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Roman Meisl
| Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Mai 2001 - 16:29 Uhr: | |
Hallo! Ich habe gehört, daß eine Wahl ungültig sein kann, wenn der Anteil der Briefwähler zu hoch ist. Meine Fragen: a) Stimmt das? b) Wie hoch ist der Prozentsatz? c) In welchem Gesetz/Verordnung ist dies festgehalten? Ich brauche diese Informationen für meine Diplomarbeit. Danke schon mal für Eure Antworten! Roman |
Wilko Zicht
| Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Mai 2001 - 16:48 Uhr: | |
Nein, meines Wissens gibt es eine derartige Regelung nicht. Jedenfalls nicht in Deutschland. |
Jörn Suika
| Veröffentlicht am Freitag, 08. Juni 2001 - 11:44 Uhr: | |
Hallo, so weit ich weiß hat sich das Bundesverfassungsgericht vor nicht all zu langer Zeit mit diesem Thema beschäftigt. Zumindest habe ich so etwas bei meiner letzten Einweisung als Briefwahlvorsteher erklärt bekommen: Danach könnte durch die Briefwahl der Grundsatz der freien und geheimen Wahl gefährdet sein. Der Wahlvorstand in einem Wahllolal muß zum Beispiel darauf achten, daß jeder Wähler alleine und unbeobachtet seinen Wahlzettel ausfüllt. Selbst wenn die Ehefrau zustimmt, daß ihr Mann ihr ruhig bei der Stimmabgabe über die Schulter schauen darf, muß dies vom Wahlvorstand unterbunden werden. Bei einer Briefwahl hat der Staat nicht die Kontrolle darüber, daß der Wähler selber den Stimmzettel ausfüllt und/oder dabei unbeobachtet ist. Das BVerfG soll gesagt haben, daß diese ptoentielle Einschränkung der Wahlgrundsätze nur so lange akzeptabel sei, wie es sich um Einzelfälle handelt. Dies ist unter anderem auch ein Argument gegen eine mögliche Stimmabgabe über das Internet. MfG Jörn Suika Wuppertal |
Norddeutscher Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Samstag, 07. April 2012 - 00:45 Uhr: | |
"Das BVerfG soll gesagt haben, daß diese ptoentielle Einschränkung der Wahlgrundsätze nur so lange akzeptabel sei, wie es sich um Einzelfälle handelt." Welches Quorum hat das Bundesverfassungsgericht da eigentlich festgelegt? Das heute übliche Viertel, dass Briefwahl macht, dürfte doch unter dem Hintergrund der Geheimheit der Wahl definitiv nicht hinnehmbar sein. Gibt es eigentlich Überlegungen, die Zahl der Briefwähler zu begrenzen? Wenn ja, von wem? Wenn nein, warum nicht (und von welcher Partei mit welchen Gründen nicht)? |
Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 07. April 2012 - 11:19 Uhr: | |
Die Aussage des Bundesverfassungsgerichts war: "Wenn bei einem Anstieg des Anteils der Briefwähler auch das Ausmaß der beanstandeten Formen der Briefwahlwerbung zunimmt, wächst das verfassungsrechtliche Gewicht dieser Gefährdungen." Wobei mit "Briefwahlwerbung" die ehemalige Praxis der Parteien gemeint ist, Wahlberechtigten mit Drückerkolonnen die Briefwahl aufzuschwatzen, ihnen die Unterlagen ins Haus zu bringen und ausgefüllt wieder mitzunehmen. Aber auch sonst stimmen die Voraussetzungen der Entscheidung nicht mehr. Es wird aber vermutlich noch dieses Jahr eine erneute Entscheidung geben. Bundesweit ist der Anteil der Briefwähler bisher eher noch bei einem Fünftel als einem Viertel. Mehr als 25% hat es meines Wissens bisher erst in Hamburg, Berlin und Bayern gegeben. NRW und Rheinland-Pfalz waren bei den letzten Landtagswahlen nah dran, wobei es in Rheinland-Pfalz letztlich nur 24,0% inkl. Wahlscheinurnenwähler und nicht die zunächst gemeldeten 25% waren. NRW hat 2010 23,7% Briefwähler gehabt. Das Saarland ist auch noch eher überdurchschnittlich, aber da kriegt man keine landesweiten Daten dazu. Nach denen von Saarbrücken waren es wohl deutlich unter 25%. Stuttgart hat übrigens eine schöne Wahlkreiskarte der Briefwähleranteile bei der Bundestagswahl 2009 (auch mit anderen Informationen zur Briefwahl). Erstaunlich ist die strikte Abgrenzung entlang der Bundeslandgrenzen, insbesondere zwischen Bayern (hoch) und Baden-Württemberg (niedrig). |
juwie
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 07. April 2012 - 20:05 Uhr: | |
"Erstaunlich ist die strikte Abgrenzung entlang der Bundeslandgrenzen, insbesondere zwischen Bayern (hoch) und Baden-Württemberg (niedrig)." Hat das vielleicht damit zu tun, dass die Ferien in Bayern länger dauern - und daher ein Termin im September noch in die bayerische Urlaubszeit fällt? |
Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 07. April 2012 - 23:30 Uhr: | |
2009 waren die Sommerferien in Bayern nur 1 Tag später aus als in Baden-Württemberg; außerdem würd ich bei einem Wahltermin kurz nach den Ferien eher erwarten, dass die Leute noch im Urlaub sind, wenn sie sonst Briefwahl beantragen würden, zur Wahl dann aber da sind. Einen gewissen Einfluss haben sicher die Wahlsysteme. Die Landtagswahl ist in Bayern deutlich komplexer als in Baden-Württemberg, was langfristig eine allgemeine Affinität zur Briefwahl verursachen wird. Bei den Kommunalwahlen wird der Anreiz zur Briefwahl in Baden-Württemberg dadurch gesenkt, dass alle Wahlberechtigten die Stimmzettel, nicht aber die Briefwahlunterlagen vorher zugeschickt bekommen (weiß aber nicht, seit wann (die Staatsregierung sperrt dort seit 2008 Suchmaschinen und das Internetarchiv aus und damit auch den Zugriff auf alte Versionen des KWG)). In Rheinland-Pfalz gibts auch schon ziemlich lang ein briefwahlförderndes Kommunalwahlsystem (seit 1989; 1984 war es ähnlich zu Niedersachsen, aber mit 6 Stimmen und Kumulationsbeschränkung auf 3 Stimmen). Die erhöhten Werte in NRW und im Saarland lassen sich teilweise durch die städtische Struktur erklären. Dass allein das Wahlsystem bei anderen Wahlen (nochdazu mit deutlich niedriger Beteiligung) einen dermaßen krassen Einfluss hat, halt ich aber für eher unwahrscheinlich. Ich seh aber auch nicht, was es sonst sein könnte. Die relevantesten Faktoren schwanken eher zwischen den Gemeinden als zwischen den Ländern. Möglicherweise ist die Herausbildung einer Wahlkultur einfach ein chaotischer Prozess, bei dem auch Nebensächlichkeiten dominant werden können. |
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