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Archiv bis 19. Oktober 2013

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Das Ende der FDP? » Archiv bis 19. Oktober 2013 « Zurück Weiter »

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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 17:02 Uhr:   

Bei der Bundestagswahl 2013 ist die FDP zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik an der 5%-Klausel gescheitert.
Viele hatten es vor der Wahl für unwahrscheinlich gehalten - ich auch - und gedacht, dass es die FDP mal wieder knapp schafft. Diesmal ist sie knapp gescheitert.

Die Grünen hierfür liegen an sich auf der Hand. Sie liegen schon im Jahr 2009 in den von der FDP schlecht geführten Koalitionsverhandlungen begründet - und danach in einer mangelnden Durchsetzung. Insbesondere hat es die FDP versäumt zumindest eine - wenngleich mehr symbolische - Steuerentlastung für die Bürger durchzusetzen. Dazu schrieb ich hier im Forum am 12. Mai 2011 - 20:39 Uhr:

Wenn die FDP keinerlei Abgabenentlastung durchsetzt fliegt sie 2013 raus. Selbst am Ende der Kohl-Ära konnte sie 1997 eine Absenkung des Soli um 2% von 7,5% auf 5,5% durchsetzen. Bis 2013 muss sie eine erneute Absenkung (am besten sogar die Abschaffung) des Soli durchsetzen.
Gelingt ihr das nichts, hat sie gegenüber ihren Wählern nichts greifbares vorzuweisen und wird bei 4% landen.
Gelingt es ihr hier eine Entlastung durchzusetzen bekommt sie vielleicht um die 6% wie 1998.


So ist es nun auch gekommen. Mit 4,76% ist die FDP rausgeflogen.
Welche Chancen hat die FDP nach diesem Wahldesaster wieder zu einer bundesweiten politischen Kraft zu werden?
Wohin wird die Reise der FDP gehen - nach links, nach rechts - oder nur noch weiter in den Abgrund? Und inwieweit ist diese Entwicklung von derjenigen der anderen Parteien, insbesondere der AfD und der Union, abhängig?
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 17:13 Uhr:   

Also von den drei kleinen Parteien sind jetzt alle schonmal aus dem Bundestag geflogen: 1990 die Grünen, 2002 die PDS, jetzt die FDP.
Die Grünen haben mit Bündnis 90 fusioniert, die PDS mit der WASG, die Landtagsfraktion des künftigen Bundesvorsitzenden Lindner ist derzeit in Verhandlungen mit einem fraktionslosen Ex-Piraten, der das dortige Chaos satt hatte. Auch wenn es hier nur um einen einzigen MdL geht, könnte Lindner doch auf die Idee kommen, gezielt auf "Vernunft-Piraten" zuzugehen, die von der Ponaderisierung frustriert sind und eines Tages den Bürgerrechtsflügel wiederbeleben könnten.
Ein echter Fusionspartner scheint aber nicht in Sicht.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 17:23 Uhr:   

@Jan W.,

sie führen selbst an, dass sowohl im Fall der Grünen wie der PDS eine Fusion mit einer weiteren - kleineren - Kraft stattfand, was den Wiedereinzug erleichterte. Für die FDP böte sich auch die Möglichkeit auf die AfD zuzugehen. In dieser Richtung besteht mehr Potenzial, als darauf zu setzen einie Ex-Piraten einzusammeln. Die Piraten sind eine dezidiert linke Partei. Viel wird die FDP aus dieser Richtung nicht gewinnen können.
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Martin Dauser
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 17:36 Uhr:   

@Marc,

ich bestreite entschieden, dass die Gründe in den Koalitionsverhandlungen liegen. Die Gründe liegen im Wahlversprechen. Angela Merkel hat im Wahlkampf 2009 über die FDP folgendes gesagt:
"Nur in der Opposition kann man gleichzeitig Steuern senken, den Staatshaushalt sanieren und die Ausgaben für Bildung und Infrastruktur erhöhen."

Die FDP hatte ein erfolgreiches Wahlkampfprogramm, aber kein seriöses Regierungsprogramm und stand deshalb in den Koalitionsverhandlungen zwangsläufig ohne Programm da. Mit Steuersenkungspopulismus kann zwar die nächte gewinnen, aber kein Regierungsprogramm konstruktiv mitgestalten und ist deshalb konsequenterweise bei der übernächsten Wahl der große Verlierer.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 17:55 Uhr:   

@Marc
Ich habe extra von Vernunft-Piraten gesprochen: und die gehören eben nicht unbedingt ins linke Spektrum. Das ist deutlich sinnvoller, als eine fiktive Partei, in der das Spektrum von Westerwelle bis von Storch reicht. Gerade die Zivile Koalition und Ex-Republikaner sind zutiefst illiberal.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 18:21 Uhr:   

@Martin Dauser,

ich erinnere an die Steuersenkungen von Rot-Grün. Diese und die Sozialreformen haben unser Land nach vorne gebracht. In der Tat - Frau Merkel wäre zu so einer mutigen Reformpolitik nicht fähig.

Zur Steuerpolitik: Es hätte für das Überleben der FDP schon gereicht, wenn es zumindest Schritte Richtung Steuerentlastung gegeben hätte, sei es durch Beseitigung der Kalten Progression und/oder einer Senkung des Soli. Das hätte sie durchaus auch durchsetzen können. Wenn ihr das gelungen wäre, säße sie wieder im Bundestag.


@Jan W.,

Sie führen selbst an, dass das Spektrum der AfD sehr weit ist. Sie ist noch in der Parteigründungsphase. Eine Vereinigung mit der FDP würde sicher sowohl bei AfD wie FDP zu gewissen Verlusten führen. Bei der AfD im rechten Spektrum, bei der AfD im linken Spektrum. Insgesamt käme meiner Einschätzung nach eine vernünftige rechtsliberale Partei heraus - etwa vergleichbar der VVD in den Niederlanden.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 18:32 Uhr:   

@Marc
NL hat ein größeres liberales Spektrum, da ist Platz für rechtsliberal und linksliberal. Die FDP ist mit einem seit 30 Jahren schwächelnden Flügel gesamtliberal und hat den Fehler gemacht, Liberalität auf das Steuerthema zu verengen.
Die Zivile Koalition ist schlichtweg das Gegenteil von liberal, sie will Menschen vorschreiben, wie sie leben sollen, steht für Eheverbote und anderes - wer so etwas in seine Partei lässt, kann sich doch nicht ernsthaft für eine neue FDP halten ...
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 20:29 Uhr:   

@Jan W.,

Sie reden am Thema vorbei. Ich rede von der AfD oder zumindest von Teilen der AfD, nicht von einem anderen Verein. Und diese stehen weitgehend für wirtschaftsliberale Ansichten. Gerade wenn die FDP - wie sie sagen - das gesamte liberale Spektrum abdecken will, muss sie auch abweichende Ansichten dulden. Das gilt insbesondere für Fragen, bei denen das individuelle Wertsystem entscheidend ist, wie der nach Definition der Ehe.
Für eine Änderung gibt es keinen gesellschaftlichen Konsens - und auch in der FDP gab und gibt es dazu unterschiedliche Auffassungen, wie Sie selbst zweifellos am besten wissen. Immerhin stimmte die FDP 2001 gegen die Eingetragene Lebenspartnerschaft. Im Übrigen würde sich die FDP bei diesen sensible Thema nicht gegen den naheliegendsten Koalitionspartner CDU durchsetzen können. Wenn sie schon bei einer rein technischen Fragen - wie Steuersenkungen und Steuerreform - völlig versagt hat, bestehen dafür erst recht keine Aussichten. Ich sehe auch nicht, dass sie mit diesen Thema signifikant Wähler gewinnen kann.
Durchsetzen könnte sie dies nur in einem Linksbündnis mit SPD und Grünen. Doch bei einem solchen Schwenk könnte sie ihre wirtschaftspolitischen Positionen überhaupt nicht durchsetzen und würde weit mehr Wähler aus dem wirtschaftsliberalen Spektrum verlieren, als sie mit Minderheitenthemen gewinnen könnte.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 21:30 Uhr:   

@Marc:
"Immerhin stimmte die FDP 2001 gegen die Eingetragene Lebenspartnerschaft."

Das ist aber allenfalls die halbe Wahrheit. Für ihren eigenen (älteren) Gesetzentwurf dazu hat sie schon gestimmt (abgesehn davon, dass das noch im Jahr 2000 war).

Außerdem ist es eine komische Vorstellung, dass ausgerechnet bei solchen Fragen das "individuelle Wertsystem" entscheidender sein soll als sonst. Lebenspartnerschaften oder dergleichen kann jeder weitgehend einfach ignorieren, der keine Lust drauf hat (ob überhaupt ein Regelungsbedürfnis besteht, ist eine andere Frage). Akzeptanz von Intoleranz in den eigenen Reihen ist jedenfalls kein besonders liberales Merkmal.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 21:43 Uhr:   

@Ratinger Linke,

gerade die Frage ob ein Regelungsbedürfnis besteht ist aber eine Frage, zu der man unterschiedlicher Meinung sein kann. Und daher sollte man verschiedene Ansichten akzeptieren.
Dieser Thread soll aber nicht der isolierten Debatte des Themas Homo-Ehe dienen, sondern der Frage, ob und ggf. wie sich die FDP neu aufstellen kann um Wähler (zurück-) zu gewinnen und bei der nächsten Bundestagswahl wieder eine politische Kraft im Bundestag zu werden.

Sie stehen ja der FDP ideologisch eher fern. Aber vielleicht haben Sie ja trotzdem eine Vorstellung, wie sich die FDP positionieren könnte um neben einer mittigen bis sozialdemokratisierten Union einerseits und einer wirtschaftsliberalen und im übrigen eher konservativen AfD andererseits Wähler zu gewinnen. Ich sehe die FDP da in einer ziemlich schwierigen Lage.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2013 - 23:09 Uhr:   

Das Regelungsbedürfnis hat aber nichts mit der Abgrenzung von der traditionellen Ehe zu tun.

Wie sich die FDP positionieren könnte, ist mir scheißegal. Wenn ich hier grob offtopic schreib, dann meistens nur, um den größten Unsinn richtigzustellen. Gibts kein FDP-Forum?
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Abwähler
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 19. Oktober 2013 - 05:27 Uhr:   

Das Ausscheiden der Grünen / der PDS stand unter anderen Vorzeichen. Die Grünen schieden nur in Westdeutschland aus, fusionierten dann mit der Ostpartei, waren also nie völlig raus aus dem Parlament. Die PDS hatte wenigstens zwei MdB, sowie ihren quasi Volkspartei-Status in Ostdeutschland, völlig andere Voraussetzungen als die FDP (dennoch läutete auch für die PDS damals das Totenglöckchen als Bundesdeutsche Partei, ein langsamer Abstieg an Bedeutung schien vorgezeichnet, dies konnte dann mit WASG und Lafontaine abgewendet werden). Bezüglich FDP sehe ich eine solche Chance im Moment nicht (wenn müssten sie schon mit den Piraten fusionieren, unter möglichst einem neuen Namen, also als wirklicher "Neustart", aber das ist sicherlich reine Utopie). Es bleibt noch eine andere Chance: dass die CDU in der GroKo ihre Wähler so richtig verprellt. Aber selbst in diesem Fall scheinen die Zeichen derzeit eher auf neue Alternativen (ob AfD oder andere, noch unbekannte Bewegungen, sei mal dahingestellt) zu zielen, und die FDP derzeit nicht mehr als Bürgerliche Alternative wahrgenommen zu werden.
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SaaleMAX
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 19. Oktober 2013 - 10:33 Uhr:   

Nach Links ist für die jetzige FDP kein Platz mehr da.Das würde auch nichts bringen sich dorthin zu orientieren.
Sie sollte sich auf ihre Ur-Wurzeln besinnen, die Liberalität und das Freiheitliche.Dabei darf sie auch etwas nach Rechts rutschen um im demokratischen Spektrum wieder Land und somit Wählerstimmen zu gewinnen.

Um es grob zu sagen:
Freiheitlich-Liberal-Wertkonservativ-Nationales-Wirtschaftsorientiertes Gedankengut könnte einer neuen FDP wieder Anhänger und Erfolge bringen.

Die Afd füllt gerade eine Nische aus, die in Deutschland einfach besteht.
In vielen anderen Ländern gibt es Links-demokratische und auch Rechts-demokratische Parteien!Und die Welt geht deswegen trotzdem nicht unter.
In der Mitte ist kein Platz mehr da.
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Bürger
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 19. Oktober 2013 - 11:37 Uhr:   

Wenn die FDP darauf bestanden hätte, dass Finanzministerium 2009 zu übernehmen und eine grundlegende Änderung des Steuersystems durchzusetzen, so hätte der FDP von 2009 niemand im Wege gestanden, auch Merkel nicht.

Es ist eben kein Widerspruch, Steuern zu senken, Investitionen in wichtigen gesellschaftspolitischen Feldern wie der Bildung oder der Infrastruktur zu erhöhen und gleichzeitig den Staatshaushalt zu sanieren.
Man muss eben die eigenen Sparvorstellungen nicht nur auflisten, sondern auch durchsetzen (ich erinnere an das liberale Sparbuch mir über 300 aufgelisteten Sparmaßnahmen), Subventionsabbau hier mal an vorderster Front genannt. Wie man als Liberaler etwa diese Art der Energiewende gutheißen kann, ist mir unverständlich. Marx und Murks haben da doch die Oberhand, ein Graus für politisch denkende Menschen wie mich, die dem Markt eher trauen als dem Staat.

Die thematische Verengung wie das hier einige nennen hat der FDP den größten politischen Erfolg seit dem zweiten Weltkrieg gebracht, man war in allen Landesparlamenten 2009 ausser in Hamburg vertreten, in vielen Landesregierungen Teil von Politikgestaltung.

Man hat nichts durchgesetzt und dachte man käme so durch, weil die Konjunktur gut gelaufen ist und sich die Arbeitsmarktdaten positiv entwickelt haben.

Was diese Republik jedenfalls nicht nicht noch braucht, ist eine fünfte mehr oder minder sozialdemokratische Partei. Dieses Land benötigt eben auch ein Korrektiv, ein Nachdenken darüber, dass Etatismus, Staatsquoten von über 50% und eine Aufblähung des öffentlich-rechtlichen Steuer- und Abgabenstaates nicht der Weisheit letzter Schluß sind. Da ist der Platz der FDP. Wir benötigen jedenfalls kein Liberala.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 19. Oktober 2013 - 12:32 Uhr:   

@SaaleMAX,

ich stimme Ihnen zu, dass nach links für die FDP kein Platz ist. Nach rechts wird es für die FDP aber auch eng, da neben der CDU nun auch die AfD um wirtschaftsliberale und wertkonservative Wähler wirbt. Wenn die CDU klug wäre, würde sie sich im übrigen als wirtschaftsfreundliches Korrektiv zur SPD zu profilieren versuchen - während sie in der Koalition mit der FDP ja die sozialdemokratische Position einnahm. Die AfD hingegen deckt konservative, wirtschaftsliberale und nationalliberale Positionen ab. Auch auf dieser Seite wird es daher für die FDP eng.

In vielen anderen Ländern gibt es Links-demokratische und auch Rechts-demokratische Parteien!Und die Welt geht deswegen trotzdem nicht unter.

Das sehe ich genauso. Die Politik der neuen Mitte der SPD hat Platz gemacht für eine Partei links der SPD. Die Sozialdemokratisierung der Union durch Merkel schafft Platz für eine Partei rechts der Union.

Das Wahlergebnis 2013 ist nur eine Momentaufnahme. Tatsächlich läuft die Tendenz auf eine weitere Ausdifferenzierung des Parteiensystems hinaus.

Ob in diesem System genug Platz für eine dezidiert liberale Partei ist, ist eine andere Frage. In Österreich gab es nach der konservativen Wende der FPÖ 1986 bis heute auf Bundesebene keine liberale Partei, die auch nur annähernd 4% erreichte und daher politisch relevant wurde.

Ein Comeback der FDP 2017 ist dennoch möglich, aber nur bei günstigen Umständen. Viel mehr als ein Potenzial von 5-7% unter günstigen Umständen sehe ich bei den gegenwärtigen Verhältnissen (Konkurrenz durch eine starke Union und der AfD) nicht.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 19. Oktober 2013 - 13:23 Uhr:   

Die FDP ist ja heftige Auf- und Abschwünge gewohnt. Und hat bisher auch jede Krise überlebt. Insbesondere die von 1982 war strukturell deutlich schlimmer, auch wenn durch Hilfe der CDU der knappe Wiedereinzug in den Bundestag gelang.
Aber natürlich ist diese Historie keine Sicherheit, daß auch dieses Mal der Wiederaufstieg gelingen wird. Die Rahmenbedingungen sind ja immer andere. Aber sie ist schon ein Beleg dafür, daß der Liberalismus ganz ordentliche Resistenzkräfte entwickeln kann, wenn er mit dem Rücken an der Wand steht.

Marc hat völlig recht, daß der Kern der Krise die schlechte Koalitionsverhandlung 2009 war. Das Programm war ok und hat ja zu einem sehr guten Wahlergebnis geführt (wobei das nur einen Teil der 14% erklärt, der andere Teil ist Protestwählern wg. GroKo geschuldet).
Es ist schon absurd jetzt der FDP vorzuschlagen, sie müsse sich mehr an dem orientieren, was ihre linken Gegner gerne hätten. Steuersenkungen sind immer noch ein Thema, noch mehr die Vereinfachung des Steuersystems und Sparsamkeit bei den Ausgaben. Beim nächsten Mal wird auch die FDP gelernt haben, daß das Außenamt inzwischen nebensächlich geworden ist und das Finanzministerium entscheidend ist.

Das Hauptproblem sind eigentlich gar nicht in erster Linie die 4,8% selber. Das ist eigentlich angesichts der Umstände ein verblüffend gutes Ergebnis, weil es den harten Kern der liberalen Wähler umfaßt. Also die Leute, die sich nicht einmal von den massiven Fehlern der Parteiführung haben abschrecken lassen. "Leihstimmen" von der Union hat es diesmal ja auch nicht gegeben.
Diese Stammwählerschaft von 4-5% ist also deutlich mehr als die früher üblichen 2-3%.
So weit die gute Nachricht.
Die schlechten Nachrichten sind, daß die neben den Stammwählern nötigen Wechselwähler schwieriger zu kriegen sind als früher. Und daß mit der Bundestagspräsenz die FDP-Organisation stark geschwächt worden ist. Aber immerhin hat sie noch 10 Landtagsfraktionen und die Präsenz in wohl mehr als 1000 Kommunalparlamenten (grobe Schätzung, ich kenne keine Zahlen dazu). Das reicht weiterhin für eine flächendeckende professionelle und kampagnenfähige Struktur.

Fusionen werden m. E. keine Rolle spielen. Die Beispiele B90 und WASG passen nicht, weil das noch Folgen der deutschen Wiedervereinigung waren.
Die FDP wird durchaus eine Reihe von Piraten zum Wechsel überzeugen können, Gespräche dazu gibt es an vielen Orten. Aber das sind dann auch nur Einzelfälle, eine Fusion mit den Gesamtpiraten ist nicht vorstellbar oder irgendwo geplant.
Verglichen mit den zahlreichen Neueintritten (übrigens ein typisches Phänomen in jeder FDP-Krise) werden solche Übertritte aus anderen Parteien auch eher nebensächlich sein.

Für eine Fusion mit der AfD gibt es weder eine programmatische Basis (alleine schon, weil die AfD noch kein richtiges Programm hat) noch kenne ich irgendwelche Absichten dazu auf einer der beiden Seiten. Die Marschziele gehen in völlig unterschiedliche Richtungen.

Wie gut die langfristigen Chancen der FDP sind, wird man an den Ergebnissen ab 2015 sehen. Die von 2014 sind ja noch zu vergleichen mit denen vor der Krise von 2009. Mit anderen Worten: Da werden noch die Verluste "nachgeholt", die die FDP ansonsten schon überall realisiert hat.

Aber sobald die ersten Wahlergebnisse vorliegen, die mit einem Vorergebnis von nach 2009 verglichen werden können, kann man die weitere Entwicklung abschätzen.
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elmar93
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 19. Oktober 2013 - 13:31 Uhr:   

"In Österreich gab es nach der konservativen Wende der FPÖ 1986 bis heute auf Bundesebene keine liberale Partei, die auch nur annähernd 4% erreichte und daher politisch relevant wurde."

Das stimmt übrigens nicht! Die rechtslastige Politik eines Haider führte zu Austritten, u.a. 1993 zur Gründung des Liberalen Forums und den Neos, also durchaus im Nationalrat vertretene Parteien.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 19. Oktober 2013 - 14:46 Uhr:   

@Ralf Arnemann,

die FDP hat in der Tat schon viele Krisen erlebt. Die von 1982/83 war allerdings weniger existenziell als die Ende der 60er-Jahre oder Ende der 90er-Jahre. 1983 erzielte sie bei der Bundestagswahl immerhin 7%. Von einem knappen Ergebnis kann da keine Rede sein. Enger war es hingegen 1969 mit 5,8%. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied zu vorhergehenden Krisen der FDP. Sie ist nicht mehr im Bundestag und damit fehlt eine zentrale Bühne, auf der eine Partei ihre Positionen öffentlich präsentieren kann. Die FDP wird daher große Schwierigkeiten haben öffentlich vergleichbar präsent zu sein wie die im Bundestag vertretenen Parteien.

Ihrer These das die FDP 2013 keine Leihstimmen erhalten habe muss ich widersprechen. Dem steht schon entgegen, dass sie nach der Wahl in Umfragen auf 3% abgestürzt ist. Das dürfte auch das Kernwählerpotenzial darstellen. Die FDP hat schon Leihstimmen bekommen. Da die Union der Zweitstimmenkampagne aber scharf entgegengetreten ist, waren es nicht genug Leihstimmen um die FDP über die 5%-Hürde zu verhelfen. Entscheidend dafür waren maue Ergebnisse von nur knapp über 5% in Westdeutschland und ein katastrophales Ergebnis von 2,6% in Ostdeutschland.
Ich sehe durchaus Chancen für die FDP 2017 knapp über 5% zu landen. Dafür muss sie aber nicht nur Wähler aus dem Nichtwählerbereich und von der AfD zurückgewinnen, sondern noch zusätzliche Wähler gewinnen um den Verlust von Leihstimmen (diesmal wohl mindestens 1%) auszugleichen. Denn 2017 kann sie definitiv nicht mehr mit Leihstimmen rechnen. Das macht die Sache noch schwieriger. Denn es fehlen damit nicht nur 0,24%, sondern eher 2% (mindestens 1%). Selbst bei einem erneut mauen Ergebnis in Ostdeutschland wären das 2017 denkbar. Dann müsste sie in Westdeutschland allerdings 6%-7% erzielen. Und insofern spielt eine große Rolle, ob und wie die AFD zu diesem Zeitpunkt aufgestellt ist. Denn in diese Richtung hat die FDP immerhin fast 1% verloren.

Im übrigen stimme ich Ihnen zu, wenn Sie sagen, dass für die FDP die Wahlergebnisse ab 2015 entscheidend sein werden. Allerdings sind die Wahlen 2014 nicht bedeutungslos für die FDP. Scheitert sie 2014 etwa an der 3%-Hürde bei der Europawahl wäre das ein ganzer schwerer Rückschlag. Gelingt Zastrow im Sachsen der Wiedereinzug - der in den übrigen ostdetuschen Bundesländern gegenwärtig völlig illusorisch ist - würde das die dezidiert marktwirtschaftlichen Kräfte in der FDP stärken und insoweit die Neuaufstellung der FDP beeinflussen.
Noch entscheidender als die Wahlen 2015 - Landtagswahlen finden nur in Hamburg und Bremen statt - werden allerdings die Wahlen 2016 - insbesondere in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz - sein. Gelingen Zuwächse in Baden-Württemberg und der Wiedereinzug in Rheinland-Pfalz würde die FDP einen Erfolg verbuchen, der ihr mehr öffentliche Präsenz bringt - die sie für das Wahljahr 2017 braucht. Dümpelt sie hingegen weiter in der APO in Rheinland-Pfalz sehe ich nicht, wie sie den nötigen Schub für 2017 erhalten kann. Flöge sie gar in Baden-Württemberg aus den Landtag wäre ihre Aussichten für 2017 am Ende.



@elmar,

sie haben Recht, dass linksliberale Parteien kurzfristig knapp den Einzug schafften - etwa das LIF. Dieses konnte sich aber nicht dauerhaft etablieren, sondern war nur von 1994-1999 im Nationalrat. Seither spielt der Erfolg des LIF keine Rolle. Von 1986-1994 und von 1999-2013 - also die überwiegende Zeit gab es keine dezidiert liberale Partei im Nationalrat. Hinsichtlich der NEOS wird sich noch zeigen, wie sich diese Partei entwickelt. Gut möglich, dass es sich dabei genauso um eine Eintagsfliege handelt wie bei den Piraten in Deutschland.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 19. Oktober 2013 - 15:21 Uhr:   

@Abwähler
Nein, die westdeutsche Partei DIE GRÜNEN ist in Gänze ausgeschieden, es hat keine gesamtdeutsche Partei im Westen die Hürde verfehlt.

@SaaleMAX
Gerade wenn der Begriff "freiheitlich" ins Spiel kommt, ist doch in der Regel ein Haider'scher Antiliberalismus gemeint.

@Marc
Eine liberale Ehedefinition beinhaltet aber, dass man für sich sein eigenes Ideal anstrebt, anderen aber auch ihr eigenes Ideal zugesteht. Natürlich darf eine Frau von Storch oder der Rest der Afd finden, dass der Staat besser weiß, welche Beziehungen gut und förderungswürdig sind und welche nicht, aber das kann man doch beim besten Willen nicht als liberal bezeichnen.
Wertkonservativ ist ja ein Sammelbegriff: es kommt immer darauf an, welchen Wert man bewahren will. Auch der Liberalismus, der den Menschen freie Entfaltung zugesteht, ist ein Wert. In ideologischen Diktaturen, die nicht nur von Machterhalt und persönlicher Bereicherung geprägt sind, gibt es Werte - wenn auch nachteilige.
Und es gibt eben auch weitere Werte, die sich mit Liberalismus nicht vertragen.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 19. Oktober 2013 - 16:25 Uhr:   

@Jan W.,

der Begriff "Freiheitlich" ist genauso neutral wie der Begriff "konservativ" oder "rechts" oder "links". Entscheidend ist doch was damit konkret gemeint ist. Und Freiheitlich im Sinne der freien Marktwirtschaft, gegen einen überbordenden Staat und für die Freiheitlich-demokratische Grundordnung ist nun schon etwas anderes als Rechtspopulismus. Man darf sich doch nicht weil ausländische Politiker Begriffe verdrehen sich deren Verwendung verbieten lassen.
Abgesehen davon wird es für die FDP darauf ankommen ein positives Programm zu entwerfen. Mit Beschimpfungen und Abgrenzungen gegenüber rechts und/oder links wird man das nicht erreichen.

Zur Ehedefinition. Da gibt es natürlich verschiedene, religiöse und säkulare. Eine liberale Ehedefinition kann nur eine weltlich-säkulare sein. Eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften (bzw. die Umwandlung der bestehenden in Ehen (zivilrechtlich bestehen zwischen beiden ohnenhin praktisch kaum Unterschiede)) gehört sicherlich dazu.
Dennoch bedarf diese Frage weiterer Erörterung. Gerade wenn sie davon sprechen, dass man anderen auch ihr Ideal zugestehen müsse, stellt sich die Frage, ob man überhaupt eine liberale Ehedefinition bilden kann. Denn es gibt ja auch polygame Beziehungen. Würde also auch die Zulassung der Polygamie und der Polyandrie zu einer solche Ehedefiniton gehören?
Ich hielte das nicht mit unseren kulturellen Vorstellungen der Ehe als Zweierbeziehung vereinbar. Für die Betroffenen ist die Verweigerung zu einer zivilrechtlichen Eheschließung aber dennoch eine Freiheitseinschränkung. Jede gesetzliche Vorgabe ist letztlich eine normative Wertung - hinter der Werte und Wertvorstellungen stehen. Thomas Frings hat daher ausgeführt, dass eine Abschaffung staatlicher Ehen eine Lösung darstellen könnte. Ich möchte mir das nicht zu eigen machen. Aber es wäre durchaus eine liberale Lösung.

Persönlich halte ich diese Frage aber für wenig bedeutsam im Hinblick auf die Zukunft der FDP. Sie hat sich längst Richtung Öffnung der Ehe positioniert. Viele Wähler wird sie damit nicht gewinnen können, da dies mit Ausnahme der CDU/CSU alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien bereits ebenso vertreten.

Entscheidend dürfte sein, ob sich die FDP als freiheitliche und anti-etatistische Partei profilieren kann, gegen eine Große Koalition die die Staatstätigkeit ausdehnen wird (Steuererhöhungen, Erhöung der Sozialversicherungsbeiträge) und die Überwachung der Bürger verschärfen wird (Vorratsdatenspeicherung, etc.).

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