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Archiv bis 13. August 2019

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Bundestagswahl 2021 » Archiv bis 13. August 2019 « Zurück Weiter »

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Mark Tröger
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Veröffentlicht am Donnerstag, 01. August 2019 - 01:42 Uhr:   

@SaaleMAX

Schmutzig finde ich vor allem den dreisten Versuch der großen europäischen Parteien EVP und SPE, durch das Spitzenkandidatenprinzip Macht an sich zu reißen. Es steht nämlich nirgendwo geschrieben, dass ein sogenannter "Spitzenkandidat" Kommissionspräsident wird. Ohne Rechtsgrundlage haben die großen Parteien einfach gesagt, dass das jetzt gilt, dass alles andere undemokratisch wäre, und die Europawahl dafür zweckentfremdet. Das Kalkül war ein zweifacher Machtgewinn: Je mehr die Europawahl zu einer Wahl von Spitzenkandidaten umgemodelt wird, desto größer ist der Vorteil der großen Parteien gegenüber den kleinen. Der Niedergang der großen Parteien sollte durch diesen Trick aufgehalten werden. Und zum anderen wäre die Macht des Parlaments zu Lasten des Rats ausgebaut worden. Die anscheinend parteienhörigen deutschen Medien haben beim Propagieren des Spitzenkandidatenprinzips eifrig mitgewirkt. Allerdings ist das Prinzip jetzt in sich zusammengefallen, da der Rat einfach das gemacht hat, was seine Aufgabe ist: Nämlich nach eigenem Ermessen einen Kandidaten vorzuschlagen. Da vorher etwas anderes suggeriert wurde, ist jetzt natürlich die Empörung groß. Da haben sich großen Parteien bei all ihrer Weisheit mal wieder ins eigene Fleisch geschnitten.
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Holger81
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. August 2019 - 11:55 Uhr:   

@Marc: "Man hätte die Funktion des Verteidigungsminister ja auch vorübergehend auf einen anderen Minister übertragen können oder die Bundeskanzlerin hätte das Amt selbst übernehmen können und die Übertragung an AKK erst nach der Sommerpause vollziehen können. Alternativ hätte von der Leyen das Amt auch bis Ende der Sommerpause fortsetzen können, ihre Amtszeit als Kommissionspräsidentin beginnt erst am 1. November 2019, so dass sich insofern keine Inkompabilität ergibt. So große Chefsache ist das Verteidigungsministerium indes nicht, als das Frau Merkel dies sich das selbst zumuten wollte. "

Eine solche monatelange Hängepartie wäre von der Bundeswehr (und sicher auch den Medien) als unwürdig und potentiell gefährlich empfunden worden, und das nicht ganz zu Unrecht. Und das alles nur, um den Abgeordneten eine Urlaubsunterbrechung zu ersparen?
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J.A.L.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. August 2019 - 12:40 Uhr:   

Ich verstehe nicht mal das Problem, das manche hier zu sehen scheinen :

Soll es Abgeordneten ernsthaft unzumutbar sein, ihren Urlaub für eine Sitzung zu unterbrechen?
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. August 2019 - 15:37 Uhr:   

@Holger81,

wieso soll das unzumutbar sein?
Beim Finanzminister hat man es im Fall Eichel genauso gehandhabt. War das für die Finanzbeamten unzumutbar, dass der Wirtschaftsminister das Amt kommissarisch übernommen hat? Hätte die Bundeskanzlerin selbst das Amt kommissarisch übernommen, hätte das die Bundeswehr sogar aufgewertet, da sie damit Chefsache gewesen wäre.

Historisch war Adenauer auch mal in Doppelfunktion Bundeskanzler und Außenminister.

Alternativ hätte von der Leyen übrigens auch doch noch auf Bitten der Bundeskanzlerin die Amtsgeschäfte bis zum Ende der Sommerpause weiterführen können. Schließlich beginnt ihre Amtszeit als EU-Kommissarin erst am 1. November 2019. Ihr Rücktritt, den sie auch erst am Tag vor der Wahl angekündigt hatte, war im Übrigen auch erst ein Tag nach ihrer Wahl vollzogen. Diesen Vollzug hätte man auch um einige Wochen verschieben können. Dass Frau von der Leyen jetzt so überlastet ist, dass dies unmöglich ist kann man nicht behaupten. Sie ist noch nicht mal im Amt. Die Kommissare werden im Übrigen von den Staats- und Regierungschefs bestimmt. Bei der Auswahl hat sie nicht wirklich mitzureden. Während der Sommerpause stehen darüber ohnehin kaum Termine an. Im Zweifelsfall hätte im Übrigen auch die Staatssekretäre etwaige Termine wahrnehmen können, wie das im Falle von Urlaub, Krankheit oder anderweitiger Verhinderung eines Ministers der Fall ist.
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görd
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 04. August 2019 - 09:04 Uhr:   

@Marc
2014 hatten EVP und SPE zusammen aber eine Mehrheit, das war 2019 nicht mehr der Fall. Daher kann man beide Situationen nicht vergleichen.
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görd
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 04. August 2019 - 09:06 Uhr:   

@Marc
Hinzu kommt, das Weber in seinem Heimatland sehr besch..eiden abgeschnitten hat und damit als Spitzenkandidat durchgefallen ist während Timmermanns ein gutes Heimergebnis lieferte.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 04. August 2019 - 16:12 Uhr:   

Kann man denn ganze Länder vergleichen oder eher die Antrittsgebiete der jeweiligen Herkunftsparteien? ;-)
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 05. August 2019 - 19:28 Uhr:   

@Görd,

Weber hat in seinem "Heimatland" Bayern übrigens sehr gut abgeschnitten.
Im Übrigen kann es doch - wenn man am Spitzenkandidatenmodell hängt - nur auf das europaweite Ergebnis ankommen und da liegt nunmal die EVP vor der SPE. Man kann natürlich auch mit guten Argumenten das Spitzenkandidatenmodell ablehnen. Für ein solches Modell gibt es immerhin keine rechtliche Grundlage. Das gilt dann allerdings ebenso für den Spitzenkandidaten Timmermanns. Die Wahl von der Leyens zeigt im Übrigen, dass es eine Mehrheit für einen EVP-Kandidaten gab. Ohne das bockige Verhalten von Macron wäre diese wohl auch für Weber zustande gekommen.

Der große Verlierer der ganzen Auseinandersetzung ist jedenfalls die SPD, die das Spitzenkandidatenmodell verteidigte, sich aber gegen den deutschen Spitzenkandidaten der stärksten Parteienfamilie der Europawahl stellte und am Ende sogar die von Macron vorgeschlagene deutsche Kandidatin mit schäbigen Ränkespielen zu verhindern versuchte.

Im Ergebnis hat die SPD in Europa alle potentiellen Bündnispartner vergrätzt - sowohl in der SPE selbst, der EVP als auch bei Macron und in Südeuropa. Eine große Bedeutung hat das allerdings nicht mehr, da die SPD längst auf den Weg zu einer Splitterpartei ist. Im linken Spektrum dürfte die Führungsrolle auf die Grünen übergehen.
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Florian das Original
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 05. August 2019 - 22:04 Uhr:   

@ görd:
"Hinzu kommt, das Weber in seinem Heimatland sehr besch..eiden abgeschnitten hat und damit als Spitzenkandidat durchgefallen ist während Timmermanns ein gutes Heimergebnis lieferte."

Nicht dass das Heim-Ergebnis eine besondere Relevanz für die Legitimation eines Kandidaten hätte.
Aber Sie haben hier unrecht:

Timmermanns Partei PvdA in den Niederlanden: 19,0%
Webers CSU in Bayern (und nur dort konnte man CSU wählen): 40,2%
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Holger81
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. August 2019 - 21:27 Uhr:   

@Marc:
"wieso soll das unzumutbar sein?
Beim Finanzminister hat man es im Fall Eichel genauso gehandhabt. War das für die Finanzbeamten unzumutbar, dass der Wirtschaftsminister das Amt kommissarisch übernommen hat? Hätte die Bundeskanzlerin selbst das Amt kommissarisch übernommen, hätte das die Bundeswehr sogar aufgewertet, da sie damit Chefsache gewesen wäre. "

Von "unzumutbar" habe ich nicht gesprochen, sondern von "unwürdig und potentiell gefährlich". Letzteres trifft offensichtlich auf eine Finanzministeriumsvertretung nicht zu; der Finanzminister hat auch keine "Befehls- und Kommandogewalt" (GG Art. 65 a) über die Finanzbeamten.

Außerdem wurde Müller im Fall Lafontaine/Eichel nur für 25 Tage kommissarisch aktiv (davon vermutlich die ersten Tage, bevor Eichels Nachfolge überhaupt feststand) - während die Sommerpause 2 Monate andauert - und das auch nur aus einem verfassungsmäßig zwingenden Grund (nicht erlaubte gleichzeitige Mitgliedschaft in einem Landes- und Bundeskabinett) anstatt wie hier reiner Bequemlichkeit.

Zu Ihren Alternativen: Seit 37 Jahren hat kein Bundeskanzler mehr gleichzeitig ein Ministerium übernommen, und m.W. noch nie ein vom Grundgesetz vorgeschriebenes (Finanzen, Justiz, Verteidigung) - man könnte argumentieren, dass so eine Personalunion sogar verfassungswidrig wäre, da das GG sie nicht vorsieht. Adenauer (und später kurz Schmidt) als Außenminister war demgegenüber unkritisch, da das eben kein vom GG vorgesehenes Amt ist.
Natürlich hätte von der Leyen das Verteidigungsministerium als lame duck noch zwei Monate fortführen können, aber es ist mehr als verständlich, dass sie sich voll auf ihr baldiges EU-Amt konzentrieren wollte - sie könnte doch schlecht auf Augenhöhe mit den Regierungschefs über die Kommissare diskutieren, wenn sie gleichzeitig noch unter Merkels Richtlinienkompetenz stünde.
Viel eher hätte man von Lafontaine 1999 einen zumindest geschäftsführenden Verbleib bis zur Ernennung des Nachfolgers erwarten können anstatt eines plötzlichen Hinwerfens.
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Holger81
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. August 2019 - 21:40 Uhr:   

"Eine große Bedeutung hat das allerdings nicht mehr, da die SPD längst auf den Weg zu einer Splitterpartei ist. Im linken Spektrum dürfte die Führungsrolle auf die Grünen übergehen."
Da würde ich abwarten. Der grüne Höhenflug ist erst 3 Monate alt und die politische Stimmungslage in Deutschland in den letzten Jahren extrem volatil. Noch immer ist die SPD die Partei, die die meisten Ministerpräsidenten stellt (7 von 16, soviele wie CDU und CSU zusammen).
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 08. August 2019 - 16:20 Uhr:   

Holger81,

ich sehe folgende Punkte anders:

1. Die Bundeskanzlerin hätte interimistisch das Verteidiungsministerium übernehmen können. Die Personalunion von Bundeskanzler und Schlüsselministerien entspricht sowohl der bundesrepublikanischen wie der internationalen Staatspraxis (Adenauer war über Jahre Bundeskanzler und Außenminister und Jean-Claude Juncker Ministerpräsident und Verteidigungsminister Luxemburgs). Das Finanzministerium, das übrigens ebenfalls im Grundgesetz genannt ist, war auch schon zeitweise in Personalunion mit dem Wirtschaftsministerium geführt. Im Übrigen bestehen auch keine Inkompabilitätsregeln. Im Gegenteil spricht für die Personalunion mit dem Bundeskanzler, dass die Befehls- und Kommandogewalt im Verteidigungsfall ohnehin auf den Bundeskanzler übergeht. Das Ministerium zur Chefsache zu machen würde es insgesamt aufwerten und nicht abwerten.

2. Es gibt auch keinen Grund, weshalb Frau von der Leyen das Verteidigungsministerium nicht noch formal bis nach der Sommerpause hätte weiterführen können. Es ist ja nun nicht so, dass Minister nie Urlaub machen würden und sich vertreten lassen würden, zumal wir hier von einem Zeitraum von wenigen Wochen sprechen (bereits am 9. September 2019 ist die nächste reguläre Bundestagssitzung). In der Zeit hätte sie sich durch Staatssekretäre vertreten lassen können. Dies hätte man auch damit begründen können, dass man eine geordnete Amtsübergabe ermöglichen möchte und keine überflüssigen Kosten für den Steuerzahler verursachen will. Im Hinblick auf die verteidigungspolitische Untätigkeit Deutschland (etwa im Hinblick auf die Sicherstellung der Freiheit der Meere (des ältesten Grundsatzes des Völkerrechts, dessen Verletzung durch Iran keinerlei Reaktionen in Deutschland auslöst) ist es im Übrigen auch belanglos, ob eine lahme Ente von der Leyen Anfang Juli oder Anfang September durch eine andere lahme Ente (Kramp-Karrenbauer) ersetzt wird. Merkel will Kanzlerin bleiben, die SPD-Parteielite ihre Regierungsposten und Mandate bis 2021 behalten und daher den Groko-Gegnern kein Thema liefern, mit dem sich ein Ausstritt aus der Groko begründen ließe. Frau Merkel weiß überhaupt, was der beste Weg ist im Amt zu bleiben, schließlich hat sie dies von ihrem politischen Ziehvater gut abgeschaut: aussitzen. Insofern wird Deutschland sich mal wieder als verteidiungspolitischer Trittbrettfahrer betätigen und die Sicherung der Freiheit der Seewege den USA und GB überlassen. Diesmal wird allerdings eine Rechnung aus den USA folgen - und zwar in Form von Autozöllen. Deutschland wird diesmal bezahlen müssen. Sowohl politisch wie wirtschaftlich wird dies ein hoher Preis für Deutschland sein, nur weil Merkel und die SPD nicht in der Lage sind Entscheidungen zu treffen und durchzuziehen. Mit nur ein paar Schiffen an den Golf könnte man die Sache drehen und hätte das Thema Autozölle wahrscheinlich für mindestens zwei Jahre vom Hals (bis nach der Wiederwahl von Trump). Durch das Nichtstun droht indes sehr baldiges Ungemach für die deutsche Wirtschaft - gerade auch für die Automobilländer Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern.

Was die SPD betrifft: wie in Frankreich verlieren die Sozialisten/Sozialdemokraten ihre führende Rolle im Mitte-Links-Lager. Die SPD ist politisch völlig desorientiert. Sie hat den Bezug zur Arbeiterschaft verloren (die größte Arbeiterpartei ist mittlerweile die AfD), aber auch das Linksbürgertum an die Grünen verloren.
Bis auf den öffentlichen Dienst und einige zunehmend vegreisende Stammwähler, die primär aus Nostalgie SPD wählen, hat die SPD jedwede soziale Basis verloren. So wird sich die SPD mehr und mehr der 5%-Hürde annähern. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sie auch um die 5% wird kämpfen müssen. Mein Tipp: bei der nächsten Bundestaswahl wird die SPD weit näher bei 10% als bei 20% liegen. Der Niedergang der SPD geht weiter: wie sollte es auch anders sein bei einer Partei, die ständig schlechte Laune verbreitet und sich nur noch mit Selbstzerfleischung und Selbstgeißelung beschäftigt, weil sie innerlich völlig zerrissen ist und sich von ihrer eigenen Stammwählerbasis völlig entfremdet hat.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2019 - 12:35 Uhr:   

Ich sehe gerade einen Fehler in meinem Beitrag: Juncker war natürlich Ministerpräsident und Finanzminister Luxemburgs.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2019 - 12:41 Uhr:   

Um wieder zum Thema Bundestagswahl 2021 zu kommen: Die Reform des Wahlrechts stockt momentan:

Die SPD droht derweil offen mit der Opposition abzustimmen:

https://www.sueddeutsche.de/politik/verkleinerung-bundestag-wahlrecht-oppermann-schaeuble-1.4541282

Eine Gegenrede zur Position der SPD kommt von der CSU im Bayernkurier:

https://www.bayernkurier.de/inland/38538-eine-reform-gegen-die-union-waere-ein-affront/

Ohne Reform dürfte der nächste Bundestag auf über 800 Mandate anwachsen.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2019 - 15:02 Uhr:   

Naja, von Drohen kann man kaum reden ... es braucht eine Lösung, die das Zweitstimmenergebnis proportional abbildet.
Beim Bayernkurier muss man sich fragen, wo da die Distanz bleibt - und woher der Fragensteller die Behauptung einer Verzerrung zugunsten der kleinen Parteien nimmt.

Die Mindestsitze nach Länderkontingenten sind übrigens ein unnötiges Überbleibsel des nie angewendeten schwarz-gelben Wahlrechts, das zur Gesichtswahrung der Union beibehalten wurde. Hier entstehen die von Frieser bemängelten 20 Phantomüberhangmandate.
Im Ergebnis von 2017 spielen diese aber keine Rolle: die Hausgröße wird diktiert vom Abschneiden der CDU, die einen so geringfügig größeren Hebel als die CSU hatte, dass diese kein einziges Ausgleichsmandat erhalten hat.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2019 - 15:48 Uhr:   

@Jan W.,

es ist die Drohung mit einem Verstoß gegen den Koalitionsvertrag nachdem die Koalitionsparteien gemeinsam abstimmen. Es untergräbt zudem die Staatspraxis beim Wahlrecht nach einem Konsens zu suchen und nicht ein Wahlrecht gegen den Willen der stärksten politischen Partei zu ändern. Bislang kamen diese Äußerungen indes nur aus der zweiten bzw. dritten Reihe der SPD. M.E. nach Wortgeklingel im Vorfeld der vielfältigen Koalitionsgipfel, auf denen Kompromisse zu zahlreichen Themen gesucht und gefunden werden müssen (wobei das Wahlrecht auch ein Verhandlungsobjekt sein dürfte).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht ist übrigens ein Totalausgleich von Überhangmandaten nicht erforderlich (auch wenn dies an sich systemwidrig und - zurecht - sicher nicht mehrheitsfähig ist).

Inhaltlich ist das Argument gewichtig, dass die vorgeschlagene Änderung das Verhältnis zuungunsten der Direktkandidaten verschiebt, mithin ein Strukturmerkmal das bundesrepublikanischen Wahlsystems verändert.
Bedauerlich ist allerdings, dass die Union auch keine tauglichen Gegenvorschläge gemacht hat. Dennoch bleiben die Vorschläge auf die sich anscheinend SPD, FDP, Linke und Grüne (möglicherweise?) verständigt haben bei einer Minimalkorrektur stehen, die allenfalls eine Zwischenlösung sein kann um das Problem der Bundestagsauflösung etwas zu dämpfen. Lösen kann sie dies nicht. Und sie geht einher mit dem Preis eines geringeren Einflusses der Bevölkerung auf die in das Parlament zu wählenden Abgeordneten. Die Veränderungen im Parteiensystem werfen die Frage nach einer grundsätzlichen Änderung des Wahlverfahrens auf (ggf. über Mehrpersonenwahlkreise). Die Ausweitung des Listenanteils geht da eher in die entgegengesetzte Richtung. Wenn die Lösung auf die Zersplitterung die kontinuierliche Absenkung des Anteils der Direktmandate ist steht am Ende die Abschaffung der Direktwahlkreise. Insofern sind die Bedenken durchaus verständlich, für eine Partei die am Zweistimmmenwahlsystem festhalten will.
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2019 - 16:03 Uhr:   

Wenn die linken Parteien das Zweitstimmenverhältnis wahren wollen und die Union die 299 Wahlkreise erhalten möchte, alle aber die Steuerzahler-Kosten für die Abgeordneten deckeln wollen, gibt es doch eine einfache Lösung: Man behält einfach das jetzige Wahlrecht bei, kürzt aber bei Überhang- und Ausgleichmandaten die Diäten und sonstigen Ausgaben für alle Abgeordneten entsprechend.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2019 - 16:23 Uhr:   

@Mark Tröger,

die linken Parteien wollen doch gar nicht das Zweistimmenverhältnis wahren. Zum anderen geht es doch nicht primär um die Kosten (die bleiben als Budgetfaktor verschwindend gering), sondern um die Größe des Bundestags, der übermäßig aufgebläht wird. Dafür muss man entweder das Wahlsystem ändern oder man reduziert pauschal sowohl die Zahl der Wahlkreise wie der Zahl der Listenmandate.


Eine solche pauschale Kürzung würde zwar im Ergebnis auch zukünftig viele Überhang- und Ausgleichsmandate erzeugen, der Bundestag wird wohl aber im Vergleich zu heute wieder kleiner wenn man die Basis zu der Überhang- und Ausgleichsmandate hinzukommen von derzeit 598 auf z.B. 540 oder 500 reduziert - durch entsprechende Reduzierung der Wahlkreise und Listenmandate. Wenn man dabei (formal) nicht das 50-50-Verhältnis gesetzlich antastet, könnte dies ein Konsens sein, dem auch die Union zustimmen könnte. Eine Änderung der gesetzlichen Grundverhältnisses dürfte indes bei der Union wohl weiterhin eher auf Ablehnung stoßen, auch wenn wegen der Ausgleichsmandate dieses Verhältnis sich faktisch ohnehin zugunsten der Listenmandate verschiebt.
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2019 - 16:38 Uhr:   

Korrigiere: Die linken Parteien wollen das Zweitstimmenverhältnis für die Parteien über 5% wahren. Anders ist die Ablehnung der Unionsvorschläge Überhangmandate und Grabenwahlrecht ja nicht zu erklären.

Was ist an einem großen Bundestag denn das Problem? Dass der Reichstag zu klein wird? Noch sehe ich im Plenum aber etwas Spielraum. Meist werden doch die Kosten als Argument genannt. Und dann gibt es noch die Argumentation, dass vor der Wahl feststehen müsse, wieviele Abgeordnete gewählt werden. Lammert war das Argument wichtig, aber mir leuchtet es nicht recht ein und von anderen höre ich das auch kaum. Man könnte ja z. B. auch die Sitzzahl an die absolute Wählerstimmenzahl koppeln. Wäre doch nichts gegen einzuwenden.

Also ich sehe schon die Kosten als das Hauptargument gegen einen aufgeblähten Bundestag.
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Mark Tröger
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2019 - 16:41 Uhr:   

PS. Der Union geht es wohl auch nicht nur um das Verhältnis der Direktmandate gegenüber den Listenmandaten sondern auch um die absolute Zahl der Direktmandate. Denn größere Wahlkreise bedeuten weniger Bürgernähe.

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