es denn will.


Gabs so etwas nicht schon mal zur BTW 1957 zwischen Zentrum und Bayernpartei als FU - Förderalistische Union?
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Sonntag, 10. April 2005 - 09:45 Uhr:   

Ja, das gab es, war aber nicht gerade erfolgreich (2,7% in Bayern, 0,8% in NRW, 0,4% in Niedersachsen). Noch schlechter schnitt 1965 die CVP ab, ein Bündnis aus Zentrum und saarländischer SVP (0,11% in NRW, 1,43% im Saarland).
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Sonntag, 10. April 2005 - 12:05 Uhr:   

@Martin Jurgeit:
Deine Thesen zu Südtirol sind, öhm, überaus unorthodox. Das habe ich in wesentlichen Punkten ganz anders in Erinnerung ...

> Historisch betrachtet sind die meisten "Südtiroler" Ladiner also
> Rätoromanen.
Selbstverständlich gibt es unter den Südtirolern deutscher Sprache auch Nachfahren assimilierter Ladiner - aber nur als kleine Minderheit. Die große Mehrheit (m. W. auch die Vorfahren des Bergsteigers ...) sind im Ursprung deutsche, genauer bayrische Siedler des frühen Mittelalters.

> Das Trentino hat jedenfalls seit 1.000 Jahren zu Tirol gehört.
Aber überhaupt nicht!
Das Trentino entspricht weitgehend dem ehemaligen Bistum Trient, das kam erst 1803 zu Tirol bzw. Österreich.
Ein kleiner Teil des heutigen Trentino, ein Gebietsstreifen an der Südgrenze um Rovereto, war schon einige Jahrhunderte früher tirolisch.

Die Sprachgrenze verlief vom Mittelalter bis zum ersten Weltkrieg ziemlich stabil nördlich von Trient eben zwischen dem alten Tirol und dem Trentino, nördlich davon gab es fast keine Italiner, südlich davon fast keine Deutschen. Aber in beiden Gebieten gab es ladinische Sprachinseln.
Die heutige italienische Minderheit in Südtirol ist erst unter Mussolini und später dort angesiedelt worden.

> Es war ja schließlich auch kein Zufall, dass Südtirol nach dem
> ersten Weltkrieg Italien zugesprochen wurde.
Zufall nicht, aber es war eine bemerkenswert sinnwidrige Grenzziehung.

Das Trentino war 1918 das einzige noch bei Österreich verbliebene italienisch-sprachige Gebiet. Dieses einfach entlang der historischen Grenze abzutrennen und an Italien anzugliedern wäre naheliegend und sinnvoll gewesen und hätte den Leuten dort unglaublich viel unnötigen Ärger erspart. Mehr als das Trentino hatte die italienische Nationalbewegung auch lange Zeit überhaupt nicht verlangt.

Bei den Friedensschlüssen nach dem ersten Weltkrieg setzten sich aber italienische Ultra-Nationalisten durch und sie setzten die historisch und ethnisch völlig unsinnige Abtrennung des südlichen Teils Tirols durch, die Grenze sollte entlang des Alpenhauptkamms verlaufen.

Diese Idee der "natürlichen Grenzen" entlang von Pässen und Flüssen war eine besonders abwegige Gedankenkonstruktion realitätsferner Schreibtischstrategen, eine Begleiterscheinung des Wahns vom "Nationalstaat".
Ähnlich unsinnige Grenzziehungen finden wie am Rhein zwischen Baden und Elsaß und vor allem an der Oder-Neiße-Linie.
So etwas kommt heraus, wenn an irgendeinem grünen Tisch abgehobene Machtpolitiker Linien in die Landkarte malen.
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Martin Jurgeit
Veröffentlicht am Sonntag, 10. April 2005 - 14:28 Uhr:   

@Ralf Arnemann:


"Selbstverständlich gibt es unter den Südtirolern deutscher Sprache auch Nachfahren assimilierter Ladiner - aber nur als kleine Minderheit."

Ich wäre hier sehr vorsichtig. Zum einen sind viele auf "Auf-den-ersten-Blick-Deutsche" wie Reinhold Messner, auf den ich schon weiter oben anspielte, auch Ladiner - oft bekennen sie sich aber zur deutschen Minderheit, denn erst in den letzten Jahren bildet sich ein größeres Selbstbewusstsein unter den Rätoromanen heraus.
Und zum anderen ändert sich gerade in den letzten Jahren sehr stark unser Bild vom "Verschwinden" früherer Bevölkerungsgruppen, wenn diese durch vordringende neue Gruppen "überlagert" wurden.
Hierzu ein Beispiele: Die Ungarn sprechen eine finnougrische Sprache, die auf die magyarischen Eroberer im neunten Jahrhundert zurückgeht. Heute wissen wir aber aus genetischen Untersuchungen, dass die Ungarn aufgrund ihrer genetischen Abstammung zu 90% der ursprünglichen Bevölkerung Pannoniens entsprechen und zu weniger als 10% den eigentlichen Ungarn. Hier hat es also eine relativ kleine Gruppe von Zuwanderern geschafft, seine Kultur der ursprünglich ansässigen Bevölkerung "überzustülpen".
Die von Immmanuel Goldstein angesprochenen (tatarischen) Bulgaren sind hierbei übrigens größtenteils gescheitert. Sie nahmen schon nach kurzer Zeit sogar die Sprache ihrer eroberten slawischen Umgebung an. Einzig ihr Name hat noch überlebt, hat aber im Grunde mit der Bevölkerung, mit der er heute gleichgesetzt wird, weder in Abstammung noch Sprache etwas zutun.
Auch die Siedlungstätigkeit der Deutschen wurde quantitativ lange Zeit komplett überschätzt, weil man davon ausging, dass z.B. "Kreuzzüge" wie gegen die Pruzzen diese größtenteils ausgerottet hätten und die Landstriche dann fast menschenleer gewesen wären, es also zu einer völligen "Neuauffüllung" mit Zuwanderern gekommen wäre. Die aktuelle Forschung geht davon oftmals nicht mehr aus. Eine Unterwerfung gab es wohl, eine regelrechte Ausrottung aber praktisch nie, da diese auch aus ökonomischer Sicht absurd gewesen wäre.
Gerade genetische Untersuchungen werden hier in den nächsten Jahren noch viele sehr interessante Ergebnisse wie bei den Ungarn hervorbringen.


"Das Trentino entspricht weitgehend dem ehemaligen Bistum Trient, das kam erst 1803 zu Tirol bzw. Österreich. Ein kleiner Teil des heutigen Trentino, ein Gebietsstreifen an der Südgrenze um Rovereto, war schon einige Jahrhunderte früher tirolisch."

Das Gebiet um Trient gehörte bereits seit 1027 zum Herzogtum Bayern und kam danach dauerhaft im Grunde erst wieder nach dem Ersten Weltkrieg zu Italien. Auch die Reichsgrenze zu Venedig verlief IMMER südlich von Trient. Zudem war Trient DAS wirtschaftliche Zentrum der ganzen Region südlich des Brenners. Man hätte hier mutwillig eine gewachsene Region auseinandergerissen.
Für mich zumindest ist überhaupt nicht verständlich, warum es zu einer Auflösung der Region Trient-Südtirol hätte jemals kommen sollen oder in der Zukunft kommen sollte. Wir haben hier eine gewachsene Region mit zwei Bevölkerungsgruppen, die Deutsch oder Italienisch sprechen, und einer sie gewissermaßen "verzahnenden" dritten Gruppe, der südtiroler Ursprungsbevölkerung, den Ladinern, denen man bei einer (aus meiner Sicht künstlichen) Grenzziehung übrigens zugemutet hätte, sich plötzlich in zwei Regionen (oder gar Staaten) wiederzufinden. Zählen die Rechte der Ladiner weniger?


"Das Trentino war 1918 das einzige noch bei Österreich verbliebene italienisch-sprachige Gebiet."
Das stimmt so nicht, denn schließlich gehörte auch Triest samt Umland zu Österreich. Und die Städte Triest und Trient sind auch durchaus miteinander vergleichbar. Beide verstanden (und verstehen) sich zwar als italienische aber gleichzeitig ausdrücklich auch als habsburgische Städte.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Sonntag, 10. April 2005 - 15:26 Uhr:   

"Gerade genetische Untersuchungen werden hier in den nächsten Jahren noch viele sehr interessante Ergebnisse wie bei den Ungarn hervorbringen."
Deutsche wird man wohl kaum genetisch definieren können, Ladiner und andere auch nicht. Österreicher sind zu einem großen Teil slawischer Herkunft (da muß man sich ja nur mal die Nachnamen anschauen), das ist aber heute irrelevant. Als Ladiner bezeichneten sich selbst in der letzten Volkszählung übrigens nur 4,4% der Südtiroler.

"Für mich zumindest ist überhaupt nicht verständlich, warum es zu einer Auflösung der Region Trient-Südtirol hätte jemals kommen sollen oder in der Zukunft kommen sollte."
Diese Region ist schon jetzt faktisch in zwei Regionen gespalten, Trient und Bozen heißen ja nicht umsonst "autonome Provimzen". Eine Regionalregierung existiert auch nicht.

"Man hätte hier mutwillig eine gewachsene Region auseinandergerissen."
Das hätte man auf jedem Fall, aber wohl weniger eingreifend. Trient ist übrigens kleiner als Bozen und bestimmt kein bis ins Vintschgau und ins Pustertal ausstrahlendes Zentrum. Es ist auch wesentlich kleiner als Triest.
Richtig aber ist, daß die Trentiner auch nach 1859 nicht die einzigen Italiener in Österreich-Ungarn waren. Istrien mit Rijeka (Fiume) kam dann auch 1919 an Italien, dieses mußte nach dem 2. Weltkrieg an Jugoslawien abgetreten werden, die meisten Italiener aus Istrien wanderten nach Italien aus. Im slowenischen Parlament ist (wie für die Ungarn) ein Sitz reserviert. Auch in Kroatien haben u,a. die Italiener einen Sitz reserviert.
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Martin Jurgeit
Veröffentlicht am Sonntag, 10. April 2005 - 16:15 Uhr:   

@Thomas Frings:


"Deutsche wird man wohl kaum genetisch definieren können, Ladiner und andere auch nicht."

Mein Ausflug in die Genetik sollte lediglich das Argument von Ralf entkräften, dass es wohl nur sehr wenige assimilierte Ladiner in Südtirol gäbe. Natürlich spielt für mich die genetische Abstammung genauso wenig eine Rolle bei der Zugehörigkeit zu einem Staat wie etwa die Beherrschung einer bestimmten Sprache. Besonders anschaulich zeigen mir das immer wieder meine Besuche in der Schweiz.


"Diese Region ist schon jetzt faktisch in zwei Regionen gespalten, Trient und Bozen heißen ja nicht umsonst "autonome Provinzen".

Gerade die weitreichende Autonomie auch innerhalb der Region macht ja das Beispielhafte auch für andere Krisenregionen aus. Die weitreichende Autonomie für die deutsche Minderheit war aber erst zu dem Zeitpunkt möglich, als ein für allemal klar war, dass dieses Gebiet nicht mehr von Österreich beansprucht wird, also auf immer in Italien bleibt.


"Trient ist übrigens kleiner als Bozen und bestimmt kein bis ins Vintschgau und ins Pustertal ausstrahlendes Zentrum."

Also meinem Brockhaus nach ist Trient etwas größer, aber das mag sich in den letzten fünf Jahren geändert haben. Wichtiger ist aber, dass Bozen noch anfangs der zwanziger Jahre ein regelrechtes "Nest" war, das in seiner Bedeutung wohl noch hinter Brixen anzusiedeln war. Erst Mussolinis Italienisierungspolitik hat Bozen Aufstieg gebracht (sic). Die Ansiedlung von Industrie und italienischen Arbeitern hat im Grunde erst das moderne Bozen ermöglicht, das wir heute kennen.
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Immanuel Goldstein
Veröffentlicht am Sonntag, 10. April 2005 - 18:42 Uhr:   

@ Martin Jurgeit
Als (Deutsch-)Bulgare will ich Ihre (treffenden Aussagen) ergänzen:
die "Protobulgaren" sind natürlich nicht im engeren Sinne Tataren sondern wohl eher eine "Mischung" aus Turkvolk und Tungusen (ist aber auch wirklich nur ein kleiner Unterschied). Aus dem protobulgarischen Sprachgebrauch haben sich auch tatsächlich nur wenige Worte erhalten (hängen größtenteils mit Pferden, Krieg, Ehrentiteln zusammen).
Die kleine, herrschende Minderheit der Protobulgeren (genauer Westbulgar - bei den Ostbulgar ist das alles ja anders gewesen) hat aber nicht nur slawische (wirklich viel) sondern auch griechische und lateinische Elemente in sich aufgenommen - das sieht man an den Familiennamen.

@ John Rawls
Ich hoffe das Sie meinen Beitrag als das gelesen haben, was er darstellen sollte: eine Mischung aus Satire und aktueller Fragestellung in Form einer Projektion Bulgarisch/Makedonischer Verhältnisse auf Deutsch/Österreichische.
Dass ich selber nicht viel von einer Überbewertung der Kategorie Nation und Nationalität halte, sollte bekannt sein.
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John Rawls
Veröffentlicht am Montag, 11. April 2005 - 00:56 Uhr:   

Ich hatte dies gehofft. Allerdings lesen sich hier die meisten Beiträge freundlichstenfalls wie Realsatire.

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