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Recall in Kalifornien

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1-25J.A.L.25 24.09.03, 11:47h 
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Frederic
Veröffentlicht am Dienstag, 07. Oktober 2003 - 12:26 Uhr:   

Weiß jemand, wann in MESZ die Wahllokale in Kalifornien schließen?
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c07
Veröffentlicht am Dienstag, 07. Oktober 2003 - 14:21 Uhr:   

Die Wahllokale haben wohl von 7 AM bis 8 PM offen. Um diese Jahreszeit haben sie (glaub ich) noch PDT == UTC - 7h. Das wären 9 Stunden Differenz zu MESZ. Dann schließen sie also morgen in der Früh um 5 (bzw. 6, falls sie doch schon auf PST gewechselt haben).
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c07
Veröffentlicht am Dienstag, 07. Oktober 2003 - 15:24 Uhr:   

Die Auszählung kann übrigens recht lang dauern, zumindest wenn der Recall erfolgreich ist. Insgesamt gibt es immerhin 161 Kandidaten, und nebenbei finden auch noch 2 Volksentscheide statt. Siehe dazu z.B. hier. Die bekannten Probleme mit der Technik werden die Auszählung auch nicht gerade beschleunigen.

Weiß eigentlich wer, wie die "Write-in"-Kandidaten im Zusammenhang mit den Wahlmaschinen gehandhabt werden? Soweit ich weiß, sind das Kandidaten (in diesem Fall 26), die nicht namentlich auf dem Stimmzettel auftauchen, sondern mit der Hand eingetragen werden dürfen. Damit kann man sich wohl die Gebühren in Höhe von 3.500 $ sparen. Aber das wiederspricht doch ziemlich dem Prinzip der maschinellen Auszählung. Höchstens könnte man sie in der Summe auszählen lassen und nur gegebenenfalls manuell untergliedern.

Übrigens halt ich das Szenario für sehr wahrscheinlich, dass es bald den nächsten Recall gibt, falls der jetzige erfolgreich ist. Insbesondere, wenn eine so polarisierende Person wie Schwarzenegger gewählt wird. Immerhin sind aber nun mehr als 0,6% der Stimmen zur Wahl notwendig, weil die Zahl der Kandidaten nicht ganz so groß wie befürchtet ist. Nebenbei bemerkt dürfte das Ergebnis unter diesen Bedingungen bei Condorcet noch wesentlich zufälliger als bei relativer Mehrheitswahl sein.
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Frederic
Veröffentlicht am Dienstag, 07. Oktober 2003 - 18:13 Uhr:   

Der Spiegel schreibt, daß die Wahlbezirke sogar 28 Tage Zeit hätten, ihr Ergebnis an den Wahlleiter zu schicken.

@c07: Danke für die Zeitangaben!
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Achim
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. Oktober 2003 - 00:42 Uhr:   

Der Field Poll (http://www.field.com), vielleicht der einzig wirklich seriöse Poll in Kalifornien, sagt am heutigen Dienstag folgendes Endergebnis voraus:

Recall Ballot: Yes 57% - No 39%
Replacement Ballot: Schwarzenegger 36% - Bustamante 26%
Turnout: 70,5% der Wahlberechtigten, sprich: etwa 10 Mio.
Margin of error: 3,4%, Basis: 894 likely voters

Das würde bedeuten: 3.900.000 stimmen für Gray Davis (D), 3.600.00 sind für Schwarzenegger (R): Schwarzenegger wird Governor. Gore/Bush all over again.
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Frederic
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. Oktober 2003 - 01:07 Uhr:   

Naja.
Da kann man genauso gut rauslesen, daß eben 5 700 000 nicht wollten, daß Davis weiter an der Macht bleibt.
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Florian
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. Oktober 2003 - 04:37 Uhr:   

@ Achim:
Davis hätte ja glaube ich die Chance gehabt, auch auf der "Replacement Ballot" anzutreten, statt den Platz der Demokraten dort Bustamente zu überlassen.
Man kann glaube ich davon ausgehen, dass Davis nicht deutlich mehr stimmen bekommen hätte als Bustamente.

Übrigens sollte man vorsichtig sein, einem Gewählten die demokratische Legitimation abzusprechen, nur weil einem das Wahlverfahren seltsamt vorkommt.
Ich vermute mal, einem Amerikaner würde der Prozess, mit dem man in Deutschland Bundeskanzler wird, auch nicht als sehr demokratisch vorkommen.
Hier meine ich Aspekte wie: Aufstellung des Kanzlerkanidaten in kungelhaften "Frühstücksgesprächen" statt demokratischer Wahl, mögliches weiteres kungeln nach der Wahl (etwa die Tatsache, dass sich die FDP vor der letzten Wahl nicht klar dazu geäußert hat, wenn sie zum Kanzler wählen würde), eher zufällige Behandlung von Parteien, die unter 5% sind, "negatives Stimmrecht", etc.
Das ist eben alles davon abhängig, in welcher Verfahrens-Tradition man aufgewachsen ist.
Wenn das Ergebnis in Kalifornien den Prognosen entspricht, dann ist Schwarzenegger den dortigen Gesetzen gemäß demokratisch gewählt worden. Wenn eine Mehrheit ihn definitv nicht haben wollte, hätte diese Mehrheit sich ja auf einen einzigen Gegenkandidaten einigen können.

Ganz abgeseheh davon:
Ich finde es faszinierend, dass ein Einwanderer mit begrenzter Beherrschung der örtlichen Sprache auf einem konservativen Ticket zum Regierungs-Chef gewählt werden kann.
Ein analoger Fall wäre doch, dass man z.B. in Bayern einen eingewanderten Türken als CSU-Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten hat.
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. Oktober 2003 - 06:34 Uhr:   

Florian:
> Wenn eine Mehrheit ihn definitv nicht haben wollte, hätte diese
> Mehrheit sich ja auf einen einzigen Gegenkandidaten einigen können.

Wenn sie das von sich aus könnte, gäb es keine Notwendigkeit, überhaupt zu wählen. Um Mehrheiten zu finden, sind im großen Rahmen Strukturen nötig, und eben die werden durch solche Wahlen geboten. Nur wird halt bei relativer Mehrheitswahl in der Regel eine Minderheit legitimiert, sich Mehrheit zu nennen. Früher war das mal akzeptabel, weil der Aufwand dafür, eine treffendere Mehrheit zu finden, zu groß war. Heute ist aber allmählich der Punkt erreicht, wo ich mich weigere, das demokratisch zu nennen, zumindest, wenn man damit auch eine Gleichheit der Bürger impliziert.

Aber natürlich ist die Lage bei uns nicht so viel besser. Insbesondere die Entscheidungen der EU haben praktisch gar nichts mehr, was ich als Legitimation durchgehn lass. Außer den Punkten, die du schon aufgeführt hast, wär dann auch noch der Bundesrat zu nennen, wo ein eher zufälliges Konglomerat von Exekutivorganen die Gesetzgebung bestimmt. Außerdem ist bei uns die Volksgesetzgebung im Verhältnis zu den USA sehr unterentwickelt. Es gibt also in der Tat genügend Punkte bei uns, die man angehen müsste, bevor man mit dem Finger auf andere zeigt.

Übrigens hab ich irgendwo gelesen, dass Davis nicht selber als Kandidat antreten hätte können (aber ich weiß nicht sicher, ob das stimmt).
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m.g.s.
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. Oktober 2003 - 11:25 Uhr:   

@Achim: Bei Gore/Bush war doch der Skandal, dass da beim Zählen geschlampt wurde; wenn alle Zählungen zweifelsfrei für die Republikaner gesprochen hätten in Florida, wäre das hinzunehmen gewesen. Aber nicht mit dieser Schlamperei, mit der am Ende der Streit um die zu berücksichtigenden Stimmen von den Gerichten entschieden wurde und somit Bush ins Amt half.

@Florian: In Bayern gehen die Uhren ja auch schon anders als in Berlin... (als Bundesland gesehen). Obwohl ich nicht weiss, ob die CSU nicht z.B. Roberto Blanco aufstellen würde, wenn der entsprechend politisch aktiv wäre (ist der eigentlich deutscher Staatsbürger?) ;-)
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Frederic
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. Oktober 2003 - 11:28 Uhr:   

Wenn mich nicht alles täuscht, gab es eine Gerichtsentscheidung, die ihm die Kandidatur verbot.
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gelegentlicher Besucher
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. Oktober 2003 - 13:17 Uhr:   

Man findet dort eine Hochrechnung, an der sich wohl nicht mehr viel ändert. Da der abgewählte gouverneur Davis dem gewählten Gouverneur Schwarzenegger bereits gratuliert hat, hat er anscheinend auch nicht die Absicht zu klagen.

Davis konnte nicht als 'Ersatz für sich selbst' antreten, weil Artikel 2 der kalifornischen Verfassung dass in Sec. 15(c) verbietet. Wörtlich steht dort:

"If the majority vote on the question is to recall, the officer
is removed and, if there is a candidate, the candidate who receives
a plurality is the successor. The officer may not be a candidate[...]
"
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. Oktober 2003 - 15:47 Uhr:   

Ein Recall ist ja kein konstruktives Mißtrauensvotum.
D.h. es ist nicht so gedacht "bleibt im Amt, bis sich eine Mehrheit für einen anderen Kandidaten findet".
Sondern ein erfolgreicher Recall bedeutet, daß die Wähler den Typ bedingungslos weg haben wollen. Völlig unabhängig davon, wer sich in der nachfolgenden Wahl durchsetzt.
Und dann ist es nur logisch, daß der so grundsätzlich abgewählte nicht wieder kandidieren darf.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. Oktober 2003 - 23:51 Uhr:   

Schwarzenegger scheint nach dem derzeitigen Auszählungsstand eine echte Mehrheit zu haben, 3.540.573 NO Stimmen (also Davis Stimmen) und 3.694.436 Stimmen für Schwarzenegger.

Fragwürdig ist das Recall System aber schon, da der Amtsträger eine 50% Zustimmung benötigt, ein neuer Kandiat aber nur eine relative Mehrheit. Wenn man's auf die Spitze treiben würde, könnte jetzt ein Recall gegen Schwarzenegger gestartet werden und unter der Annahme dieses Wahlergebnisses könnte Schwarzenegger (trotz fast 50% Zustimmung) abgewählt werden.
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Niklas
Veröffentlicht am Donnerstag, 09. Oktober 2003 - 00:32 Uhr:   

@Martin Fehndrich:

Interessant dabei ist auch, dass im Vorfeld nur 27 Prozent der Kalifornier mit der Amtsführung von Herrn Davis zufrieden waren, er aber trotzdem 45% NO-Stimmen bekam (Vgl. dazu das Feature bei election.de).
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c07
Veröffentlicht am Donnerstag, 09. Oktober 2003 - 07:08 Uhr:   

Niklas: Unzufrieden sein und abwählen ist schon noch ein ziemlicher Unterschied. Da muss man dann die konkreten Alternativen bedenken, während die bloße Äußerung der Unzufriedenheit noch nichts kostet. Außerdem könnte man auch prinzipiell gegen jede vorzeitige Abwahl sein (aber das ist wohl eher selten ein echtes Motiv).
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 09. Oktober 2003 - 10:20 Uhr:   

@Martin Fehndrich:
> Fragwürdig ist das Recall System aber schon, da der Amtsträger eine
> 50% Zustimmung benötigt, ein neuer Kandiat aber nur eine relative
> Mehrheit.
Ich sehe das anders herum: Grundsätzlich reicht eine relative Mehrheit, um Gouverneur zu werden. Sowohl bei einer regulären wie bei außerplanmäßigen Wahl wie jetzt.
Über Vor- und Nachteile eines solchen Wahlverfahrens haben wir anderswo schon diskutiert, es ist auf jeden Fall ein übliches und legitimes.

Das Abschießen eines erfolgreich Gewählten ist dagegen viel schwerer: Dafür braucht man eine absolute Mehrheit.

Das Recall-Verfahren als solches ist daher m. E. nicht fragwürdig.
Man muß halt sachgerecht damit umgehen und nicht nach Belieben jeden wegputzen, der einem nicht paßt.
Und da diszipliniert das Verfahren ja, indem eben keine sichere Alternative garantiert wird. Wer abwählt, weiß, daß er sich das gut überlegen muß.

Und das scheint in der Praxis auch zu funktionieren - nicht umsonst ist seit über 80 Jahren kein Gouverneur mehr abgewählt worden.

Generell habe ich das Gefühl, daß die eher weitreichenden Möglichkeiten des politischen Systems in den USA dazu führen, daß die Leute ihren gesunden Menschenverstand nicht an der Garderobe abgeben sondern relativ verantwortungsvoll abstimmen.

Während in Deutschland versucht wird, jeden möglichen Mißbrauch durch Regeln abzufangen. Und damit wird suggeriert, alles wäre bestens reguliert und idiotensicher.
Was dann dazu führt, daß Wähler und Politiker ganz ungeniert alles ausreizen, ohne Rücksicht auf die Folgen für das Ganze.

Exemplarisch zu nennen wäre da Wowereits Rolle bei der berüchtigten Bundesratsabstimmung im letzten Jahr.
Amtsmißbrauch dieser Art kommt wohl in allen Ländern vor, auch in den USA. Aber erschreckend für mich war doch das völlig fehlende Unrechtsbewußtsein, es hat auch in den Medien wenig Kritik daran gegeben, daß man ein Amt wie den Bundesratspräsidenten nicht unparteiisch ausübt. Es wird einfach akzeptiert, daß man eine Machtposition rücksichtslos zum eigenen Vorteil ausnutzt und alle Paragraphen in seine Richtung biegt.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 09. Oktober 2003 - 20:32 Uhr:   

Sinnvoll wäre meines Erachtens, wenn auch die Wahl des Amtsträgers im Endergebnis eine absolute Mehrheit benötigt (sei es über absolutes Mehrheitswahlsystem oder ähnliche Verfahren, STV), da stimme ich Martin ausdrücklich zu. Gegen die Tatsache, dass für Abwahl eines Gouverneurs die absolute Mehrheit benötigt wird, habe ich nichts einzuwenden.

Im übrigen - ohne hier eine neue Diskussion anfangen zu wollen - möchte ich bemerken, dass bei Wowereits Verhalten meines Erachtens keinerlei Amtsmissbrauch oder Verfassungsbruch vorlag, sondern eine andere Interpretation des entsprechenden Grundgesetzartikels, der dann - zugegebenermaßen - vom BVerfG nicht geteilt wurde. Von Amtsmissbrauch würde ich aber hier nicht reden. Wowereits Verhalten war sicherlich nicht unparteiisch, dies wäre aber auch ein entgegengesetztes Verhalten eines evtl. Bundesratspräsidenten der Union wohl nicht gewesen. Ich denke, es ist gut, dass die Angelegenheit juristisch durch das Bundesverfassungsgericht geklärt worden ist.
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Florian
Veröffentlicht am Donnerstag, 09. Oktober 2003 - 21:45 Uhr:   

Wowereit war unkorrekt und verlogen. Sich hinzustellen und zu sagen "ich stelle fest, dass Brandenburg einheitlich mit ja gestimmt hat", obwohl das den Tatsachen ganz offensichtlich nicht entsprach, war schon ziemlich dreist. Zumindest einmal hatte er keine Skrupel, um eines kurzfristigen politischen Vorteils willen, die Institution Bundesrat und das Gesetzgebungsverfahren insgesamt in Verruf zu bringen.
Sicherlich war er nicht der einzige, der sich bei der Bundesratsabstimmung so verhalten hat.
Aber an den Präsidenten des Bundesrats muss man in so einer Situation vielleicht doch höhere Ansprüche stellen.
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Frederic
Veröffentlicht am Donnerstag, 09. Oktober 2003 - 22:37 Uhr:   

Hat er damals nicht auch mit seinem Verhalten Empfehlungen, die ihm irgendeine Expertenrunde vorher gab, mißachtet?

[Kann mich nicht mehr genau an die Fakten erinnern...]
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 10. Oktober 2003 - 10:47 Uhr:   

@Bernhard Nowak:
> Wowereits Verhalten war sicherlich nicht unparteiisch, ...
Eben.
Insbesondere hat er ja sogar die expliziten Rechtshinweise seiner Juristen mißachtet.

> dies wäre aber auch ein entgegengesetztes Verhalten eines evtl.
> Bundesratspräsidenten der Union wohl nicht gewesen.
Gut möglich.

Bei dem Beispiel geht es mir ja gar nicht um Wowereit selber.
Skrupellose Leute dieser Art gibt es bei jeder Partei.

Mir ging es darum, daß solche Verhaltensweisen als normal akzeptiert werden - unter anderem eben mit dem Hinweis, das würden doch andere auch so machen.

Das zeigt doch, wie heruntergekommen die Politikmoral ist: Man erwartet schon gar nicht mehr, daß sich jemand (egal welcher Partei) korrekt verhält.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 10. Oktober 2003 - 18:35 Uhr:   

Jetzt doch noch mal zu Wowereit. Es ist richtig, es gab eine Empfehlung des Bundesratsdirektors Oschatz (CDU) an Wowereit, das Stimmverhalten des Landes als uneinheitlich zu werten. Aber Wowereit hatte an den Ministerpräsidenten des Landes die Frage gestellt (Protokoll liegt ja im Thread: "Bundesratsabstimmung" vor, wie das Land Brandenburg abstimmt - in der Annahme, die Richtlinienkompetenz des Regierungschefs sei ausreichend. So hat auch Reinhold Meyer (FDP) 1952 in Baden-Württenberg agiert - er bestimmte das Votum des Landes, weil er sagte, ich bestimme die Richtlinien der Politik - allerdings war er alleine als Vertreter des Landes im Bundesrat anwesend. Da auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass das Grundgesetz die Weisungsgebundenheit der Mitglieder zumindest in dem fraglichen Art. 51 GG toleriert - sonst wäre ja nicht ausdrücklich an anderer Stelle gesagt, nur für die in den Vermittlungsausschuss entsandten Mitglieder des Bundesrates gäbe es explizit keine Weisungsgebundenheit - konnte man sich fragen: gibt die Landesregierung als Ganzes die Weisung (ist nicht geschehen, da man keinen Koalitionskonflikt riskieren wollte) oder gibt sie der Ministerpräsident des Landes als Inhaber der Richtlinienkompetenz. Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig entschieden (s. Thread: "Bundesratsabstimmung"), dass eine Weisung der Landesregierung in Brandenburg nicht vorlag. Hätte diese vorgelegen - so meine Schlussfolgerung - wäre eine Weisungsgebundenheit Schönbohms meines Erachtens bejaht worden. Es war also nur die Frage, wenn Weisungsgebundenheit "toleriert" wird - so das Gericht - wer kann die Weisung geben. Und hier sagte Wowereit, seiner Meinung nach der Regierungschef als Inhaber der Richtlinienkompetenz, das Bundesverfassungsgericht sah die Weisungsbefugnis bei dem Organ Landesregierung. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass der im März 2002 amtierende baden-württenbergische Kultusminister Goll (FDP)Wowereits Verhalten als verfassungsgemäß bezeichnet hat. Ein offensichtlicher Verfassungsverstoß lag also nicht vor - wohl aber parteiisches Verhalten, da hat Ralf recht - auch mit seinen sonstigen Ausführungen natürlich.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Freitag, 10. Oktober 2003 - 20:35 Uhr:   

@Bernhard

Wowereit hatte seine Entscheidung nicht mit der Richtlinienkompetenz begründet, sondern damit, daß Schönbohm auf seine Nachfrage (an den Ministerpräsidenten) sein Nein nicht wiederholt hat.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 10. Oktober 2003 - 23:25 Uhr:   

@Martin: Nicht nur, sondern auch. Ich habe selber ein Interview mit Wowereit gehört, in welchem er seine Entscheidung explizit mit der Richtlinienkompetenz des brandenburgischen Regierungschefs begründet hatte. Du hast aber recht, dass er außerdem das von Dir angesprochene zweite Begründungsmuster anführte.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Samstag, 11. Oktober 2003 - 11:11 Uhr:   

@Bernhard
Die beiden Begründungsmuster widersprechen sich aber, und können eigentlich nicht beide gleichzeitig (insb. von der sich rechtfertigenden Person) benutzt werden.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Samstag, 11. Oktober 2003 - 11:52 Uhr:   

@Martin: Da gebe ich Dir völlig recht. Die beiden Legitimationsstrategien sind widersprüchlich. Aber dennoch kann - und darauf wollte ich ja hinaus - bei aller Parteilichkeit von "offensichtlichem Verfassungsbruch" nicht die Rede sein.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 17. Oktober 2003 - 09:57 Uhr:   

Noch ein Nachtrag zum eigentlichen Thema Kalifornien-Wahl:
In der heutigen Süddeutschen Zeitung werden heftige Vorwürfe erhoben.
Die Wahl wäre im Prinzip von Enron gekauft worden, um einer Milliardenklage des alten Gouverneurs zu entgehen.
Und die Auswertung sowohl in Kalifornien wie auch bei anderen US-Wahlen würde mit Geräten durchgeführt, deren Produzenten den Republikanern nahe stehen und die Wahlergebnisse wären wohl gefälscht.

Das Ganze klingt sehr nach den üblichen Verschwörungstheorien, die im Internet grassieren (auch in der Wortwahl).
Aber die Süddeutsche ist natürlich renommiert genug, das sie nicht jeden Schwachsinn ungeprüft abdruckt (abgesehen vom Schwachsinn, den ihr Chefkommentator Prantl verzapft ;-)

Es könnte also was dran sein.

http://www.sueddeutsche.de/sz/politik/red-artikel186/
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c07
Veröffentlicht am Freitag, 17. Oktober 2003 - 11:20 Uhr:   

Vermutlich hat die Sache einen wahren Kern, aber letztlich haben ausreichend Wahlberechtigte den Recall-Antrag unterschrieben (wenn auch die Hürde nicht sonderlich hoch ist), und der Sieg Schwarzeneggers ist deutlich genug, um nur auf Manipulationen zu beruhen.

Tatsache ist aber, dass die Wahlmaschinen sehr leicht manipulierbar sind und das kaum überprüfbar ist, und dass die Hersteller enge Verbindungen mit Politikern unterhalten, wie auch umgekehrt Kandidaten Mitinhaber dieser Firmen sind.

Genauere Informationen zu diesem Thema gibts bei Telepolis:
http://heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/15799/1.html
http://heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/15301/1.html
http://heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15193/1.html
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 17. Oktober 2003 - 13:02 Uhr:   

Mit Medienkampagnen muß der Wähler umgehen können. Die gibt es ja nicht nur in der Politik. Wir werden doch alle täglich mit offener und verdeckter Werbung konfrontiert, die nur das Ziel hat uns-drastisch formuliert- Scheiße für Gold zu verkaufen. Oft genug klappt das ja auch- nicht bei allen, aber vielen. Aber irgendwann haben die Leute genug- allzu viele Bücher von Dieter B. wird auch der letzte Depp nicht kaufen. Wenn man mehrfach reingefallen ist, fangen die Menschen wenigstens teilweise an zu lernen und machen micht mehr ganz so schnell bei jedem Unsinn mit. Genauso ist das auch in der Politik- bei großen Versprechungen wird der Wähler zurecht skeptisch und ob ein Hochwasser kurz vor der nächsten Wahl Schröder nochmal retten könnte ist zumindest fraglich.
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Florian
Veröffentlicht am Freitag, 17. Oktober 2003 - 14:10 Uhr:   

Also der SZ-Artikel hat schon einen sehr miesen Stil.
Da wird auf übelste Weise an Verschwörungs-Theorien gestrickt.
Nehmen wir z.B. mal folgendes Zitat:

"
Bei der letzten Abgeordneten-Wahl im US-Bundesstaat Nebraska war beispielsweise der republikanische Kandidat für das Amt des Senators, Chuck Hagel, eng mit dem Computer-Unternehmen liiert, mit dessen Wahlsystem 86 Prozent der abgegebenen Stimmen ausgezählt worden sind. Muss noch hinzugefügt werden, dass Hagel die Wahl mit überwältigender Mehrheit gewonnen hat?
"

Was will uns die Autorin hier sagen?
Nota bene: Sie sagt NICHT AUSDRÜCKLICH, dass hier betrogen wurde.
Aber sie insinuiert das auf perfide Weise.
Bring Deine Anklage offen vor, oder schweige! möchte man da ausrufen.

Ich kenne natürlich die Autorin nicht, würde aber mal davon ausgehen, dass sie selbst eine sehr tendenziöse Meinung zum amerikanischen Politikgeschehen hat.
Die SZ nennt den Artikel korrekterweise "Außenansicht".
Aber das die SZ einer solch kruden Verschwörungstheorie Platz auf S. 2 einräumt, ist schon sehr schlechter journalistischer Stil.
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Mann mit Hirn
Veröffentlicht am Freitag, 17. Oktober 2003 - 14:16 Uhr:   

Selten so einen schwachsinnigen Artikel in einer angeblich ach so seriösen Zeitung gelesen. Ist der wirklich ernst gemeint, oder fällt der unter die Rubrik "Missglückte Satire"? Ist Mrs. Wokusch auf Schwarzenegger so böse, weil er sie vor 30 Jahren mal begrapscht hat, oder weil er ihr eben diese Begrapschung verweigert hat? Am besten ist aber das hier:

Zitat -
"Im Mai 2001 – nur einen Monat nachdem Bustamente Klage erhoben hatte – trafen sich der Enron-Chef Ken Lay (ein enger Freund Bushs, der wegen seiner Aktivitäten bei Enron der Korruption verdächtigt wird und sich jetzt vor Gericht zu verantworten hat) sowie der rechtskräftig verurteilte ehemalige Junkbond-King Mike Milken und andere, um Enrons Optionen zu erörtern. Ein weiterer Teilnehmer an dieser geheimen Runde war niemand anderer als Arnold Schwarzenegger."
- Zitatende

Aber klar doch, eine supergeheime Verschwörerrunde, von der Mrs. Wokusch natürlich detaillierte Kenntnis hat und Arnie war natürlich auch dabei. Übrigens deuten neueste wissenschafliche Erkenntnisse darauf hin, dass die Erde doch eine Scheibe ist.

Ach und warum es eigentlich so klar sein soll, dass "elektronische Wahlsystem zum Missbrauch einladen", sollte Mrs. Wokusch einmal ein wenig genauer ausführen. Wenn das so ist, warum wurde dann z.B. in Cal. nicht der von Bush favorisierte McCintock gewählt? Der Rest des Artikels ist getretener Quark, tyische Verschwörungstheoretiker"argumentation". Die plumpe Ablenkung auf Unwesentlichkeiten und Ereignisse, die mit der eigentlichen Problematik gar nichts zu tun haben, verquickt mit hanebüchenden aber auf die schnelle nicht einfach zu widerlegende Behauptungen. Konkrete Belege für ihre abstrusen Vermutungen bringt Mrs. Wokusch aber selbst keinen Einzigen. Wie auch, es gibt ja keine. Offenbar entblödet sich inzwischen selbst die SZ nicht, sich auf Telepolis-"Niveau" zu begeben.
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c07
Veröffentlicht am Freitag, 17. Oktober 2003 - 16:12 Uhr:   

Florian: Wer sein eigenes Wahlergebnis ohne die Möglichkeit zur Überprüfung ermittelt, muss mit solchen Verschwörungstheorien rechnen, egal ob was dran ist oder nicht.
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Florian
Veröffentlicht am Freitag, 17. Oktober 2003 - 16:34 Uhr:   

@c07:

Na, ganz so ist es ja nun auch nicht.
Das Wahlergebnis wird ja wohl auch in den USA immer noch von Behörden ermittelt. Und auch im SZ-Artikel steht nichts anderes.
Dort heißt es nur, ein Kandidat sei "mit dem Computer-Unternehmen liiert, mit dessen Wahlsystem 86 Prozent der abgegebenen Stimmen ausgezählt worden sind".

Was bedeutet denn "liiert"? Schon sehr vage, der Vorwurf. Und eine Frechheit, daraus Wahlbetrug abzuleiten. Zumal mir nicht klar ist, warum eine Firma, die Wahlmaschinen herstellt, selbstverständlich in der Lage sein soll, die Wahl zu manipulieren.
Um diesen Vorwurf zu akzeptieren, würde ich schon gerne genauer wissen, wie die Wahlmaschinen funktionieren und ob es da wirklich keine Kontrollmechanismen gibt.

Nach der SZ-Logik müsste jemand, der sich in Deutschland zu Wahl stellt und dessen Frau bei einer Druckerei arbeitet, die die Wahlzettel druckt, sich ähnliche Vorwürfe gefallen lassen.
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c07
Veröffentlicht am Freitag, 17. Oktober 2003 - 17:47 Uhr:   

Florian:
> Das Wahlergebnis wird ja wohl auch in den USA immer noch von Behörden ermittelt.

Nein, eben nicht. Die Behörden stellen das Ergebnis offiziell fest, aber ermitteln tut es zum Teil die Hard- und Software der entsprechenden Firmen. Das wär noch kein Problem, solang dieser Prozess nachvollziehbar wär. Das ist er aber schon für die Behörden nicht wirklich, geschweige denn für sonstige Beobachter.

> Was bedeutet denn "liiert"?

Das steht im unteren der Links, die ich vorher gepostet hab, bzw. detaillierter hier. Kurz: Er war vor seiner Wahl Präsident der Firma und hält noch Aktien des Mutterkonzerns (im Wert von einigen Millionen US$), dessen Vorsitzender einer seiner Wahlkampfmanager war.

> Zumal mir nicht klar ist, warum eine Firma, die Wahlmaschinen herstellt,
> selbstverständlich in der Lage sein soll, die Wahl zu manipulieren.

Weil sie die Software kontrolliert und auch online verändern kann. Prinzipiell wären schon Kontrollmechanismen möglich. In Kalifornien hat es z.B. bei 1% dieser Maschinen Kontrollausdrucke gegeben. Das ist aber sinnlos, solang wie hier schon vorher feststeht, wo die Stichproben gezogen werden. Außerdem müssen schon die Wähler selbst ihren Ausdruck kontrollieren, damit Manipulationen ausgeschlossen sind. Wenn es keine greifbare Manifestation der Stimmen gibt, müsste die gesamte Soft- und Hardware absolut transparent sein. Dabei bleibt aber immer die Schwierigkeit, zu beurteilen, ob tatsächlich die geprüfte Software oder eine andere läuft.

Ich seh nur zwei Möglichkeiten, Manipulationen auszuschließen: Entweder man hat parallel Kontrollausdrucke, die stichprobenartig überprüft werden können, oder man veröffentlicht alle Stimmen quasi-persönlich, wobei jeder Wähler seine eigene Stimme mit einem persönlichen Code identifizieren kann (zu letzterem siehe den Thread "Wahl per Knopfdruck").
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 20. Oktober 2003 - 10:59 Uhr:   

Ich stimme c07 zu, daß die Umstände Verschwörungstheorien begünstigen.

Ich halte es aber dennoch für ziemlich unwahrscheinlich, daß hier tatsächlich manipuliert wurde.
Denn es reicht ja nicht, daß eine Firma die Software schreibt und dort Manipulationsmöglichkeiten einbaut. Sie müßte auch für eine Kommunikationsschnittstelle sorgen, um bei jeder konkreten Wahl sehr gezielt eingreifen zu können - man kann ja nicht vorsorglich einbauen, daß z. B. die Reps automatisch 5% mehr bekommen, es kommt ja immer darauf an, welche Kandidaten antreten oder welche Frage abgestimmt wird.

Die "Manipulations-Zentrale" müßte also vor/während der konkreten Wahl mit den Software-Installationen in den einzelnen Wahllokalen Verbindung aufnehmen können und dabei konkrete Anweisungen geben, wieviele Stimmmen umzubuchen sind (die Gesamtzahl muß ja wieder stimmen).

Und das alles muß so organisiert werden, daß keiner der Firmenmitarbeiter zum Verräter werden kann und alle Kommunikationsverbindungen völlig unverdächtig erscheinen.

Und dann muß man es schaffen, daß alles einer Verwaltung unterzuschieben, die in Kalifornien ja wohl eher von der Gegenpartei dominiert ist ...

Insgesamt ist das Ganze wohl doch eher eine Verschwörungstheorie der dümmlichen Art (weil kein einziges Detail angegeben wird, daß wirklich für eine Manipulation spricht) und es ist peinlich, daß die SZ das druckt.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 20. Oktober 2003 - 20:06 Uhr:   

Es ist doch für die Süddeutsche Zeitung äußerst peinlich, einen solchen Artikel zu drucken, ohne Beweise zu bringen. Das erinnert doch stark an die Verschwörungstheorien um den 11. September. Diese Wahl ist doch mit der Wahlentschentscheidung in Florida bei den nationalen Präsidentschaftswahlen 2000 in keinster Weise vergleichbar. Man muss doch auch mit Anstand eine Niederlage ertragen können.
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Martin Lang
Veröffentlicht am Dienstag, 02. November 2004 - 16:52 Uhr:   

angeblich ist morgens um 03.00 mez alles geschlossen! habe es eben auf ner us homepage gelesen

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