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Unterstützer gesucht: Klage beim Bund...

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Unterstützer gesucht: Klage beim Bundesverfassungsgericht wegen Briefwahl « Zurück Weiter »

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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 16. Juli 2010 - 17:43 Uhr:   

Hallo,

habe einen Wahleinspruch gegen die unsichere Briefwahl eingelegt, u.a. wegen:
- der Abschaffung des Begründungserfordernisses seit 2008 (jeder darf ohne Angabe von Gründen die unsichere Briefwahl nutzen)
- der fehlenden Prüfung der Wahlscheine gegen das Wählerverzeichnis (gut gefälschte Wahlunterlagen können nicht entdeckt werden, im Gegensatz zum Wahllokal wo auffällt, wenn ein Name nicht in der Liste steht oder schon gewät hat)

Weitere Kritikpunkte auf http://rupp.de/briefwahl_einspruch

Der Wahleinspruch wurde wie üblich nach einem Jahr vom Bundestag abgelehnt, jetzt brauche ich mitten in der Ferienzeit 100 Unterschriften von Wahlberechtigten, um vor das Bundesverfassungsgericht ziehen zu können. Wer die Klage unterstützen mag kann hier Unterschreiben:

http://rupp.de/briefwahl_einspruch/beitrittserklaerung_briefwahl.pdf

Hier noch eine Liste der bekannt gewordenen Fälle von Briefwahlbetrug in den letzten Jahren:
http://rupp.de/briefwahl_einspruch/briefwahl_wahlbetrug.html

(Alle nur durch Zufall aufgefallen = riesige Dunkelziffer.)

Viele Grüße
Arnim Rupp
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 16. Juli 2010 - 21:34 Uhr:   

Übrigens war die Briefwahl auch ein Kritikpunkt der OSZE.

Im dortigen Thread haben wir ja bereits festgestellt, dass mit Rottach-Egern schon mindestens eine Gemeinde existiert, bei der die Briefwähler in der Mehrheit sind. Inzwischen gibt es die bayrischen Statistiken dazu.

Bei der Europawahl 2009 war Rottach-Egern mit ebenfalls 51,2 % Briefwähleranteil führend. Auf Platz 2 war Grünwald mit 50,0 %, wobei sich mit den verfügbaren Daten nicht ermitteln lässt, ob das knapp über oder unter der Hälfte ist.

Bei der Bundestagswahl 2009 waren die 51,2 % von Rottach-Egern (4453 Wahlberechtigte, 3366 Wähler) nur Platz 4. Führend war Rothenbuch (1446 Wbr, 1158 Wlr) mit 54,1 %. Auf Platz 2 Mittenwald (5995 Wbr, 4186 Wlr) mit 53,1 %. Auf Platz 3 Obernzell (2937 Wbr, 1860 Wlr) mit 52,4 %. Auch noch eine Briefwählermehrheit (50,5 %) hat Oberstdorf (7526 Wbr, 5513 Wlr). Es folgt Fichtelberg (1671 Wbr, 1154 Wlr) mit 50,0 %, wobei das wirklich exakt die Hälfte gewesen sein muss.

Mit Garmisch-Partenkirchen (65324 Wbr, 47088 Wlr) war auch schon ein ganzer Landkreis oberhalb von 40%.

Zu den ungültigen Stimmen:

Die ungültigen Stimmen, die durch die Briefwahl provoziert werden, zählen in aller Regel nicht als ungültige Stimmen, sondern als nicht abgegebene Stimmen und erscheinen deshalb in keiner Statistik, außer dass sie in der Differenz zwischen ausgegebenen und eingenommenen Wahlscheinen enthalten sind (inklusiv sonstiger Verluste also möglicherweise an die 10%).

Entsprechend waren die "sonstigen Ursachen" bei den ungültigen Stimmen in den Ländern mit mehreren Wahlen nicht erhöht, sondern deutlich niedriger als sonstwo. Die weitaus höheren Anteile an ungültigen Stimmen gehn überwiegend auf das Konto von Enthaltungen; in den Ländern mit 3-Stimmen-Kommunalwahlrecht sind aber auch mehrere Kreuze als Ungültigkeitsgrund in absoluten Zahlen stark erhöht.

Für eine genauere Analyse müsste man die Wahlbeteiligungen unter den Wahlscheininhabern genauer untersuchen. Aber solche Daten sind zumindest auf Landesebene selten verfügbar.
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 17. Juli 2010 - 02:58 Uhr:   

Aus der repräsentativen Wahlstatistik kann man die Wahlbeteiligung der Wahlscheininhaber zumindest abschätzen:
 
Europawahl 2009 Bundestagswahl 2009
Wbt Brief Fehl Wbt Brief Fehl
SH 36.81 11.99 9.17 73.58 15.58 7.14 *
MV 46.55 12.75 7.97 * 63.00 15.43 3.46
HH 34.72 26.56 9.27 71.31 28.83 4.43
NI 40.53 12.37 7.19 73.34 16.25 3.84
HB 38.85 16.79 9.03 70.30 19.39 5.14
BB 29.88 12.48 7.55 66.96 15.50 5.34 *
ST 37.81 11.33 10.21 * 60.47 13.85 3.99
BE 35.14 25.01 9.02 70.92 26.71 4.21
NW 41.79 18.41 7.84 71.45 23.51 3.83
SN 47.56 12.80 8.19 * 64.98 16.15 3.19
HE 37.93 16.74 7.20 73.76 19.44 3.89
TH 53.03 11.72 8.05 * 65.21 15.50 3.12
RP 55.61 29.35 8.54 * 71.96 26.51 3.50
BY 42.35 28.96 6.18 71.63 29.18 3.55
BW 51.97 14.99 12.44 * 72.44 19.07 4.33
SL 58.60 18.26 3.44 * 73.74 21.72 3.52
== 43.27 18.56 8.14 70.78 21.51 3.94

Reale Briefwähler durch Abzug der Urnenwähler laut repräsentativer Wahlstatistik von den Wählern laut Endergebnis geschätzt (die bekannten Werte für Bayern zeigen, dass die Schätzung zumindest dort nicht schlecht ist); fehlende Stimmen von Wahlscheininhabern analog, bezogen auf alle Wahlscheininhaber laut repräsentativer Wahlstatistik. Sternchen kennzeichnen gleichzeitige andere landesweite Wahlen (bei der Europawahl Kommunalwahlen, bei der Bundestagswahl Landtagswahlen). Ein Vergleich mit 2004 ist sinnlos, weil da in den selben Ländern Parallelwahlen waren.

Parallelwahlen (mit ihrem zusätzlichen Potenzial für als nicht abgegeben geltende Stimmen) erhöhen den Anteil fehlender Stimmen schon ziemlich eindeutig, wobei ein Teil davon auch gewollt sein kann. Grober Ausreißer ist das Saarland.
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 19. Juli 2010 - 00:24 Uhr:   

Ja, ich hab als ich den Einspruch geschrieben habe auch überall nach den entsprechenden Daten gesucht aber das maximal auf einzelnen Kommunal-Seiten gefunden. Im Prinzip sollte man dem Bundeswahlleiter auch die Open-Data Philosophie verordnen, also alle rohen Daten veröffentlichen. Nur so kann man nach statistischen Anomalien schauen, die Hinweis auf Wahlfälschungen geben.

Keine Ahnung ob man nach dem Informationsfreiheitsgesetz da ran kommt, eventuell werden die Daten nicht mal weitergeleitet.
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. Juli 2010 - 21:44 Uhr:   

Die Frage ist erstmal, ob der Bundeswahlleiter überhaupt regionale Detaildaten hat. Einerseits teilen die Landeswahlleiter offenbar nichtmal das vollständige Ergebnis der repräsentativen Wahlstatistik mit (jedenfalls gibt der Bundeswahlleiter an, die Ergebnisse für kleinere Parteien nur für einen Teil der Länder zu haben), andererseits gibt er aber Daten für die Briefwahl an, die von dem abweichen, was man aus der repräsentativen Wahlstatistik erhält (18,4 % bei der Europawahl 2009 gegenüber obigen 18,56 %; möglicherweise auch durch ausgefeiltere Gewichtung erklärbar).

Informationsfreiheitsgesetze gibt es nicht in allen Ländern, und fraglich ist schon, ob die Daten bei den Landeswahlleitern vollständig vorhanden sind. Selbst wenn man nur die Kreise (bei Europawahlen) oder sogar nur die federführenden Kreise für die Wahlkreise (bei Bundestagswahlen) anfragen müsste, ist das praktisch aussichtslos. Der bayrische Landeswahlleiter scheint ziemlich komplette Daten aus Bayern zu haben; veröffentlicht wird aber nur eine Auswahl als PDF, die teils auch noch aus Scans bestehen, anstatt in vernünftig weiterverarbeitbarem Datenformat.

Ein grundsätzliches Problem ist, dass die Summe der Wahlbezirksergebnisse nicht das Bundesergebnis ergibt, weil teilweise Korrekturen vorgenommen werden, nachdem auf unterer Ebene bereits das Endergebnis festgestellt worden ist. Aber trotzdem wäre eine vollständige Sammlung der Wahlbezirks- oder zumindest Gemeindeergebnisse auf Bundesebene äußerst wünschenswert.

Grundsätzlich bekommt man beim statistischen Bundesamt (und damit beim Bundeswahlleiter) durchaus ansonsten unveröffentlichte Daten auf Anfrage, aber dafür müssten sie erstmal gesammelt werden.
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. Juli 2010 - 23:30 Uhr:   

Eigentlich sollte zur "Öffentlichkeit der Wahl" auch die Aufsummierung der Ergebnisse gehören. Was nutzt es einem, wenn man die 500 Stimmen im eigenen Wahllokal prüfen kann, wenn zentral geschummelt wird, z.B.:

http://www.nzz.ch/2006/11/26/al/articleEP07P.html
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 26. Juli 2010 - 11:37 Uhr:   

@ratinger linke: danke, die OSZE hab ich gerade in die klage eingebaut.

hat jemand eine idee, warum bei der bundestagswahl 1983 der birefwahlanteil von 13% auf 10,5% gegenüber 1980 gesunken ist?

http://www.bundeswahlleiter.de/de/glossar/texte/Briefwahl.html

der abfall 1990 geht ja eindeutig auf die neuen bundesländer zurück, aber was war 1983?

und hat jemand eine quelle für den anteil der briefwahl-vor-ort (also das direkte ausfüllen der briefwahlunterlagen bei der wahlbehörde) ?
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Wilko Zicht
Moderator
Veröffentlicht am Montag, 26. Juli 2010 - 12:55 Uhr:   

Möglicherweise gab es aufgrund der vorzeitigen Bundestagsauflösung verkürzte Antragsfristen.
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 26. Juli 2010 - 15:49 Uhr:   

Oder es lag an der Jahreszeit. Im März sind sicher weniger Wähler im Urlaub als im Oktober.
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 26. Juli 2010 - 16:56 Uhr:   

guter tipp, aber weder am 3.3.1983 hatte jemand urlaub:

http://www.schulferien.org/inverser_Ferienkalender/ferientermine_1983_invers.html

... noch am 5.10.1980:

http://www.schulferien.org/inverser_Ferienkalender/ferientermine_1980_invers.html
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 26. Juli 2010 - 17:13 Uhr:   

noch eine theorie: es lag an der abstellung des "mitbringens" von briefwahlunterlagen, die 1980 noch üblich war:

In Mayen hätten 2345 Bürger (16,24 %) durch Briefwahl gewählt, von denen etwa ein Drittel sich die Briefwahlunterlagen von einigen wenigen Vertretern einer Partei ins Haus habe bringen lassen. Einer Aufstellung des Kreiswahlleiters zufolge befänden sich unter den 15 Personen, denen jeweils mehr als 10 Briefwahlunterlagen ausgehändigt worden seien, einzelne, die 155, 144, 121, 101, 72 und 63 Unterlagen in Empfang genommen hätten. Manipulationen seien nicht auszuschließen. Diese könnten von Einfluß auf die Sitzverteilung im Bundestag gewesen sein.

http://www.wahlrecht.de/wahlpruefung/19811124.htm
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 26. Juli 2010 - 18:13 Uhr:   

@Arnim Rupp,

ich glaube tg wollte allgemein auf das Urlaubsverhalten der Bevölkerung Bezug nehmen, nicht nur auf das von Eltern mit schulpflichtigen Kindern - auch wenn diese natürlich eine große Gruppe darstellen. Angesichts des großen Andrangs in der Hauptferienzeit im Sommer besteht durchaus ein Anreiz früher oder später in Urlaub zu gehen, sofern man dies zeitlich einrichten kann. Und sofern jemand keine schulpflichtigen Kinder hat ist das ja der Fall. Ich denke hier insbesondere an Arbeitnehmer und Freiberufler ohne Kinder die ihren Urlaub dementsprechend später durchführen können. Auch Studierende gehören in diese Gruppe, da regelmäßig die vorlesungsfreie Zeit bis Mitte Oktober dauert, die Bundestagswahl 1980 aber schon am 5. Oktober stattfand.
Zwar könnten genannte Gruppen auch im März in den Urlaub fahren, aber vermutlich ist die Urlaubsneigung im Spätsommer/Herbst größer ausgeprägt.
Das könnte durchaus einen Einfluß auf die Briefwahl gehabt haben.
Wobei der Umstand der vorgezogenen Wahl 1983 und in der Folge die verkürzten Antragsfristen sicher eine große Bedeutung für den Rückgang der Briefwahl hatte.
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 26. Juli 2010 - 19:53 Uhr:   

@marc & wilko: sind die verkürzten antragsfristen '83 eine theorie oder war dem so? finde nichts dazu im netz und bei >3 monaten vorlauf ist es ja auch nicht nötig
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 26. Juli 2010 - 20:24 Uhr:   

@Arnim Rupp, Marc K:
Ich dachte in der Tat an Kurzreisen innerhalb Deutschlands (oder Nachbarländern), die man ja doch eher im Oktober als im März durchführt.
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Wilko Zicht
Moderator
Veröffentlicht am Montag, 26. Juli 2010 - 20:42 Uhr:   

Du hast recht, an der Vermutung ist bei näherer Betrachtung nichts dran. Zwar wurde der Bundestag erst zum 7. Januar 1983 aufgelöst, der Vorlauf betrug also formal auch nur zwei Monate. Allerdings wurde § 53 Absatz 2 Bundeswahlgesetz, durch den der BMI ermächtigt wird, die Fristen abzukürzen, erst 1985 ins Bundeswahlgesetz eingefügt - im Zusammenhang mit der Einführung des Wahlechts für Auslandsdeutsche, für das einige Fristen so verlängert wurden, dass sie bei einer vorgezogenen Neuwahl nicht mehr passten.

Eckhard Jesse schreibt in seinem 1985 erschienenen Buch "Wahlrecht zwischen Kontinuität und Reform" zum Rückgang der Briefwählerquote zwischen 1980 und 1983: "Da sich die wahlgesetzlichen Bestimmungen nicht änderten, mag der Rückgang wesentlich auf die andere Jahreszeit zurückzuführen sein."
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 27. Juli 2010 - 00:38 Uhr:   

aber das frühling vs. herbst soviel ausmacht? bei winter vs. sommer könnte ich mir das eher vorstellen. am 25.1.1987 waren es auch nur 11,1% briefwähler und da sind ja noch einige skifahren.

hab auch nochmal nach der demografie geschaut, daran liegt's auch nicht. die CDU hat '83 deutlich mehr stimmen bekommen und die wähler wurden auch älter von 80->83:

http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/downloads/repraesentative_wahlstatistik/wahlbeteiligung_1953_1987.xls

hätte demnach eigentlich mehr briefwahl geben sollen.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 27. Juli 2010 - 01:01 Uhr:   

@Arnim Rupp,

Anfang Oktober ist ja noch Frühherbst.
Inzwischen finden die Bundestagswahlen ja sogar im September statt - also noch im Altweibersommer.
Gerade nach der Hauptsaison ist ein guter Urlaubszeitpunkt und der Sommer/Frühherbst ist doch regelmäßig ein besserer Urlaubszeitpunkt als der März, wo es doch noch recht kalt sein kann. Der März ist ja erst am Anfang des Frühjahrs. Z.T. kann man zu der Zeit ja noch Winterurlaub machen. Für anderen Urlaub ist es doch häufig in der Zeit noch etwas kühl.

Insgesamt wird wohl auch mehr Sommer- als Winterurlaub gemacht. Und für einen solchen eignet sich der klimatisch meist angenehme Frühherbst eher als der noch sehr kältegefährdete Frühjahrsanfang (März bzw. der launische April).
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 27. Juli 2010 - 03:21 Uhr:   

Mir scheint, dass die Frage eher ist, warum die Briefwahlbeteiligung 1980 so hoch war. Für Bayern gibt es exakte Daten, bei denen 1980 auch die Zahl der Wahlscheinurnenwähler auffällig niedrig ist. Die Briefwähler relativ zu den Wahlberechtigten haben erst 1998 wieder den Stand von 1980 erreicht. Bundesweit war die absolute Zahl der Briefwähler 1990 trotz Wiedervereinigung noch weit unter der von 1980.

1980 war sicher ein stark polarisierter Wahlkampf. Signifikantes Ereignis zwischen typischer Briefwahlzeit und Wahltag war das Attentat auf das Münchner Oktoberfest. Dass das dermaßen demobilisierend gewirkt haben könnte, ist aber nicht unbedingt einleuchtend. Das Wetter scheint auch eher ideal mittelmäßig für eine hohe Wahlbeteiligung gewesen zu sein.

Vorlesungsfreie Zeit dürfte überwiegend sowohl 1980 als auch 1983 sowie bis 1969, 1976 und ab 1998 gewesen sein, nicht aber 1972, 1987 und 1990. Für Winterurlaub ist Anfang März jedenfalls noch Saison.

Übrigens aus obigen Daten die bayrischen Wahlscheinbeteiligungen (Wahlscheine relativ zu den Wahlberechtigten, Beteiligung der Wahlscheininhaber per Urne und Brief sowie zusammen, Wahlbeteiligung insgesamt in Prozent):
 
WS Urne Brief Gesamt Wbt
1949-08-14 2.95 85.88 0.00 85.88 81.07
1953-09-06 3.49 108.14 0.00 108.14 85.80
1957-09-15 5.24 12.80 78.59 91.39 87.66
1961-09-17 5.82 9.05 84.77 93.81 87.22
1965-09-19 6.88 6.18 87.89 94.06 85.94
1969-09-28 6.85 5.14 89.64 94.78 85.20
1972-11-19 8.02 2.76 92.78 95.54 89.85
1976-10-03 10.16 2.12 93.46 95.58 89.63
1980-10-05 12.60 1.02 94.45 95.47 87.57
1983-03-06 10.60 1.68 94.11 95.79 87.61
1987-01-25 10.74 1.44 94.55 95.99 81.69
1990-12-02 9.96 1.05 93.95 95.00 74.44
1994-10-16 11.70 0.67 95.06 95.72 76.92
1998-09-27 16.88 0.49 95.47 95.95 79.17
2002-09-22 19.15 0.32 96.46 96.78 81.48
2005-09-18 17.28 0.39 95.98 96.36 77.87
2009-09-27 21.67 0.33 96.13 96.45 71.63

Bemerkenswert, dass die Briefwähler 1957 offenbar überwiegend die Wahlscheinurnenwähler von 1953 waren. Bemerkenswert auch die Regel von 1953, nach der Wahlscheine bundesweit einsetzbar waren und die Wahlbeteiligung deshalb lokal oberhalb von 100%. Den Daten nach hat man da nicht nur in einem fremden Wahlkreis, sondern gegebenenfalls auch eine fremde Landesliste gewählt.
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. August 2010 - 01:27 Uhr:   

also ich halte das immer noch für die beste erklärung:

"In einem Fernschreiben vom 26. September 1980 habe der Landeswahlleiter Rheinland-Pfalz den Kreiswahlleitern zur Briefwahlwerbung mitgeteilt: „Ich halte es ... für vertretbar und unter Umständen sogar für geboten, daß in den geschilderten Fällen, d. h. wenn immer ein Wahlhelfer eine Vielzahl von Vollmachten vorlegt, die auf systematische Besuche ganzer Straßenzüge schließen lassen, die Briefwahlunterlagen entgegen der erteilten Vollmacht direkt an den Wahlberechtigten in der sonst üblichen Weise zugestellt werden.“ Ein hierauf bezogenes Schreiben des Kreiswahlleiters mit der Empfehlung, entsprechend zu verfahren, habe sie am 1. Oktober 1980 erhalten. Von diesem Zeitpunkt an seien nur noch Einzelanträge eingegangen."

http://www.wahlrecht.de/wahlpruefung/19811124.htm

also am ende des wahlkampfes '80 wurde das verfahren eingestellt, dass man freundlichen helfern der parteien 100+ briefwahlunterlagen in die hand drückt. damit gab's dann '83 weniger drückerkolonen und somit weniger briefwähler.
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 17. August 2010 - 21:37 Uhr:   

Zwischenstand: 69 Unterschriften hab ich schon
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 27. August 2010 - 20:04 Uhr:   

@ratinger linke:

> Die ungültigen Stimmen, die durch die Briefwahl provoziert werden, zählen in aller Regel nicht als ungültige Stimmen, sondern als nicht abgegebene Stimmen und erscheinen deshalb in keiner Statistik, außer dass sie in der Differenz zwischen ausgegebenen und eingenommenen Wahlscheinen enthalten sind (inklusiv sonstiger Verluste also möglicherweise an die 10%).


volltreffer: in ba-wü sind bei der ep-wahl 2009 nur von 87,6% der wahlscheininhaber/briefwähler stimmen abgegeben worden gegenüber 91,9% im bundesschnitt (http://www.bundeswahlleiter.de/de/europawahlen/EU_BUND_09/veroeffentlichungen/heft5.pdf seite 44). grund ist wohl die parallel laufende kommunalwahl (http://de.wikipedia.org/wiki/Kommunalwahlen_in_Baden-W%C3%BCrttemberg_2009) wodurch mehr wahlbriefe zurückgewiesen wurden wegen falschem eintüten, unterschreiben, usw.
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Wilko Zicht
Moderator
Veröffentlicht am Freitag, 27. August 2010 - 23:26 Uhr:   

Insgesamt betrug der Anteil der abgegebenen Stimmen von Wahlscheinwählern in den sieben Bundesländern mit gleichzeitig stattfindenden Kommunalwahlen 90,3% gegenüber 92,7% in den übrigen Bundesländern. Allerdings befinden sich unter den sieben Bundesländern (*) auch mehrere Länder mit durchschnittlichem Stimmabgabeanteil und sogar das Land mit dem höchsten Anteil:

*Baden-Württemberg 87,6%
*Sachsen-Anhalt 89,8%
Hamburg 90,7%
Schleswig-Holstein 90,8%
Bremen 90,9%
Berlin 91,0%
*Rheinland-Pfalz 91,4%
*Sachsen 91,8%
*Thüringen 92,0%
*Mecklenburg-Vorpommern 92,0%
Nordrhein-Westfalen 92,2%
Brandenburg 92,5%
Hessen 92,8%
Niedersachsen 92,8%
Bayern 93,8%
*Saarland 96,6%
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 28. August 2010 - 00:04 Uhr:   

ja, aber saarland, sachsen, sachsen-anhalt, thüringen, meck-vorpom haben zusammen 640.714 wähler mit wahlscheinvermerk und ba-wü 679.331

bei der bt-wahl 2004 blieben in ba-wü nur 4,51% der wahlscheine ungenutzt gegenüber den 12,4% bei der ep-wahl 2009. ep-wahl 2004 war ähnlich schlecht weil da auch kommunalwahlen waren.

gibt es irgendwo schon die zahlen für die bt-wahl 2009 ?
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Jens Müller
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 31. August 2010 - 18:06 Uhr:   

Sind genügend Unterschriften zusammengekommen?
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2010 - 09:38 Uhr:   

ja, danke allen unterstützern!

aber matthias cantow von wahlrecht.de braucht glaube ich noch welche wegen der 5%-hürde bei der europawahl, das zweite formular auf der seite:

http://www.guido-strack.de/EU-Wahl/
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Jens Müller
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2010 - 09:41 Uhr:   

Das kommt halt dabei raus, wenn man sein Vorgehen nicht koordiniert ... Guido Strack hat über 200 zusammen ...
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 01. September 2010 - 16:14 Uhr:   

@Ratinger Linke:

schau mal was ich gerade in heft 5 des bundeswahlleiter zur ep-wahl 2009 finde:

Mit jeweils 4,6% ungültigen Stimmen lagen Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt erheblich über dem
Bundesdurchschnitt, gefolgt von den übrigen Bundesländern, in denen gleichzeitig Kommunalwahlen stattfanden (hier
lag die Quote zwischen 3,7% in Thüringen und 4,4% im Saarland). Diese im Vergleich zum Bundesdurchschnitt hohen
Zahlen an ungültigen Stimmen dürften u. a. dadurch zustande gekommen sein, dass Verwechslungen bei den
Stimmzetteln vorkamen. Brandenburg als einziges der neuen Bundesländer ohne gleichzeitig durchgeführte
Kommunalwahl lag mit 1,5% ungültigen Stimmen um 0,7 Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt. Mit
Ausnahme Baden-Württembergs und Thüringens, wo die Zahl der ungültigen Stimmen um 0,1 bzw. 0,3 Prozentpunkte
stieg, sank die Zahl der ungültigen Stimmen in allen anderen Bundesländern – zwischen 0,3 Prozentpunkten in
Bremen und 2,2 Prozentpunkten im Saarland.

und stimmzettel im wahllokal zu verwechseln stell ich mir schwierig vor, das sollten hauptseachlich briefwaehler gewesen sein.
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 02. September 2010 - 10:23 Uhr:   

Allerdings waren in Mecklenburg-Vorpommern 77% aller ungültigen Stimmen leere oder durchgestrichene Stimmzettel und nur 2,5% sonstige Ursachen, wo vertauschte Stimmzettel wohl einzuordnen wären. Höchstens wär denkbar, dass leere Stimmzettelumschläge als leere Stimmzettel gezählt werden, nachdem sie bei der normalen Auszählung auch so behandelt werden.

"Der auffallend hohe Anteil der nicht gekennzeichneten oder durchgestrichenen Stimmzettel macht deutlich, dass die Mehrzahl der betreffenden Wähler mit ihrer Handlungsweise der Europawahl ihre Stimme bewusst entzogen haben. Gestützt wird diese Einschätzung auch durch das Verhalten der vielen Wähler, die den Aufwand nicht scheuten und alle Wahlvorschläge auf dem Stimmzettel ankreuzten oder mit Bemerkungen auf ihre ablehnende Haltung hinwiesen. Schwierigkeiten bei der Kennzeichnung der unterschiedlichen Stimmzettel beim zeitgleichen Wahlgang waren dagegen nicht erkennbar."

Repräsentative Wahlstatistik

Übrigens sind vertauschte Stimmzettel sowieso eine Gesetzeslücke. Ungültig sind sie nämlich eigentlich nicht. Ohne Zweifel sind sie amtlich hergestellt. Zwar sind sie für einen anderen Wahlkreis gültig, aber das macht hier nur eine eventuell vorhandene Erststimme ungültig (das EuWG hat keine eigenen Ungültigkeitsregeln). Höchstens kann man argumentieren, dass mit dem falschen Stimmzettel der Wille des Wählers nicht zweifelsfrei erkennbar ist.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2013 - 19:41 Uhr:   

In Mittenwald haben schon 62% der Wähler von 2008 einen Wahlschein beantragt (Stimmberechtigte sind seither um 1% gesunken). Für eine 2/3-Mehrheit der Briefwähler wird die Zeit aber allmählich knapp. In Garmisch-Partenkirchen (Markt) sind es 57%. Das gibt dort ziemlich sicher auch auf Kreisebene über 50% (wenn die Wahlbeteiligung nicht extrem hoch ist).

München ist bei 48% der Wähler von 2008 (aber bei 3% mehr Stimmberechtigten). Zuwachs bei den Wahlscheinen ist da bis jetzt 68%, weshalb sie auch ausgegangen sind. Landesweit ist ein Briefwähleranteil von über 40% denkbar (hängt auch wesentlich davon ab, wie es auf dem Land in Orten mit bisher geringem Briefwähleranteil ausschaut).
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Arnim Rupp
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2013 - 22:17 Uhr:   

Ja, da vermelden Einige neue Rekorde:

http://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_muenchen/article119899953/Ansturm-auf-Briefwahl.html

http://www.stuttgart.de/item/show/273273/1/9/514796?

http://www.bild.de/regional/muenchen/muenchen-regional/ansturm-auf-briefwahl-einzelne-kommunen-melden-32332114.bild.html

Ich schätze mal in Bayern hat das auch damit zu tun, dass die Wahlen auf 2 Sonntage verteilt wurden, da liegt es natürlich nah doch lieber einmal Briefwahl zu machen, anstatt zweimal ins Wahllokal zu gehen. Der CSU kann das natürlich nur recht sein, die wissen ja, wie man bei der Briefwahl profitiert:

https://de.wikipedia.org/wiki/Wahlf%C3%A4lschungsskandal_von_Dachau
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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2013 - 22:35 Uhr:   

Bei der Landtagswahl liegt es sicher auch daran, dass viele, die da eigentlich garnicht wählen würden, die Briefwahl in einem Aufwasch mitmachen. Könnte aber auch heißen, dass die Wahlbeteiligung der Wahlscheininhaber ziemlich niedrig wird. Wer normalerweise nur den Bundestag wählt, kriegt ja einen Schock, wenn er die Landtagswahlunterlagen (mit Bezirkstag und Volksentscheiden) sieht.

Bei der Bundestagswahl werden die Zahlen wohl wegen der höheren Wahlbeteiligung nicht ganz so extrem. Ich geh zwar davon aus, dass die Landtagswahl die Bundestagsurnenwahlbeteiligung drückt, aber deutlich höher als bei der Landtagswahl wird sie wohl schon bleiben.
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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Sonntag, 19. April 2015 - 03:43 Uhr:   

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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Dienstag, 30. Juni 2015 - 21:26 Uhr:   

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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 30. Juni 2015 - 21:30 Uhr:   

Sind das denn Zahlen der "echten Briefwahl"?
Oder ist da auch Direktwahl enthalten?
In NRW kenne ich es von allen Wahlen, dass die Direktwähler, auf die ja die meisten / alle Probleme der "echten" Briefwahl nicht anwendbar sind, meist mit im Briefwahlergebnis erscheinen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 30. Juni 2015 - 22:48 Uhr:   

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