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Archiv bis 28. Mai 2018

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Wahlen, Abstimmungen usw. im europäischen Ausland » Italien – Parlamentswahlen in Italien » Archiv bis 28. Mai 2018 « Zurück Weiter »

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Holger81
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Veröffentlicht am Mittwoch, 09. Mai 2018 - 19:25 Uhr:   

tg: "
Und dabei hatte man sich so viel Mühe gegeben, mit einem hochkomplizierten Wahlrecht endlich stabilere Verhältnisse zu schaffen!"

Das war Renzis Ziel, aber die "Stichwahl" zwischen den zwei stärksten Lagern wurde ja vom Verfassungsgericht gekippt. Sonst hätte entweder 5S oder das rechte Lager eine eigene Parlamentsmehrheit in der Stichwahl gewonnen.
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SaaleMAX
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 10. Mai 2018 - 18:20 Uhr:   

Überraschende Wendung!

Berlusconi zieht sich zurück und macht einen neuen Weg frei.
Seit Mittwoch verhandeln nun 5 Sterne und LEGA ob eine Regierung aus beiden Parteien DOCH NOCH möglich ist.

.............
Nun heisst es abwarten...in Italien schein fast alles kurzzeitig denkbar zu sein...
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 13. Mai 2018 - 10:48 Uhr:   

Was war eigentlich der Zweck, diese Wahlbündnisse ins Wahlrecht aufzunehmen? Das hat ja für viel Durcheinander nach der Wahl gesorgt, da sich zwei Parteien mit einigem Recht als Gewinner der relativen Mehrheit fühlen konnten: M5S als stärkste Partei, Lega als stärkste Partei des stärksten Bündnisses. Darum hat die Lega ja auch lange darauf bestanden, daß das gesamte Rechtsbündnis in die Regierung aufgenommen würde.

Wenn es nun nach dem Verzicht der Forza zu einer Koalition von M5S und Lega käme, hätten die 5 Sterne das deutlich höhere Anrecht auf den Posten des Regierungschefs.

Bei den Inhalten der beiden Parteien fällt auf, daß sie vieles an der derzeitigen Situation ändern wollen, die Frage ist, ob in dieselbe Richtung. Beide wünschen zum Beispiel ein besseres Wahlrecht für Italien - dieses ewige Thema wird uns also auch in Zukunft Diskussionsstoff bieten.

Was aber wirklich auch Auswirkungen bis Deutschland haben könnte, ist die Tatsache, daß beide Parteien den Euro eher kritisch sehen. Ein Euro-Austritt Italiens wäre mit einer Koalition M5S + Lega wohl durchaus denkbar.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 13. Mai 2018 - 15:00 Uhr:   

@TG
"Was war eigentlich der Zweck, diese Wahlbündnisse ins Wahlrecht aufzunehmen?"
Weil das Wahlsystem sonst stärker der M5S genutzt hätte. Lega, FI und FdI hätten entweder gemeinsamen antreten oder erhebliche Nachteile in Kauf nehmen müssen. Auch die PD hat kleinere Bündnispartner, M5S dagegen keine. Da M5S im Süden derart abgeräumt hat (während es im Norden regional sogar Verluste gab), bekam sie dann doch viele Direktmandate.

"Wenn es nun nach dem Verzicht der Forza zu einer Koalition von M5S und Lega käme, hätten die 5 Sterne das deutlich höhere Anrecht auf den Posten des Regierungschefs."
Das ist allein deren "Problem" und sicher lösbar, wenn beide Seiten wollen.

Das Thema Wahlrecht ist deswegen so beliebt, weil man damit Reformbereitschaft simulieren kann, ohne die vielen Probleme Italiens angehen zu müssen, wie u. a. geringes Wachstum, hohe Arbeitslosigkeit, extrem teures Rentensystem, sehr hohe Staatsverschuldung, aufgeblähter und ineffizienter Staatsdienst, Korruption, organisiertes Verbrechen, die Aufzählung ließe sich lange fortsetzen. Kann man alles offensichtlich nicht mit einem neuen Wahlsystem lösen.

Es dürfte nicht ganz einfach sein, sich ein neues Wahlsystem auszudenken, dass sowohl der M5S als auch der Lega nutzt und sich gleichzeitig im Rahmen der Verfassung bzw. der Rechtsprechung hierzu bewegt.

@Holger
"Das war Renzis Ziel, aber die "Stichwahl" zwischen den zwei stärksten Lagern wurde ja vom Verfassungsgericht gekippt. Sonst hätte entweder 5S oder das rechte Lager eine eigene Parlamentsmehrheit in der Stichwahl gewonnen."
Nicht unbedingt, es gibt ja noch den Senat. Das war ja auch 2013 das "Problem". Den Senat zu entmachten, hat Renzi ja nicht geschafft. Klare Mehrheiten kann man nicht übers Wahlrecht erzwingen, wie auch die Erfahrung der letzten 25 Jahre zeigt.
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 14. Mai 2018 - 11:54 Uhr:   

Eine schöne Auflistung der Probleme Italiens.

Anscheinend haben sich M5S und Lega auf eine gemeinsame Regierung geeinigt; der Name des Regierungschefs ist noch nicht bekanntgegeben.
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SaaleMAX
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Mai 2018 - 21:48 Uhr:   

5 Sterne und LEGA bereiten Regierungpartnerschaft vor.
Und dies mit einem ANTI--Europa Programm.


Vertrag für eine Regierung der Veränderung“ lautet der Titel des 57 Seiten umfassenden Vertrags. Das ist sicher nicht übertrieben: Falls die neue Regierung aus der postideologischen Protestbewegung M5S und der rechtsextremen Lega tatsächlich zustande kommt, wird man sich in Brüssel auf größere Veränderungen vorbereiten müssen.

Das Programm belegt vor allem eines: Die künftige Regierung stellt praktisch sämtliche Regeln und Verpflichtungen Europas in Frage – und ist auch bereit, diese zu verletzen. Die Ablehnung der „Euro-Bürokraten“ in Brüssel ist der Kitt, der die beiden unterschiedlichen Partner zusammen hält.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Mai 2018 - 13:47 Uhr:   

@SaaleMax,

abwarten, wie lange diese Regierung hält. Als Berlusconie 1994 zum ersten Mal gewann, hat seine Regierung nur 6 Monate gehalten.
Gut möglich, dass diese Regierung mit völlig konträre ideologischen Parteien und einem Programm, dass nur aus mehr Staatsverschuldung besteht (sowohl mehr Staatsausgaben wie Steuersenkungen) bereits am nächsten Haushalt scheitert.

Bei Neuwahlen hätte dann Berlusconi wieder alle Chancen zum Sieg. Ein Gericht hat kürzlich erst das Ämterverbot für Berlusconi (das ohnehin 2019 ausgelaufen wäre) wegen guter Führung aufgehoben:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/italien-silvio-berlusconi-darf-wieder-politische-aemter-anstreben-a-1207423.html

Im Hinblick auf die jetzige Chaos-Truppe würde eine Wiederwahl Berlusconis in der Tat eine Rückkehr zur Stabilität in Italien bedeuten.
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SaaleMAX
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Mai 2018 - 22:16 Uhr:   

@ Marc

sollen die Italiener den Berlusconi noch an den Schreibtisch hereintragen müssen ?

Er ist mit Verlaub im besten Pensionsalter.
Da müssen jetzt wirklich mal jüngere Leute ran...egal welcher polit.Coleur .
Berlusconi hatte seine politische Zeit und hat sie gut für SICH genutzt.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Mai 2018 - 01:31 Uhr:   

@SaaleMAX,

abwarten. In Malaysia hat gerade Mahathir, der langjährige Premier, diesmal als Kandidat der Opposition gegen seine ehemalige Partei, die Wahlen gewonnen.

Im Vergelich dazu ist Berlusconi noch ganz frisch. Auch Trump ist nicht mehr der jüngste.

Den jungen Grünschnäbeln in der italienischen Poltik (von Renzi bis zu den Populisten) traue ich jedenfalls nichts zu. Renzi hatte seine Chance. Die Fünf Sterne haben kein wirkliches Programm und die Koalition von Lega und Fünf Sterne hat nicht genug Gemeinsamkeiten eine Legislaturperiode durchzustehen. Ich gebe ihr einige Monate, dann dürfte Schluss sein. Das ist ja nun auch für italienische Verhältnisse nichts ungewöhnliches. Das höchste Maß an Stabilität hat es in Italien in den Amtszeiten II und III von Berluconi gegeben (2001 bis 2006 und 2008 bis 2011). Bei dem Politikchaos, dass die Clowns von den Fünf Sternen anrichten werden, werden die Italiener sich bald mehrheitlich Berlusconi zurückwünschen. Wetten dass?
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Holger81
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Mai 2018 - 12:55 Uhr:   

@Thomas Frings: "Nicht unbedingt, es gibt ja noch den Senat. Das war ja auch 2013 das "Problem". Den Senat zu entmachten, hat Renzi ja nicht geschafft. Klare Mehrheiten kann man nicht übers Wahlrecht erzwingen, wie auch die Erfahrung der letzten 25 Jahre zeigt."

Stimmt, ich hatte nicht mehr im Kopf, dass auch Renzis Senatsreform gescheitert war. Prinzipiell könnte man klare Mehrheiten schon über ein neues Wahlrecht erzwingen (das hat Renzi ja versucht), man kann halt nur so ein neues Wahlrecht nicht in einem bestehenden zersplitterten Parlament durchsetzen, da beißt sich die Katze in den Schwanz. (Das ist ja auch eines der besseren Argumente für die 5%-Klausel im Bundestag, dass man sie nach einer Abschaffung aufgrund der dann größeren Zerplitterung ggfs. nicht wieder einführen könnte.)

Ein Schritt in Richtung klarerer Verhältnisse ist ja zumindest, dass das neue Wahlrecht für Abgeordnetenhaus und Senat m.W. faktisch fast identisch sind, so dass in beiden Kammern die gleichen Mehrheitsverhältnisse herrschen. Quasi eine Senatsentmachtung/"Gleichschaltung" durch die Hintertür.
Dann ist nur die Frage, wozu man überhaupt noch beide Kammern braucht, wenn sie identisch zusammengesetzt sind. Die 5 Sterne wollten doch mal das Parlament massiv verkleinern, steht davon irgendetwas im Koalitionsvertrag?
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Mai 2018 - 16:04 Uhr:   

Und was ist mit den Ideen der Lega, die Staatsstruktur umzubauen? In den 1990ern wollte die Lega ja sogar die Unabhängigkeit Norditaliens, später dann wenigstens Föderalismus in Italien. Was ist davon in den Koalitionsvertrag gekommen?
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J.A.L.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Mai 2018 - 20:30 Uhr:   

@ tg:

Vom ganzen Norditalienfokus(oder wie der Staat ja heißen sollte: „Padanien“) ist bei der Lega Nord nur noch der Name übrig geblieben. Vor allem, weil sie erkannt haben, dass sie so auch geografisch nicht mehr limitiert sind und so viel mehr Stimmen anpeilen können. Jetzt sind sie mehr oder weniger nur noch gegen Einwanderung.
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SaaleMAX
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Mai 2018 - 21:21 Uhr:   

Wie war denn das in Griechenland...hmm....gibt es da nicht auch ein Rechts-Links Bündnis?.....Zumindest bis heute gibt es Griechenland immer noch.....
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Mai 2018 - 23:13 Uhr:   

@SaaleMAX,

die italienischen Verhältnisse sind etwas anders. Die Regierungen wechseln dort schneller, insbesondere diejenigen, die von einer neuen, unerfahrenen poltischen Formation geführt werden. Selbst Silvio Berlusconi hat sich 1994, nach seinen ersten Wahlsieg, zunächst nur sechs Monate halten können (und das obwohl sein Bündnis aus ideologisch gleichgerichteten Parteien besteht).

Man mag von den Fünf Sternen halten was man will, politische Erfahrung haben sie jedenfalls nicht. Das Regierungsprogramm, dass die beiden Partner aufgeschrieben haben, ist im übrigen nicht finanzierbar. Dies würde zu einem so hohen Anstieg der Staatsschulden führen, dass die Rendite für italienische Staatsanleihen explodieren würde (oder gar diese gar nicht mehr platziert werden können). Kurzum: Das wird nicht funktionieren. Die Parteien haben also die Wahl entweder ihr Programm einfach nicht umzusetzen und eine ganz konventionelle Politik zu führen (wofür insbesondere die Fünf Sterne allerdings nicht gewählt wurde) oder sich bei der Frage welche Projekte prioritär sind (Steuersenkungen oder mehr Sozialausgaben) zu zerstreiten und so gesichtswahrend für beide Seiten Neuwahlen auszulösen, bei denen dann ein anderes Büdnis rauskommt (wahrscheinlich eine normale Mitte-Rechts-Regierung unter Berlusconi; unwahrscheinlicher eine Mitte-Links-Regierung, die programmatisch jedenfalls besser zu den Fünf Sternen passen würde als dieses Bündnis (dass zurecht mit einer Koalition von AfD und Linkspartei verglichen wird).

Im Übrigen dort die griechische Regierungskoalition gerade an Zugeständnissen im Namensstreit mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (von einige Staaten bereits unter dem Namen Mazedonien anerkannt) zu scheitern. Griechische Nationalisten (also die Mehrheit der Bvölkerung) lehnen jedweden Kompromiss ab.

Es wäre höchste Zeit, dass Griechenland hier einen Schritt auf seinen Nachbarn zugehen würde. Dieser Namensstreit ist einer der lächerlichsten Streitigkeiten zwischen Nachbarstaaten, zumal Mazedonien sogar schon kurz nach seiner Unabhängigkeit in seine Verfassung geschrieben hat, keine Territorialansprüche zu stellen. Namensgleichheiten zwischen Provinzen von Staaten und Nachbarstaaten sind im Übrigen nicht einmalig (man denke an die belgische Provinz Luxemburg und das Großherzogtum Luxemburg) und führen in aller Regel nicht zu Streitigkeiten zwischen Nachbarstaaten und der Unterstellung von Gebietsnansprüchen (auch die Namensähnlichkeit zwischen der indischen Provinz Bengalen und dem Staat Bangladesch) wurde daher nie problematisiert).

Bedauerlicherweise blockiert dieser lächerliche griechische Blockade die Aufnahme von Mazedonien in EU und Nato. Im Hinblick auf die Stabilisierung ist das eine ziemliche Katastrophe, zumal von dem Chaos Russland und die Türkei profitieren, deren Einfluss jeder auf seine Weise schädlich für die Region ist (Russland schürt slawische Nationalismen, insbesondere den serbischen, während die Türkei muslimischen Nationalismus (Albaner, Bosniaken) fördert (letzteres gefährdet auch die Integrität von Mazedonien, dessen westlicher Teil albanisch dominiert wird).

Ein weiterer Balkankrieg ist wahrlich das letzte was wir brauchen. Dies kann allerdings nur vermieden werden, indem die bestehenden Grenzen nach und nach ihre Bedeutung verlieren und die Staaten in der große europäischen Staatenfamilie ein neues Zuhause finden, in dem Freizügigkeit und regionale Autonomie besteht. Das schwächt Separatismus und nationalistische Bestrebungen nach Grenzrevision.

Wenn Tsipras hier tatsächlich einen Durchbruch ermöglicht und Zaev in Mazedonien einen Kompromiss durchsetzt, wäre dass durchaus ein Grund beiden den Friedensnobelpreis zu geben.

Allerdings erscheint dies sehr fraglich, zumal Zweifel bestehen, inwiefern Zsipras diesen Aussöhnungskurs nur aus rein taktischen Gründen verfolgt.


https://www.reuters.com/article/us-greece-politics-tsipras-analysis/with-eye-on-re-election-greek-pm-rolls-dice-on-macedonia-idUSKCN1IO1T6


Sehr bedauerlich sind diese nationalistischen Aufwallungen in Europa: Sei es in Griechenland, Katalonien oder in Schottland. Letztlich ist auch der Brexit ein Resultat dieser nationalistischen Welle in der Welt, ebenso wie der Wahlsieg Trumps. Das weckt Sorge um die Zukunft der Welt und auch der Europäischen Union. Es ist allerdings auf gravierende Fehler der Eliten der westlichen Eliten zurückzuführen. Diese haben die Verbindung zu ihren überwiegen viel stärker in nationalen Bezügen verwurzelten Wählerschichten verloren. Dies hat zu einem völlig überflüssigen und künstlichen Gegensatz zwischen Europäisierung und Globalisierung und den Nationalstaat geführt.
Dabei sprach schon Charles de Gaulle von einem "Europa der Nationen" und das europäische Motto ist ja auch "In Vielfalt geeint" statt dem amerikansichen "Aus vielen eines". Leider haben das große Teile der Eliten vergessen und seit Jahrzehnten den Nationalstaat an sich für alles Übel der Welt verantwortlich gemacht. Das löst natürlich unweigerlich eine Gegenreaktion aus, insbesondere da die viel beschworene Globalisierung neben Gewinnern auch viele Verlierer produziert. Das darüber hinaus große Teile der kulturellen Elite sich nicht damit abfinden können, dass nationalen Identitäten einfach nicht verschwinden wollen, verschärft das Problem.

Es gibt nunmal keine natürliche Entwicklung zu immer größeren Einheiten und Identitäten (sonst wäre die Zahl der Staaten von 1945 von rund 50 auch nicht auf fast 200 Staaten heute gestiegen (und im 21. Jahrhundert dürften es auch nicht weniger werden)).


Die Einführung des Euro war insofern verfrüht und in seiner Struktur verfehlt, da man die Aufnahme nicht an wirtschaftliche, sondern allein an politische Kriterien gebunden hat. Wenn Italien meint mit einer neuen Lira besser zu fahren, sollen sie es versuchen. Ich gehe jede Wette ein, dass das nicht passieren wird. Die italienischen Probleme sind hausgemacht genauso wie die französischen. Sie gab es vor der Währungsunion und nun genauso, wenn auch in verschärfter Form, da keine Abwertungsmöglichkeit mehr besteht. Statt eine EU-Reform zu fordern, sollte sich Macron mehr auf die Reform Frankreichs konzentieren und die Italiener auf Italien. Immerhin ist Italien eine Exportnation. So schlecht sind die ökonomischen Kennzahlen für Italien gar nicht.

Falls Italien und Frankreich ihren Laden wieder in Ordnung bringen, wird auch ihr politisches Gewicht steigen und sie werden weniger über deutsche Dominanz klagen müssen. Bei Frankreich gibt es diesbezüglich auch schon einige positive Entwicklungen. In Bezug auf Italien wird man wohl noch einige Jahre warten müssen, bis die Fünf Sterne zu einer normalen Partei werden oder verschwinden. Im Hinblick auf die vielen Regierungswechsel ist der Beamtenapparat in Italien ohnehin wichtiger als jede temporäre Regierung (wichtiger noch als in Deutschland oder Frankreich). Dieser sorgt für Kontinuität, weshalb ich mir um Italien keine Sorgen mache.

Die Lega Nord ist heute mehr eine regionalistische Partei und vertritt keinen Separatismus mehr. Dies kann man durchaus als Fortschritt werten. Italien ist als Nation heute geeinter als in den 90er-Jahren, trotz aller politischen Probleme.
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 28. Mai 2018 - 12:14 Uhr:   

Neueste Entwicklung: Staatspräsident Mattarella war mit dem vorgeschlagenen Wirtschaftsminister nicht einverstanden und hat sein Veto gegen die Regierung eingelegt. Jetzt scheint es auf Neuwahlen hinauszulaufen.

Hätte eigentlich in Deutschland der Bundespräsident auch die Möglichkeit, einen einzelnen Minister zu verhindern?
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J.A.L.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 28. Mai 2018 - 16:18 Uhr:   

Formell jedenfalls nicht im Zusammenhang mit der Ernennung des Bundeskanzlers, schon weil der Kanzler anders als offenbar in Italien vor seiner Wahl die Minister gar nicht namentlich benennen muss.

Die Ernennung eines vom Kanzler vorgeschlagenen Ministers kann der Bundespräsident nach herrschender Meinung nur aus formellen Gründen (etwa fehlende deutsche Staatsbürgerschaft) verweigern.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 28. Mai 2018 - 19:52 Uhr:   

Italienische Chaosregierung gescheitert, bevor sie überhaupt anfängt.
Während ich ihr 6 Monate gegeben habe, scheitert sie ja schon bei der Regierungsbildung. Das ganze zeigt auch den unernst der beiden Koalitionäre. Der Präsident hat einen einzigen Minister abgelehnt - dazu noch einem alten Greis, des Europaphobie ohnehin nicht zum italienischen Realpolitik passt, die alles tun wird, um in der Eurozone zu verbleiben.
Man hätte diesen ja austauschen können. Selbst Schüssel hat 1999/2000 einen FPÖ-Minister austauschen müssen, weil der Präsident sich querstellte (man kann sowas auch vorher absprechen, damit beide Seiten ihr Gesicht wahren können). Jedenfalls zeugt dies davon, dass die beiden Möchtegern-Koalitionäre nach einem Vorwand gesucht haben, die politische Verantwortung, der sie ohnehin nicht gewachsen gewesen wären, im Vorfeld zu entfliehen. Ich hoffe jetzt auf zügige Neuwahlen und einen Sieg für Silvio Berlusconi. Offensichtlich ist nur er in der Lage in der italienischen Politik für ein wenig Stabilität und Ordnung zu sorgen, was er als Premierminister 1994, 2001-2006 und 2008-2011 bewiesen hat. Die Fünf Sterne bekommen ja noch nicht mal eine Regierungsbildung zustande. Da kann man nur sagen: Regierungsunfähig.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 28. Mai 2018 - 21:24 Uhr:   

"Formell jedenfalls nicht im Zusammenhang mit der Ernennung des Bundeskanzlers, schon weil der Kanzler anders als offenbar in Italien vor seiner Wahl die Minister gar nicht namentlich benennen muss."
Da ist der Verfassungswortlaut ist in Italien nicht so verschieden, auch da werden die Minister auf Vorschlag des Regierungschefs vom Präsidenten ernannt:
Il Presidente della Repubblica nomina il Presidente del Consiglio dei Ministri e, su proposta di questo, i Ministri.

Ein wesentlicher Unterschied ist, dass der Präsident in Italien theoretisch frei ist, wen er zum Ministerpäsidenten beruft, während der Bundespräsident im Normalfall den Gewählten ernennen muss. Wenn mal jemand mit relativer Mehrheit gewählt werden sollte, könnte der Bundespräsident seine Entscheidung aber schon von den vorgeschlagenen Ministern abhängig machen.

Ich denke auch, dass die Entwicklung Di Maio und Salvini gelegen kommt. Nach einer Neuwahl könnten sie ja selbst Ministerpräsident werden, wobei Salvini die besseren Karten hat.
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J.A.L.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 28. Mai 2018 - 22:14 Uhr:   

@ Marc:

Wobei Greis ja durchaus auch auf den dieses Jahr noch 82 werdenden Berlusconi zutrifft. Nicht von den auffällig vermehrten und dunkler gewordenen Haaren und dem faltenfrei gebügelten Gesicht blenden lassen...
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 28. Mai 2018 - 23:50 Uhr:   

Nicht dass Berlusconi wieder Premier werden wird, aber wenn man in Malaysia mit 92 ein Comeback hinlegen kann, warum nicht mit 82 in Italien. Der venezianische Doge Enrico Dandolo ging noch mit ca. 95 Jahren auf Kreuzzug.

Berluconi war ja über 20 Jahre der Bösewicht ohne irgendwelche rationale Begründung. Naja, aus der obsessiven Thematisierung von Bungabunga spricht wahrscheinlich Neid. Jetzt wird auf einmal alles noch viel schlimmer, obwohl der Berlusconi ja schon sooo schrecklich war. Also ich hätte lieber einen nicht durchgeknallten 90-Jährigen als Kanzler als eine unverantwortliche Kreatur Anfang/Mitte 60. Berlusconi kann man sicher zugute halten, dass er kein Verrückter ist.

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