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Archiv bis 30. April 2010

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Interessierter
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 27. April 2010 - 12:49 Uhr:   

@Thomas Frings
"Die Fraktionen im Europaparlament haben eine beträchtliche ideologische Spannbreite, die taugen nicht unbedingt zur Einordnung."

Das ist eigentlich wieder ein Punkt für sich. Aber: Die Grünen gibts im EU-Parlament gar nicht! Es gibt nur eine Fraktion der Grünen und der Regionalisten (was auch immer das bedeutet, vlt. wollen die ja die unteren Instanzen des Föderalismus stärken?). Es wäre vorstellbar, das die LibDems deshalb nicht mit dieser Fraktion zusammengehen.
Ausserdem muss man sagen, dass der Liberalismus eine inzwischen sehr alte politische Strömung ist und sich daher bereits verschiedene Bedeutungsfacetten herauskristallisiert haben (siehe unten). Vielleicht sind die LibDems daher ein anderer Ableger des Liberalismus? Jedenfalls aber ein Linker!

@wählerchen
"...vielleicht ist es eher die deutsche FDP der die wirkliche Liberalität fehlt..."

Nun, wenn man den Begriff "Liberal" so verwendet, wie er teilweise in den USA benutzt wird, dann ist die FDP mit Sicherheit nur etwas liberal.

Wenn man aber liberal als eine non-interventionistische Staatspolitik definiert, dann ist sie schon liberal, wenngleich der Liberalismus als Strömung weitaus umfassender ist. Beispielsweise gibt es durchaus eine liberale Sozialpolitik mit theoretischem Background und allem. Es ist eher eine zufällige deutsche Entwicklung, dass hier Liberalität stets falsch mit Wirtschaftsliberalismus in Verbindung gebracht wird. Allerdings sind Forderungen nach Enteignung oder Sozialismus ebenso unliberal!
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 27. April 2010 - 14:01 Uhr:   

Die LibDems sind definitiv keine Grünen. Das sieht man schon daran, daß sie Mitglied in der LI sind und daß die Grünen in GB eine eigenständige Partei sind.

Und sie sind auch nicht links von Labour, sondern sie sind ja entstanden aus einer Fusion der klassischen Liberalen mit den Sozialdemokraten, also einer Rechts-Abspaltung von Labour. Man stelle sich vor, Helmut Schmidt und seine Leute hätten sich 1982 von der SPD abgespalten und wären mit der damaligen FDP zusammengegangen (und seitdem in Opposition).

Britische Parteien sind ja ohnehin individualisierter als deutsche, das Meinungsspektrum ist breiter und Programmatik spielt ohnehin keine so große Rolle wie bei uns. Und das gilt besonders für die LibDems, besonders die Unterschiede zwischen den einzelnen Unterverbänden (bzw. Wahlkreisen) sind enorm.

Da gibt es die althergebrachten Liberalen (die "tweedy liberals") aus den Hochburgen in Schottland und Cornwall, die selbst in den schlechtesten Zeiten liberal geblieben sind.
Da gibt es die sehr wirtschaftsliberal Ausgerichteten in London und Umgebung (alleine schon wegen der Bedeutung des Finanzsektors dort).
Da gibt es in Mittelengland viele Ex-Labour-Leute, etwa vergleichbar mit Clement.
Und es gibt sehr linksliberale Gruppen, z. B. in Cambridge - da kann man Parallelen zu den Grünen sehen.

Alle diese Gruppen verbindet die Ablehnung des althergebrachten Parteiensystems. Die wollen eine Wahlreform und Korruptionsbekämpfung (da hat es ja erhebliche Skandale im Parlament gegeben). Aber wenn dann wirklich regiert werden sollte, kann das zu erheblichen internen Differenzen führen, da würden m. E. dann auch einige Mitglieder austreten, die sich das alles ganz anders vorgestellt haben.
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Interessierter
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 27. April 2010 - 18:20 Uhr:   

@Ralf Arnemann
"Die LibDems sind definitiv keine Grünen. Das sieht man schon daran, daß sie Mitglied in der LI sind und daß die Grünen in GB eine eigenständige Partei sind."

Stimmt: Bei genauerer Überlegung muss man ja sagen, dass das bei der europäischen Grünen so gar nicht ginge. In Frankreich z.B. sind die Grünen schon mehr eine "Ein-Themen-Partei", habe ich mal gehört.
Es ging nur darum, dass ich sie mit diesen Vergleichen wollte. Aber eine Gleichsetzung ginge zu weit.

"Und sie sind auch nicht links von Labour, sondern sie sind ja entstanden aus einer Fusion der klassischen Liberalen mit den Sozialdemokraten, also einer Rechts-Abspaltung von Labour. Man stelle sich vor, Helmut Schmidt und seine Leute hätten sich 1982 von der SPD abgespalten und wären mit der damaligen FDP zusammengegangen (und seitdem in Opposition)."

Interessant. Klingt nach dem klassischen Liberalismus, der beim politischen Spektrum natürlich mehr in der Mitte ist. IMO würde aber "Linksalternativ" schon passen.

"Und es gibt sehr linksliberale Gruppen, z. B. in Cambridge - da kann man Parallelen zu den Grünen sehen."

Deren Eindruck muss mich getäuscht haben.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 27. April 2010 - 18:56 Uhr:   

@Ralf
Liberal ist am Manifest nicht viel, dafür sehr viel links-grün:
http://network.libdems.org.uk/manifesto2010/libdem_manifesto_2010.pdf

U.a. wollen die LibDems die Steuern erhöhen. Mit dem von ihnen geforderten Verzicht auf nukleare Abschreckung stehen sie sogar ganz am linken Rand in GB, links von Labour (in Deutscland ist ja leider so ziemlich jeder pazifistische Unsinn mehrheitsfähig).

Dennoch sind die LibDems natürlich weniger links als die Grünen.
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Norddeutscher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 27. April 2010 - 19:44 Uhr:   

@Wahlticker:
"Jedenfalls würde ich wenn ich in England leben würde glaube ich die LibDems wählen, und ich hab bei der letzten BTW Grün gewählt."

Sehen Sie, ich würde nie die Grünen wählen und habe meistens die FDP gewählt (ausnahmsweise auf kommunaler Ebene in meinen Flensburger Jahren auch einmal SSW). In GB würde ich indes LibDems (in England, Schottland oder Wales) bzw. Alliance (in Nordirland) wählen.
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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Dienstag, 27. April 2010 - 21:10 Uhr:   

@Ralf
Das mit den möglichen Austritten wird sicher auch ein Punkt bei den MPs selber sein. LD braucht nicht nur ein hung parliament, sondern die Koalition muß auch eine größere Zahl von Rebellen in der eigenen Fraktion und der des Koalitionspartners verkraften können.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 28. April 2010 - 15:28 Uhr:   

@Thomas:
> U.a. wollen die LibDems die Steuern erhöhen.
In erster Linie wollen sie Steuersenkungen, finanziert durch die Streichung von Ausnahmeregelungen. Das ist größtenteils identisch mit FDP-Forderungen ...

Aber Du hast recht, sie wollen außerdem einige Steuern erhöhen, aber auch eine Reihe staatlicher Ausgaben kürzen (z. B. Labours HomeBuy-Programm).

> Mit dem von ihnen geforderten Verzicht auf
> nukleare Abschreckung stehen sie sogar ganz
> am linken Rand in GB, links von Labour ...
Aber sie stehen damit in der Tradition der Manchester-Liberalen, die waren anti-militaristisch und anti-imperialistisch. Und der Abbau von Atomwaffen war auch eine der zentralen Wahlkampfforderungen von Westerwelle ...

Das Manifesto hat schon eine Reihe von Forderungen oder Formulierungen, die wir hier von den Grünen gewohnt sind. Aber auch hier finden sich die Parallelen: Es war ja in Deutschland die FDP, die den Umweltschutz in der Politik eingeführt hat und der ist bis heute ein zentraler Programmbereich (wird natürlich öffentlich wenig wahrgenommen, weil die Grünen das Image gepachtet haben).

Und man findet bei den LibDems auch ganz deutlich liberale Forderungen, z. B.:
- Cutting back burdensome regulation of local authorities
- Scrapping ID cards and the next generation of biometric passports.
- Giving people control over their pension by scrapping the rule that compels you to buy an annuity when you reach age 75.
- Reduce the burden of unnecessary red tape by properly assessing the cost and effectiveness of regulations before and after they are introduced, using ‘sunset clauses’ to ensure the need for a regulation is regularly reviewed, and working towards the principle of ‘one in, one out’ for new rules.

Auch der Bildungsbereich kommt mir recht liberal vor, auch wenn ich nicht alle Forderungen verstehe.

In anderen Bereichen sieht man dagegen klar das sozialdemokratische Erbe der LibDems, mit dem Versprechen von Rentenerhöhungen, Mindestlohn und mehr Geld für den öffentlichen Dienst.

Wie schon gesagt, ist halt eine sehr gemischte Partei.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 28. April 2010 - 19:44 Uhr:   

"In erster Linie wollen sie Steuersenkungen, finanziert durch die Streichung von Ausnahmeregelungen. Das ist größtenteils identisch mit FDP-Forderungen ..."
Die FDP will die Bürger netto entlasten. Die LibDems wollen das nicht, nur Steuern umverteilen.
Auf einzelne Punkte will ich hier nicht eingehen, wenig liberale Vorstellungen findet man aber reichlich im Manifest. Und dass das geforderte "road pricing" weniger Überwachung bringt als Personalausweise, das ist nun - gelinde gesagt - extremst fragwürdig. Manche Forderungen widersprechen sich auch. Der oft angesprochene Bürokratieabbau ist ein Allgemeinplatz, dem keine Partei widersprechen wird, ob liberal oder nicht.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. April 2010 - 11:14 Uhr:   

@Thomas:
> ... wenig liberale Vorstellungen findet man
> aber reichlich im Manifest.
Da gebe ich Dir völlig recht. Aber es finden sich genauso auch liberale Ideen.
Es ist eben eine Mischung aus Liberalen und Sozialdemokraten, mit diversen Einsprengseln noch anderer Ideen - und in der Tat nicht widerspruchsfrei.

Geeint wird die Partei im wesentlichen durch die Abneigung gegen das bestehende politische System der "Labservatives" - und das findet eben immer mehr Anklang. Ich bezweifele, daß die hohen Umfragewerte damit zu tun haben, daß die Wähler so begeistert vom LibDem-Programm wären. Die haben einfach nur die Schnauze voll vom laufenden Betrieb.

Am Ende ist halt die Frage, welche Punkte aus ihrem Programm die LibDems mit Priorität angehen würden, wenn sie die Chance bekämen.
Und da steht ganz klar die Wahlrechtsreform ganz vorne, und danach kommt wohl die Finanzkonsolidierung. Alles andere kommt erst mit deutlichem Abstand und damit vielleicht gar nicht.

Interessanter Artikel dazu:
http://www.businessspectator.com.au/bs.nsf/Article/Nick-Clegg-UK-elections-David-Cameron-Gordon-Brown-pd20100428-4X4QX?OpenDocument
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Florian das Original
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. April 2010 - 14:46 Uhr:   

LibDem hatte natürlich stets den "Luxus" jahrzehntelanger Opposition.
(Noch dazu stets die kleinere Oppositionspartei).

Da ist es nicht allzu verwunderlich, dass das eigene Programm etwas mehr verspricht als es halten kann - und eben auch möglichst Vielen möglichst viel verspricht.

In gewisser Art sind sie natürlich auch das Sammelbecken aller möglichen Protestbewegungen.

In Deutschland würden miteinander nicht sehr kompatible Protestgruppen im Zweifel einfach verschiedene Parteien gründen. In GB besteht hingegen eine gewisse Logik, sich in einer Partei zu verbünden - weil man sonst nicht einmal Außenseiterchancen bei den Wahlen hat.

Dies erklärt sicher das etwas unscharfe Bild der LibDems.

Mich erinnert das ein bißchen an die "Freien Wähler" in Bayern. Auch die haben bei der letzten Landtagswahl schlicht damit gepunktet, dass sie nicht zum etablierten Parteien-Establishment gehörten und versprachen, alles irgendwie anders zu machen. Dass unterschiedliche Leute völlig unterschiedliche (und z.T. nicht kompatible) Wünsche auf die Partei projezierten fiel da irgendwie gar nicht so auf.

Sollten die Freien Wähler (oder die LibDems) aber tatsächlich jemals in Regierungsverantwortung kommen, würde dieses Problem sehr schnell offensichtlich werden.

Ich halte auch aus diesem Grund die taktischen Probleme, vor die die LibDems im Falle eines Hung Parliaments stehen werden für sehr spannend.
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Interessierter
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. April 2010 - 18:19 Uhr:   

@Ralf Arnemann
"Es ist eben eine Mischung aus Liberalen und Sozialdemokraten, mit diversen Einsprengseln noch anderer Ideen - und in der Tat nicht widerspruchsfrei."

Das wiederrum klingt sehr nach dem, was ich "linksalternativ" nennen würde, wenn die Linken Ideen denn den Vorrang haben.

"Geeint wird die Partei im wesentlichen durch die Abneigung gegen das bestehende politische System der "Labservatives" - und das findet eben immer mehr Anklang. Ich bezweifele, daß die hohen Umfragewerte damit zu tun haben, daß die Wähler so begeistert vom LibDem-Programm wären. Die haben einfach nur die Schnauze voll vom laufenden Betrieb."

Es gibt aber gewisse Interessengruppen, die sich sehr wohl mit den Program werden identifizieren können. Und man muss davon ausgehen, dass genau diese Gruppen dann auch im Parlament sitzen werden und nicht irgendwelche defus unzufriedenen Bürger.

"Und da steht ganz klar die Wahlrechtsreform ganz vorne, und danach kommt wohl die Finanzkonsolidierung. Alles andere kommt erst mit deutlichem Abstand und damit vielleicht gar nicht."

Wenn eine Partei direkt von der Opposition in die Regierung kommt und das erste Projekt eine Wahlrechtsreform ist, ist das nicht etwas seltsam?
Naja, im Verhältniswahlrecht (falls das angestrebt wird), werden die LibDems sich dann wahrscheinlich dauerhaft etablieren können. Und dann werden die Anhänger ihr das Verzeihen.

@Florian das Original
"Sollten die Freien Wähler (oder die LibDems) aber tatsächlich jemals in Regierungsverantwortung kommen, würde dieses Problem sehr schnell offensichtlich werden."

Dann wird das Program durch praktisches Handeln konkretisiert.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. April 2010 - 18:39 Uhr:   

@ Ralf
"Geeint wird die Partei im wesentlichen durch die Abneigung gegen das bestehende politische System der "Labservatives" - und das findet eben immer mehr Anklang. Ich bezweifele, daß die hohen Umfragewerte damit zu tun haben, daß die Wähler so begeistert vom LibDem-Programm wären. Die haben einfach nur die Schnauze voll vom laufenden Betrieb."
Das ist natürlich richtig und natürlich gibt es auch Liberales im Manifest. Inhaltlich gibt es aber doch relativ klar mehr Übereinstimmung mit Labour als mit den Tories.


@ Florian
"In GB besteht hingegen eine gewisse Logik, sich in einer Partei zu verbünden - weil man sonst nicht einmal Außenseiterchancen bei den Wahlen hat."
Das stimmt natürlich, mit den Liberalen war halt schon eine Partei vorhanden, die zum Auffangbecken werden konnte. Bei Verhältniswahl, wie Europawahl und schottische und walisische Regionalwahl hat sie dagegen viel stärker Konkurrenz von anderen Protestparteien. Von daher ist auch fraglich, ob die LibDems bei Verhältniswahl wirklich so viel mehr Sitze bekämen. Den rechteren und den eher proletarischen Teil der Protestwähler decken die LibDems allerdings schon jetzt nicht ab.
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Wahlwatcher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. April 2010 - 21:33 Uhr:   

Muss ein Premierminister eigentlich unbedingt auf die ominösen 326 Stimmen im Parlament kommen?

Hintergrund der Frage: Die Sinn-Fein-MPs nehmen ja traditionell ihr Mandat nicht an. Daher verkleinert sich ja eigentlich das Unterhaus und damit auch die absolute Mehrheit. Oder gibt es auch da eine Art "Kanzlermehrheit", die in jedem Fall erreicht werden muss?
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. April 2010 - 22:08 Uhr:   

"Muss ein Premierminister eigentlich unbedingt auf die ominösen 326 Stimmen im Parlament kommen?"
Nein. Hatte das auch schon mehrfach angesprochen. Wenn es bei der jetzigen Sitzverteilung in Nordirland bleibt (10 Protestanten, 5 SF, 3 SDLP), reichen den Tories 313 Sitze, sofern die SF-MPs weiterhin den Treueeid verweigern. Die Unionisten würden sicher gerne Cameron helfen, da fiele sicher was für ihre Wahlkreise ab und ideologisch passt es. Regierungen ohne eigene Mehrheit gab es in der Vergangenheit auch schon ein paar. Eine Minderheitsregierung darf aber natürlich keine Mehrheit gegen sich haben, die sie loswerden will.


"Oder gibt es auch da eine Art "Kanzlermehrheit", die in jedem Fall erreicht werden muss?"
Auch ein Bundeskanzler braucht nicht unbedingt eine absolute Mehrheit zu seiner Wahl. Eine Minderheitsregierung wäre in Deutschland aber beim gegenwärtigen Parteiensystem kaum machbar.
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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. April 2010 - 22:59 Uhr:   

@Thomas
"Von daher ist auch fraglich, ob die LibDems bei Verhältniswahl wirklich so viel mehr Sitze bekämen."

Darauf kommt es auch nicht so sehr an. Wichtig ist auch, daß absolute Mehrheiten der anderen weniger wahrscheinlich werden, damit mit den eigenen Sitzen auch Macht also Entscheidungsmöglichkeit verbunden ist.

Daraus folgt auch, daß es diesmal für Anhänger anderer Kleinparteien sinnvoll sein kann LibDem zu unterstützen (gilt nicht für Regionalparteien).

Und für LibDem ist nicht unbedingt das Verhältniswahlsystem die erste Wahl, sondern ein System, das die Rolle als starke dritte Kraft (ohne störende vierte und fünfte Kräfte) festigt. Und da sind auch absolute Mehrheitswahl, Ersatzstimmen, IRV denkbar.
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Interessierter
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 30. April 2010 - 15:55 Uhr:   

@Martin Fehndrich
"Und für LibDem ist nicht unbedingt das Verhältniswahlsystem die erste Wahl, sondern ein System, das die Rolle als starke dritte Kraft (ohne störende vierte und fünfte Kräfte) festigt. Und da sind auch absolute Mehrheitswahl, Ersatzstimmen, IRV denkbar."

War das nicht sogar bereits im Gespräch? Ich habe diesen Aspekt des Wahlkampfes zugegebenermaßen kaum verfolgt.

Hier noch ein Link über die Strategie der LibDems:
http://derstandard.at/1271375539520/Britische-Liberaldemokraten-Wir-sind-die-besseren-Gruenen

Es fällt aber auf, dass die LibDems als Newcomer von den Medien mehr hofiert werden als die Etablierten, aber ob das der Wähler dann so sehen wird, ist eine andere Frage. Es wird auch Wähler geben, die selbstverständlich in den Kategorien eines quasi zwei Parteiensystems denken.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 30. April 2010 - 17:18 Uhr:   

@Interessierter:
> Das wiederrum klingt sehr nach dem, was ich
> "linksalternativ" nennen würde, ...
Nein, was bei den LibDems sozialdemokratisch ist, das ist ganz klassische Sozialdemokratie (so eher im Sinne der deutschen Kanalarbeiter), das ist vielleicht ein bißchen links, aber bestimmt nicht "alternativ" im Sinne deutscher Politik.

> Wenn eine Partei direkt von der Opposition
> in die Regierung kommt und das erste Projekt
> eine Wahlrechtsreform ist, ist das nicht
> etwas seltsam?
Nicht derzeit in GB - die Problematik des Wahlrechts wird dort sehr kritisch diskutiert (insbesondere natürlich von potentiellen LibDem-Wählern).
Die Kritik der LibDems am politischen System (sehr beflügelt von den massiven Korruptionsaffären von Labour und Tories im letzten Jahr) ist auch immer eng verknüpft mit der Kritik am veralteten Wahlrecht. Und es ist ja zu erwarten, daß es ein sehr merkwürdiges Wahlergebnis geben wird, mit ganz heftigen Unterschieden zwischen Stimmen- und Mandate-Zahlen bei den drei großen Parteien. Da eine Änderung durchzusetzen wird sehr plausibel sein.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 30. April 2010 - 17:25 Uhr:   

@Thomas:
> Inhaltlich gibt es aber doch relativ klar mehr
> Übereinstimmung mit Labour als mit den Tories.
Ja, schließlich haben die LibDems eine Labour-Abspaltung als Vorgängerpartei, während Tories und Libs immer Gegensätze waren.

Aber in einigen zentralen Punkten (Finanzen!) sind die Differenzen mit Labour auch recht groß.
Und dann gibt es noch eine psychologische Komponente: Es gibt natürlich aus der Entstehungsgeschichte der LibDems noch eine Reihe persönlicher Animositäten zwischen bestimmten Politikern von Labour und LibDem.
Das kennen wir ja aus Deutschland: Die FDP hat Leuten wie Verheugen oder Matthäus-Maier den Wechsel zur SPD nie verziehen, die SPD hat immer noch ein Problem mit dem "Verräter" Lafontaine.
Ich weiß nicht, ob es in der neuen LibDem-Fraktion noch Abgeordnete geben wird, die früher mal bei Labour waren - aber in der Partei gibt es die noch reichlich.

> Den rechteren und den eher proletarischen
> Teil der Protestwähler decken die LibDems
> allerdings schon jetzt nicht ab.
Den rechteren in der Tat nicht.
Bei "proletarischen Protestwählern" mag das anders sein (ich bin mir nicht ganz sicher, wie man die definieren kann).
Ich kenne das aus Chesterfield: Das ist eine klassische Arbeiterstadt, so ein bißchen wie Ruhrgebiet, und deswegen früher absolut Labour-dominiert. Und inzwischen haben die LibDems die deutliche Mehrheit - die haben sehr wohl in den Arbeitervierteln eine gewisse "Proteststimmung" gegen Labour genutzt.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 30. April 2010 - 17:28 Uhr:   

@Martin:
> Und für LibDem ist nicht unbedingt das
> Verhältniswahlsystem die erste Wahl, sondern
> ein System, das die Rolle als starke dritte
> Kraft (ohne störende vierte und fünfte Kräfte)
> festigt.
Ich habe etwas Schwierigkeiten mir ein System vorzustellen, daß drei Parteien begünstigt, aber nicht mehr vier oder fünf.

Und de facto ist doch die Entscheidung schon ziemlich gefallen (vor allem wenn man die britische Neigung zu Präzedenzfällen berücksichtigt): Das Wahlrecht in Schottland und Wales ist ein Verhältniswahlrecht (ziemlich nach deutschem Muster). Das hat Labour dort (mit LibDem-Zustimmung) eingeführt.

Wenn es zu einer Änderung des Westminster-Wahlrechts kommt, dann wird das m. E. ziemlich genau nur diesem Vorbild folgen können.
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 30. April 2010 - 19:49 Uhr:   

Ich habe etwas Schwierigkeiten mir ein System vorzustellen, daß drei Parteien begünstigt, aber nicht mehr vier oder fünf.
Vorstellbar wäre ein Verhältniswahlrecht mit einer Hürde, die so hoch ist, daß Cons, Lab und LibDem sie schaffen, aber sonst keine Partei, vielleicht 10 %.

Oder kleine Mehrpersonenwahlkreise, in denen Verhältniswahlrecht gilt. Etwa 3, 4 oder 5 Parlamentarier pro Wahlkreis; wobei bei 5 evtl. Grüne und UKIP hier und dort schon eine Chance hätten.

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