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Martin Jurgeit
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. August 2004 - 14:45 Uhr:   

@Mörsberg schrieb:
"Umgekehrt hatten die Bayern überhaupt keine Probleme, die Neubaustrecke München-Nürnberg so zu bekommen wie sie das wollten, (...)"

Da ist die Augsburg/Ingolstadt-Diskussion in der Trassenführung aber offenbar komplett an dir vorbeigegangen. Die stand der "Erfurt & Co."-Auseinandersetzung im Prinzip in nichts nach und dürfte das Projekt ebenfalls über Jahre zurück geworfen haben.
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. August 2004 - 15:17 Uhr:   

Martin:
> So hätte sich die Grenzziehung quasi "natürlich" nach dem Willen
> der Bevölkerung ergeben.

Ich halt Abstimmungen bei Gebietsfragen nicht für ganz unproblematisch. Damit erzeugt man leicht kleine Minderheiten, die dann in Gefahr sind, völlig untergebuttert zu werden, weil ihre Existenz nicht mehr wahrgenommen wird. Wo sich klare Grenzen nicht sowieso anbieten, ist es oft besser, ein ausdrückliches Mischgebiet zu haben, in dem man die Probleme kennt und gezielt angehen kann.
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kai
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. August 2004 - 15:20 Uhr:   

Eine Aufteilung Nordrhein-Westfalens wäre aus landesplanerischer Sicht völliger Schwachsinn. Wenn überhaupt könnte die Grenzziehung nur so erfolgen, dass das Ruhrgebiet geschlossen zu Westfalen geschlagen würde. Das heißt, dass die nördliche Stadtgrenze von Düsseldorf zur Landesgrenze würde und Duisburg, Essen, Mülheim, Oberhausen und der Kreis Wesel zu Westfalen kämen. Die heutige Grenze zwischen Rheinland und Westfalen verläuft im Bereich Essen/Bochum und Oberhausen/Bottrop teilweise zwischen Nachbarhäusern. Dass es in Kerkrade/Herzogenrath eine Straße gibt, deren Fahrbahn in Richtung Norden zu Deutschland und Richtung Süden zu den Niederlanden gehört, ist m.E. auch kein Argument dafür, solche Grenzziehungen künstlich neu zu schaffen.

@Sole

In Thüringen gibt es keine Mittelebene. Die haben nur Sachsen und Sachsen-Anhalt eingeführt.

@Martin Jurgeit

Das Exklaven-Problem ist schon eines und zwar im Bereich der Raumordnung und Landesplanung. Daher wurde auch versucht, nach 1945 möglichst alle Exklaven zu beseitigen. Lediglich im Falle Bremerhaven wurde umgekehrt vorgegangen. Wenn Bremen weiter zur britischen Zone gehört hätte, wäre es vermutlich auch nach Niedersachsen eingegliedert worden.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. August 2004 - 16:35 Uhr:   

Juhu! Was für eine Diskussion! Da haben wir binnen weniger Tage eine ganze Menge Senf auf die Wurst. Offenbar ist das Thema also doch mit einer gewissen "Sprengkraft" versehen.

Nur einmal zur Klärung, was wir unter "historisch gewachsenen" und "aus dem Boden gestampften" Ländern verstehen:
"Historische" Grenzen gibt es allerlei. Aber dass eine Grenze irgendwann auch einmal schon bestand, macht ein Land noch nicht zu einer historisch gewachsenen Einheit.
Die Aufzählung der "historischen" Grenzen der deutschen Bundesländer wie oben gegeben füllt etwa eine Seite A4. Zudem sind die aufgezählten Grenzen schon für ein einzelnes Land sehr unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Art. Da gibt es Grenzen, die auf den Wiener Kongress zurückgehen, Grenzen, die durch Trennung oder Vereinigung von Gebietseinheiten entstanden u. a. m.

Eine entsprechende Aufzählung für die USA, aber auch für die Schweiz würde deutlich kürzer und einfacher ausfallen. Wenn man eine Karte von einem beliebigen Zeitpunkt mit einem beliebigen andern Zeitpunkt vergleicht, dann stellt man nicht nur fest, dass die Staaten bzw. Kantone dieser Länder in Bestand und Grenzen unvergleichlich stabiler waren, sondern ein weiterer Vergleich wird auch zeigen, dass dies für andere Faktoren eben auch gilt.
Z. B. wird allgemein gesagt, dass die Virginia Bill of Rights die älteste Verfassung im modernen Sinne darstelle. Virginia wird aber heute noch nach einer Verfassung regiert, die nichts weiter als eine modernisierte Fassung jener ältesten darstellt. Dieser Staat hat also eine unglaublich stabile Verfassungstradition, was sich von deutschen Bundesländern kaum behaupten lässt.
Das gilt auch für Fahnen, Hoheitssymbole u. dgl.
Oder z. B. hat Glarus seit Jahrhunderten eine Landsgemeinde als gesetzgebendes Organ.
Selbst bei "jungen" Gebilden wird man feststellen, dass diese eine andere Tradition und Verankerung haben. "Neue" Staaten wie Hawaii waren zuvor schon Territorien in denselben Grenzen, mit Autonomie- und Selbstverwaltungsrechten u. dgl. Oft ist der Gründungsakt auch stark im Bewusstsein der Bürgerschaft veranker usw.

Etwas ganz anderes stellt das deutsche GG dar, das zumindest in der Theorie davon ausgeht, dass Bundesländer eine jederzeit verfügbare Grösse darstellten, die bei Bedarf jeweils geändert werden könnten. Eine vergleichbare Bestimmung in der US-Verfassung wäre schlicht undenkbar (zumal diese Verfassung in gewisser Weise mehr vertraglichen Charakter hat, indem sie durch Beschlüsse der Bundesstaaten geändert wird!). Die Schweizer Verfassung geht sogar explizit von der doppelten Souveränität der Kantone und der Eidgenossenschaft aus - eigentlich ein Unding, das der Theorie nach gar nicht sein könnte. (Ähnliche "geteilte" Souveränität gibt es aber auch im Vereinigten Königreich etwa bezüglich der Kanalinseln.)

Alles in allem betrachtet (es gäbe noch mehr anzuführen), sind doch wohl deutsche Bundesländer eine andere Kategorie als US-Bundesstaaten oder Schweizer Kantone bzw. vergleichbare Einheiten anderer bundesstaatlicher Zusammenschlüsse.
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Martin Jurgeit
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. August 2004 - 17:09 Uhr:   

@kai

Ursprünglich war die amerikanische Besatzungszone in Norddeutschland viel größer und bildete ein zusammenhängendes Gebiet, das im Westen bis kurz vor Oldenburg reichte, im Osten bis kurz vor Bremervörde und im Norden bis knapp vor Cuxhaven.
Noch 1946 sollte ein zusammenhängendes Gebilde durch einen "Weser-Korridor" à la Panama entstehen, bevor es dann 1947 zur heutige Lösung kam.

Dass es übrigens früher möglich war, zu sinnvollen raumplanerischen Lösungen selbst in territorial unübersichtlicher Lage zu kommen, zeigt beispielhaft die Eisenbahnstrecke Wunstorf-Minden von 1845, die ein wichtiges Kernstück der Ost-West-Verbindung Hannover-Köln war (und ist).
Die Strecke begann im hannoverschen Wunstorf, um dann durch die hessische Grafschaft Schaumburg und das Land Schaumburg-Lippe ins preußische Minden zu führen.
Geeinigt hatte man sich auf die Trasse innerhalb kürzester Zeit - und das, obwohl sich Preußen und Hannover damals spinnefeind waren. Von solch pragmatischen Vorgehensweisen haben wir uns offenbar inzwischen weit entfernt.
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Florian
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. August 2004 - 17:35 Uhr:   

> "Historische" Grenzen gibt es allerlei. Aber dass eine Grenze irgendwann auch einmal schon bestand, macht ein Land noch nicht zu einer historisch gewachsenen Einheit.

Richtig.
Aber auch nach Ihrer engeren Definition gibt es in Deutschland etliche Bundesländer mit langer Historie.
Wobei ich das subjektive Traditions-Gefühl der Staatsbürger (mit eigenem Patriotismus, der sich auf das Bundesland bezieht) durchaus als wichtiges Wesensmerkmal einer historisch gewachsenen Einheit ansehen würde.
nach dieser Abgrenzung sind zumindest Bayern, Hamburg, Sachsen, Schleswig-Holstein historisch gewachsen.

Gruß aus Bayern (dem Land mit der längsten ungebrochenen staatlichen Tradition in Europa!)
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Sole
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. August 2004 - 18:38 Uhr:   

"@Sole

In Thüringen gibt es keine Mittelebene. Die haben nur Sachsen und Sachsen-Anhalt eingeführt."

Nicht im klassischen Sinne. Mit Schulamt/Schulverwaltungsamt und der Thüringer Lösung der Kommunalaufsicht haben wir aber dasselbe Theater.
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. August 2004 - 19:46 Uhr:   

Martin: Bei der Eisenbahn hat es aber auch schon damals Gegenbeispiele gegeben. Z.B. ist die Strecke Augsburg - Lindau mit riesigem Aufwand durch das Gebirge geführt worden, um nicht württembergisches Gebiet berühren zu müssen.

Florian: Von 1933 bis 1946 war aber auch die bayrische Staatstradition unterbrochen.
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kai
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. August 2004 - 01:31 Uhr:   

@Martin Jurgeit

1845 gab es auch noch keine Bürgerinitiativen, die sich dem in den Weg stellen konnten.

Landesgrenzen sind heute auch Grenzen der Entwicklungsmöglichkeiten der Regionen. Dass im Raum Aachen die Staatsgrenzen halbwegs überwunden werden können, liegt vor allem an dem erheblichen politischen Willen, der dahinter steckt. Um die Europäische Einigung voranzutreiben, werden Gesetze außer Anwendung gesetzt oder angepasst, die bei einer grenzüberschreitenden Planung nach Rheinland-Pfalz oder Niedersachsen dogmatisch stehen würden.

Ich habe nichts gegen die Länder in ihren heutigen Grenzen, denn auch diese haben durchweg ihre eigene Identität entwickeln können. Wenn man aber die Ländergrenzen verändert, sollte diese Änderung auch Zweckmäßigkeitserwägungen folgen.
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Martin Jurgeit
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. August 2004 - 07:54 Uhr:   

@c07 schrieb:
"Bei der Eisenbahn hat es aber auch schon damals Gegenbeispiele gegeben. Z.B. ist die Strecke Augsburg - Lindau mit riesigem Aufwand durch das Gebirge geführt worden, um nicht württembergisches Gebiet berühren zu müssen."

Um so bemerkenswerter war der (keineswegs singuläre) Vorgang in Norddeutschland, da es dort das platte Flachland zu überbrücken galt, mit welcher Trassenvariante auch immer. Umwege hätten kaum mehr Kosten und Zeitaufwand bedeutet.

Interessanterweise wurde auch die Bahnstrecke Hannover-Lehrte-Berlin ursprünglich im 19. Jahrhundert wie selbst verständlich auf dem direkten Weg über Stendal geplant. Erst unter den neuen Länderbedindungen nach der Wiedervereingung sollten plötzlich die Landeshauptstädte Magdeburg und Potsdam bei der neuen Schnellstrecke mitangesteuert werden. Glücklicherweise konnte dieser Unsinn aber noch abgebogen werden.

Das Ganze zeigt mir aber vor allem, dass es immer auf die handelnden Personen und nur im zweiten Schritt auf die Rahmenbedingungen ankommt. Nach heutigen Maßstäben hätten die katastrophalen Rahmenbedingungen des 19. Jahrhunderts so etwas wie Industrialisierung und Wirtschaftsaufschwung in Deutschland überhaupt nicht ermöglichen dürfen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. August 2004 - 12:32 Uhr:   

"nach dieser Abgrenzung sind zumindest Bayern, Hamburg, Sachsen, Schleswig-Holstein historisch gewachsen."

Zumindest für Hamburg ist die Behauptung eindeutig falsch: Das erhielt seine heutigen Grenzen erst 1937 durch das Groß-Hamburg-Gesetz, das die Fläche fast verdoppelte. Das ging hauptsächlich zu Lasten von Schleswig-Holstein, das zudem 1920 Nordschleswig verlor, andererseits bekam es eine oldenburgische Exklave nach 1945 dazu.
Auch Bayern verlor nach 1815 die Pfalz 1945 und bekam 1920 Coburg dazu. Sachsen verlor 1815 einen Großteil des "historischen" Gebietes an Preußen.Beachten sollte man zudem, daß es auch und gerade in früheren Zeiten radikale Grenzveränderungen gab, was "historisch gewachsen" ist, ist rein subjektiv, meist waren Gewalt oder Zufälle Grund für Grenzänderungen.
So kaufte z.B. eine im Dreißigjährigen Krieg schwer reich gewordene Familie, die aus Prestigegründen eine Kurstimme wollte, einem bankrotten Grafen die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schellenberg ab , fusionierte die Gebiete und nannte es Liechtenstein.
Wäre das nicht passiert, wäre die Bewohner dort heute Schweizer oder Österreicher und würden das als normalste Sache der Welt ansehen.
Die Bevölkerung fand sich mit Gebietsänderungen in der Regel sehr schnell ab. 1952 wurde das Bundesland Baden z.B. gegen den Willen von 62,2% der Wähler ins Land Baden-Württemberg eingegliedert, nach ein paar Jahren war das vergessen. Heute will jedenfalls im Ernst niemand mehr das alte Land zurück, genau wie wohl kaum ein Mainzer zurück zu Hessen will oder ein Pfälzer zu Bayern. Sogar Teile des Saarlandes gehörten vor 1918 zu Bayern, aber das Saarland hat inzwischen eine eigene Identität, obwohl das Saargebiet 1920-1935 und das Saarland nach 1945 gegen den Willen der Bevölkerung gebildet wurde.

@Philipp
Weder in den USA noch in der Schweiz sind Grenzen unantastbar. Noch gar nicht so lange her ist die Abspaltung des Kantons Jura von Bern und als Spätfolge davon der Wechsel des Laufentals zu Basel-Land. Der einzige prinzipielle Unterschied zu Deutschland ist, daß jede Gebietsänderung, und sei sie noch so minimal, einer Bestätigung durch eine eidgenössische Volksabstimmung bedarf.
In den USA spaltete sich während des Bürgerkrieges West Virginia (das sich nicht den Konföderierten anschließen wollte) von Virginia ab.

Prinzipiell ausgeschlossen war im deutschen Kaiserreich die Fusion oder Neubildung eines Staates. Deshalb konnte z.B. das thüringische Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen (das dortige Fürstenhaus war 1909 ausgestorben) nicht mit Schwarzburg-Rudolstadt fusioniert werden und auch nicht Reuß jüngere und ältere Linie.
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Martin Jurgeit
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. August 2004 - 15:47 Uhr:   

@c07 schrieb:
"Von 1933 bis 1946 war aber auch die bayrische Staatstradition unterbrochen."

Die alten Verwaltungsstrukturen haben aber parallel zur NS-Parteistruktur weiterbestanden, wenn auch in ihren Rechten zu großen Teilen ausgehöhlt.
1941 gab es z.B. noch einen großen Gebietstausch zwischen der Provinz Hannover und dem Land Braunschweig, um das Braunschweiger Landesgebiet "abzurunden" und das, obwohl die betroffenen Gebiete im "gemeinsamen" NS-Gau "Südhannover-Braunschweig" lagen.
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kai
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. August 2004 - 17:40 Uhr:   

@Thomas Frings:

Die oldenburgische Enklave Eutin wurde 1937 mit dem Groß-Hamburg-Gesetz nach Schleswig-Holstein eingegliedert. Die Erweiterung Hamburgs ging nicht nur zu Lasten Schleswig-Holsteins (Altona und Wandsbek), sondern auch Hannovers (Harburg), wobei freilich dieses Cuxhaven und Schleswig-Holstein Geesthacht erhielt Bei dieser Gelegenheit wurde übrigens auch die Freie Stadt Lübeck nach Schleswig-Holstein eingegliedert. (Damals kam übrigens auch Birkenfeld von Oldenburg an die Rheinprovinz).

1945 fand nur ein geringfügiger Gebietstausch von einer Handvoll Dörfern zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg statt.

Eine Volksabstimmung ist grundsätzlich auch heute nötig für Gebietsänderungen in der Bundesrepublik. Lediglich geringfügige Arrondierungen können durch einfachen Staatsvertrag geregelt werden.

Jüngere Beispiele sind übrigens die Volksentscheide in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen von 1974.

Die Bevölkerung der Teile, die vormals Rheinprovinz waren, wollten nicht "heim" nach Nordrhein-Westfalen, genauso wenig wie die Nordnassauer und die Rheinhessen "heim" nach Hessen wollten (weswegen Mainz heute noch geteilte Stadt ist).

Die Oldenburger und die Schaumburg-Lipper hingegen wollten die eigenständigen Länder wiederherstellen. Dem allerdings der Bundesgesetzgeber nicht zustimmte.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Freitag, 13. August 2004 - 13:21 Uhr:   

Dass Grenzen in den USA oder in der Schweiz völlig unverrückbar seien, war nicht meine Behauptung.
Sie sind nur wesentlich stabiler als in Deutschland. Mit Western Virgina haben wir auch schon die einzige Ausnahme von der Regel in den USA; zu erwähnen wären aber auch noch die Fusion von West- und Südflorida sowie verschiedene Erweiterungen auf Kosten Mexikos.
In der Schweiz hat es gewisse Grenzregulierungen (auch gegenüber dem Ausland), Grenzstreitigkeiten u. dgl. auch immer gegeben. Zum Jura siehe oben: Er war nie völlig in den Kanton Bern eingegliedert, sondern war stets so etwas wie "Mandatsgebiet" oder "Sonderverwaltungszone". Auch die Teilung Basels, Appenzells oder Unterwaldens kann nicht als Beispiel dienen, wie neue Kantone aus dem Boden gestampft wurden.
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Stefan Z
Veröffentlicht am Freitag, 13. August 2004 - 15:37 Uhr:   

@ Thomas Frings:
"Prinzipiell ausgeschlossen war im deutschen Kaiserreich die Fusion oder Neubildung eines Staates. Deshalb konnte z.B. das thüringische Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen (das dortige Fürstenhaus war 1909 ausgestorben) nicht mit Schwarzburg-Rudolstadt fusioniert werden und auch nicht Reuß jüngere und ältere Linie."

Wie wurde in Schwarzburg-Sondershausen 1909 nach dem Aussterben des Fürstenhauses verfahren? Wurde eine andere Dynastie eingesetzt?

Weshalb war die Fusion von Bundesstaaten ausgeschlossen?
Wenn man von der Reichsverfassung von 1871 ausgeht, so war das Deutsche Reich doch ein ewiger Bund souveräner Staaten, der als solcher auch eigene Souveränität hatte. Aber ausgehend von der weiterbestehenden Souveränität der Bundesstaaten müßten Gebietsveränderungen und auch Fusionen doch eigentlich durch freie Vereinbarung zweier souveräner Staaten möglich gewesen sein. Ähnlich wie bei der Vereinigung des kleinen Fürstentums Hohenzollern in Süddeutschland und des großen Königreiches Preußen 1848.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 13. August 2004 - 18:54 Uhr:   

Wie wurde in Schwarzburg-Sondershausen 1909 nach dem Aussterben des Fürstenhauses verfahren? Wurde eine andere Dynastie eingesetzt?

Eine andere Linie der Dynastie (konkret die aus dem benachbarten Schwarzbug-Rudolstadt) übernahm die Regentschaft, genauso wie bei Reuß ältere Linie, nach dem Tod von Heinrich XXII. 1902 der Fürst der jüngeren Linie die Regentschaft für den letzten, geistig behinderten Fürsten übernahm. 1918 starb noch Mecklenburg-Strelitz durch dúrch Selbstmord des letzten Großherzogs aus.

Ich bin kein Jurist und habe auch nie Kommentare zur Reichsverfassung gewälzt, falls es da überhaupt noch welche gibt.
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kai
Veröffentlicht am Freitag, 13. August 2004 - 22:28 Uhr:   

@Thomas

Das ist zutreffend. Gleichwohl kam es nicht zur - jedenfalls im Falle Mecklenburgs durch Verfassung oder Hausgesetz vorgesehenen - Vereinigung beider Staaten. Beide Schwarzburg und Reuß gingen 1920 in Thüringen auf, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz wurden erst 1934 wiedervereinigt.

Die einzigen Vorschriften, die m.E. eine entsprechende Deutung hätte zulassen können, dass jedenfalls der Bestand, wenn auch nicht unbedingt die Grenzen der Länder im Einzelnen, unveränderlich sind, sind die Artikel 1 und 6 der Reichsverfassung (Gebiet des Reiches, Zusammensetzung des Bundesrates).

Damit stände jedoch nicht in Einklang, dass Elsass-Lothringen bis 1918 nicht Aufnahme in das Gebiet des Reiches nach Art. 1 gefunden hatte und auch erst 1911 mit Art. 6a eine Regelung zur bundesratlichen Vertretung des Reichslandes getroffen wurde.
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Jan
Veröffentlicht am Samstag, 14. August 2004 - 12:25 Uhr:   

In der heutigen Frankfurter Rundschau wird eine Reduzierung auf 10 Länder vorgeschlagen. Dürfte aber bei Volksabstimmungen aussichtslos sein, da einzelne heutige Länder regelrecht zerissen würden. Aber inhaltlich finde ich es durchaus nachvollziehbar.
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Jan
Veröffentlicht am Samstag, 14. August 2004 - 12:33 Uhr:   

Hier nochmal die ungekürzte Fassung des FR-Artikels.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Samstag, 14. August 2004 - 13:03 Uhr:   

Ich befürchte ja, dass der Autor die Einwohnerzahlen und Territorien seiner Gebilde zum größten Teil einfach nur überschlagen hat. Ohne Karte ist das Ergebnis null. Beispiele: Die sehr langgestreckten Formen seines Neu-Niedersachsens und Neu-Saar-Pfalz-Eifel-Landes und der vorpommersche Haken an Brandenburg - kennt der Typ überhaupt den Grenzverlauf zwischen Mecklenburg und Pommern?
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Good Entity
Veröffentlicht am Samstag, 14. August 2004 - 13:46 Uhr:   

Ein Hesse, offensichtlich. Dem Autor in der Frankfurter Rundschau geht es schlichtweg um die Schaffung eines Groß - Hessens - und um nichts anderes. Während er im Vorspann viel davon spricht, historische Zusammenhänge seien längst überholte emotionale Hirngespinste und sollten aufgebrochen werden, will er dann unter Ziffer 5 alles, was irgendwann 'mal hessisch war ("alte hessische Exklave Schmalkalden") oder sonst dazu passen könnte (Hannoversch Münden) ins Hessische eingemeinden.

Sein Lokalpatriotismus sei ihm gegönnt, aber dann soll er ihn nicht unter einem angeblich modernen Konzept verkaufen. Ich stimme Dir, @Mörsberg, bei Deiner Betrachtung voll zu. Wenn er von Kernräumen und sich darum herum gliedernden Ergänzungsräumen spricht, sollte er diese auch begründen: Dann würde es sicher keine "gemeinsame Landeshauptstadt Wiesbaden-Mainz" geben. Und ob Coburg/Bamberg sich allen Ernstes als Kernraum eines neuen Bundeslandes Thüringen/Franken eignen?

Und ob seine Bundesländer wie von ihm behauptet alle wirtschaftlich gleich stark sind und keine Ausgleichszahlungen untereinander mehr benötigen? Berlin/Brandenburg/Vorpommern/Altmark/Magdeburg dürfte zum gigantischen tiefen Milliarden-Dauerloch avancieren. Franken/Thüringen sehe ich auch nicht gerade auf der Positivseite. Usw.

Wer sehen will, wie zehn deutsche Bundesländer bei einer rein praktischen, auf optimale Erreichbarkeit ausgerichteten, durchaus hinsichtlich Einwohnerzahl und Fläche halbwegs gleichmäßigen, unhistorischen und unlandsmannschaftlichen Betrachtung aussehen, mag sich die Karte der Post mit den Postleitzahlgebieten anschauen. Mit den Anfangszahlen von 0 bis 9 sind das genau 10 "Länder". Ach ja, Hessen würde geteilt, der Norden von Gießen bis Kassel käme zum Land "3 Hannover".
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Samstag, 14. August 2004 - 15:40 Uhr:   

@Good Entity
"Und ob Coburg/Bamberg sich allen Ernstes als Kernraum eines neuen Bundeslandes Thüringen/Franken eignen?"
Richtig, es geht offensichtlich um die persönlichen Vorlieben des Autor, pseudorational verpackt. Wenn man schon wirtschaftsgeographisch sinnvolle Einheiten möchte und darum Bayern teilen will, hätte man das westliche Unterfranken um Aschaffenburg auch Hessen zuschlagen müssen. Aber warum der Autor dort keine Gebietsgewinne für Hessen wünscht, ist offensichtlich: Das würdee Chancen der Linken schmälern, dort an die Macht zu kommen.
Oft würden die Vorschläge des Autors nur alte Willkür (die Grenzen oft zwangsläufig anhaftet) durch neue ersetzt, z.T. sogar noch verschärft. Warum soll z.B. Vorpommern von Mecklenburg abgetrennt werden? Und das neue Land Saarland-Pfalz wäre noch viel weniger eine vernünftige Einheit als Rheinland-Pfalz.
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Marek Meyer
Veröffentlicht am Samstag, 14. August 2004 - 17:41 Uhr:   

Inwiefern die Vorschläge für andere Gebiete sinnvoll sind, kann ich nicht beurteilen, aber zumindest für das Rhein-Main-Gebiet kann ich dem Autor zustimmen.
Es gibt im Rhein-Main-Gebiet (zumindest innerhalb Hessens) schon seit längerer Zeit Diskussionen über eine Auflösung der Landkreise zugunsten eines Regionalkreises. Aber auch dieser würde momentan an der Landesgrenze enden. Warum aber z.B. Mainz vom übrigen Rhein-Main-Gebiet getrennt bleiben sollte, ist mir nicht verständlich. Mal abgesehen davon, dass einige ehemalige Mainzer Stadtteile wie Mainz-Kastell seit Ende des 2. Weltkriegs zu Wiesbaden und damit Hessen gehören.
Zumindest würden Mainz und Umgebung (und evtl. auch Aschaffenburg) eher in ein gemeinsames Bundesland mit Frankfurt, Wiesbaden, Offenbach, Darmstadt, etc. gehören, als das viel weiter entfernte Kassel.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Samstag, 14. August 2004 - 19:07 Uhr:   

"Zumindest würden Mainz und Umgebung (und evtl. auch Aschaffenburg) eher in ein gemeinsames Bundesland mit Frankfurt, Wiesbaden, Offenbach, Darmstadt, etc. gehören, als das viel weiter entfernte Kassel."
Solche Probleme hat man bei jeder Grenzziehung. Bei jeder neuen Grenzziehung schafft man wieder neue Ungereimtheiten. Wenn man z.B. Mainz aus RLP rauslöste, wie bekäme man dann für den Rest eine sinnvolle Lösung hin? Der status quo ist immer noch besser als der Vorschlag. Und auch der Vorschlag schaffte Bundesländer mit weiten Distanzen, von Kap Arkona (Nordspitze Rügens) bis in die Niederlausitz ist es ziemlich weit.

Auch was Ulm und Neu-Ulm angeht schaffte man nur neue Willkür. Nun gibt es dort mit der Donau wenigstens eine natürliche Grenze, würde man die Grenze an den östlichen Stadtrand von Neu-Ulm verlegen, müßte man wieder willkürlich zerschneiden. Und wieso soll man ausgerechnet da zusammenlegen, aber Ludwigshafen und Mannheim nicht?
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c07
Veröffentlicht am Samstag, 14. August 2004 - 23:13 Uhr:   

Thomas: Er will sowohl Unterfranken westlich vom Spessart zu Großhessen tun als auch Mannheim (samt Heidelberg und Bruchsal) zur Pfalz.

Richtig ist jedenfalls, dass die Postleitgebiete seinen theoretischen Vorstellungen besser entsprechen. Speziell bei der 6 würd ich mich aber eher an den Telefonvorwahlen orientieren.

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