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Die nächste Europawahl kommt ohne Spe...

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Ralf Lang
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 09. November 2011 - 11:55 Uhr:   

Soeben meldet ein Nachrichtenmagazin, dass die Verfassungsrichter wohl die Sperrklausel zur Europawahl gekippt haben. http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/deutschland-fuenf-prozent-huerde-bei-europawahl-verfassungswidrig_aid_682680.html

Jetzt muss die CSU sich wenigstens _davor_ nicht mehr fürchten.

Kommt jetzt die Zeit der deutschen Nazis und Piraten im EP?
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Norddeutscher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 09. November 2011 - 16:23 Uhr:   

@Ralf Lang:
Das meldet nicht nur "ein Nachrichtenmagazin", sondern - was wohl relevanter ist - das Verfassungsgericht selbst.
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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 09. November 2011 - 14:21 Uhr:   

Und was wird mit BTW und LTW? Die Argumentation für eine 5-%-Hürde bei den beiden Wahlen dürfte schwerer werden, wenn in der Ebene darunter und darüber die Sperrklausel verfassungswidrig ist.
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Norddeutscher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 09. November 2011 - 21:58 Uhr:   

Das Bundesverfassungsgericht hat ganz deutlich gemacht, dass für Landtags- und Bundestagswahlen die 5-%-Hürde weiterhin gerechtfertigt ist, weil dort die Bildung stabiler Mehrheiten, die die jeweilige Regierung stützen, eine Sperrklausel rechtfertigt. Das sei bei der europäischen Ebene nicht so.
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Frank Schmidt
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 09. November 2011 - 22:09 Uhr:   

@CHeine:
Das geht aus der Begründung des BVG zum Urteil hervor: Bei BTW und LTW kommt es darauf an, die Zersplitterung gering zu halten, um so die Bildung einer stabilen Koalition aus möglichst wenigen Parteien zu ermöglichen. Da bleibt die 5%-Hürde also erhalten.

Ich glaube aber, das BVG hat bereits früher schon Versuche für verfassungswidrig erklärt, eine höhere Hürde als 5% bei LTW einzuführen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 09. November 2011 - 22:45 Uhr:   

Die Aussage ist bloß, dass bei richtigen Parlamenten die Entscheidung über eine Notwendigkeit der Sperrklausel bei der Politik liegt und bis jetzt keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Entscheidungen grob missbräuchlich sind.

Im Saarland hat sich der Verfassungsgerichtshof aber schon deutlich kritischer geäußert, und faktisch geht der Trend sicher weg von der Sperrklausel, obwohl sie in der öffentlichen Meinung offenbar wieder deutlich an Beliebtheit gewonnen hat. In der näheren Zukunft wird sich aber wohl nicht viel ändern. Politisch angeschossen sind aber wohl die restlichen kommunalen Sperrklauseln in den Stadtstaaten, obwohl sie da in der Verfassung abgesichert sind.
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Ingo Zachos
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 09. November 2011 - 23:04 Uhr:   

Dieses Urteil ist, gelinde gesagt, eine große Dummheit.


Statt einer geordneten, historisch gewachsenen 5 Prozent-Hürde wird eine WILLKÜRLICHE und ungerechte Hürde für einen Sitz gesetzt, die nach eigener Begründung dann ebenfalls verfassungswidrig wäre...


Denn :

es wird weiterhin Parteien gegen, die mit einer oder zwei Wählerstimmen NICHT ins Parlament einziehen, d.h, Wähler, die nicht repräsentiert werden!!!!

Die können dann aber ihren Sitz einklagen!


Damit aber ist die Begründung des Urteils schon widerlegt, denn diese stimmen der Parteien werden dann nicht in Sitzen berücksichtigt, was diese Regelung dann auch "verfassungswidrig" macht.

Einen so GROBEN logischen Fehler im Urteil habe ich schon lange nicht mehr erlebt.

Sind das Richter oder Hilfsschüler?
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Norddeutscher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 09. November 2011 - 22:35 Uhr:   

@ Frank Schmidt:

"Ich glaube aber, das BVG hat bereits früher schon Versuche für verfassungswidrig erklärt, eine höhere Hürde als 5% bei LTW einzuführen."

Richtig, das war Anfang der 1950er, als - zum Zwecke der Verhinderung von SSW (damals noch ohne Sperrklauselbefreiuung) und KPD - in Schleswig-Holstein eine 7,5-%-Hürde eingeführt wurde.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 10. November 2011 - 01:00 Uhr:   

@Ingo Zachos:

Das aktuelle Verfahren (nach Streichung von § 2 Abs. 7 EuWG) vergibt genau dann einen Sitz, wenn er von einer Liste genommen werden kann, zu der der Unterschied der Erfolgswerte dadurch sinkt. Das ist jedenfalls nicht völlig willkürlich. Es wird halt keine Sonderregelung für den Fall getroffen, dass eine Rundung zum Erfolgswert 0 führt.

Allerdings kann man der Auffassung sein, dass statt der Differenzen die Quotienten der Erfolgswerte zu optimieren wären, also nicht die absoluten, sondern die relativen Unterschiede maßgeblich sind. Dann müsste man in der Tat auch schon für 1 Stimme einen Sitz vergeben (soweit ausreichend vorhanden), weil sonst der Quotient unendlich wird. Begründbar ist das schon, aber das resultierende Verfahren (Huntington/Hill) hat den Nachteil, dass es bezüglich der Parteigröße nicht neutral ist. Praktikabel ist es auch, wenn man Kleinstparteien durch höhere Zugangshürden ausschließt, so dass der Fall sehr weniger Stimmen praktisch nicht mehr relevant ist.
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Ralf Lang
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 10. November 2011 - 09:27 Uhr:   

Die Wahl ohne Sperrklausel hat als einzige Willkür die Stimmenverteilung der Wähler. Um die soll es ja gehen. Im Gegensatz zur Hürde ist der notwendige Erfolg für einen Sitz ein Problem, das Wahlen im Grundsatz haben. In anderen Parlamenten hat sich ja auch noch keiner reingeklagt. Niemand hindert die Politiker daran, bei BTW und LTW eine Sperrklausel unter fünf vom Hundert einzuführen oder sie dort ganz abzuschaffen.
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Ingo Zachos
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 10. November 2011 - 11:08 Uhr:   

@ Ralf Lang:

Du irrst, denn die Begründung verlangt für JEDE Stimme gleiches Gewicht, was wenig durchdacht ist, eigentlich gar nicht durchdacht.

Das bedeutet aber, das man auch die Stimmen der Parteien, die nach dem vollkommen WILLKÜRLICH gesetzten Anteil für einen Sitz (wird in der Praxis durch das Wahlgesetz bestimmt) auch berücksichtigen muss, i.e. wer nur eine Stimme bekommt kann einen Sitz einklagen.

Oder anders ausgedrückt:
Die Richter haben das Urteil mit einem Paradoxon begründet.
Eine Regelung, die ihren Kriterien entspricht kann es daher nicht geben, oder ganz klar:

Nach dieser Begründung ist JEDES Wahlrecht, das nicht jeder Wählerstimme mindestens einen Sitz zuerkennt, verfassungswidrig, was offensichtlich UNSINN ist.
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Ralf Lang
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 10. November 2011 - 12:20 Uhr:   

Hallo Ingo,

ich mag mich hier nicht weit aus dem Fenster lehnen, aber Gleichheit geht doch immer nur so weit, wie sie sachlich möglich ist - wenn man von willkürlichen Hürden (hier: Fünf vom Hundert der abgegebenen gültigen Stimmen) absieht.

Die Einklagbarkeit eines Sitzen würde nur zu absurden Effekten bezüglich dieser Gleichheit führen.

Die Zahl der Mandate ist bei der Europawahl eine externe Größe, an der sich nichts drehen lässt. Folglich kann es nur um eine möglichst verfassungskonforme Verteilung dieser vorgegebenen Zahl gehen.

Jedoch ist die Entscheidung für die Repräsentation der Bürger durch freie Abgeordnete vorausgesetzt. Folglich ist der Fall der erfolglosen Stimme systematisch unabwendbar. Dem liegt aber keine besondere Willkür zugrunde, wie es bei Sperrklauseln und Grundmandatsklauseln (!) der Fall wäre. Für die gibt es Gründe, die jeweils aus der zu wählenden Körperschaft zu begründen sind und diese hat im Fall der EP-Wahl das Gericht nicht für hinreichend befunden.

Soweit ich weiß, haben die Ösen nur 4% als Sperrklausel. Trotzdem hat die KPÖ es nicht leicht, endlich vermehrt vertreten zu sein während das ganze rechte Kroppzeuch in mehrfacher Ausführung vorhanden ist - aber das ist eben Demokratie.
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Werner Fischer
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 10. November 2011 - 13:07 Uhr:   

Das BVerfG-Urteil ist von der Begründung her absolut überzeugend und leicht umsetzbar. Eine Sperrklausel von bis zu 5% ist zulässig, wenn die Handlungsfähigkeit des Parlaments dies erfordert und die gewählten Volksvertreter z. B. selbst die Exekutive zu wählen haben.

Eine geringere Sperrklausel für Bundestag und Landtage wäre ja machbar - in Österreich geht es ja auch - nur schöpfen die etablierten Parteien den vorgegebenen Spielraum zum eigenen Vorteil wie immer voll aus. Von sich aus würden sie diese Hürde auch nie senken und deshalb ist das Urteil für den demokratischen Wettbewerb so wichtig und wertvoll.
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Ralf Lang
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 10. November 2011 - 13:14 Uhr:   

Widerspruch: Die etablierte Partei Die Linke würde das durchaus machen und hat da, wo sie was zu melden hat, sich nie groß dagegen gesperrt.

Wahr ist, dass die großen Parteien die verzerrenden Effekte gern mitnehmen.
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Wahlticker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 10. November 2011 - 18:19 Uhr:   

@Ingo Zachos
Wo ist denn der Unterschied zwischen einer Partei, die 22 Sitze erhält, und somit daran scheitert den 23. Sitz zu bekommen, und einer Partei die 0 Sitze erhält und daher zu wenig Stimmen für einen 1. Sitz bekommen hat? In meinen Augen gibt es da keinen Unterschied. Alle Stimmen werden genau gleich auf die Sitze projeziert, anders als bei einer willkürlich festgelegten Hürde. In sofern stimmt es doch, dass "alle Stimmen gleiches Gewicht" haben.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. November 2011 - 14:43 Uhr:   

@Ralf Lang:
> Die etablierte Partei Die Linke würde das durchaus machen ...
Betonung auf "würde". D.h. das ist spekulativ.

Es ist ja nicht unüblich, daß Parteien in der Opposition etwas fordern, aber wenn sie die Möglichkeit der Umsetzung haben, dann machen sie es nicht. Klassisches Beispiel wäre der Umgang der SPD mit dem Thema "Volksabstimmung".

Ob also die Kommunisten - wenn sie es denn wirklich durchsetzen könnten - politischen Konkurrenten das Leben leichter machen würden, da kann man schon skeptisch bleiben.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. November 2011 - 16:46 Uhr:   

"Es ist ja nicht unüblich, daß Parteien in der Opposition etwas fordern, aber wenn sie die Möglichkeit der Umsetzung haben, dann machen sie es nicht. Klassisches Beispiel wäre der Umgang der SPD mit dem Thema "Volksabstimmung"."
Ein noch besseres Beispiel wäre das Bundestagswahlrecht. Niedersachsen klagte, als Schröder Ministerpräsident war, gegen Überhangmandate. Knapp zwei Jahre nach der Abweisung der Klage beim BVerfG war Schröder Bundeskanzler. Die Grünen hatten schon bevor Rot-Grün an die Macht kam, einen Gesetzentwurf zur internen Kompensation eingebracht. Als SPD und Grüne dann 7 Jahre zusammen regierten, geschah gar nichts.

Aber ich will nicht speziell auf Rot-Grün eindreschen. Die FDP hat in der Beziehung auch einiges auf dem Kerbholz. Nach der BTW, als Schwarz-Gelb eine Mehrheit im Bundesrat hatte, unternimmt die FDP beim Thema Steuern nichts. Nach der NRW-Wahl begräbt sie dann schnell das Thema, obwohl ja zumindest der Soli ohne Zustimmung des Bundesrats möglich wären. In den letzten Wochen ist Schäuble plötzlich zu Steuerrsenkungen bereit, wohlwissend, dass die im Bundesrat garantiert scheitern würden, außer eine Soli-Abschaffung oder -Senkung. Aber da ist er natürlich gegen - wie überraschend. Dann stimmt die FDP dem bei ihr (zu Recht) unbeliebten Betreuungsgeld zu und bekommt als Gegenleistung eine Mini-Steuersenkung, die garantiert vom Bundesrat gestoppt wird. Dann das "Sparbuch". Davon setzt die FDP in der Regierung gar nichts um und läuft damit den Linken in die Falle. Die behaupten ja immer, Steuererleichterungen seien gar nicht finanzierbar. Das ist natürlich Quatsch und außerdem verlogen, denn die Linken wollen weder die Bürger entlasten noch die Staatsfinanzen sanieren. Aber solange die FDP nicht mit konkreten Einsparvorschlägen kommt und diese Kritik damit widerlegt, kommen die Linken mit ihrer Heuchelei prima durch und die FDP steht zu Recht als unseriös da. Dümmer hätte es die FDP nicht machen können.

@Ralf Lang
"Soweit ich weiß, haben die Ösen nur 4% als Sperrklausel. Trotzdem hat die KPÖ es nicht leicht, endlich vermehrt vertreten zu sein während das ganze rechte Kroppzeuch in mehrfacher Ausführung vorhanden ist - aber das ist eben Demokratie."
Bei der Europawahl reichen in A 4% garantiert nicht zu einem Sitz wegen d'Hondt. Auch eine 2%-Hürde wäre für die KPÖ unüberwindbar. Die 4%-Hürde gibt es für Nationalratswahlen erst seit 1992. Davor gab es nur eine Grundmandatsklausel, die Hürde für ein Grundmandat lag seit 1971 in Wien und Niederösterreich unter 3%. Trotzdem kriegte die KPÖ nie einen Sitz und lag (außer 1971 in Wien) immer deutlich unter der Hürde.



Wie viele Parteien es 2014 schaffen, hängt natürlich vom Wahlrecht ab, da gibt es auch ohne 5%-Hürde großen Spielraum. Mit gleichem Wahlverhalten und, abgesehen von der Sperrklausel, gleichem Wahlrecht wären 2009 zusätzlich FW , REP, Tierschutz, Familie, Piraten, Rentner und ödp reingekommen (FW 2 Sitze, die anderen je einen Sitz). Mit d’Hondt statt Sainte-Laguë hätten es die drei letztgenannten Parteien nicht geschafft und die FW hätten nur einen Sitz gehabt. Mit der "ausgeglichenen Methode" hätte die ödp keinen Sitz gekriegt. Denkbar auch, dass man mit getrennten Wahlgebieten Kleinparteien draußen zu halten versucht.
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Ralf Lang
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. November 2011 - 17:28 Uhr:   

@Thomas: Der (relative) Wiederaufstieg der KPÖ begann erst weit nach 1992 und ist bisher auch nur regional erfolgreich. Offenbar tut auch eine Hürde unter 5% die vom Gesetzgeber erwünschte Wirkung.

@Ralf Arnemann:
Du immer mit deinen Kommunisten ;-)
Allerdings irrst du hier: Die PDS hatte mit viel Geld und Aufwand in Thüringen ein Volksbegehren für mehr Demokratie (Volksabstimmungen) wesentlich mitgetragen und zum Erfolg geführt. Im Norden hat Rot-Rot die Hürde abgeschafft. Es ist jetzt die Linke, die eine Klage gegen die Bundes-Hürde erwägt. Vielleicht rettet das mal noch die FDP ;-)
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. November 2011 - 19:01 Uhr:   

"Es ist jetzt die Linke, die eine Klage gegen die Bundes-Hürde erwägt. Vielleicht rettet das mal noch die FDP ;-)"
Naja, reiner Altruismus ist das nicht. 2002 lag die PDS bei 3,99% und es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Linkspartei bei einer künftigen BTW wieder unter 5% landet. Außerdem wären bei einer Verfassungswidrigkeit der 5%-Hürde im Bund wohl auch entsprechende Hürden in Ländern hinfällig, was zumindest in einigen West-Ländern ein Vorteil wäre.

"Allerdings irrst du hier: Die PDS hatte mit viel Geld und Aufwand in Thüringen ein Volksbegehren für mehr Demokratie (Volksabstimmungen) wesentlich mitgetragen und zum Erfolg geführt."
Da hat sie nie regiert seit 1990.

"Der (relative) Wiederaufstieg der KPÖ begann erst weit nach 1992 und ist bisher auch nur regional erfolgreich."
Genauer gesagt ausschließlich in der Steiermark und dort besonders in Graz. Bei der letzten Kommunalwahl ging es dort aber wieder deutlich abwärts und bei der letzten Landtagswahl sackte die KPÖ von 6,3 auf 4,4% ab, was aber immer noch ein sehr gutes Ergebnis ist. Landesweit kann man nur mit sehr viel Wohlwollen einen "Wiederaufstieg" (2008: 0,76%) diagnostizieren.
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Ralf Lang
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. November 2011 - 19:33 Uhr:   

Stimmt, in Thüringen regiert die Linke bisher nicht im Land - sehr zum Schaden der Bürger, die bei Themen wie Energieinfrastruktur, Abwasser, Straßenausbaubeiträge, Kommunalfinanzierung, Schulmodernisierung und und und gute Lösungen gebrauchen können, wie sie die Linke seit Jahren zusammen mit Verbänden und Bürgerinitiativen vorbereitet. Wie gezeigt kann man hier nicht von Lippenbekenntnissen reden, hier wurde gehandelt und Erfolg herbeigeführt für mehr Demokratie. Nicht umsonst lässt du MVP ja auch unkommentiert.

Die Linke könnte theoretisch schon mal unter fünf Prozent geraten - wahrscheinlich ist das nicht. Aber selbst wenn: Warum sollen für sie schlechtere Gesetze gelten als für alle anderen angemessen sind?
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 11. November 2011 - 16:28 Uhr:   

@Ralf A.:
Zustimmung bzgl. der Linken. Abgesehen davon, dass ich eine in dieser Form erst 4 Jahre alte Partei nicht unbedingt als "etabliert" ansehen würde, wäre mir nicht bekannt, dass sie in einem der Bundesländer, in dem sie an der Regierung beteiligt sind/waren (und selbst nicht durch die 5%-Klausel gefährdet), konkret eine Abschaffung der Sperrklausel gefordert hätten.

Die SPD-Aussage stimmt so aber nicht: Rot-Grün hat (ca. 2000) ein Gesetz zur Einführung von Volksabstimmungen auf Bundesebene eingebracht, das nur am CDU-Widerstand im Bundesrat scheiterte.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 12. November 2011 - 10:09 Uhr:   

@Holger
"Die SPD-Aussage stimmt so aber nicht: Rot-Grün hat (ca. 2000) ein Gesetz zur Einführung von Volksabstimmungen auf Bundesebene eingebracht, das nur am CDU-Widerstand im Bundesrat scheiterte."
Die konnten sich aber darauf verlassen, dass die Union blockieren würde. Es gibt natürlich auch den umgekehrten Fall: die Grünen stimmten lange Zeit gegen jede Diätenerhöhung, nahmen die dann aber natürlich gerne mit, wenn die anderen sie beschlossen hatten.

"wäre mir nicht bekannt, dass sie in einem der Bundesländer, in dem sie an der Regierung beteiligt sind/waren (und selbst nicht durch die 5%-Klausel gefährdet), konkret eine Abschaffung der Sperrklausel gefordert hätten."
Mir auch nicht.

@ Ralf L.
"Stimmt, in Thüringen regiert die Linke bisher nicht im Land - sehr zum Schaden der Bürger, die bei Themen wie Energieinfrastruktur, Abwasser, Straßenausbaubeiträge, Kommunalfinanzierung, Schulmodernisierung und und und gute Lösungen gebrauchen können, wie sie die Linke seit Jahren zusammen mit Verbänden und Bürgerinitiativen vorbereitet."
Die SED hatte ja 40 Jahre Zeit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Durch gute Lösungen ist sie da weniger aufgefallen.

"Die Linke könnte theoretisch schon mal unter fünf Prozent geraten - wahrscheinlich ist das nicht. Aber selbst wenn: Warum sollen für sie schlechtere Gesetze gelten als für alle anderen angemessen sind?"
So unwahrscheinlich ist das nicht. Die Frustrierten im Westen sind nicht übermäßig verlässlich. Im Osten kann man nicht selbstverständlich davon ausgehen, dass sie dort immer 20+x% kriegt. Selbst in Ost-Berlin lag die Linkspartei bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus nicht so weit über 20%.
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Ralf Lang
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 12. November 2011 - 13:41 Uhr:   

Thomas: Ich sehe das Problem nicht. Die Linke hat gerade ein Tief und ist selbst jetzt noch weit von jedem Problem entfernt. Sie wird sich schon wieder auf rund 10 % normalisieren - genau wie die FDP auch irgendwann mal wieder hoch kommt. Selbst die komischen Grünen haben es schon mal geschafft, wenn auch mit Hilfe aus dem Osten.

Die FDP hätte in Thüringen von einer Senkung der Hürde auch viel gehabt.

Wie sich das EP-Urteil auf Bundestags- und Landtagswahlrechte auswirkt, muss man aber abwarten. Tagesaktuell sehe ich da nichts, das Anzeichen gibt.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 12. November 2011 - 14:31 Uhr:   

"Die Linke hat gerade ein Tief und ist selbst jetzt noch weit von jedem Problem entfernt."
Kommt drauf an, wie man Problem definiert. Dass sie 2013 (noch) nicht unter 5% fällt, glaube ich auch. Aber 10% normal? Die hatte sie bis 2009 nie. Das damalige Hoch für den Normalzustand zu halten, ist fragwürdig.

Wenn die FDP 2013 aus dem Bundestag fliegt, kommt sie nie wieder rein. Die FDP hat fast jede Substanz verloren und damit gerade die relativ treuen Wähler verprellt, von der sie nie so viele hatte. Eine sich dem linksgrünen Mainstream anbiedernde Verlierertruppe wird nach dem Rausflug kaum noch einer wählen und sie wird bei der darauf folgenden BTW viel näher an der 0,5%-Hürde für die Parteienfinanzierung als an der 5%-Hürde sein.

"Wie sich das EP-Urteil auf Bundestags- und Landtagswahlrechte auswirkt, muss man aber abwarten. Tagesaktuell sehe ich da nichts, das Anzeichen gibt."
Das hatte ich auf den Fall bezogen, dass die 5%-Hürde im Bundestagswahlrecht gekippt würde.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 12. November 2011 - 21:16 Uhr:   

Die PDS hat zumindest 1994 in Brandenburg gegen die Sperrklausel gestimmt. Da war sie zwar nicht in der Regierung, aber eine Mehrheit gegen die Sperrklausel oder zumindest für 3% statt 5% war nicht aussichtslos.

In Brandenburg war die Sperrklausel schon bei der Erarbeitung der Verfassung umstritten. Schließlich waren 3% der Konsens, außer bei der FDP, die auf 5% beharrt hat. In die Verfassung hat man dann aber letzlich gar nichts geschrieben. Bis zum Entwurf des Landeswahlgesetz ist dann aber die SPD zum größten Teil auf 5% umgeschwenkt; in der CDU waren die Auffassungen gemischt, Bündnis 90 und PDS waren gegen die Sperrklausel oder zumindest für eine niedrigere.

Die PDS als Fraktion hat nur einen Änderungsantrag für die realistische Variante (3%) eingebracht. Der Änderungsantrag zum völligen Verzicht auf eine Sperrklausel war von Detlef Grabert (Neues Forum, zu der Zeit fraktionslos, später FDP) und einzelnen Abgeordneten der PDS. Das Abstimmungsergebnis ist im Protokoll nicht im Detail festgehalten. Für die 3% hat letztlich in namentlicher Abstimmung nur die PDS, neben Grabert ein weiterer Fraktionsloser (ex-SPD), 6 Abgeordnete der CDU und 1 der SPD gestimmt; Bündnis 90 und die Mehrheit der CDU haben sich enthalten. Neben SPD und FDP haben 4 CDUler für die 5% gestimmt.

Dass eine Mehrheit gegen die Regierung nicht aussichtslos war, sieht man am nächsten Änderungsantrag (Befreiung der Sorben von der Sperrklausel), bei dem sich PDS und CDU durchgesetzt haben. Das war allerdings auch schon ein gemeinsamer Antrag von PDS und CDU.

Interessanterweise hat übrigens die SPD ihr Umschwenken auf 5% damit begründet, dass von Arnim (zu der Zeit Verfassungsrichter in Brandenburg und auch beratend aktiv) eine stärkere Gewichtung des Mehrheitswahlrechts empfohlen hat.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 12. November 2011 - 23:32 Uhr:   

Dass die FDP gerade ihren Wählerstamm verliert, würd ich übrigens stark bezweifeln. Der hat ja praktisch keine Alternative und muss die FDP wählen, ob es ihm im Detail gefällt oder nicht.

Die Mitgliederzahlen der FDP sind jedenfalls bemerkenswert stabil. Sie liegt immer noch auf dem Niveau, das sie 1999 (und von da bis 2008 ziemlich konstant) gehabt hat. Alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der Grünen haben seither im Schnitt um die 25% verloren. Gegenüber Ende 2009 hat die FDP nur 10% verloren (ziemlich genau das, was sie im Lauf des Jahres 2009 gewonnen hat). Das bezieht sich auf (vermutlich ziemlich aktuelle) Zahlen, die dem Quorum für den Mitgliederentscheid zugrundegelegt worden sind (demnach absolut ungefähr 64'640).

Dass die Sperrklausel für die FDP ein Problem ist, wenn sie sie einmal beim Bundestag nach unten durchbrochen hat, ist allerdings richtig. Wobei dann noch die Frage ist, was in den Ländern passiert. Wenn es beim Bundestag nicht für 5% reicht, dann wohl in Bayern erstrecht nicht. Interessant wird dann Hessen und später NRW.
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Ralf Lang
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 13. November 2011 - 12:10 Uhr:   

Es kommt sehr auf das Verhalten der (bei uns homogenen) Presse an. Die hat zB in Thüringen die Landesgrünen sehr ausführlich behandelt, obwohl die nie im Landtag waren und jeden Pressemitteilungs-Blabla abgedruckt während andere Parteien, die im Land viel relevanter sind, kaum erwähnt wurden. Von der FDP (auch draußen) hörte man nur über Streitigkeiten, zur PDS grundsätzlich weniger als zur damals oppositionellen SPD.

Je nach Situation könnte die FDP schon eine (vielleicht verkürzte) Legislatur im Abseits überstehen. Dazu muss die Regierung "es" aber schlecht machen. Vielleicht wie der Anfang von Rotgrün. So richtig klar ist mir nicht, was für Leute heute die "festen" FDP-Wähler sind und worum es denen eigentlich geht. Aber die entscheiden auch nicht die Schlacht.

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