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Wahlrecht.de Forum » Sonstiges (FAQs, Wahltipps, usw. ...) » Regierungskrise in Hamburg: von Beust entlässt Schill » 1-25 « Zurück Weiter »

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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 19. August 2003 - 11:45 Uhr:   

HR meldet soeben: Hamburgs Bürgermeister von Beust hat nach einem massiven Streit Innensenator Schill entlassen !!!!! Neuwahlen?
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 19. August 2003 - 13:26 Uhr:   

AOL-Nachrichten von heute:

Hamburg - Der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat seinen umstrittenen Innensenator Ronald Schill mit sofortiger Wirkung entlassen. Das teilte von Beust am Dienstag vor Journalisten in Hamburg mit. Auch der angeschlagene Innenstaatsrat Walter Wellinghausen muss gehen.

Schill wollte Beust erpressen

Beust erklärte, Schill sei für das Amt "charakterlich nicht geeignet". Der Innensenator habe ihm gedroht. Er wollte demnach an die Öffentlichkeit bringen, dass Beust ein Liebesverhältnis mit Justizsenator Roger Kusch habe, sollte der Bürgermeister Wellinghausen entlassen. Schill wollte publik machen, Beust habe seinen Lebenspartner zum Justizsenator gemacht. Die Behauptung sei "falsch", die Drohung "ungeheuerlich", sagte Beust.

Schill wies den Erpressungsvorwurf zurück, betonte aber, er wisse von beiden persönlich, dass sie homosexuell seien. Er habe aber nie vorgehabt, das an die Öffentlichkeit zu bringen.

Affäre um Innenstaatsrat eskaliert

Ausgelöst wurde der Bruch zwischen Beust und Schill durch die Affäre um den Innenstaatsrat Walter Wellinghausen. Beust hatte dem von Schill ernannten Staatsrat nahe gelegt, um seine Entlassung zu bitten. Dem wichtigsten Mitarbeiter Schills in der Innenbehörde waren unerlaubte Nebentätigkeiten vorgeworfen worden.

Es geht dabei um Wellinghausens Beziehungen zur Münchner Isar Klinik II AG. Die Senatskanzlei prüft, ob der Staatsrat noch nach seinem Amtsantritt im Dezember 2001 für diese oder andere Unternehmen tätig war. Er soll erhebliche Nebeneinkünfte bezogen und damit gegen das Nebentätigkeitsverbot für Beamte verstoßen haben. Wellinghausen hat dies bislang bestritten. (ha/AFP/dpa/ddp)
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 19. August 2003 - 14:06 Uhr:   

Spiegel-Online von heute:

OLE VON BEUSTS ERKLÄRUNG

"Charakterlich nicht geeignet"

Nach einem heftigen Streit hat Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust seinen Innensenator Ronald Schill und den Staatsrat Walter Wellinghausen entlassen. SPIEGEL ONLINE dokumentiert von Beusts Rede.


DPA

Versetzte Schill und Wellinghausen mit sofortiger Wirkung in den einstweiligen Ruhestand: Ole von Beust


Hamburg - "Ich möchte Sie davon in Kenntnis setzen, dass ich heute den Staatsrat der Innenbehörde, Herrn Wellinghausen, mit sofortiger Wirkung in den einstweiligen Ruhestand versetzt habe. Die entsprechende Urkunde ist gefertigt.
An dieser Stelle möchte ich Herrn Wellinghausen für seine Arbeit als Staatsrat danken. Sie war fachlich und persönlich herausragend. Ich wünsche ihm für seinen weiteren Werdegang alles Gute.

Maßgeblich für die Entscheidung war, dass der Senat und ich persönlich von Anfang an hohe Anforderungen an das Verhalten von Spitzenbeamten gelegt haben (...).

Legt man diese Maßstäbe bei der Bewertung der gegen Herrn Wellinghausen erhobenen Vorwürfe und der Art und Weise, wie mit den Vorwürfen umgegangen wurde, an, bleibt keine andere Wahl als die Entlassung aus dem Amt.

Ich bedauere, dass ich diesen Schritt gehen musste, hatte aber im Interesse der Glaubwürdigkeit und der Einheitlichkeit der Maßstäbe keine andere Entscheidungsmöglichkeit.

Des weiteren informiere ich Sie darüber, dass ich den Innensenator und Zweiten Bürgermeister, Ronald Schill, entlassen habe. Die Urkunde ist gefertigt. Der Grund dafür liegt im Folgenden: In einem Vier-Augen-Gespräch heute Morgen um 9.40 Uhr in meinem Büro, um das Herr Schill gebeten hatte, drohte er mir, für den Fall der Entlassung des Staatsrates öffentlich publik zu machen, dass ich meinen angeblichen Lebenspartner, den Justizsenator Dr. Kusch, zum Senator gemacht habe und damit Privates und Politisches verquickt habe. Ich habe daraufhin Herrn Schill meines Büros verwiesen. Seine Behauptung ist falsch und die Drohung ist ungeheuerlich.

Ich kenne Herrn Dr. Kusch seit 25 Jahren aus dem Studium. Wir sind gute persönliche Freunde. Er ist seit fast einem Jahr Mieter einer von mir im Jahre 2001 gekauften Wohnung, für die ordnungsgemäß Miete und Nebenkosten gezahlt werden. Das ist alles - absolut alles. Wer sich auch in einer für ihn schwierigen Situation wie Herr Schill sie durchlebt so verhält wie er es getan hat, ist charakterlich nicht geeignet, das Amt eines Hamburger Senators weiterzuführen. Ich bin erschüttert über das charakterliche Fehlverhalten von Herrn Schill.

Umso mehr, als ich mit den Senatoren der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und den Abgeordneten eine menschlich und fachlich hervorragende Zusammenarbeit schätzen gelernt habe. Meine Hoffnung ist, dass sich die Partei Rechtsstaatlicher Offensive von Herrn Schill trennt."
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 19. August 2003 - 20:01 Uhr:   

Hamburger Regierungskoalition aus Union, FDP und Schill-Partei wird ohne Schill fortgesetzt.

Hamburg - Trotz des Eklats im Hamburger Rathaus will Bürgermeister Ole von Beust (CDU) die Koalition in der Hansestadt unter Einschluss der Schill-Partei fortführen. Darauf verständigten sich CDU, Schill-Partei und FDP am Dienstag.

Schill "charakterlich nicht geeignet"

Beust hatte am Vormittag Innensenator Ronald Schill und dessen Innenstaatsrat Walter Wellinghausen (parteilos) entlassen. Schill sei "charakterlich nicht geeignet, das Amt eines Hamburger Senators weiterzuführen", begründete der Regierungschef seinen Schritt. Schill soll Beust auf die Entlassung von Wellinghausen gedroht haben, das angeblich homosexuelle Verhältnis zwischen dem Regierungschef und Justizsenator Roger Kusch (CDU) publik zu machen. Die Behauptung sei "falsch", die Drohung "ungeheuerlich", sagte Beust. Einen Bürgermeister erpressen zu wollen, sei "das Letzte".

Schill: "Appelliert, nicht erpresst"

Schill wies den Vorwurf der Erpressung als "abstrus" zurück. Er habe Beust "appelliert, ihn nicht erpresst", sagte der Ex-Senator. Er habe niemals vorgehabt, Beusts "Homosexualität öffentlich zu erwähnen", auch nicht bei einer Entlassung von Wellinghausen. Schill mutmaßte, dass Beust seine Entlassung auch mit dem Hintergrund möglicher Neuwahlen betrieben habe. Die Hamburger CDU liege derzeit deutlich vor der SPD, damit seien Neuwahlen für Beust "kein Schreckgespenst", sondern eine "sehr angenehme Alternative".

Erleichterung in Berlin

Die Bundesspitzen aller Parteien begrüßten die Entlassung Schills. Während SPD und Grüne im Bund Neuwahlen in der Hansestadt forderten, wollen FDP und CDU den Fortgang der Dinge den Hamburger Landesparteien überlassen. CDU-Chefin Angela Merkel sagte, Beust habe ihre Unterstützung. FDP-Chef Guido Westerwelle unterstrich: "Schills mafioser Erpressungsversuch zeigt, dass er weder politisch noch charakterlich in der Lage ist, ein Regierungsamt auszuüben". SPD-Generalsekretär Olaf Scholz nannte die Entlassung Schills "überfällig".

Hamburgs Polizei atmet auf

Erleichtert über den Rauswurf Schills zeigte sich auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Deren Vorsitzender Konrad Freiberg sagte, für die Hamburger Polizei gehe ein "Albtraum" zu Ende.

Anklage gegen Schill?

Unterdessen prüft Generalbundesanwalt Kay Nehm die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Schill wegen Nötigung eines Verfassungsorgans. Eine Sprecherin sagte, die Bundesanwaltschaft sammle derzeit Material, um sich ein Bild machen zu können. Die Nötigung von Verfassungsorganen wird mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Mettbach macht weiter

Der Bundesvorsitzende der Schill-Partei, Mettbach, distanzierte sich von Schills Äußerungen. Dessen Auftritt sei "überflüssig" gewesen. Die Gremien der Partei müssten nun die Konsequenzen aus dem "Schock" ziehen. (fw/dpa/ddp)

Jeglichen Kommentar erspare ich mir dazu.
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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 08:50 Uhr:   

Die Schill-Partei wird offenbar nicht mehr benötigt. Den Verlust der Hamburger Bundesratsstimmen braucht die CDU nicht zu fürchten. Und die FDP liegt wahrscheinlich auch komfortabel über 5 %
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 10:10 Uhr:   

Die Koalition macht also weiter und die normale Reflex-Forderung der Opposition nach Neuwahlen wird natürlich abgelehnt.

Wobei es natürlich schon interessant wäre, welches Ergebnis eine Wahl jetzt in Hamburg bringen würde.
Einerseits natürlich eine deutliche Schwächung der PRO, da würde wohl mehr als die Hälfte der Wähler abspringen. Die meisten davon wohl zur CDU, der Rest würde m. E. frustriert zu Hause bleiben - die übrigen Parteien würden nur sehr wenig davon profitieren.
Ansonsten hätten CDU und FDP inzwischen einen gewissen Amtsbonus und vor allem nicht mehr das Stigma der ewig erfolglosen Opposition, daß sie sonst immer belastete.

Dennoch könnten die Koalitionspartner die Verluste der PRO wohl nur mit Landesthemen nicht ausgleichen und müßten um die Regierungsmehrheit fürchten.
Ob der katastrophale Bundestrend für die SPD bei einer Bürgerschaftswahl dann den Ausschlag geben würde, wäre wohl die entscheidende Frage bei einer Neuwahl.
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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 11:17 Uhr:   

Gibt es denn irgendwas in Hamburg, das der SPD entgegen dem Bundestrend Sympathie einbringt?
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C.-J. Dickow
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 11:56 Uhr:   

@Sole

Ja, das Verhalten von Schill. Außerdem ist von erheblichen Stimmengewinnen der Grünen auszugehen, die in Hamburg derzeit zwischen 12 und 16 Prozent gehandelt werden (letzte Wahl: 8,6%).
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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 12:01 Uhr:   

Verstehe nicht ganz... dadurch, dass Schill blöd ist wird die SPD doch nicht gegenüber den anderen Parteien, die was vom Schillkuchen abbekommen könnten beliebter.
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C.-J. Dickow
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 14:17 Uhr:   

@Sole
Man geht davon aus, daß ca. 1/3 der Schill-Wähler zuvor SPD gewählt haben. Diese würden sicherlich, wenn sie die PRO nicht mehr wählen wollen, am ehesten zur SPD zurückkehren.
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c07
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 15:09 Uhr:   

Außerdem bekommt man immer ein bisschen was vom Image der Leute, mit denen man sich einlässt, ab. Der politische Gegner kann das durchaus auch unterstützen (nachdem so was aber nahe der Gürtellinie ist, kann es auch zum Eigentor werden). Das ist ja bei der SPD, wo sie mit der PDS koaliert, nicht viel anders.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 15:36 Uhr:   

c07

"Außerdem bekommt man immer ein bisschen was vom Image der Leute, mit denen man sich einlässt, ab."

Stimmt nicht. Die Koalitionspartner können von Bündnissen mit Rechtspopulisten durchaus profitieren. In Österreich ist Schüssel der Pakt mit Haider doch sehr gut bekommen und auch die Koalitionspartner der LPF konnten zulegen. Daß SPD und GAL versuchen, CDU und FDP für die Eskapaden von Schill mitverantwortlich zu machen, ist pure Heuchelei. Ein von den Bürgern mehrheitlich gewollter Wechsel in Hamburg war ohne Schill nicht möglich. Der SPD-GAL-Senat hat Schill doch erst seinen Wahlerfolg in dem Ausmaß ermöglicht weil er das Kriminalitätsproblem in den Augen vieler Bürger nicht ernst nahm.

Ingesamt hat sich die Einbindung von Populisten in die Regierung als effektivste und nicht allzu riskante Strategie erwiesen diese unschädlich zu machen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 15:49 Uhr:   

Wer beim letzten Mal Schill gewählt hat, wird das CDU oder FDP bestimmt nicht zum Vorwurf machen, daß diese mit der PRO koaliert haben!
Und auch bei den CDU-/FDP-Wählern vom letzten Mal sehe ich wenige, die das kritisch sehen - solche sind im Zweifelsfall schon bei der letzten Wahl abgesprungen, die Koalitionsoptionen waren ja durchaus bekannt.

Ich sehe auch nicht, daß sehr viele Schillwähler zur SPD zurückkehren.
Aus Sicht dieser Wähler hat sich die SPD Hamburg ja maximal "uneinsichtig" verhalten, und gerade bei den Themen, die so viele Wähler zum Wechsel motiviert haben (Kriminalität ...) alles getan, um gegen Schill bzw. die neue Senatspolitik insgesamt zu arbeiten.

Es wird höchstens wegen Bundespolitik eine interne Umverteilung von SPD zu Grün geben - das wird beide Seiten nicht wirklich glücklich machen.

Wir werden bestimmt in den nächsten Tagen eine Reihe von Umfrageergebnissen aus Hamburg bekommen.
Denen stehe ich schon jetzt extrem skeptisch gegenüber. Das Verhalten von Schill-Sympathisanten an der Wahlurne läßt sich ja bekanntermaßen schwer erfassen.
Und bei einer echten Wahl würden bis zum Wahltag noch eine Reihe Sonderfaktoren dazu kommen, die in der Umfrage nicht enthalten wären (SPD-Spitzenkandidatur, Stimmensplitting zugunsten der FDP, Personenwahlkampf Beust, Bundesstimmung).
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 16:03 Uhr:   

@ Ralf

"Stimmensplitting zugunsten der FDP"

In Hamburg gibt es nur eine Stimme.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 16:06 Uhr:   

OK, Splitting war die falsche Bezeichnung.
Was ich meinte, war taktisches Wählen.
Beim letzten Mal war die FDP ja ziemlich allein in der Wüste, einen Machtwechsel in Hamburg konnte sich so wirklich keiner vorstellen. Spannend war eigentlich nur das Dreieck SPD-Union-PRO.
Bei einer Neuwahl jetzt würden viele Wähler überlegen, daß sie diese konkrete Regierungskonstellation behalten möchten.
Das würde wohl einen deutlichen Zuwachs für die FDP geben.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 16:08 Uhr:   

Ich sehe aber als Skandal, dass Schill - ähnlich wie in Österreich Jörg Haider - die Regierung Ole von Beust, die ja nur eine knappe Parlamentsmehrheit besitzt, vor sich hertreiben kann - siehe die widersprüchlichen Aussagen, ob er sich aus der Politik zurückziehen will, Fraktionschef werden will, Beust verklagen will etc.

Ich bin ja aus Hessen durch die Treue der FDP von Ruth Wagner, die unbeirrt an Roland Koch trotz der Spendenaffaire und den angeblichen "jüdischen Vermächtnissen" festhielt, einiges an Machtbesessenheit und Machtvergessenheit (Richard von Weizsäcker) gewohnt, dass aber CDU und FDP so unbeirrt an einer Koalition mit der Schill-Partei festhalten, habe ich nicht gedacht. Leute wie der frühere FDP-Generalsekretär Karl-Hermann Flach würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie diese Politik ihrer Parteien kommentieren müssten. Klar, niemand möchte gerne Neuwahlen oder in die Opposition - dies ist verständlich. Aber ich frage mich immer mehr: wo liegt denn die Grenze des politisch Zumutbaren? CDU und FDP sollten sich umgehend nicht nur von Schill trennen, sondern die Koalition mit der Schill-Partei aufgeben. Umgekehrt sollte die SPD aber dann auch in Hamburg zu einer großen Koaliton bereit sein. Soweit meine Auffassung der Sache.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 16:23 Uhr:   

Also vier Stimmen sind in einem doch eher kleinen Parlament keine knappe Mehrheit - in einigen Landtagen wird mit einer Stimme regiert!
Selbst wenn Schill nun als Parteiloser weitermachen würde, könnte das der Koalition recht egal sein.
Diese üblichen Vorwürfe von "an der Macht kleben" halte ich für abgelutscht und substanzlos.
Man hat in der Politik meist nur die Wahl zwischen verschiedenen Übeln, und muß halt das kleinste schlucken.

Ausgerechnet in Hamburg mit seinen schwer vom alten Filz geschädigten Strukturen die SPD wieder in die Regierung zu holen halte ich für ein sehr großes Übel.
Dagegen ist eine weitere Regierungsbeteiligung der Rest-PRO weiterhin ohne großen Spaßfaktor, aber auch ohne wirkliche Probleme.
Die Koalitionspartner der FDP zu Flachs Zeiten waren auch nicht immer leicht zu ertragen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 16:23 Uhr:   

@ Bernhard Nowak

Da ist wohl die Perspektive falsch: Nicht Schill treibt CDU und FDP sondern diese treiben Schill. Und das ist auch gut so.
Die Mehrheit ist auch ohne Schill mit zwei Sitzen über dem Limit sehr solide. Die Schill-Leute wollen ihren Sitz möglichst noch zwei Jahre behalten und werden brav alles abnicken.
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c07
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 16:40 Uhr:   

Thomas:
> Die Koalitionspartner können von Bündnissen mit Rechtspopulisten durchaus profitieren.

Das wiederspricht meiner Aussage ja nicht unbedingt. Populisten haben bei einem wesentlichen Teil der Wähler eben kein schlechtes Image, sonst wären sie ja nicht populär. Aber die momentane Situation bei der PRO ist wohl anders. Bis zur nächsten regulären Wahl dürfte das dagegen keine große Rolle mehr spielen.

Ich will auch nicht CDU und FDP für Schill verantwortlich machen, aber ein Teil ihrer Wähler könnte das zurzeit trotzdem tun. Dass SPD und GAL für den Erfolg von Schill mit verantwortlich sind, halt ich auch für richtig. Aber mit Aussagen über angeblich von den Bürgern gewollten Koalitionen wär ich vorsichtig. In Hamburg können sich die Parteien zwar immerhin auf eine knappe Mehrheit der Wähler berufen (im Gegensatz zu den meisten Koalitionen, wie z.B. auch der der Bundesregierung), aber die haben schließlich ihre Stimme nur für eine Partei und nicht für eine Koalition oder für bzw. gegen einen Wechsel abgegeben.

Bernhard:
> Ich sehe aber als Skandal, dass Schill - ähnlich wie in
> Österreich Jörg Haider - die Regierung Ole von Beust, die ja nur
> eine knappe Parlamentsmehrheit besitzt, vor sich hertreiben kann

Kann er das? Mir scheint, dass ihm das eben nicht gelungen ist. Und selbst eine Partei, die sich nach Schill benennt, würd ich nicht gleich für ihn in Sippenhaft nehmen, auch wenn sie mir nicht gefällt.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 18:50 Uhr:   

@Thomas:
Ich denke schon, dass Schill - ähnlich wie Haider in Österreich - in seiner rund 25-köpfigen Fraktion 3 gleichgesinnte Politiker - er ist ja immerhin Parteigründer - finden wird, die ihm bedingungslos folgen werden.

@Ralf:
Meine Vorhaltungen an CDU und FDP, mit allen Mitteln in Hamburg an der Macht zu kleben, halte ich aufrecht. Allerdings halte ich es auch von der SPD nicht für klug, bei dieser Situation, bei der sie Neuwahlen, die ich befürworten würde, nicht erzwingen kann, auf Neuwahlen zu bestehen. Meines Erachtens müßte es Priorität aller Demokraten sein, die Schill-Partei aus der Regierung in Hamburg zu bekommen. Ich hielt es ja auch für legitim von CDU und FDP, nach 40 Jahren SPD-Regierung in Hamburg an die Macht zu kommen - aber bitte nicht mit Schill und seiner Partei. Jetzt - künstlich - Schill von seiner Partei trennen zu wollen, halte ich für reines Kleben an der Macht.
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Marc K.
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 22:05 Uhr:   

Herr Schill hat ohne Zweifel den Bogen überspannt und sich verkalkuliert. Daher muß er sich nun für einige Zeit aus der ersten Reihe der Politik zurückziehen.
Für die Koalition bietet der Abtritt Schills eine große Chance nunmehr die zweite Hälfte der Legislaturperiode ohne die zahlreichen Eskapaden des Senators Schill zu regieren. Damit wird auch der Fokus noch stärker auf die erfolgreiche Sacharbeit der Regierung gelenkt, von der Herr Schill durch seine Eskapaden ablenkte. Gerade auch bei der Bekämpfung der Kriminalität hat es große Vorschritte gegeben. Allerdings kann man den Leute auch nicht Wunder versprechen, wie die Halbierung der Kriminalität in 100 Tagen wie Schill dies getan hat. Dies führt auch dazu das die Schill-Partei nicht mehr den Zuspruch erhält, den sie einstmals hatte.
Aber Vortschritte wurden gemacht und dies ist das Ergebnis des Regierungswechsels aus dem Jahr 2001, durch den Rot-Grün abgelöst wurde und die 44jährige SPD-Herrschaft beendet wurde, die dieses Thema vollkommen vernachläsigt hat.
Die SPD kann es nicht aushalten 4 Jahre auf die nächsten regulären Wahlen zu warten. Sie möchte unbedingt sofort zurück an die Macht. Aber sie wird sich eben bis 2005 gedulden müssen. Dann werden die Wähler zu entscheiden haben. Wenn sich die Schill-Partei zusammenreißt ist es durchaus vorstellbar das der Bürgerblock für eine weitere Legislaturperiode gewählt wird.

MfG Marc alias Cram

P.S. An eine schwarz-gelbe Mehrheit allein glaube ich in Hamburg zur Zeit nicht.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 22:39 Uhr:   

Ich denke, dass bei Neuwahlen die PRO zwar starke Verluste erleiden würde, jedoch knapp über 5% erhielte. Die ehemaligen Wähler der PRO dürften entweder zur CDU gehen oder - sofern es sich um frühere SPD-Anhänger handelt - zu Hause bleiben. Substantiell würden Neuwahlen meines Erachtens dazu führen, dass die CDU deutlich stärkste Partei in Hamburg wird, die Grünen ebenfalls zulegen, die SPD auf einen historischen Tiefstand fällt und die FDP erneut ins Parlament einziehen dürfte - dank "taktischer" CDU-Stimmen. Es dürfte also auch nach Neuwahlen sich an der Mehrheit CDU, FDP und PRO im Parlament nichts ändern. Anders würde es aussehen, wenn FDP oder/und PRO den Einzug in die Hamburger Bürgerschaft verpassen würden; dies glaube ich jedoch nicht.
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Marc K.
Veröffentlicht am Donnerstag, 21. August 2003 - 22:56 Uhr:   

Ich stimme Bernhard weitgehend zu. Allerdings denke ich das die PRO deutlich über 5% erhielte: 8-10%. Knapp dürfte es für die FDP werden, doch auch die hat gute Chancen aufgrund taktischer Stimmen es zu schaffen. Im rot-grünen Lager könnte es zu einer Umverteilung zugunsten der Grünen kommen. Insgesamt dürfte sich an der Stärke der beiden Lager Bürgerblock und Rot-Grün substanziell nichts wesentliches und entscheidendes verhändern.

MfG Marc alias Cram
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Sole
Veröffentlicht am Freitag, 22. August 2003 - 08:00 Uhr:   

8 % für eine geköpfte Skandalpartei ohne Bundes-Hintergrund sind eigentlich ne ganze Menge.

"Ich sehe auch nicht, daß sehr viele Schillwähler zur SPD zurückkehren.
Aus Sicht dieser Wähler hat sich die SPD Hamburg ja maximal "uneinsichtig" verhalten, und gerade bei den Themen, die so viele Wähler zum Wechsel motiviert haben (Kriminalität ...) alles getan, um gegen Schill bzw. die neue Senatspolitik insgesamt zu arbeiten.

Es wird höchstens wegen Bundespolitik eine interne Umverteilung von SPD zu Grün geben - das wird beide Seiten nicht wirklich glücklich machen. "

Die Grünen haben sicher nichts dagegen, ein paar zusätzliche Mandate zu erhalten. Eine Stärkung gegenüber der SPD in der Opposition hilft ihnen doch, Öffentlichkeit zu erhalten.

Es gab mal einen Fall, wo das mit dem Rechtspopulisten in Regierung schiefgegangen ist - aber das waren ganz andere Umstände.

Aus meiner Perspektive ist es ziemlich egal, ob es Neuwahlen gibt - ich sehe die CDU mindestens in großer Koalition, vielleicht auch nur mit der FDP in Regierung für diesen Fall. Enttäuschte ex-SPD-Wähler haben in der Tat keinen Grund, bloß weil Schill nicht mehr taugt plötzlich wieder SPD zu wählen und nicht CDU.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 22. August 2003 - 09:25 Uhr:   

@Bernhard:
> Meines Erachtens müßte es Priorität aller Demokraten sein, die
> Schill-Partei aus der Regierung in Hamburg zu bekommen.
Das sehe ich völlig anders.
Ich halte wenig von der PRO, das sind Großsprecher und Populisten, mit wenig Lösungskompetenz und z. T. sehr dubiosen Parolen.
Aber sie sind keine Gefahr für die Demokratie, gegen die sich alle Demokraten im heroischen Abwehrkampf zusammen schließen müßten.
Es wäre von Anfang an besser gewesen, daß das ganze Thema Schill nicht so hoch zu hängen. Man nimmt ihn viel zu wichtig, wenn man ihn zu so einer Gefahr hochstilisiert.
Erste Priorität für die Demokraten bleibt es weiterhin, Hamburg möglichst gut zu regieren.
Da stört Schill nicht übermäßig.

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