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Archiv bis 18. Februar 2014

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Der Fall Edathy erreicht die Bundesregierung » Archiv bis 18. Februar 2014 « Zurück Weiter »

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Wähler
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 17. Februar 2014 - 18:46 Uhr:   

http://www.stern.de/politik/deutschland/nach-abgabe-des-mandats-edathy-meldete-laptop-als-gestohlen-2090797.html

Edathy meldete Laptop als gestohlen

Nachdem er sein Mandat niedergelegt hatte, meldete der SPD-Politiker Edathy seinen dienstlichen Rechner als gestohlen. Merkwürdig: Der Bundestag informierte nicht die Staatsanwaltschaft in Hannover.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 00:15 Uhr:   

@Ingo Zachos,

klagen kann er immer. Ob erfolgreich ist allerdings eine ganz andere Frage.
Man darf bei alledem nicht vergessen, dass Edathy eine öffentliche Person ist - den Status verliert man nicht mit dem Tag der Mandatsniederlegung. Sein Fehlverhalten fällt auch in die Zeit als Bundestagsabgeordneter.

Bei der gegebenen Lage musste die Staatsanwaltschaft eine Pressekonferenz ansetzen und Stellung nehmen zum Stand des Verfahrens. Gerade auch um Legendenbildung und Verschwörungstheorien vorzubeugen. Die Staatsanwaltschaft hat auf der Pressekonferenz plausibel dargelegt, dass die Durchführung einer Hausdurchsuchung in Fällen mit vergleichbaren Hinweisen und Indizien (Anfangsverdacht) weit überwiegende Praxis von Staatsanwaltschaften und Gerichten ist. Es kann keinerlei Sonderbehandlung für einen Prominenten geben.

Im Vergleich zu anderen Fällen ist die Presseberichterstattung fast schon zurückhaltend. Im Fall Zumwinckel filmte die großen Medienanstalten bekanntlich sogar die Hausdurchsuchung. Im Fall Edathy bekam sie nur die Lokalzeitschrift "Die Harke" durch Zufall mit.
Hausdurchsuchugnen fallen im Regelfall der Nachbarschaft auf. Bei einem nicht-Prominenten bleibt es dann aber auch dabei, bei einem Prominenten geht das natürlich an die Öffentlichkeit. Und auch die möglichen Vorwürfe waren - schon auf Grund der Kenntnis des Namens des ermittelnden Staatsanwalts leicht für Journalisten zu ermitteln. Abgesehen davon, dass es natürlich immer auch Lecks an die Medien gibt - in dem Fall allerdings offenkundig weniger als im Fall Zumwinckel. In Fall Zumwinckel wussten die großen Medienanstalten im Vorfeld von der Hausdurchsuchung Bescheid, nicht aber Zumwinckel. Bei Edathy war es wohl umgekehrt. Er scheint über bessere Quellen zu verfügen als die Medien. Die Mandatsniederlegung war jedenfalls perfekt terminiert. Und der angebliche Diebstahl seines Dienstcomputers (gemeldet nach der Hausdurchsuchung, bei der dieser nicht aufgefunden wurde) passt ganz ins Bild eines Verdächtigten, der im Vorfeld gewarnt wurde und daher alles tut um Spuren zu beseitigen. Rechtlich ist das nicht zu beanstanden, da niemand verpflichtet ist sich selbst anzuklagen und belastendes Material gegen sich selbst aufzuheben.

Aber politisch ist damit schon eines klar. Eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts kann in dem Fall nur als ein "Freispruch zweiter Klasse" (also mangels Beweisen) wirken.

Edathy ist ohnehin politisch erledigt. Denn das was von ihm bekannt geworden ist - und was er auch selbst nicht abstreitet, nämlich den Erwerb von Bildern und Videos nackter Kinder im Alter von 9 bis 13/14 Jahren von einer Kinderpornoseite (selbst wenn die konkreten Bilder und Videos nicht als kinderpornographisch im Sinne des aktuellen Strafrechts einzustufen sind (was zunächst die Staatsanwaltschaft und ggf. abschließend die Gerichte klären müssen - die Grenze der Strafbarkeit wurde im Übrigen 2008 erweitert, so dass es nicht auf das Bild selbst, sondern auch den Zeitpunkt des Erwerbs in der rechtlichen Bewertung ankommen kann) - machen ihn als politischen Repräsentanten untragbar. Ihm hätte klar sein müssen, dass der Handel mit solchen Bildern und Videos schon einmal per se die Persönlichkeitsrechte der Kinder verletzt und diese durch Zwang oder Täuschung der Kinder oder durch Bestechung der Eltern zu einer Einwilligung in die Veröffentlichung - in grober Verletzung ihrer elterlichen Fürsorgepflicht - enstanden sind. Durch den käuflichen Erwerb dieser Bilder und Videos (unabhängig von der konkreten Einordnung dieser selbst) hat er diese kriminellen Machenschaften objektiv gefördert. Offensichtlich hat Edathy keinen sozial-adäquaten Weg gefunden mit seinen offenkundigen pädo-sexuellen Neigungen umzugehen. Bloß die Grenzen der Strafbarkeit nicht zu überschreiten, sich noch an der Grenze des rechtlich gerade noch zulässigen zu bewegen, genügt nicht, erst recht nicht für einen Volksvertreter oder einen anderen Vertreter eines anderen öffentlichen Amtes.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 02:03 Uhr:   

Es sind auch schon verurteilte Straftäter Minister geworden. Grundsätzlich ist dagegen auch nichts einzuwenden (existierende Wählbarkeitsbeschränkungen sind anachronistisch). Bloß gehört halt Besitz von Kinderpornos momentan nicht zu den höher angesehenen Straftaten, so dass da keine Partei ein Risiko eingeht (sofern die Betreffenden nicht schon von den Medien erfolgreich niedergemetzelt worden sind).

Mir ist es eigentlich völlig egal, ob sich ein Abgeordneter oder Minister in seiner Freizeit Kinderpornos oder Markus Lanz anschaut; störender find ich da eher erwiesenermaßen korrupte Leute oder dergleichen. Psychisch abnormal sind Politiker in der Regel eh mehr oder weniger; die sind da besser aufgehoben als als Sozialpädagogen oder so.
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Björn
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 10:42 Uhr:   

"Dass Edathy über seinen Anwalt nachhören ließ, was gegen ihn vorliegt, spricht dagegen, dass Edathy bis dahin Informationen direkt aus Polizei oder Staatsanwaltschaft erhielt."

Es spricht dagegen, dass er die ersten Infos aus der Staatsanwaltschaft Hannover erhielt. Wenn aber schon die Polizeidirektion Nienburg vor der Staatsanwaltschaft schon im Oktober informiert war, dann ist es nicht ganz unplausibel, dass dort geplaudert wurde. Schließlich ist es sein Wahlkreis, da ist die Möglichkeit größer, dass man sich kennt. Das würde dann den Anruf erklären, weil der Anwalt eben nicht sicher war, inwieweit die Staatsanwaltschaft informiert ist. Die tagesthemen haben gestern den Weg der Infos ein wenig nachgezeichnet, wo die Staatsanwaltschaft sehr spät informiert worden war. Das vielleicht schon vorher geplaudert wurde, zeigt, wie viele Lecks es möglicherweise gibt. In Hannover gibt es definitiv eins - warum nicht auch Nienburg?
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Nikolaus
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 14:13 Uhr:   

Ich teile die Meinung von Ratinger Linke.
Vielleicht nimmt Edathy schon längst therapeutische Hilfe in Anspruch!
Und - mit Verlaub - es kommt mir so vor, als ob man hier, mit sehr wohlfeilen gelehrten Worten, sich immer wieder an den pädo-sexuellen Neigungen hochzieht und weidet.
Politisch erledigt ist er in jedem Fall. Persönlich erledigen muss man ihn nicht auch noch.
Dieses Interview finde ich auch ganz interessant:
http://www.deutschlandfunk.de/edathy-affaere-baum-beklagt-haengepartie.694.de.html?dram:article_id=277773
Das Argument mit dem Verleiten und Täuschen von Kindern finde ich ernstzunehmen. Es wäre sicher gut, den Handel mit Bildern, die eben noch kein pornographisches Material sind, aus Gründen der Persönlichkeitsrechte zu verbieten.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 14:38 Uhr:   

@Björn,

grundsätzlich ist es ganz normal, dass zunächst die Polizei ermittelt und sofern diese meint, dass ein Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung vorliegt ihre zuständige Staatsanwaltschaft informiert, die dann selbst prüft und entscheidet, ob sie einen Anfangsverdacht bejaht.

Der vorliegende Fall ist etwas komplexer, da es sich ja unsprünglich um kanadische Ermittlungen handelte, die über das BKA und die Bundesanwaltschaft an die für die jeweiligen Verächtigen zuständigen Polizeidienststellen bzw. Staatsanwaltschaften weitergegeben wurden.
Offensichtlich gab es dabei eine Liste mit Namen der Verdächtigen, die dann auch einfach an alle zuständigen Behörden weitergegeben wurde. Nun ist das in einer Hinsicht problematisch, da dann alle über alle Vorermittlungen informiert sind. Andererseits war möglicherweise ein koordiertes Vorgehen geplant - also parallele Hausdurchsuchungen bei allen oder mehreren Verdächtigen. BKA und Bundesanwaltschaft müssen insofern die Frage beantworten, ob dies der Grund dafür war, dass die gesamte Liste an alle für die Ermittlungen zuständigen Behörden weitergegeben wurden und nicht nur die Namen der Personen, für die die jeweilige Staatsanwaltschaft bzw. Polzei örtlich zuständig ist. Eine denkbare Antwort dafür ist natürlich, dass man einfach nicht vorab die Zuständigkeit klären wollte und daher die gesamte Liste mit allen Namen versandt hat, damit die jeweilige Polizeidienstelle bzw. Staatsanwaltschaften ihre Zuständigkeit selbst prüfen. Wenn das der Fall sein sollte muss ganz grundsätzlich überdacht werden wie BKA und Bundesanwaltschaft mit der Informationsweitergabe umgehen.


@Ratinger Linke,

mir ist es völlig gleichgültig, ob ein Abgeordneter oder Minister sich Pornos mit erwachsenen Darstellern ansieht, auch ganz gleich welche Sexualpraktiken darin praktiziert werden. Denn in solchen Fällen kann man davon ausgehen, dass die jeweiligen Darsteller freiwillig an der Produktion mitgewirkt haben.

Das ist bei Kinderpornos nicht der Fall. Kinder können in solchen Handlungen nicht einwilligen. Sofern sexuelle Handlungen vorgenommen werden handelt es sich bei Bildern und Videos um die Wiedergabe von Fällen von sexuellen Missbrauch an Kindern. Wer diese Bilder käuflich erwirbt, fördert damit derartige Taten. Denn ohne Nachfrage nach solchen Produkten gäbe es auch nicht ein solches Angebot und jedenfalls keinen ökonomischen Anreiz zum sexuellen Missbrauch von Kindern. Auch wenn die weit überwiegende Zahl der Fälle des sexuellen Missbrauchs nicht auf Grund von ökonomischen Anreizen erfolgen, so schafft der Markt für solche Produkte doch zusätzliche Opfer. Abgesehen davon, dass durch den Vertrieb solcher Bilder die Persönlichkeitsrechte der Kinder verletzt werden. Insofern wird die Verletzung der Rechte der sexuell missbrauchten Kindern noch vertieft.


Sofern "bloße Nacktbilder" von Kindern angefertigt werden und mit diesen Handel getrieben wird, handelt es sich in jeden Fall um die Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Kinder. Kinder können nicht in den Vertrieb derartiger Bilder von sich einwilligen. Sofern Eltern hierzu einwilligen, handelt es sich um eine Verletzung der Pflichten eines Erziehungsberechtigten. Wenn es sich dabei auch noch um gestellte Bilder mit sexuell anzüglichen Posen handelt, zu denen Kinder verleitet werden durch Täuschung oder Zwang, und diese dann auf Pornoseiten mit angeboten werden handelt es sich um eine besonders schwerwiegende Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Kinder. Zudem stammen vielfach die derzeit nicht strafbewährten Bilder von den selben Kindern, die auf den Bildern und Videos abgebildet sind, auf denen evidenter sexueller Missbrauch abgebildet wird.

Ich stimme daher der Forderung des Kinderschutzbundes zu, den Handel mit Nacktfotos von Kindern generell unter Strafe zu stellen. Gleiches sollte auch für den Erwerb gelten. Das geschützte Rechtsgut wäre in jedem Fall das Persönlichkeitsrecht der Kinder - bei eindeutig pornographischen Bildern zudem die sexuelle Selbstbestimmung. Schwierige Abgrenzungsfragen bei der Bewertung von Bildern würden damit ihre Relevanz verlieren. Da zudem ohnehin Rechte der Kinder verletzt werden - nämlich in beiden Fällen jeweils ihr Persönlichkeitsrecht - würde ein Straftatbestand immer auch ein Rechtsgut schützen und keine bloßen Moralvorstellungen.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 15:04 Uhr:   

@Nikolaus,

wenn Sie den Konsum von Kinderpornos tatsächlich vergleichbar finden mit dem einer schlechten Unterhaltungssendung, muss ich Ihnen energisch wiedersprechen. Kindesmissbrauch ist zurecht eine schwere Straftat.

Schlechte Unterhaltungssendungen verletzten ja nicht grundsätzlich Rechte anderer. Sie sind eher peinlich für die Produzenten - und bei kontinuierlich schlechter Einschaltquote verschwinden diese auch irgendwann vom Markt.

Im Übrigen stimme ich inhaltlich Ihrem letzten Beitrag sogar weitgehen zu, insbesondere in dem Punkt, in dem Sie anregen zu prüfen, ob nicht schon aus Gründen des Schutzes des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kinder der Handel mit Nacktbilder untersagt werden sollte. Dazu müsste aber auch die Strafbarkeit des Erwerbs kommen. Denn nur wenn man sowohl Angebots- wie Nachfrageseite in den Blick nimmt kann man das Problem zumindest eindämmen.
Edathy hat bislang kein Wort des Bedauerns dafür gefunden, dass er Nacktbilder von Kindern von einer Kinderpornoseite über Jahre käuflich erworben hat. Unabhängig davon, ob diese konkreten Bilder strafrechtlich relevant sind oder nicht (das zufällige Verschwinden von Computern deutet darauf hin, dass sich Edathy über die rechtliche Einordnung selbst gar nicht so sicher ist bzw. möglicherweise von anderen Seiten auch andere Bilder bezogen hat, die anders zu werten sind und daher diese Beweismittel beiseite schaffen wollte), ist sein Verhalten moralisch untragbar. Das sagt sogar Herr Baum. Insofern ist das Verhalten der SPD-Führung ein Parteiordnungsverfahren einzuleiten nur konsequent. Dafür ist auch keine Straftat erforderlich. Ausreichend ist "parteischädigendes Verhalten".

Solange Edathy öffentlich den Eindruck erweckt, es sei völlig in Ordnung Nacktbilder von Kindern käuflich zu erwerben - dazu noch von einer Seite auf denen auch eindeutig pornographische Bilder und Videos im Angebot sind (hat er die völlig übersehen?) - schädigt er das Ansehen seiner Partei. Ein solches Verhalten ist untragbar.

Sofern er sich dazu entschließt zu erklären, dass sein Verhalten zwar (aus seiner Sicht) strafrechtlich belanglos, aber moralisch falsch war und er therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen wird, wäre das eine grundlegende Veränderung der Sachlage in Bezug auf das anstehende Parteiordnungsverfahren.

Bislang hat er nichts dergleichen erklärt. Vielmehr erweckt er durch seine Interviews und Erklärungen den Eindruck, dass er den Erwerb solcher "Materialien" für völlig in Ordnung hält.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 15:13 Uhr:   

Die Argumente treffen auch auf normale Kinderdarsteller in Film und Fernsehen zu, wo nicht nur der Besitz straffrei ist, sondern das Zeug von allen zwangsunterstützt werden muss. Bei Kleinkindern ist überhaupt keine Grenze vorhanden. Der Unterschied ist bloß, dass sowas eine Mehrheit konsumieren will.

Bei richtigen Missbrauchsfällen ist die Krücke über die Strafbarkeit des Besitz wohl notwendig, aber in den Grenzfällen stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht. Die Frage, inwieweit Straftäter oder Leute, die sonstwie verwerflich gehandelt haben (was ich in solchen Fällen nicht abstreite), als Abgeordnete oder Minister akzeptabel sind, ist davon eh unabhängig.
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Wähler
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 15:46 Uhr:   

Edathy-Laptop verschwand angeblich im Zug nach Amsterdam

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestags-laptop-von-edathy-verschwand-im-zug-nach-amsterdam-a-954174.html

Am 31.01.2014 soll der Laptop im Zug verschwunden sein, und erst am 12.02.2014 hat Edathy den Laptop als gestohlen gemeldet...
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 15:57 Uhr:   

@Ratinger Linke,

es geht um die Frage des Handels mit Nacktbildern - nicht von Bildern mit Kindern überhaupt. Insofern wären Film und Fernsehen in der Regel nicht betroffen bzw. könnten sich an leicht geänderte Standards anpassen.

Eine Strafbarkeit des Handeltreibens und käuflichen Erwerbs würde im Übrigen nicht eine kostenlose Weitergabe erfassen. Die bloße Weitergabe unter Strafe zu stellen kann in Grenzfällen zu Problemen führen, etwa bei der Versendung von Familienfotos innerhalb einer Familie.

Beim Handeltreiben mit Nacktbildern ist das nicht der Fall. Dieser basiert darauf, dass die Kinder zu einem Lustobjekt degradiert und als solches an Erwachsene vermarktet werden, was schon per se eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Kinder darstellt. Das der Markt zwischen solchen Nacktbildern und harten Pornos ohnehin nicht getrennt ist, sondern es sich um die gleichen Täter wie Opfer handelt illustrieren die internationalen Ermittlungen im vorliegenden Fall.

Die Tätigkeit von Kinderschauspielern bewegt sich auf einer ganz anderen Ebene. Diese wirken an der künstlerischen Darstellung von Geschichten mit, die sich häufig gerade auch selbst an ein kindliches Publikum richten. Eine solche Tätigkeit ist eher vergleichbar mit einem Kindertheather - nur mit einem erweiterten Publikumskreis. Sie missachtet nicht den Personenwert der Kinder, sondern achtet diesen als Teilnehmer an einer künstlerischen Darstellung. Eltern sind daher auch grundsätzlich berechtigt in eine solche Tätigkeit ihrer Kinder einzuwilligen. Über Grenzen hierfür muss man sich natürlich gesondert unterhalten, aber das Thema liegt auf einer anderen Ebene.
Prägnant ausgedrückt: Das eine Thema liegt oberhalb der Gürtellinie, das andere darunter...
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 16:12 Uhr:   

Selbstverständlich sind Filme oder Shows samt ihrem Inhalt auch Lustobjekt. Bloß wird diese Form von Lust im Mainstream anders bewertet (genauso wie etwa für Gewaltverherrlichung in Filmen und Computerspielen völlig verschiedene Maßstäbe gelten).
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 16:20 Uhr:   

@Wähler,

diese "Zufälle" passen ins Bild. Kurz nachdem die Staatsanwaltschaft prüft, ob sie gegen Edathy ermittelt, schaltet dieser einen Rechtsanwalt ein.
Am Tag nachdem der Staatsanwalt den Brief an den Bundespräsidenten unterschreibt legt er sein Mandant nieder. Und am Tag nach der Hausdurchsuchung (bei der laut Staatsanwaltschaft festgestellt wurde, dass Computer verschwunden, möglicherweise sogar zerstört wurden) meldet Edathy seinen Dienstcomputer als gestohlen - auf den sich vermutlich Bilder von den Downloads im Bundestag befanden.

Das Bild, dass sich daraus ergibt, ist das eines Verdächtigen/inzwischen Beschuldigten, der vorgewarnt wurde und daher Spuren beseitigt - möglicherweise so erfolgreich, dass am Ende das Verfahren gegen ihn eingestellt werden muss.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 16:29 Uhr:   

@Ratinger Linke,

sie scheinen den Begriff Lustobjekt anders zu verwenden als ich.
Es handelt sich in jedem Fall um Unterhaltung. Nur werden die Kinder nicht als sexuelle Lustobjekte dargestellt - anders als durch Pornos oder Nacktbilder in entsprechender Pose.
Wenn Erwachsene Nacktbilder von sich erstellen lassen und sich als Lustobjekte vermarkten ist das auch nicht zu beanstanden. Bei Kindern ist das etwas anderes. Kindeswohl und Persönlichkeitsrecht stehen hier im Vordergrund. Dieses wird durch Vermarktung von Nacktbildern verletzt - nicht aber durch gewöhnliche Schauspielerei.

Das ganze Thema Gewaltdarstellung bewegt sich nochmal auf einer anderen Ebene: sofern nicht reale Gewalt dargestellt wird, sondern nur inszeniert wird, sind - wenn überhaupt - nur Rechtsgüter der Allgemeinheit - betroffen, nicht aber individuelle Rechte wie im Fall von Nacktbildern.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 16:37 Uhr:   

Dass die sexuelle Dimension oft grundsätzlich verschieden von anderen bewertet wird, ist wohl noch eine Altlast. Letztlich läuft es aber bloß darauf raus: Ich will es aber, also muss es irgendwie ok sein. Insoweit gibts da keinen Unterschied zu Edathy und dergleichen.
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Björn
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 16:44 Uhr:   

Wenn wir gerade schon beim Thema sind. Wie ist es eigentlich bei Jugendlichen, die sich ja gegenseitig anscheinend auch schon manchmal Nacktbilder schicken via Handy o.ä. Ist da der Besitz dann auch schon unter Strafe?
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 17:02 Uhr:   

@Ratinger Linke,

ich stimme Ihnen insofern zu, als das fiktive sexuelle Darstellungen von Kindesmissbrauch - also etwa in Zeichentrick oder Computeranimation - nicht individuelle Rechte verletzen können. Die Begründung der Strafbarkeit lässt sich in den Fällen in der Tat nur unter Bezungnahme auf Rechtsgüter der Allgemeinheit begründen.
Vorliegend geht es aber nicht um fiktive Darstellungen. Es geht konkret um die Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Kindern.

Das die sexuelle Dimension anders beurteilt wird als andere Dimensionen halte ich nicht für eine bloße Altlast. Wenn Sie die Spruchpraxis der Gerichte in der Bundesrepublik über die letzten 60 Jahre betrachten werden sie feststellen, dass die Strafen für Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung (etwa Vergewaltigung) in vergleichbaren Fällen heute deutlich höher ausfallen ale etwa in den 1960er-Jahren.

Das ist in gewissen Sinne die Kehrseite der "sexuellen Befreiung", dass Verletzungen des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung heute gesellschaftlich als gravierender aufgefasst werden als etwa Körperverletzungen (anders als noch in den 60er-Jahren, wo man zudem häufig noch angebliche Provokationen durch das Opfer strafmildernd berücksichtigte).
Vom gesellschaftlichen Status dürften Vergewaltiger, insbesondere Kinderschänder, wohl noch unterhalb von Mördern liegen.
Dieser emotionalen Reaktion sollte der Gesetzgeber nicht folgen.

Allerdings ist festzuhalten, dass nach der heutigen gesellschaftlichen Konsens Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmungen nach Tötungsdelikten und wohl noch vor Körperverletzungsdelikten eingeordnet werden. Danach folgen die Eigentums- und Vermögensdelikte - wobei inzwischen Steuerhinterziehung - einstmals eine gesellschaftlich völlig verbreitete Praxis - jedenfalls in der veröffentlichten Meinung und bei Teilen der Bevölkerung heute wohl direkt nach sexuellen Missbrauch rangiert. Inzwischen wird in dem Bereich mal wieder über die Verlängerung von Verjährungsfristen diskutiert. Einsichtig ist aber nicht, warum ein "Betrug" einer anderen Verjährungsfrist unterliegen soll, je nachdem ob das Opfer der Staat oder eine Privatperson ist. Insofern sollte auch in dem Fall der Gesetzgeber nicht in Aktionismus verfallen.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 17:48 Uhr:   

@Björn,

zunächst stellt sich die Frage, woran anzuknüpfen ist.
Die vorsichtigen Vorschläge gehen dahin, die kommerzielle Verbreitung derartiger Bilder zu bekämpfen.
Demnach wäre der Verkauf wie der entgeltliche Erwerb solcher Bilder strafbewährt - nicht aber der bloße Besitz. In diese Richtung hat sich auch der Kinderschutzbund geäußert.
Ganz im Übrigen kann man durchaus zwischen Bildern von Kindern (unter 14 Jahren) und solchen von Jugendlichen (14-18) rechtlich differenzieren. Das tut schon das heutige Recht, dass diese Fragen in unterschiedlichen Strafvorschriften regelt.

Auf den bloßen Besitz abzustellen halte ich für nicht unproblematisch, da man damit nicht strafwürdige Fälle (bloße nicht gestellte Aufnahmen der Eltern von ihren Kindern) erfassen würde.

Man muss allerdings einräumen, dass damit durchaus strafrechtliche Lücken bleiben. So werden etwa oft Jugendliche durch die massenhafte Verbreitung von Nacktbildern, die sie selbst unvorsichtigerweise an eine Person versendet haben, bloß gestellt. Wie man das Problem in den Griff bekommen kann, ist eine ganz andere Frage.

Der bloße Verweis auf zivilrechtliche Wege ist für die Betroffenen oft praktisch nicht erfolgversprechend. Durch das Internet ist zudem das Recht auf Privatsphäre heute ganz anders bedroht als noch in der Vergangenheit. Selbst wenn jemand vor Jahrzehnten Nacktfotos von sich an andere übersandt hat, so drohte doch nicht das Risiko einer weltweiten Verbreitung. Andere tatsächliche Umstände erfordern auch eine Veränderung der rechtlichen Regelungen. Das Strafrecht kann hier aus meiner Sicht nicht grundsätzlich außen vor bleiben. Auch wenn im vorliegenden Fall die Ermittlungen offenbar durch Indiskretion nicht besonders effektiv waren, so bietet das Strafrecht doch einen grundsätzlich anderen Schutz. Im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen können etwa Hausdurchsuchungen und andere strafprozessuale Maßnahmen angeordnet werden (Telekommunikationsüberwachung etwa), die im Rahmen eines Zivilprozesses gar nicht möglich sind.

Wenn man sagt, dass man das Recht auf Privatsphäre und auf Achtung der Persönlichkeit für ein besonders wichtiges Rechtsgut hält, kann man die Betroffenen nicht er se auf den Zivilrechtsweg verweisen, sondern muss im stärkeren Umfang auch Straftatbestände einführen, die besonders schwerwiegende Verletzungen von Persönlichkeitsrechten unter Strafe stellen.

In einem ersten Schritt sollte man daher aus meiner Sicht zunächst den Handel und entgeltlichen Erwerb der Nacktbilder von Kindern und Jugendlichen unter Strafe stellen.

Eine generelle Erweiterung auf die Strafbarkeit des Besitzes von Nacktbildern muss grundsätzlich diskutiert werden, wäre aus meiner Sicht aber derzeit verfrüht. Ausschließen würde ich es aber für die Zukunft nicht. Vielleicht wird man irgendwann zu einer gesellschaftlichen Veränderung dahingehend kommen, dass man Kinder generell nicht mehr nackt fotografiert. Das Recht auf "gewaltfreie Erziehung" hat sich auch erst über Jahrzehnte Schritt für Schritt durchgesetzt und ist heute geltendes Recht. Es wäre aber völlig verfehlt gewesen, etwa in den 1970er-Jahren eine der heutigen Rechtslage entsprechende Norm einzuführen, die ein solches Recht postuliert und damit - und anders kann man das heutige Recht kaum interpretieren - schon eine bloße Ohrfeige durch die Eltern zu einer strafbaren Körperverletzung macht. Einen derartigen Konsens gab es damals (noch) nicht. Vielmehr lief die Entwicklung schrittweise - mit dem Wegfall des Züchtigungsrechts der Lehrer mit einer zunehmenden Einschränkung von Züchtigungsrechten der Eltern, bis zum vollständigen Ausschluss im Jahr 2000 (sofern entgegen dem Wortlaut eine andere Ansicht vertreten wird, ist das Züchtigungsrecht jedenfalls so beschränkt, dass es in kaum einen Fall noch zur Rechtfertigung dienen kann).

Daher kommt es auf die gesellschaftliche Entwicklung der nächsten Jahre und Jahrzehnte an. Und die kann durchaus darauf hinauslaufen, dass wir als Gesellschaft klar differenzieren: Nackbilder von einwilligungsfähigen Erwachsen sind okay, Nacktbilder von Kindern sind tabu. Dann könnte man auch den Besitz generell unter Strafe stellen.

Jugendliche liegen altersmäßig zwischen Kindern und Erwachsenen. Da sie aber wie Kinder nicht voll geschäftsfähig und noch im Reifungsprozess sind, spricht vieles dafür für sie vergleichbare Regelungen wie im Fall von Kindern zu schaffen - gegebenenfalls mit einem niedrigeren Strafmaß und der Möglichkeit des Absehen von Strafe für den Fall, dass der Besitzer der Bilder selbst Jugendlicher ist - und einen Strafbarkeitsausschluss für den Fall des Besitzes von eigenen Bildern.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 17:56 Uhr:   

> ... spricht SPD-Politiker Heiner Bartling, ...
> ... von irgendwelchen Informanten, also
> insbesondere nicht von irgendwelchen Amtsträgern ...
Das finde ich überaus merkwürdig.
Da kommt zum passenden Zeitpunkt ein Genosse aus dem Gebüsch und erzählt von einem Telephongespräch, das schon eine Woche her sein soll. Und genau jetzt fällt ihm ein, daß "irgendwelche Amtsträger" es nicht sein können. Also insbesondere offenbar keine politischen Amtsträger in Berlin.

Das scheint mir doch ein sehr durchsichtiger Entlastungsangriff zugunsten seines niedersächsischen Parteifreunds Gabriel zu sein.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 17:59 Uhr:   

@Björn:
> Langsam überzieht die CSU meiner
> Meinung nach ein wenig, was das
> Tränen vergießen um Friedrich angeht.
> Es war ja nun nicht so, dass Friedrich
> letzte Wcohe nennenswerte Unterstützung
> bekommen hätte von seiten der Unionsparteien.
Das ist aber verständlich.
Der CSU ist schon klar, daß Geheimnisverrat für einen Innenminister hochproblematisch ist. Und daß Friedrich als Minister auch nicht wirklich eine erstklassige Besetzung ist. Deswegen wird der Rücktritt an sich akzeptiert.

Aber das völlig illoyale Verhalten des Koalitionspartners empört die CSU verständlicherweise ganz enorm. Ich kann mich auch aus Jahrzehnten Politikbetrieb nicht an einen ähnlich krassen Fall erinnern.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Februar 2014 - 18:08 Uhr:   

@Marc:
> Ich stimme daher der Forderung
> des Kinderschutzbundes zu, den
> Handel mit Nacktfotos von Kindern
> generell unter Strafe zu stellen.
Die Idee ist verständlich. Aber sollten nicht jetzt schon die Persönlichkeitsrechte der Kinder ausreichend Schutz bieten?

Eine weitere Verschärfung der KiPo-Paragraphen ist riskant. Schon die letzte Verschärfung vor einigen Jahren war m. E. völlig überzogen, weil sie nicht nur reale Personen schützt, sondern wegen sehr abstrakter Präventionsüberlegungen auch fiktive Darstellungen und Comics verbietet. Das wurde eine ganz merkwürdige Entwicklung losgetreten. Dazu noch die Erfindung der "Jugendpornographie".

Wenn diese Gesetze von den Justizorganen so umgesetzt würden, wie der Gesetzgeber das formuliert hat, hätten wir plötzlich viele Millionen Straftäter in Deutschland.

Wenn man schon reformiert, dann müßte man diese Übertreibungen zurücknehmen und sich auf den wirklichen Schutz von Kindern konzentrieren.
Aber so eine Reform mit Augenmaß ist (auch angesichts der teilweise fast hysterischen öffentlichen Diskussion zu diesen Themen) nicht zu erwarten.

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