Themen Themen Profil Profil Hilfe/Anleitungen Hilfe Teilnehmerliste Teilnehmerliste [Wahlrecht.de Startseite]
Suche Letzte 1|3|7 Tage Suche Suche Verzeichnis Verzeichnis  

Merkwürdiger Zuschnitt des Wahlkreise...

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Merkwürdiger Zuschnitt des Wahlkreises 98 « Zurück Weiter »

Autor Beitrag
 Link zu diesem Beitrag

tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. August 2017 - 07:33 Uhr:   

Bei der Betrachtung der Karte der Bundestagswahlkreise ist mir aufgefallen, daß es doch einige Kreise mit Exklaven gibt. In den meisten Fällen spiegelt dies die Exklaven der Verwaltung wieder (Büsingen, Nürnberg-Brunn, Kreis Bergstraße, Bremerhaven, Borkum, Neuwerk, Helgoland), aber daß der Wahlkreis 98 zweigeteilt ist, kommt mir seltsam vor. Der Rhein-Sieg-Kreis wurde in zwei Wahlkreise geteilt, 97 und 98. Und zwar so, daß 98 aus zwei nicht zusammenhängenden Teilen besteht. Weiß jemand den Grund für diesen merkwürdigen Zuschnitt?


Karte:
https://www.bundeswahlleiter.de/dam/jcr/d3739c3a-9886-47ed-bf88-99a497bffe8d/btw17_karte_wahlkreise_a1.pdf
 Link zu diesem Beitrag

Wilko Zicht
Moderator
Veröffentlicht am Freitag, 11. August 2017 - 08:54 Uhr:   

Das ist schon seit 1980 so. Die Wahlkreiskommission hatte das damals zwar erwogen, aber dann doch nicht gewagt:

"Besonders geprüft wurde auch die Wahlkreiseinteilung im Rhein-Sieg-Kreis. In diesem Fall stand zur Diskussion, ob der linksrheinische Teil dieses Kreises mit den rechtsrheinischen Gemeinden Niederkassel, Troisdorf und Siegburg (Lösung a) oder mit den rechtsrheinischen Gemeinden St. Augustin, Königswinter und Bad Honnef (Lösung b) einen Wahlkreis bilden soll. Bei der Lösung b hätte die-ser Wahlkreis infolge eines bis an die Stadt Bonn heranreichenden Gebietsstreifens des Landes Rhein land-Pfalz kein zusammenhängendes Gebiet umfaßt. Die Kommission hat daher der Lösung a den Vorzug gegeben."
http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/08/018/0801876.pdf (Seite 15)

In der parlamentarischen Beratung konnte man sich in NRW dann zunächst nicht einigen, so dass die Beschlussempfehlung des Innenausschusses keine Einteilung für NRW enthielt:

"Über die Wahlkreiseinteilung in Nordrhein-Westfalen haben sich die im Landtag vertretenen Partei- en, die mit dem Regierungsverschlag nicht einverstanden sind, nicht einigen können. Der Ausschuß hat entsprechend seiner bisherigen Übung erklärt, daß er einer einvernehmlich vorgeschlagenen Lösung für Nordrhein-Westfalen zustimmen werde, die die Grundsätze beachte, die der Ausschuß in seiner Beschlußempfehlung zu dem Bericht der Wahlkreiskommission — Drucksachen 8/2166 und 8/1876 — aufgestellt hat. Der Ausschuß hat vorgesehen, die Wahlkreiseinteilung für Nordrhein- Westfalen in seiner Sitzung am 30. Mai 1979 selbst zu beschließen, falls ihm bis dahin eine Einigung der Parteien aus Nordrhein-Westfalen über die Wahlkreiseinteilung nicht mitgeteilt worden ist. Der Bericht des Ausschusses wird insoweit ergänzt werden."
http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/08/028/0802881.pdf (letzte Seite)

In der nachgereichten Einteilung war dann ohne Begründung die nicht zusammenhängende Aufteilung drin: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/08/029/0802903.pdf
 Link zu diesem Beitrag

Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. August 2017 - 14:25 Uhr:   

Naja, nördlich von Bonn reichen beide Kreishälften an den Rhein, südlich von Bonn reicht der Ostkreis ans Rheinufer, der Westkreis endet 1km vor dem Ufer, weil dort eben noch ein kleiner Streifen Rheinland-Pfalz ist.
Brücken zwischen den Kreishälften gibt es nicht - dafür muss man durch sowieso durch das Stadtgebiet von Bonn fahren.
Die Verbindungswirkung von Lösung a wäre also eine Farce.

Der Wahlkreis ist eine Konsequenz aus der Entscheidung eines Umgebungskreises in Donutform - da sollte man die Wohlgeformtheit von 96+98 gemeinsam beurteilen.
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. August 2017 - 15:23 Uhr:   

"Brücken zwischen den Kreishälften gibt es nicht - dafür muss man [...] sowieso durch das Stadtgebiet von Bonn fahren.
Die Verbindungswirkung von Lösung a wäre also eine Farce."
Richtig. Variante a hätte auch einen weniger sinnvollen Wahlkreis RSK I ergeben.
 Link zu diesem Beitrag

tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. August 2017 - 15:42 Uhr:   

Danke für die Informationen. Das erklärt einiges über den Wahlkreis-Zuschnitt. Nun erstaunt mich eher der Zuschnitt des Landkeises.


(Beitrag nachträglich am 11., August. 2017 von tg editiert)
 Link zu diesem Beitrag

Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. August 2017 - 16:35 Uhr:   

Naja, normalerweise findet man solche Kreiszuschnitte bei Kreisen, die den Namen der kreisfreien Stadt tragen. Es ist halt der Speckgürtel + östliche Pampa - Landesgrenzeneffekte. Und dazu kommen noch die schlanken brückenlosen Verbindungsstücke am Rhein.

Donut-Kreise (auch: "Kragenverwaltung") finden sich in RP, BaWü, Bayern. Der ehem. Kreis Hannover war auch einer. Und auch Brandenburg/Havel produziert einen seltsamen Kreiszuschnitt.
Bei Stadtstaatenenklaven findet man sie gar nicht. Niedersachsen und Brandenburg haben sich entschieden, die Speckgürteleffekte auf verschiedene Landkreise zu verteilen; von 14 Landkreisen in BB, sind 8 sog. "Sektoralkreise", die an Berlin grenzen und von denen 7 bis an die Landesgrenze reichen.


https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e5/Germany%2C_administrative_divisions_%28%2Bdistricts%29_-_de_-_colored.svg
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. August 2017 - 17:29 Uhr:   

Der Rhein-Sieg-Kreis ist ein Missgebilde der Gebietsreform. Es wurden einfach die nicht zu Bonn eingemeindeten Teile des Landkreises Bonn mit dem komplett rechtsrheinischen Siegkreis (der auch kleinere Gebiete an Bonn abgegeben hat) fusioniert und das nicht überzeugend begründet. Die CDU war damals auch dagegen.

"Naja, normalerweise findet man solche Kreiszuschnitte bei Kreisen, die den Namen der kreisfreien Stadt tragen."
Es ist ja nicht so, dass Bonn das überragende Zentrum für den ganzen Kreis wäre, Köln ist ja auch nahe und weit größer. Troisdorf und NIederkassel grenzen sogar direkt an Köln. Am östlichen Rand des Kreises ist man sowohl vom Bonner als auch vom Kölner Stadtzentrum schon recht weit weg, was durch nicht vorhandene Autobahnen dort verschärft wird. Der links- und der rechtsrheinische Teil haben wenig miteinander zu tun.
 Link zu diesem Beitrag

Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. August 2017 - 19:11 Uhr:   

Da wir hier nicht im Osten sind, reden wir über Kreisgrenzen aus den 70ern. Und da war eben Bonn Hauptstadt, hatte durchaus eine zentrale Wirkung und war "speckgürtelwürdig". Ohne diesen Umstand wäre eine Lösung wie in Düsseldorf mit zwei Umlandkreisen, NE linksrheinisch und ME rechtsrheinisch, wohl chancenreicher gewesen sein ... zumal ja Bonn auch mal eine getrennte Lösung hatte.
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 13. August 2017 - 16:56 Uhr:   

Alle Gemeinden im WK 97 haben mehr Auspendler nach Köln als nach Bonn, während im WK 98 alle Gemeinden mehr Auspendler nach Bonn als nach Köln haben, bis auf Bornheim alle mindestens doppelt so viele. Das untermauert, dass die tatsächliche Wahlkreiseinteilung sinnvoller ist als die andere Variante. Jedenfalls kann man den Rhein-Sieg-Kreis nicht insgesamt als Speckgürtel von Bonn bezeichnen und das hat mit dem Hauptstadtumzug nichts zu tun.

"Ohne diesen Umstand wäre eine Lösung wie in Düsseldorf mit zwei Umlandkreisen, NE linksrheinisch und ME rechtsrheinisch, wohl chancenreicher gewesen sein ... zumal ja Bonn auch mal eine getrennte Lösung hatte."
Ende der 60er Jahre war eine Variante ähnlich der heutigen Städteregion Aachen im Gespräch, wobei dann u. a. Godesberg, Beuel und Duisdorf nicht zu Bonn eingemeindet worden wären und der Siegkreis erhalten geblieben wäre. Wäre sinnvoller gewesen.

Ein rein linksrheinischer Kreis an Bonn angrenzend und mit gewisser Größe wäre praktisch nur möglich gewesen, wenn man die Reste des Landkreises Bonn dem Kreis Euskirchen zugeschlagen hätte. Das wurde aber zurecht verworfen. Der linksrheinische Rhein-Sieg-Kreis ist vor allem mit Bonn verflochten, der Kreis Euskirchen dagegen mehr Richtung Köln hin orientiert. Ein Kreis vom Bonner Stadtrand bis zur belgischen Grenze wäre eher noch unsinniger als der Rhein-Sieg-Kreis gewesen.

Beitrag verfassen
Beitrag:
Fett Kursiv Unterstrichen Erstelle Link Clipart einfügen

Benutzername: Hinweis:
Dies ist ein geschützter Bereich, in dem ausschliesslich registrierte Benutzer Beiträge veröffentlichen können.
Kennwort:
Optionen: HTML-Code anzeigen
URLs innerhalb des Beitrags aktivieren
Auswahl:

Admin Admin Logout Logout   Vorige Seite Vorige Seite Nächste Seite Nächste Seite