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Und wieder einmal: Große Koalition

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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 29. September 2003 - 16:25 Uhr:   

Jedenfalls gehen erneut Gerüchte durch die Medien, daß auf Bundesebene eine Koalition zwischen Union und SPD geplant sei, um gemeinsam dann die großen Reformkisten zu heben.

Mal abgesehen davon, daß ich den Gerüchten nicht glaube, die Sache taktisch wenig Sinn macht und ich beiden Partnern nicht viel Reformfähigkeit zutraue - die Journalisten übersehen bei diesen Spekulationen ein wichtiges Detail: Eine solche "große" Koalition hätte zwar im Bundestag, nicht aber im Bundesrat eine eigene Mehrheit!

Und damit wären sie nicht viel besser dran als Schröder heute mit rot/grün ...

Ich finde das witzig: Jeder geht offenbar so automatisch davon aus, daß Union und SPD zusammen locker überall die Mehrheit hätten, daß das in den Redaktionen gar nicht mehr nachgeprüft wird.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 29. September 2003 - 16:41 Uhr:   

Journalistengeschwafel. Seit 1969 war eine große Koalition nie mehr eine realistische Option. So blöd kann die Union doch nicht sein. Das Schröder persönlich eine große Koalition will halte ich für wahrscheinlich- aber der dürfte realistisch genug sein um zu wissen das dies nicht geht. Journalisten sollten die Bürger lieber mal anständig informieren (da gibt es ja erhebliche Defizite) als die Zeit mit so einem Schwachsinn zu verplempern. Wenn die dafür Zeit haben ist in vielen Redaktionen offensichtlich noch nicht genug rationalisiert worden.
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Florian
Veröffentlicht am Montag, 29. September 2003 - 17:31 Uhr:   

@ R.Arnemann:
De facto hätten SPD und Union schon die Mehrheit im Bundesrat.
Zwar haben sie gemeinsam nur 29 der 69 Sitze "sicher".
Aber ich halte es dann doch für unwahrscheinlich, dass die FDP in der Lage wäre, im Bundesrat Blockadepolitik zu betreiben.
Denn wenn es eine große Koalition im Bund gäbe, wäre doch im gleichen Moment die Macht der FDP in den Ländern deutlich reduziert.

Wenn z.B. die FDP in Rheinland-Pfalz mit dem Bruch der Koalition droht, dann würde das die dortige SPD deutlich weniger schrecken als noch im Moment: sie hätte ja mit der CDU im Badarfsfall immer noch eine Alternative, mit der sie an der Macht bleiben könnte.

Daher wird die FDP sehr vorsichtig sein, im Bundesrat eine Blockade zu versuchen.

Ganz abgesehen davon:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die FDP ernsthaft auf die Idee käme, Reformbemühungen von SPD+Union im Bundesrat zu stoppen.
Das große Reformhemmnis hier im Lande sind doch viel mehr SPD und Union. Und daran wird sich nichts ändern, solange eine der beiden in der Opposition ist.

Abgesehen davon gebe ich Ihnen und T. Frings recht:
Große Koalition ist nicht realistisch.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 29. September 2003 - 20:56 Uhr:   

Die Union wird sich niemals auf eine große Koalition einlassen, sondern sofortige Neuwahlen fordern - wie die Grünen auch. Schröder weiß dies auch. Das Problem ist meines Erachtens, dass die SPD nicht nur kein langfristiges Konzept erkennen lässt, wie sich sparen mit sozialer Gerechtigkeit verbinden lässt, sondern auch die von ihr als richtig empfundenen Maßnahmen (Erbschaftssteuer etc.) aufgrund verfassungsrechtlicher Hindernisse und aufgrund der Unions-Mehrheit im Bundesrat nicht durchsetzen kann. In der Tat kann meines Erachtens die Opposition, wenn sie im Bundesrat die Mehrheit hat, de facto in 60% der Gesetze mitregieren, d.h. sagen, entweder ihr geht auf unsere Vorstellungen ein oder es läuft gar nichts. Und wenn - wovon ich ausgehe, bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein CDU und FDP die Wahlen gewinnen, haben sie eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat, und dann geht kein Gesetz mehr durch - d.h. Blockade bis zu den Wahlen 2006. Und dies ist das Problem. Die SPD kann die von ihr als richtig erkannte Politik aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat nicht durchsetzen und muss Wohltaten zurücknehmen - dies müssten aber auch Union und FDP, wenn sie regierten. Oft höre ich von Anhängern dieser Parteien: wie gut, dass wir nicht regieren müssen. Tja, ich denke, ohne Verfassungsreform (vgl. Thread: "Bundesrat")haben wir langfristig eine "blockierte Republik", da ja bei einem Regierungswechsel auch keine Wohltaten verteilt werden, d.h. die Opposition - dann aus SPD, Grünen und PDS nach verlorenen Bundestagswahlen 2006, wird jede kommende Landtagswahl gewinnen und die Blockade geht munter weiter. Insofern wäre eine große Koalition für notwendige Verfassungsänderungen, v.a. im Verhältnis Bundestag - Bundesrat, auf Zeit durchaus sinnvoll, aber zur Zeit absolut unrealistisch.
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iwiwiwm
Veröffentlicht am Montag, 29. September 2003 - 21:39 Uhr:   

Wenn allerdings 2005 die Union und die FDP die Landtagswahlen in Schleswig- Holstein und NRW gewinnen, wird es -- keine großen Verluste 2004 vorausgesetzt -- Neuwahlen 2005 geben, wegen der 2/3- Mehrheit im Bundesrat, weil es keine rot- grüne Koalition mehr auf Länderebene gibt und weil das Symbol NRW fiel.
Gewinnt schwarz- gelb die undestagswahl dann, haben sie ca. vier Jahre Zeit bis sie im Bundesrat die Mehrheit verlieren.
Diese Zeit muß dann genutzt werden. Wenn sie da nicht die notwendigen schmerzhaften Reformen anpacken, handeln sie in der Tat grob fahrlässig und nicht zum Wohle des deutschen Volkes.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 30. September 2003 - 10:29 Uhr:   

@Florian:
> Ich kann mir nicht vorstellen, dass die FDP ernsthaft auf die Idee
> käme, Reformbemühungen von SPD+Union im Bundesrat zu stoppen.
Es ist halt politisch sehr strittig, was eine "Reform" ist.
Siehe aktuelles Beispiel Gesundheitspolitik: CDU und SPD halten das Änderungsgesetz für eine bahnbrechende Reform, die FDP hält es für einen bürokratischen Murks - und hat es sehr wohl abgelehnt.

Durch den Bundesrat kommt dieses Gesetz auch nur, weil es eben nicht nur von der "großen Koalition", sondern außerdem noch von den Grünen mitgetragen wird.

Bei weiteren Gesetzen käme es in erster Linie darauf an, welcher Unions-Flügel am Drücker ist - wie beim Thema Gesundheit der "sozialdemokratische" um Blüm/Seehofer oder aber der "liberale" um Koch/Müller.
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Sole
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 13:30 Uhr:   

Vor 2006 rechne ich nicht mit einer formalen "großen Koalition". Propagandistisch haben die Parteien mehr davon, ihre jeweilige Position zu profilieren in Streitgehabe, um dann irgendwas auszuhandeln und im Bundesrat durchzuwinken. Je nach Richtung der Reform wird wohl entweder die FDP oder die PDS oft zustimmen.

Nach der BTW halte ich eine große Koalition für denkbar.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 14:08 Uhr:   

Na ja, denkbar ist viel.
Aber eine große Koalition würde es m. E. nur geben, wenn die PDS reinkommt und weder rot/grün noch schwarz/gelb eine eigene Mehrheit schaffen.

Eine große Koalition auf Bundesebene würde vor allem ein großes Versteckspiel geben, wo SPD und Union immer versuchen, dem Partner die Verantwortung für irgendwelche Einschnitte zuzuschieben. Und die Bereitschaft zu Reformen wäre minimal, weil keine Partei dabei treibend sein möchte.
Außerdem fehlt die Mehrheit im Bundesrat. Die könnte rot/schwarz nur bekommen, wenn auch noch in einigen Bundesländern die dortigen kleinen Koalitionen zu Gunsten einer großen gekippt würden.
Aber daran dürften die jeweiligen Ministerpräsidenten überhaupt kein Interesse haben.

Ob es nun die jetzige "heimliche große Koalition" ist oder eine echte: Die weitere Fortsetzung dieser Hängepartie wäre ganz schlimm für Deutschland. Es muß endlich entscheidendes geschehen, in der einen oder der anderen Richtung.
Und da es extrem unwahrscheinlich ist, daß rot/grün wieder eine Mehrheit im Bundesrat hinbekommt, kann man sich eigentlich nur eine klare schwarz/gelbe Mehrheit für 2006 wünschen.

Die würde auch nicht alle Reformen perfekt durchziehen, aber deutlich konsequenter sein als vor 1998. Und die SPD könnte sich in der Opposition heftig über die Grausamkeiten empören und wieder zu sich selbst finden. Um dann irgendwann wie Blair nach Thatcher ein halbwegs saniertes Land zu übernehmen und wieder Spaß an Regierungspolitik gewinnen.
Das derzeitige Gewürge ist doch auch für Sozialdemokraten kein Spaß.
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John Rawls
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 14:26 Uhr:   

>>>Das derzeitige Gewürge ist doch auch für Sozialdemokraten kein Spaß.

Das hat mich jetzt schon amüsiert.Als "Spaß" würde das in der SPD in der Tat niemand empfinden. Aber man sich selber vor allem als zu staatstragend für Späßchen an, das ist eher der Grund.

Mein Eindruck ist eher eimn anderer: Allmählich macht der Opposition das Oppositionieren keinen Spaß mehr. Die Union war sowieso schon immer davon überzeut, dass sie als Einzige legitime Regierungen stellen darf und bei der FDP fürchtet man um das eigenständige Profil, wenn man an der Seite der Union noch mal vier Jahre in die Opposition müsste.

Nun, bis zur Wáhl kann noch viel passieren.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 14:51 Uhr:   

@John:
> Als "Spaß" würde das in der SPD in der Tat niemand empfinden.
Na ja, Schröder hat ja anfangs sehr betont, viel Spaß am Amt zu haben.

Aber das war hier nicht gemeint, und das war Dir wohl auch klar.

Was ich meine: Auch für Sozialdemokraten bedeutet Regieren derzeit nicht, eigene politische Vorstellungen umzusetzen (bei den Grünen ist das noch anders!).
Die Regierung ist getrieben von den Problemen, muß irgendwie reagieren und reparieren, hat aber eigentlich keine Zielvorstellungen mehr, wie sie üblich sind, wenn man Politik betreiben will, gerade als Regierung.

Der Unterschied zur letzten SPD-Bundesregierung (auch in der Problem-dominierten letzten Schmidt-Phase) ist ziemlich krass.
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John Rawls
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 15:53 Uhr:   

>>>Na ja, Schröder hat ja anfangs sehr betont, viel Spaß am Amt zu haben.

Stimmt; aber das ist ja ritualisiert in Deutschland. Es bedeutet: nein, ich bin damit nicht überfordert.

>>>Was ich meine: Auch für Sozialdemokraten bedeutet Regieren derzeit >>>nicht, eigene politische Vorstellungen umzusetzen (bei den Grünen >>>ist das noch anders!).

Da hast du Recht, wenngleich ich korigiere, dass es bei den Grünen wohl auch so ist.

>>>Die Regierung ist getrieben von den Problemen, muß irgendwie >>>reagieren und reparieren, hat aber eigentlich keine >>>Zielvorstellungen mehr, wie sie üblich sind, wenn man Politik >>>betreiben will, gerade als Regierung.

Schwer zu sagen, ob darunter/dagegen nicht alle kämpfen - auch die diversen Länderregierungen, die Kommunen, alle. Das Geld ist knapp und die Zukunftsaussichten mager. In früheren Jahren als das Geld da war und mehr noch, beliebig vermehrbar erschien, war es natürlich einfacher. Für alle, egal welcher Couleur. Aber das macht im Gegenzug dier Oppositionsbänke nicht weicher.

Und all das hat nun wirklich nichts mit rot/grün zu tun.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 16:11 Uhr:   

@John:
> Stimmt; aber das ist ja ritualisiert in Deutschland.
Finde ich nicht. Eigentlich ist es doch eher Ritual, das Amt als Bürde zu begreifen, die man sich aus Pflichtbewußtsein auferlegt.
Schröders erste Amtsphase hatte schon etwas für Deutschland unüblich Unernstes.
Ist aber eigentlich nebensächlich.

> ... dass es bei den Grünen wohl auch so ist.
Die Grünen haben durchaus noch Gelegenheit, ab und zu ihre Herzensanliegen in Politik umzusetzen - siehe z. B. aktuell das Anti-Diskriminierungsgesetz.

> Schwer zu sagen, ob darunter/dagegen nicht alle kämpfen - auch die
> diversen Länderregierungen, die Kommunen, alle. Das Geld ist knapp
> und die Zukunftsaussichten mager.
In Ländern und Kommunen sehe ich durchaus noch viele Politiker, die ihre Ideen umsetzen. Es gibt ja auch viele Bereiche, da kann man auch ohne oder mit wenig Geld noch etwas machen. Und sei es nur, daß man reguliert, dereguliert, umreguliert oder privatisiert - je nach politischer Facon.

Ich sehe da speziell bei der Bundes-SPD eine eigentümliche Lücke. Irgendwie wollen die inhaltlich nix mehr.

Übrigens leere Kassen: Auch eine Kassensanierung kann für einen Politiker eine sehr spannende Herausforderung sein.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 19:24 Uhr:   

Meines Erachtens kommt es nur dann zu einer großen Koalition, wenn die PDS mit ihrem Zweitstimmenanteil ins Parlament einzieht, weil sie entweder die Sperrklausel überwunden oder drei Direktmandate gewonnen hat und damit weder für rot-grün noch für CDU/CSU und FDP eine absolute Mehrheit im Bundestag möglich wird. Und dies auch nur dann, falls rot-grün sich nicht doch von der PDS tolerieren lässt - nach Kanzlerwahl mit absoluter Mehrheit durch Stimmen der PDS. Nur wenn zusätzlich Rechtsextreme (NPD/DVU) in den Bundestageinziehen sollten, so dass keine Mehrheitsbildung möglich wäre, es also mathematisch keine Alternative zu einer großen Koalition gäbe, käme sie meines Erachtens zustande. Aufgrund der großen Gegensätze zwischen Union und SPD dürfte es hier auch nur die Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners geben. Vor der Bundestagswahl 2006 gibt es keine große Koalition, auch nicht bei einer Zweidrittelmehrheit von Union und FDP im Bundestag, die jetzt nach dem Wahlausgang in SH unwahrscheinlicher geworden ist. Denn warum sollte sich die Union darauf einlassen? Sie kann doch dann als zweitstärkste Kraft nur verlieren.
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Sole
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 19:41 Uhr:   

Die PDS wird die SPD wohl nicht tolerieren.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 19:52 Uhr:   

Und die SPD das nicht wollen. Aber ich wage mal die Prognose, daß die PDS auch 2006 an der Sperrklausel scheitert. Im Westen liegt der Anteil der zuverlässigen PDS-Wähler unter ein Prozent- die SH-Wahl war für die PDS ja wieder eine Ernüchterung (0,8%). Viele potentielle PDS-Wähler (auch das sind nicht viele) werden taktisch SPD oder Grüne wählen. Einzig wenn klar sein sollte, daß Rot-Grün eine schwere Klatsche bekommt (oder haushoch gewinnt) hätte sie eine Chance. Im Saarland war die PDS mit 2,3% auch deshalb vergleichsweise erfolgreich, weil klar war, wer die Wahl gewinnt.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 22:02 Uhr:   

Nehmen wir an, die Union wird stärkste politische Partei 2006 und hat mit der FDP zusammen eine relative Mehrheit vor rot-grün, aber rot-grün-rot zusammen eine knappe absolute Mehrheit. Preisfrage: wie wird sich die SPD dann wohl verhalten? Doch wohl kaum eine große Koalition unter Frau Merkel oder wem auch immer von der Union eingehen. Dann wird die Verlockung bei SPD, Grünen wachsen, sich von der PDS tolerieren zu lassen und diese wird wohl eine Tolerierung einer reinen Oppositionsrolle vorziehen, in der sie verweilen würde, wenn es eine große Koalition gäbe. Denn bereits 2002 gab es ja das Szenario - von Gysi 3 Tage vor der Bundestagswahl 2002 ausgeplaudert - entgegen der Beteuerung Schröders sich von der PDS tolerieren zu lassen, indem ein Teil der PDS-Abgeordneten, die parteilos gewesen wären (etwa Luc Jochimsen in Hessen) dann Schröder zum Kanzler mitgewählt hätten. Dann hätte Schröder argumentieren können, er sei nicht von der PDS gewählt worden. Natürlich hat Thomas recht. Die PDS müsste erst mal den Sprung in die Parlamente schaffen - dies halte ich aber nach ihrem Abschneiden im Osten 2006 für durchaus möglich, da viele enttäuschte SPD-Anhänger (Hartz IV) dann eher PDS wählen dürften als nochmals SPD.
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Sole
Veröffentlicht am Mittwoch, 02. März 2005 - 09:34 Uhr:   

" Dann wird die Verlockung bei SPD, Grünen wachsen, sich von der PDS tolerieren zu lassen und diese wird wohl eine Tolerierung einer reinen Oppositionsrolle vorziehen, in der sie verweilen würde, wenn es eine große Koalition gäbe."

Warum sollte sie das tun? Warum sollte die PDS auf Ministerien verzichten, wenn sie denn regieren wollte? Warum sollte die PDS aber in eine Regierung eintreten, in der sie nichts von ihrer Programmatik verwirklichen kann?

Ich gehe nicht davon aus, dass Schwarzgelb die Wahlen im Frühjahr gewinnt, aber in der Bundestagswahl nicht die absolute Mehrheit der Mandate erringt.

Wenn Sachsen-Anhalt schwarzrot oder rotschwarz wird, ist die große Koalition wahrscheinlicher.

Was will Schröder mit rot-rot-grün? Er kann sich damit auf SH, MVP, Berlin stützen, vielleicht auf Sachsen-Anhalt und NRW. Keine stabile Basis.

Zudem sieht es momentan nicht danach aus. Die Koalition in Berlin beruhte auf drei Pfeilern:
- Einem außergewöhnlichen Wahlergebnis
- einem präsentablen, aber harmlosen PDS-Gesicht Gysi
- einem Bundestrend, der der PDS 6-8 % bescheinigte. Ende 2001 zweifelten nur sehr wenige daran, dass die PDS irgendwie durch die Wahl 2002 durchkommen würde. Zugleich war sie damals ein attraktiver, billiger Partner. In McPommes regierte die erste formale PDS-Koalition ever, für eine 24 % Partei vergleichsweise billig (die andere Option wäre eine Große Koalition mit der CDU gewesen), ließ sich im Bundesrat unabgesprochenes Stimmverhalten gefallen und tat alles, um möglichst ohne Rücktritte und Zusammenbrüche vier Jahre lang ihre Verlässlichkeit für die SPD zu beweisen. Das Wahlergebnis von 16 % legte nahe, doch lieber die Verlässlichkeit gegenüber den Wählern in den Vordergrund zu stellen.

Ende 2002 bot sich ein ganz anderes Bild. In Umfragen erreichte die PDS historische Tiefststände, die Medien läuteten das Totenglöckchen und die SPD in Thüringen bildete sich ernsthaft ein, rot-grün sei in 2004 eine denkbare Option. Die SPD tat, was vernünftig schien und was die CDU in solchen Situationen auch immer tat: Sie band die vermeintlich sterbende Partei ein, versuchte, an ihr Wählerpotential zu gelangen und attraktiven Teilen der Mitgliedschaft interessante Angebote zu machen.

Erst mit dem Winter 2002/03 wurde klar, dass die Strategie nicht aufging. Es gab kaum interessante Übertritte, die Umfragen brachen nicht weiter ein, die SPD selbst verlor reihenweise Umfragen und Wahlen. Die PDS versuchte sich in populistischen Aktionen, die aber kaum Anklang fanden und trug erst einmal interne Sortierungen aus. Im Sommer 2003 war das abgeschlossen und ausgetragen.

Die Wahlen in 2003 gingen für die PDS reihenweise negativ aus, bis Brandenburg (Massive Stimmenverluste, aber relativer Zugewinn) zumindest für die, die hoffen wollten wieder ein Signal gab.

In Berlin war die PDS ebenfalls recht preiswert zu haben und zu halten.

2006 ist anders.

Beide rot-rote Koalitionen stehen gemeinsam mit der Bundestagswahl auf dem Prüfstand. In Berlin macht die SPD klar, dass sie sich alle Optionen offen hält. In MVP wartet die SPD scheinbar erst einmal ab, wie die Optionen denn heißen.

In Berlin ist mit einem Einbruch zu rechnen gegenüber 2001, im Norden mit einer schwachen oder starken Erholung. (17-22 %)

Die Wahl ist aber nicht zu gewinnen mit irgendwelchen freigehaltenen Mitmach-Optionen. Das Thema "PDS stützt im Zweifel SPD" spielte 2004 keine Rolle, davon ging niemand aus. Man kann ohne weiteres nicht an 2002 anknüpfen (vor der Wahl), ohne sich eine überzeugende Erklärung einfallen zu lassen. Nach der Wahl wäre es dann ein ziemlicher Betrug.
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m.g.s.
Veröffentlicht am Mittwoch, 02. März 2005 - 14:12 Uhr:   

Nach dieser SH-Wahl habe ich keinerlei Zweifel, dass es in so einem Fall rot-rot-grün gäbe. Ob nun mit Tolerierung oder formeller Koalition ist eine andere Frage, die aber dann zweitrangig wäre, jedenfalls für rot-grün. Wenn sie weitermachen können (und schwächer als die Union sind), machen sie es auch, egal was vorher war. Und dass bei Angeboten von rot-grün die PDS ernsthaft in die Opposition geht, bei aller Liebe: Da ist die PDS nicht anders als die anderen.
Die andere Frage ist, was passiert, wenn die SPD gleichzeitig wieder knapp stärker als die Union ist. Dann könnte natürlich die SPD auch in einer großen Koalition die entscheidenden Vorteile heraushandeln und es würde auf die Verhandlungsergebnisse ankommen.
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Sole
Veröffentlicht am Mittwoch, 02. März 2005 - 14:22 Uhr:   

Was genau hätte die PDS von so einer Koalition? Das ist etwa so wahrscheinlich wie eine Ampel oder, dass die CDU die SPD toleriert.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 02. März 2005 - 15:12 Uhr:   

> Was genau hätte die PDS von so einer Koalition?
Den endgültigen Durchbruch als bundesweit anerkannte Partei.
Nicht mehr nur als Mehrheitsbeschaffer in Ost-Ländern, die im Westen nicht wirklich ernst genommen werden.
Sondern ganz zentral in der Bundesregierung.

Ich gehe durchaus davon aus, daß es bei entsprechendem Wahlergebnis zu einer rot/rot/grünen Koalition kommt.
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John Rawls
Veröffentlicht am Mittwoch, 02. März 2005 - 16:04 Uhr:   

>>>Ich gehe durchaus davon aus, daß es bei entsprechendem Wahlergebnis zu einer rot/rot/grünen Koalition kommt.

Ganz sicher nicht. Das wäre nicht mal in allen Ostlandesverbänden der SPD mehrheitsfähig und deren Stimmen sind für die Existenz der SPD wichtiger als die der PDS. Zudem ist der Anteil innerhalb der SPD, die eine große Koaliton für eine echte Alternative halten, nicht gering.

Nun, der Neuzuschnitt macht es m.E. ohnehin eher unwahrscheinlich, dass die PDS einzieht. Damit hätte sich das erledigt. Aber man weiß ja nie und sollte dies passieren, halte ich die große Koalition für wesentlich wahrscheinlicher.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 03. März 2005 - 08:06 Uhr:   

"Ganz sicher nicht."

Das glaube ich auch. Und man muß sich dann noch die Konstellation im Bundesrat dazudenken. Bei Zustimmungsgestzen bräuchte man immer eine schwarz-rot-dunkelrot-grüne Übereinkunft. Selbst wenn sich Grün und Dunkelrot relativ pflegeleicht geben sollten, wird das kaum gehen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 03. März 2005 - 10:54 Uhr:   

@Thomas:
> Und man muß sich dann noch die Konstellation im Bundesrat dazudenken.
Ich glaube nicht, daß die Schröder besonders interessiert.
In einer rot/rot/grünen Koalition wäre er die unbestrittene Nummer Eins (bei einer großen Koalition wäre er mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr Kanzler!).
Ich sehe bei ihm nicht, daß er ein besonderes Interesse an irgendwelchen inhaltlichen Punkten hätte, für die er Mehrheiten bräuchte. Es reicht ihm die Kanzlermehrheit im Bundestag für sein persönliches Anliegen.
Den Bundesrat braucht er nur für Sachpolitik, die liegt ihm nicht so am Herzen.
Schon die letzten Jahre hat es ihn nicht gestört, immer wieder die Union ins Boot nehmen zu müssen - denn dann waren die auch gleich mit schuld.
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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 03. März 2005 - 12:43 Uhr:   

"Den endgültigen Durchbruch als bundesweit anerkannte Partei. "

Für so eine vage Aussicht ist der Preis doch recht hoch.
Die Grünen können sich eine Koalition leisten, weil ihre Wählerschaft sich nicht primär an der Frage Arbeitslosigkeit/Lohngefälle/Ost-West/Wohlstandsverteilung stößt. Die Grünen-Fans haben ihren Wohlstand längst auf die eine oder andere Weise erworben (guter Job, hohe Rente, reiche Eltern - was weiß ich) und legen mehr auf das Wert, was ich mal unter "Umweltschutz und 68er Themen" subsumiere.

Bei der PDS sind das aber, wie bei der SPD, nicht die zentralen Themen der Wähler. An der Bundesregierung kann die PDS nicht nur jegliches Wachstum im Westen vergessen sondern würde auch im Osten ihr Potential weniger ausschöpfen können als etwa 1999 und 2004. Zusammen mit der Tatsache, dass anders als in MVP nicht einmal Kleinigkeiten durchsetzbarwären ein ziemlicher Bankrott.

Momentan fällt mir auch niemand ein, der PDS-intern dafür eine Mehrheit erstreiten könnte.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 03. März 2005 - 14:54 Uhr:   

@Sole:
> Momentan fällt mir auch niemand ein ...
Sobald konkret die Aussicht auf Ministersessel besteht, wird sich da mancher finden, der plötzlich gute Gründe für so eine Koalition findet.

Schließlich gilt auch andersrum: Welchen Sinn hat eigentlich eine Partei, die sich einer möglichen Regierungsbeteiligung verweigert und lieber einen schwarzen Kanzler mit SPD-Unterstützung ans Ruder läßt?

Sie kann in Folge eigentlich fast nichts mehr an der Regierung kritisieren. Denn jedesmal wird die Antwort kommen: "Was wollt Ihr denn - Ihr wart Euch doch zu vornehm fürs Regieren".

Die neue Zielvorstellung der PDS wäre dann logischerweise, daß sie auf die absolute Mehrheit deutschlandweit wartet.
Das nimmt dann doch keiner mehr ernst!
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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 03. März 2005 - 16:36 Uhr:   

Ganz so einfach ist das nicht.

Die grundsätzliche Stimmung ist eher regierungskritisch.
Eine für die PDS akzeptable inhaltliche Basis ist ganz einfach schwer vorstellbar mit dieser SPD, diesen Grünen. Die Distanz der PDS zur SPD wird deutlich : Vor wenigen Tagen veröffentlichte die PDS Großplakate mit der Aufschrift "Arbeitslosigkeit hat einen Namen" mit dem Bild des Bundeskanzlers. Parallel dazu gab die FDP einen Aufkleber heraus: "Arbeitslosigkeit hat eine Farbe" im Stile der Grünen. Das ist natürlich nicht als inhaltliche Verwandtschaft von PDS und FDP zu verstehen sondern zeigt eher, wie fern beide der Koalition auf Bundesebene sind. Ein Angebot an die PDS ist ohne zeitgleiches Angebot an die FDP schwer vorstellbar.

Deine Frage wäre berechtigt, wenn die PDS sich grundsätzlich Regierungen verweigerte. Wie aber die FDP bisweilen unannehmbare Regierungen nicht annimmt, so auch die PDS. Wie belanglos dieser zitierte Vorwurf dann ist, kannst du an Berlin ablesen. Die FDP steht dort nicht deshalb schlecht da, weil sie nicht in die Regierung ging.
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Marek
Veröffentlicht am Donnerstag, 03. März 2005 - 17:13 Uhr:   

"Deine Frage wäre berechtigt, wenn die PDS sich grundsätzlich Regierungen verweigerte."
Mit welchen Parteien würde die PDS denn regieren, wenn es eine Mehrheit dafür gäbe, wenn schon nicht mit SPD und Grünen? Mit der CDU? Oder der FDP?
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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 03. März 2005 - 17:44 Uhr:   

Je nach dem, wer ein vernünftiges Angebot macht. Kommunal schon immer, auf Landesebene hat Ramelow der CDU schon Angebote gemacht, wo es inhaltliche Überschneidungen gab.
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chris
Veröffentlicht am Donnerstag, 03. März 2005 - 21:12 Uhr:   

"Kommunal schon immer"

Z.B. zwischen 1994 und 1999 (PDS war stärkste Stadtratsfraktion) in Halle an der Saale.

Wenn ich mich nicht irre, hat die PDS in der Stichwahl um den OB 1994 auch zur Wahl von Dr. Klaus Rauen (CDU) aufgerufen. Im Gegenzug hat die CDU die PDS-Kandidaten für die Dezernenten mitgewählt.
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Immanuel Goldstein
Veröffentlicht am Freitag, 04. März 2005 - 09:22 Uhr:   

@ Sole
Natürlich haben Sie recht - es wäre sinnnlos für die PDS in nächster Zeit mti Rot-grün eine Regierung zu bilden. Und auch als Oppositionaspartei kann man im Bundestag einiges bewirken (zumindest für mehr Transparenz sorgen). Aber irgendwann sollte auch in der PDS überlegt werden, wie man für den Fall einer Regierungsbeteiligung sich verhält. Auch ein kleiner Partner kann ungeheuer viel bewegen - er sollte sich nur nicht unbedingt an die allgemein üblichen Gebräuche für diese Situation halten (dann geht es tatsächlich nur noch um Posten und Machterhalt). gerade in diesem Punkt könnte Ihre Partei doch punkten: neue Arbeitstechniken für eine mögliche Regierungsbeteiligung erarbeiten ( FDP und Grüne haben naturgemäß eher andere - ebenfalls teilweise positive - Interessen als die Fortentwicklung institutioneller Praxis).
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Sonntag, 06. März 2005 - 09:42 Uhr:   

"es wäre sinnnlos für die PDS in nächster Zeit mti Rot-grün eine Regierung zu bilden"

Ich glaube, das würde der PDS generell nicht gut bekommen. Langfristig rechne ich sowieso mit einer Marginalisierung der PDS. Aber eine Koalition würde das noch beschleunigen. Wenn sich die PDS allzu sehr auf die SPD zubewegt, wird sie in den Augen der Wähler überflüssig. Ein Schicksal ähnlich der DP wäre wahrscheinlich. Mit der DP hat sie auch gemein, daß sie recht stark regional zentriert ist und ihr eine bundesweite Ausdehnung nicht recht gelingt.
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Sole
Veröffentlicht am Montag, 07. März 2005 - 09:56 Uhr:   

Möglich. Von der DP unterscheidet sie, dass sie niemals der Schützling einer großen Partei war, von Anfang an auch mit keiner weitgehend deckungsgleich war.

Es gab auch nach Berghofer & Co nie eine nennenswerte Übertrittswelle von Funktionsträgern zu einer anderen Partei.

Für die nächsten 5-10 Jahre wird die PDS wohl gesichert ein regionaler Faktor bleiben. Im Formierungsprozess der linken Europartei spielt sie die nächsten Jahre auch noch eine bedeutende Rolle. Je nach Bundesland kann man mit der PDS auch kommunal Karrieren machen. Was darüber hinaus noch bundesweit möglich ist und was nach diesem abschätzbaren Zeitraum passiert, mal schauen.

Mit der Marginalisierung der PDS rechnet man seit 1990.

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