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Archiv bis 05. April 2010

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Wahlen, Abstimmungen usw. im europäischen Ausland » Niederlande – Wahlen » Archiv bis 05. April 2010 « Zurück Weiter »

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Thomas Frings
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Veröffentlicht am Samstag, 20. Februar 2010 - 13:13 Uhr:   

Vermutlich meinte Bos, so am besten aus der Koalition rauszukommen, schließlich ist ja die Mehrheit der Wähler für den Rückzug. Aber daß das Thema Afghanistan im Wahlkampf eine so große Rolle spielen wird, ist eher zu bezweifeln. Andererseits sind die Parteipräferenzen derart labil, daß die PvdA noch erheblich zulegen kann im Wahlkampf. Viel tiefer als sie jetzt steht kann die PvdA gar nicht mehr fallen. Wer stärkste Partei wird, ist vollkommen offen. Noch am wahrscheinlichsten ist, daß der CDA stärkste Partei bleibt, selbst wenn das Rekordtief von 1998 (29 Sitze) noch unterboten werden sollte. Daß die PVV stärkste Fraktion wird, ist natürlich gut möglich, aber da sämtliche Parteien bestenfalls etwas über 20% bekommen werden, ist auch nicht auszuschließen, daß am Ende die VVD oder D66 auf Platz 1 landet mit 17 oder 18%. Sicher ist einzig, daß die bisherige Koalition nach der Wahl auch rechnerisch nicht mehr möglich ist.

Die Koalitionsverhandlungen dürften sehr lange dauern. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß man vier Partner zur Mehrheit braucht. Als zusätzliche Schwierigkeit kommt hinzu, daß die Regierung unbedingt auch eine Mehrheit in der 1. Kammer benötigt. Sicher ist nur, daß es ohne CDA keine Koalition geben wird.
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tg
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Veröffentlicht am Samstag, 20. Februar 2010 - 23:34 Uhr:   

Ja, das wird in der Tat spannend, sowohl die Wahl als auch die Koalitionsverhandlungen. Eine 3-Parteien-Koalition ist recht unwahrscheinlich, höchstens für CDA-VVD-D66 oder CDA-VVD-PVV könnte es reichen, wobei erstere ja schon mal als "Balkenende 2" zerbrochen ist und bei der zweiten die Frage ist, wie VVD und CDA mit dem Neuling PVV klarkämen.

Für 4- oder 5-Parteien-Koalitionen wird es sicher viele Varianten geben, aber dazu kann man jetzt noch nicht viel sagen
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 21. Februar 2010 - 11:57 Uhr:   

"CDA-VVD-PVV könnte es reichen, wobei erstere ja schon mal als "Balkenende 2" zerbrochen ist und bei der zweiten die Frage ist, wie VVD und CDA mit dem Neuling PVV klarkämen."
Die PVV ist eine "Partei" mit bloß einem Mitglied, da sind Querelen wie in der LPF nicht möglich, bei der ja bekanntlich damals auch der Vormann ermordet wurde. Bisher sind Wilders auch keine Abgeordneten abhanden gekommen. Ob das bei einer größeren Fraktion so bleibt, ist aber nicht sicher. Ein größeres Problem ist da schon Wilders' Unberechenbarkeit (außer natürlich bei seinen Lieblingsthemen wie Islam). Ob er überhaupt regieren will, ist ja auch noch die Frage. Als Mehrheitsbeschaffer für CDA, PVV und VVD kämen nur SGP und TON in Frage. Aber selbst mit der SGP hätte so eine Koalition nur 37 der 75 Sitze in der Ersten Kammer. Eventuell könnte man den friesischen Nationalisten von der OSF mit Wohltaten für Friesland "kaufen" und so auf eine wackelige Mehrheit kommen. CDA, VVD und D66 hätten zusammen auch nur 37 Sitze. Diese Kombination würde zudem – wenn überhaupt - nur mit genau diesen drei Partnern funktionieren, ein vierter Partner würde die Koalition zwangsläufig in eine Richtung bewegen, die mindestens einer der übrigen Partner absolut nicht will. Die Erste Kammer wird im Mai nächsten Jahres neu gewählt, was für jede Koalition die Gefahr birgt, die Mehrheit zu verlieren. Es ist zwar verdammt lange her, dass eine Regierung in der 2. Kammer die absolute Mehrheit hatte und gleichzeitig keine Mehrheit in der 1. Kammer (war zuletzt von 1901 bis 1904 der Fall), aber zwei Mal ist die Regierung nur knapp am Mehrheitsverlust vorbeigeschrammt: 1987-89 hatten CDA und VVD, 1999-2002 die "violette" Koalition jeweils nur eine Stimme Mehrheit. Wie sich ein Mehrheitsverlust in der Ersten Kammer auswirkte, hinge vom Koalitionstyp ab. Eine mittige Koalition könnte sich dann wahrscheinlich noch irgendwie Mehrheiten organisieren (nur bei CDA-VVD-D66 könnte es wie gesagt schwierig werden), bei einer eher linken Koalition wäre eine Blockade dagegen wesentlich wahrscheinlicher und bei einer Koalition unter Einschluß der PVV sehr wahrscheinlich. Das Zustandekommen bestimmter Kolitionen würde natürlich auch wesentlich davon abhängen, wer Seniorpartner wäre. Sollte z.B. die PVV auf Platz 1 und CDA auf Platz 2 landen, würde Letzterer wohl kaum eine Koalition mit Wilders anstreben. Für die Reihenfolge der Parteien kann man bei den volatilen Parteipräferenzen und den recht geringen Abständen absolut keine Vorhersage machen.
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 21. Februar 2010 - 12:36 Uhr:   

Eine Problematik bei einer eventuellen Regierungsbeteiligung der PVV ist die Frage, ob es da außer Wilders eigentlich noch jemanden gibt, der genug politische Erfahrung hat, um Minister werden zu können. Die meisten PVV-Kandidaten sind da ja noch recht frisch im politischen Geschäft. Meine Wissens ist außer Wilders nur einer der derzeitigen Abgeordneten vorher schon mal im Parlament gewesen (für die LPF)

Inwieweit spielt es eigentlich eine Rolle, welche Partei die meisten Stimmen bekommt? Erhält der Chef dieser Partei dann automatisch als erster den Auftrag, eine Regierung zu bilden?

Und wie wichtig ist denn die erste Kammer? Ich dachte, die wäre der zweiten Kammer deutlich untergeordnet? Aber anscheinend braucht die Regierung dort auch eine Mehrheit?
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 21. Februar 2010 - 13:53 Uhr:   

"Meine Wissens ist außer Wilders nur einer der derzeitigen Abgeordneten vorher schon mal im Parlament gewesen (für die LPF)"
Keiner war vorher im Parlament, meines Wissens war nur eine überhaupt politisch aktiv (im nordholländischen Provinzrat). Wilders wird da in der Tat ein Problem haben, nur wird eine Regierungsbeteiligung wohl kaum daran scheitern.


"Inwieweit spielt es eigentlich eine Rolle, welche Partei die meisten Stimmen bekommt? Erhält der Chef dieser Partei dann automatisch als erster den Auftrag, eine Regierung zu bilden? "
Staatsrechtlich gar keine. Die Verfassung besagt nur, dass der Ministerpräsident und die übrigen Minister durch königlichen Beschluss ernannt und entlassen würden und die Ernennung des Ministerpräsidenten durch diesen selbst und die Ernennung und Entlassung der Minister und Staatssekretäre vom Ministerpräsidenten gegenzuzeichnen sei und die Regierungsmitglieder vor der Königin einen Eid abzulegen hätten. Parteien oder Fraktionen werden nicht einmal erwähnt. Alles Übrige bei der Regierungsbildung ist nur Gewohnheitsrecht. Es steht nichts über Informateur oder Formateur in der Verfassung, es ist auch nicht zwingend, nach jeder Wahl eine neue Regierung zu bilden, es gibt formal auch kein Misstrauensvotum. Natürlich will die größte Partei den Ministerpräsidenten stellen, auch wenn das in der Vergangenheit nicht durchgehend der Fall. Seit 1945 stellte 1945/46, 1948-52, 1966/67 und 1971-73 nicht der größte Partner den Ministerpräsidenten. Aber damals sah das Parteiensystem grundlegend anders aus. Heute ist das kaum vorstellbar. Meistens stellte die stärkste Partei den Ministerpräsidenten, aber zwingend ist das nicht. Nicht der Fall war das seit 1945 1945/46, 1948-52, 1958/59, 1966/67, 1971-73, 1977-81 und 1982-86.


"Und wie wichtig ist denn die erste Kammer? Ich dachte, die wäre der zweiten Kammer deutlich untergeordnet? Aber anscheinend braucht die Regierung dort auch eine Mehrheit?"
Die Erste Kammer ist weit weniger wichtig. Sie hat kein Initiativrecht und kann ein Gesetz nur unverändert annehmen oder ablehnen. Aber sie muss sämtlichen Gesetzentwürfen zustimmen und das Veto kann im Gegensatz z.B. zu Einspruchsgesetzen in Deutschland oder zu Frankreich und Österreich nicht von der wichtigeren Kammer überstimmt werden. Eine oppositionelle Mehrheit in der Ersten Kammer kann die Gesetzgebung also komplett lahm legen. Das ist bisher nie geschehen, aber wie gesagt hat es ja sehr lange nicht mehr den Fall gegeben, dass eine Regierung in der 2. Kammer in der Mehrheit und 1. Kammer in der Minderheit war. Nach dem 2. Weltkrieg gab es nur 1966/67 und 1982 Regierungen ohne Mehrheit in der 1. Kammer. Das waren aber Übergangsregierungen für ein paar Monate, die auch in der 2. Kammer ohne Mehrheit waren. Da die Regierungsparteien also praktisch immer in beiden Kammern die Mehrheit hatten, kam es selten zu spektakulären Konflikten. In den letzten 100 Jahren gab es nur einen Fall. 1999 wollte die Regierung ein bindendes Referendum Einführen, ein Herzensanliegen von D66. Die nötige Zweidrittelmehrheit wurde in der Ersten Kammer um eine Stimme verfehlt, weil VVD-Senator Wiegel gegen die Parteilinie dagegen stimmte. Es gab dann eine Regierungskrise, aber letztlich war das ein Sturm im Wasserglas. Es ist schon öfter vorgekommen, dass die Erste Kammer Gesetzentwürfe ablehnte, u.a. drei Mal in der jetzigen Legislaturperiode, aber das waren keine, die großes öffentliches Interesse erregten. Liste:
http://www.eerstekamer.nl/verworpen_in_de_eerste_kamer

(Beitrag nachträglich am 21., Februar. 2010 von frings editiert)
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tg
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Veröffentlicht am Sonntag, 21. Februar 2010 - 18:56 Uhr:   

Herzlichen Dank für diese ausführlichen Informationen!
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Thomas Frings
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Veröffentlicht am Dienstag, 23. Februar 2010 - 18:37 Uhr:   

Die Wahl ist am 9. Juni. Am 3. März ist Kommunalwahl in fast allen Gemeinden.
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tg
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Veröffentlicht am Donnerstag, 04. März 2010 - 10:15 Uhr:   

Interessant fand ich gestern bei der Berichterstattung im niederländischen Radio, daß immer wieder auf die Platzierungen der Parteien eingegangen wurde. Die in Deutschland so wichtigen Gewinne und Verluste in Prozentpunkten wurden hingegen ziemlich selten erwähnt.

Allerdings wurde auch darauf hingewiesen, daß die stärkste Partei zwar meistens den Bürgermeister bzw. Regierungschef stellt, aber nicht immer.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 04. März 2010 - 21:57 Uhr:   

"Interessant fand ich gestern bei der Berichterstattung im niederländischen Radio, daß immer wieder auf die Platzierungen der Parteien eingegangen wurde"
Endlose Zahlenkolonnen im Radio sind ja auch nicht sehr sinnvoll. Nervig finde ich eher, dass die deutschen Medien sich ausschließlich mit Wilders beschäftigen. Das Abschneiden der PVV war gemessen an der Europawahl (17% landesweit) nicht sensationell. In Den Haag holte sie 16,9% gegenüber 19,9% letzten Juni, in Almere 21,6% gegenüber 27% bei der Europawahl. Fortuyn holte 2002 in Rotterdam 34,7%. Dennoch hat Wilders taktisch geschickt gehandelt. Hätte er flächendeckend kandidiert, hätte er sich das Risiko eingehandelt, dass viele lokale Fraktionen zu Chaostruppen werden. Kommunalpolitik ist Wilders ohnehin egal. Das Antreten in Almere und den Den Haag diente wohl vor allem dazu, Wahlerfolge präsentieren zu können. Da die PVV in beiden Gemeinden bisher überdurchschnittliche Ergebnisse hatte, musste Wilders kaum einen Misserfolg fürchten.

Bei den anderen Parteien fällt auf, dass der CDA auf niedrigem Niveau noch einmal nicht unerheblich verloren hat. 3,3% in Amsterdam, 5,9% in Den Haag, 6,8% in Rotterdam, ebenfalls einstellige Werte in vielen weiteren Großstädten und in keiner einzigen Gemeinde über 100000 Einwohner mehr als 20% – das ist schon peinlich. Ca. 15% landesweit sind zwar wegen der vielen lokalen Gruppierungen, der fast flächendeckenden Abwesenheit von Wilders und der geringen Wahlbeteiligung zwar nicht so ohne weiteres auf die Wahl im Juni übertragen, aber ein Ergebnis nahe 20% wäre schon ein Erfolg.

Der Zuwachs für D66 und GroenLinks war zu erwarten, bei beiden Parteien sprengen die Ergebnisse aber nicht den Rahmen von dem, was sie früher schon mal erreicht haben. Das Platzen der Koalition war sicher schädlich für D66. Bei der PvdA wie erwartet deutliche Verluste, aber kein Totaleinbruch. Das chlechte Abschneiden der SP kam auch nicht überraschend, die wird nach dem extrem guten Ergebnis 2006 wieder auf Normalmaß gestutzt. Die VVD ist landesweit jetzt etwa gleich stark wie die PvdA und hat durchaus auch noch Chancen, stärkste Fraktion zu werden.
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tg
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Veröffentlicht am Freitag, 05. März 2010 - 09:50 Uhr:   

Auch in den niederländischen Medien hatte Wilders einige Aufmerksamkeit, aber auch einige andere Ergebnisse wurden intensiv behandelt.

Etwas überrascht war ich, daß auch "Leefbaar"-Gruppen noch angetreten sind, die Bürgerinitiativen, wo Fortuyn begonnen hatte. "Leefbaar Almere" etwa hat 7,7 % erreicht. Auch die PVV hatte also Konkurrenz von lokalen Parteien. Spannend wird jetzt in Almere, ob die PVV eine Koalition mit VVD, Leefbaar und Trots zusammenkriegt und sich dann in der Regierung bewährt.

Bei den landesweiten Wahlen kann es durchaus passieren, daß 5 Parteien zwischen 15 und 20 % landen - CDA, PVV, D66, VVD und PvDA. Die Koalitionsbildung dürfte extrem schwierig werden.


Hier eine Karte mit den Ergebnissen der Kommunalwahl:
http://www.nrc.nl/binnenland/article2308140.ece

Kennt jemand eine Quelle, wo man die Ergebnisse als Tabellen bekommt?
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 05. März 2010 - 11:24 Uhr:   

Ich habe eine solche Seite gefunden. Hier sind alle Ergebnisse:
http://www.verkiezingensite.nl/
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 06. März 2010 - 10:37 Uhr:   

"Bei den landesweiten Wahlen kann es durchaus passieren, daß 5 Parteien zwischen 15 und 20 % landen - CDA, PVV, D66, VVD und PvDA."
Ich vermute, daß D66 von diesen Parteien am schwächsten abschneiden wird. D66 war in den meisten Gemeinden auch schwächer als bei der Kommunalwahl 1994, kurz vor ihrem bisher größte Erfolg. Ein paar Beispiele:

jeweils D66-Ergebnis 1994/2010
Amsterdam 15,9 14,8
Rotterdam 13,6 9,3
Den Haag 15,0 11,8
Utrecht 19,1 17,8
Eindhoven 13,9 12,2
Groningen 17,9 9,2
Nimwegen 16,6 15,1
Haarlem 17,0 18,2
Apeldoorn 17,3 9,6
Enschede 12,9 13,9
Den Bosch 10,8 7,7
Maastricht 14,9 9,9

D66 hat praktisch keine Stammwähler und profitierte davon, dass die PvdA in der Regierung saß - was sich jetzt geändert hat. Kann gut sein, daß GroenLinks noch vor D66 landet.
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 12. März 2010 - 16:14 Uhr:   

Der bisherige Spitzenkandidat der PvdA, Wouter Bos, zieht sich aus der Politik zurück, angeblich aus familiären Gründen:
http://www.telegraaf.nl/binnenland/6268421/__Wouter_Bos_stapt_op__.html?p=1,1
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 12. März 2010 - 18:05 Uhr:   

Überraschend ist das wirklich. Erst gestern hatte ja Camiel Eurlings seinen Rückzug erklärt, also quasi der CDA-Kronprinz. Cohen ist kein Unbekannter. Er war schon 2003 quasi Spitzenkandidat. Wouter Bos hatte damals schon frühzeitig erklärt, nicht Premier werden zu wollen. Da ahnte er noch nicht, dass die PvdA realistische Chancen haben würde, nur wenige Monate nach dem Debakel von Mai 2002 wieder stärkste Partei zu werden. Als die PvdA dann in den letzten Wochen vor der Wahl gewaltig aufholte, konnte Bos nicht mehr zurück und sagen, er wolle doch Premier werden. Also machte er Cohen zum Kandidaten für den Posten. Letztlich kam dann aber eine CDA-VVD-D66-Koalition raus und damit war die Sache erledigt. Cohen hat natürlich als Bürgermeister von Amsterdam eine recht große Bekanntheit, ein Charismatiker ist er aber bestimmt nicht.
Was in Holland auffällt, ist die kurze Verweildauer der Spitzenpolitiker. Keiner der Spitzenpolitiker ist schon wirklich lange in der Politik. Balkenende, Bos und Wilders z.B. kamen erst 1998 in die Zweite Kammer, Wilders verlor sogar 2002 wegen schlechten Listenplatzes sein Mandat für kurze Zeit. Ich habe eine Mitgliederliste der Zweiten Kammer von Februar 2001, da stehen Balkenende und Wilders mit privater Telefonnummer drin, was wohl alles darüber sagt, wie unbeachtet sie damals noch waren.
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zigzag
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 12. März 2010 - 21:56 Uhr:   

Auch die Spitzenkandidatin der SP trat nach dem schlechten Abschneiden bei den Kommunalwahlen zurück.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 13. März 2010 - 09:50 Uhr:   

Wobei die Ersetzung von Agnes Kant durch jemand völlig unbekannten wohl am Wahlergebnis allenfalls minimal was ändern dürfte. Cohen dagegen dürfte ein besseres Ergebnis einfahren als Bos es täte, was natürlich besonders für Balkenende schlecht ist.
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 13. März 2010 - 10:57 Uhr:   

Allerdings waren die Karrieren von Wilders und Balkenende ja schon sehr unterschiedlich: Der eine hat seine Partei verlassen und ist gerade sehr erfolgreich mit einer Neugründung, der andere ist innerhalb seiner Partei recht schnell die Karriereleiter hochgepurzelt. Es ist in der Tat erstaunlich, daß jemand 4 Jahre nach seiner ersten Wahl ins Parlament bereits Ministerpräsident wird. Wobei sich Balkenende ja nun schon fast 8 Jahre an der Macht hält, in 4 Koalitionen mit insgesamt 5 verschiedenen Koalitionspartnern (VVD, LPF, D66, PvdA, CU).

Sind die Minister der PvdA eigentlich noch im Amt oder haben wir im Moment schon Balkenende V (CDA-CU-Minderheitsregierung)?
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Wähler
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 13. März 2010 - 16:13 Uhr:   

"Es ist in der Tat erstaunlich, daß jemand 4 Jahre nach seiner ersten Wahl ins Parlament bereits Ministerpräsident wird."

So ungewöhnlich ist das nicht: Horst Seehofer ist nichtmal ins bayerische Parlament gewählt worden und trotzdem Ministerpräsident. Kurt Georg Kiesinger ist sogar Bundeskanzler geworden, ohne damals dem Bundestag angehört zu haben.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 13. März 2010 - 16:46 Uhr:   

"So ungewöhnlich ist das nicht: Horst Seehofer ist nichtmal ins bayerische Parlament gewählt worden und trotzdem Ministerpräsident. Kurt Georg Kiesinger ist sogar Bundeskanzler geworden, ohne damals dem Bundestag angehört zu haben."
Da ist überhaupt keine Parallele. Kiesinger war neun Jahre im Bundestag und acht Jahre MP, war 1957 als Minister im Gespräch, und ist nicht plötzlich aus dem Nichts gekommen. Seehofer war zwar bis dahin nicht landespolitisch aktiv, aber er war 28 Jahre im Bundestag, mehrere Jahre Minister und seit langem ein bekanntes Gesicht.


"Es ist in der Tat erstaunlich, daß jemand 4 Jahre nach seiner ersten Wahl ins Parlament bereits Ministerpräsident wird."
Ja das war purer Zufall. Als er im Sommer 2001 Jaap de Hoop Scheffer ablöste, dachte absolut niemand daran, er könne Premier werden, damals sah alles nach einem Rennen zwischen Melkert (PvdA) und Dijkstal (VVD) aus - beide inzwischen völlig vergessen. Fortuyn hatte da noch keiner auf der Rechnung. Wie die Wahl ausgegangen wären, wenn Fortuyn nicht ermodet worden wäre, da kann man nur spekulieren. Balkenende ist in der Tat hochgefallen.
Auch dieses Jahr wird das Ergebnis garantiert ganz anders sein als die jetzigen Umfragen. Am wenigsten Überraschungspotential dürfte Wilders haben. Der hat zwar einen zumindest zur Zeit festeren Anhängerstamm als die anderen großen Parteien, aber es gibt da nicht mehr viel Potenzial nach oben, deutlich absacken wird er aber wahrscheinlich auch nicht. Ganz schwer einzuschätzen sind VVD und D66. Wer weiß, was noch kommt. Könnte durchaus passieren, dass Balkenende doch noch abgesesägt und Leers oder Verhagen CDA-Spitzenkandidat wird. Ersterer könnte durchaus was bewegen.
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Thomas Frings
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Veröffentlicht am Montag, 05. April 2010 - 14:57 Uhr:   

Die jeweils letzten Umfragen
Synovate/Nipo/De Hond

CDA 27 24 24
PvdA 33 35 34
SP 9 9 9
VVD 21 25 25
PVV 22 18 22
GL 10 10 10
CU 8 8 7
D66 15 16 14
SGP 2 2 2
PvdD 2 2 2
TON 1 1 1

Die PvdA hat also gewaltig zugelegt, die VVD etwas, PVV und D66 sind erheblich abgesackt, CDA, SP und Groenlinks etwas. 35 Sitze für die PvdA wäre aber immer noch das drittschlechteste Ergebnis seit 1946, Erfolg ist also sehr relativ. Dass der Zuwachs der PvdA auf Kosten der anderen Parteien des linken Spektrums geht, kann nicht überraschen. Dass Wilders eher absacken als zulegen würde, war auch zu erwarten, weil die PVV ja schon recht hoch in den Umfragen stand. Aber die 18 Sitze bei NIPO überraschen dann doch. Grund ist wohl, dass viele meinen, die PVV wolle gar nicht regieren und eine Stimme für sie sei daher verloren. Das ist durchaus nachvollziehbar und die Vermutung sehr berechtigt, dass Wilders eigentlich gar nicht regieren will. Wilders ist in einer schwierigen Lage: regiert er mit, dürfte seine Wählerschaft schnell implodieren, wenn die PVV praktische Politik machen muss. Bei Daueropposition gehen aber auch viele Wähler weg. Das gleiche Problem hat die SP. Dennoch ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass die PVV jetzt total einbricht. Wilders bemüht sich inzwischen, sich gemäßigter zu geben. Erst recht schwierig ist die Lage natürlich für Balkenende. Wenn seine Partei nur auf Platz 3 oder 4 landet, bleibt er natürlich auf keinen Fall Premier. 24 Sitze wären katastrophal, 1989 waren es noch 54, 1963 holten die CDA-Vorläufer zusammen 76.
In den nächsten zwei Monaten wird sich aber sicher noch einiges tun.

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