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Archiv bis 22. März 2010

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Landtagswahlen in Deutschland » Landtagswahl in Schleswig-Holstein » Archiv bis 22. März 2010 « Zurück Weiter »

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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Januar 2010 - 19:21 Uhr:   

Jetzt ist noch die Frage, wie es mit den finanziellen Ansprüchen der beiden von der Neufeststellung Betroffenen ausschaut.

shz.de

Das mit dem "einmaligen Vorgang" stimmt allerdings nicht. Z.B. hat es ja erst vor Kurzem einen ähnlichen Fall in Bremen gegeben (mit dem Unterschied, dass es dort keine reine Neufeststellung war und dass es sich dort nicht um Berufspolitiker handelt). Wie ist das dort geregelt worden? Gibt es Fälle, wo Sitze nur aufgrund einer Neufeststellung des Wahlergebnis neu verteilt worden sind?

Jedenfalls erscheint eine mögliche rückwirkende Geltung in diesem Bezug ziemlich unsinnig, wenn man bedenkt, dass die Entscheidung in Schleswig-Holstein ziemlich schnell getroffen worden ist und dass das auch Jahre dauern könnte (so hat in München die Wiederholungswahl erst über 4 Jahre nach der für ungültig erklärten Stadtratswahl von 1990 stattgefunden (und das war noch vor der endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts)).
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Mark Obrembalski
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Januar 2010 - 20:33 Uhr:   

Aus § 45 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 LWahlG, auf den § 47 Abs 2 für den Fall der Neufeststellung verweist, ergibt sich m.E. klar, dass die Neufeststellung keine Rückwirkung auf die nach dem ursprünglichen Ergebnis gewählten Abgeordneten hat. Selbst nach der Neufeststellung ruht die Mitgliedschaft der nicht mehr gewählten Abgeordneten im Landtag zunächst nur - bis zur Unanfechtbarkeit. Bis zur Neufeststellung waren sie also ohne weiteres Mitglieder des Landtags mit allen sich daraus ergebenden finanziellen Ansprüchen (und bis zum Ende des Monats ihres Ausscheidens erhalten sie ihre Entschädigung und einige andere Leistungen weiter).

Dies ist schon ein Hinweis darauf, dass dann wohl umgekehrt die neuen Abgeordneten auch nicht rückwirkend die Mitgliedschaft im Landtag erwerben. § 42 LWahlG spricht freilich nur von der "Bekanntgabe des Wahlergebnisses" als Anknüpfungspunkt für den Erwerb der Mitgliedschaft, ohne zu sagen, welche von mehreren Bekanntgaben gemeint ist. Da aber nicht das ursprüngliche, sondern nur das berichtigte Ergebnis überhaupt die Feststellung enthält, dass der Betreffende gewählt ist, kann wohl nur die Bekanntgabe des berichtigten Ergebnisses gelten. Ginge man von der Bekanntgabe des ursprünglichen Ergebnisses aus, ergäbe sich auch die seltsame Konsequenz, dass die nunmehr Gewählten ihre Wahl nicht mehr ablehnen könnten, da die dafür vorgesehene Wochenfrist schon abgelaufen wäre. Die nunmehr Gewählten werden also erst nach Bekanntgabe des berichtigten Ergebnisses Mitglieder des Landtags und können daher für die vorangehende Zeit auch keine für Abgeordnete vorgesehenen Leistungen beanspruchen.

Auch für Ansprüche der Fraktionen muss gelten, dass sich mit Ausscheiden bzw. Neueintritt der jeweiligen Abgeordneten die Fraktionsgrößen und damit auch nach Fraktionsgröße bemessene Zahlungsansprüche ändern.

Wozu ich noch nichts gefunden habe, ist die Frage, was jemand bekommt, dessen Mitgliedschaft im Landtag ruht bzw. der als vorläufige Ersatzperson im Landtag sitzt.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Januar 2010 - 21:08 Uhr:   

"Gibt es Fälle, wo Sitze nur aufgrund einer Neufeststellung des Wahlergebnis neu verteilt worden sind?"
Ja, z.B. 1974 in Niedersachsen. Dort wanderte ein Sitz von der SPD zur CDU. Nachdem es bei Stichproben viele Unregelmäßigkeiten gab, sind damals alle Stimme neu ausgezählt worden. Auch damals schrumpfte die Regierungsmehrheit dadurch von drei auf eine Stimme. Das war dann ja auch nicht ganz unwichtig bei der Wahl von Albrecht zum Ministerpräsidenten anderthalb Jahre später.

Ein weiterer Fall war die nordrhein-westfälische Landtagswahl 1990. Nach dem ursprünglich festgestellten Ergebnis hatte die CDU im Wahlkreis 151 (Märkischer Kreis IV) 23 Stimmen mehr als die SPD. Der SPD-Bewerber verlor seinen Sitz. 1992 kehrte er jedoch aufgrund einer Entscheidung im Wahlprüfungsverfahren in den Landtag zurück. Nach dem neu festgestellten Ergebnis hatte er 159 Stimmen Vorsprung. Die ursprünglich gewählte CDU-Bewerberin schied aus. Gleichzeitig bekam die CDU ein zusätzliches Ausgleichsmandat, die Gesamtsitzzahl erhöhte sich von 237 auf 239.

Ein weiterer Fall, der mir einfällt, ist das SRP-Verbot 1952. Danach wurde das Wahlergebnis in Niedersachsen neu festgestellt ohne die SRP-Stimmen. Diese hatte bei der Landtagswahl 16 Sitze bekommen (vier sogar direkt). Dadurch verschob sich wegen des damaligen Wahlrechts auch das Verhältnis der übrigen Parteien. 149 Sitze wurden nach d’Hondt ohne Sperrklausel verteilt. 95 Abg. wurden direkt gewählt, Ausgleichsmandate gab es keine. Der Landtag durfte nicht mehr als 158 Abgeordnete haben. Wurde die Zahl durch Überhang überschritten, bekamen die nicht überhängenden Parteien entsprechend weniger Sitze zugeteilt. Nach dem ursprünglichen Ergebnis hatte die SPD 12 Überhangmandate, nach der Neufeststellung noch 6.
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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Januar 2010 - 21:40 Uhr:   

"Gibt es Fälle, wo Sitze nur aufgrund einer Neufeststellung des Wahlergebnis neu verteilt worden sind?"
Dann gibt es noch das Urteil vom 21. März 2003, Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin. Ein Ausgleichsmandat im Abgeordnetenhaus von Berlin wurde anders besetzt.

http://www.wahlrecht.de/news/2003/08.htm
http://www.wahlrecht.de/wahlpruefung/20030321.htm
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Matthias Cantow
Moderator
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Januar 2010 - 21:43 Uhr:   

Ein weiterer Fall war die nordrhein-westfälische Landtagswahl 1990.

Der Sachverhalt wird auch im Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Dezember 1991 – 2 BvR 562/91 – beschrieben.

Eine Änderung der Sitzverteilung gab es auch nach der Landtagswahl 1955 im Saarland: Nach der Wahl erhielt die DPS zwölf und die CVP dreizehn Mandate, obwohl die DPS weniger Stimmen hatte. Dies wurde im April 1956 im Rahmen der Wahlprüfung geändert (ein Mandat der CVP ging an die DPS).
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Januar 2010 - 21:50 Uhr:   

@Mark Obrembalski:

In finanzieller Hinsicht ist allerdings § 29 AbgG maßgeblich, der die Zahlungen nicht direkt von einer Mitgliedschaft abhängig macht. Beginn ist die Annahme der Wahl, womit der Fall Thoroe ziemlich eindeutig geklärt sein dürfte.

Ansonsten ist die Lage aber nicht so eindeutig. § 42 LWahlG bezieht sich auf gewählte Bewerber, was auf Musculus-Stahnke vermutlich nicht zutrifft und auch nie zugetroffen hat, auch wenn es zunächst fälschlicherweise so angenommen worden ist (wobei dem eine gewisse Bedeutung zukommen könnte). Fraglich ist auch, ob "Abgeordnete" im Abgeordnetengesetz unbedingt identisch mit Mitgliedern des Landtags sein müssen.

Ziemlich klar ist aber, dass bei ruhender Mitgliedschaft finanzielle Ansprüche weiter bestehen, sofern man von einer jemals bestandenen Mitgliedschaft ausgeht. § 29 Abs. 1 Satz 2 AbgG setzt das Ende eindeutig auf das Ende des Monats fest, in dem die Mitgliedschaft endet.

Man könnte allerdings auch der Ansicht sein, dass die Regeln zur Neuwahl in § 29 Abs. 3 AbgG analog anzuwenden seien.

§ 45 Abs. 2 LWahlG scheint übrigens auf den Fall, dass ein Sitz an eine andere Partei geht, überhaupt nicht vorbereitet zu sein. Dem Wortlaut nach dürfte der Sitz nicht an die Linke gehn, sondern an den nächsten Bewerber der FDP. Die Beschlussvorlage der Landeswahlleiterin umgeht das Problem unauffällig, indem sie sich lediglich auf § 3 Abs. 5 LWahlG bezieht und § 45 Abs. 2 Satz 1 LWahlG ignoriert.
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Januar 2010 - 03:01 Uhr:   

"der das – nicht angefallene – zweite Listenmandat der Bezirksliste Tempelhof-Schöneberg in Anspruch nehmende Beteiligte zu 9. ist abzuberufen" im Berliner Urteil ist geschickt ausgedrückt.
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Mark Obrembalski
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Januar 2010 - 10:06 Uhr:   

Dass Abgeordnete identisch mit Mitgliedern sind, ergibt sich m.E. schon aus dem Langtitel des Abgeordnetengesetzes: "Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Schleswig- Holsteinischen Landtages". Solange sich im Gesetz keine abweichende Definition findet, muss man davon ausgehen, dass der Gesetzgeber die beiden Begriffe synonym benutzt.

Ob Musculus-Stahnke "gewählt" war, hängt davon ab, ob man das rein nach den tatsächlichen Verhältnissen (wo sind die Kreuze auf den Stimmzetteln) oder aber nach Maßgabe des amtlich - wenn auch zunächst nur vorläufig - festgestellten Wahlergebnisses betrachtet, nach dem sie durchaus gewählt war. Ich denke, dass man nach dem amtlichen Wahlergebnis vorgehen muss, denn sonst könnte man sich selbst nach Wahlprüfungs- und ggf. Gerichtsverfahren nicht sicher sein, wer gewählt ist, damit dem Landtag angehört und mit abstimmen darf. Es ist ja immer möglich, dass ein bisher nicht entdeckter Fehler vorliegt, und die Kreuze auf den Stimmzetteln ändern sich auch durch Gerichtsentscheidungen nicht. Meiner Meinung nach war Musculus-Stahnke nach dem vorläufigen Wahlergebnis gewählt und war Mitglied des Landtags. Dafür spricht auch der Wortlaut von § 47 Abs. 2 LWahlG, der "Abgeordnete, die nach dem neu festgestellten Wahlergebnis nicht mehr gewählt sind" erwähnt. Wer "nicht mehr" gewählt ist, war es offenbar früher einmal, und "Abgeordnete" konnten die nicht mehr Gewählten offenbar auch werden.

Mit den finanziellen Ansprüchen bei ruhender Mitgliedschaft muss es wirklich so sein, dass sie weiterlaufen, denn eine ruhende Mitgliedschaft ist nicht beendet und andere Kriterien für den Wegfall von Ansprüchen gibt es im Gesetz nicht.

§ 45 regelt ja eigentlich nur den Fall, dass jemand nicht wählbar war. Deshalb ist der Abs. 2 auch nur auf diesen Fall ausgelegt. Bei der Neufeststellung des Wahlergebnisses gilt er nur entsprechend, so dass natürlich die nötigen Anpassungen an die andere Situation gemacht werden müssen. Die hätte man in § 47 Abs. 2 vielleicht besser noch ausdrücklich hingeschrieben - so etwas wie "mit der Maßgabe dass vorläufige Ersatzpersonen die nach dem neu festgestellten Wahlergebnis statt dessen Gewählten sind".
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Januar 2010 - 11:35 Uhr:   

"Nach dem neu festgestellten Wahlergebnis nicht mehr gewählt" impliziert nicht, dass sie vorher gewählt waren, sondern nur, das man zuvor davon ausgehn hat können (was man allerdings als entscheidend ansehen kann). Für das Gewähltsein ist aber das letztendlich festgestellte Ergebnis maßgeblich.

Bei der "entsprechenden" Anwendung von § 45 Abs. 2 und insbesondere § 50 Abs. 1 LWahlG ("so wird der Sitz aus der Landesliste derjenigen Partei besetzt, für die die ausgeschiedene Person bei der Wahl aufgetreten ist") bleibt von der Substanz praktisch nichts mehr übrig; eher ist das genaue Gegenteil vom Wortlaut anzuwenden. Da kann man den Fall ebenso gut ganz ungeregelt lassen. Im Allgemeinen ist ja nichtmal richtig, dass es überhaupt eine Ersatzperson geben muss (wenn z.B. durch das berichtigte Ergebnis weniger Ausgleich benötigt wird).
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Januar 2010 - 12:13 Uhr:   

""Nach dem neu festgestellten Wahlergebnis nicht mehr gewählt" impliziert nicht, dass sie vorher gewählt waren, sondern nur, das man zuvor davon ausgehn hat können (was man allerdings als entscheidend ansehen kann). Für das Gewähltsein ist aber das letztendlich festgestellte Ergebnis maßgeblich."
Nach dem amtlichen Endergebnis war der FDP-Mann gewählt und das ist entscheidend. Die Formulierung "Für Abgeordnete, die nach dem neu festgestellten Wahlergebnis nicht mehr gewählt sind" läßt keine andere Auslegung zu. Die Formulierung "gewählte Bewerber" in § 42 bezieht sich auf § 41 Abs. 3, also auf die Feststellung durch Kreis- oder Landeswahlausschuss. Des weiteren kann die Mitgliedschaft logischerweise nur ruhen, wenn man Mitglied des Landtags ist.
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Wahlwatcher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 01. Februar 2010 - 10:40 Uhr:   

Nach dem neuen Ergebnis gibt es plötzlich 1 Zweitstimmenwähler mehr als Erststimmenwähler.
Das kann ja eigentlich nicht stimmen.
Müsste da nicht komplett neu ausgezählt werden?
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 01. Februar 2010 - 13:16 Uhr:   

Bei den Wählern wird nicht zwischen Erst- und Zweitstimme unterschieden. Was nicht mehr stimmt ist die Summe aus gültigen und ungültigen Erststimmen, ähnlich wie z.B. bei der Bundestagswahl 1980 (wo der Bundeswahlleiter neuerdings bei den Wählern in der Zweitstimmenspalte die Summe aus gültigen und ungültigen Stimmen angibt, obwohl er eine gegenteilige Bemerkung ergänzt hat).

Neu ausgezählt worden sind in Husum 003 auch die Erststimmen (siehe oben), aber das Wahlkreisergebnis ist nicht neu festgestellt worden.
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Engel
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 02. Februar 2010 - 14:18 Uhr:   

Das Verfassungsgericht in Schleswig-Holstein will Klagen gegen das Ergebnis der letzten Landtagswahl zügig verhandeln...

http://www.abendblatt.de/region/norddeutschland/article1365500/Kiel-Carstensens-Mehrheit-steht-auf-dem-Spiel.html
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 04. Februar 2010 - 13:16 Uhr:   

Was passiert jetzt eigentlich, wenn ein CDU-Abgeordneter durch Rücktritt oder Tod aus dem Parlament ausscheidet? Darf dann ein anderer nachrücken oder wäre die CDU-FDP-Mehrheit in Gefahr?
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 05. Februar 2010 - 01:12 Uhr:   

Das haben wir weiter oben und anderswo schon diskutiert. Letztlich entscheidet das wohl das Landesverfassungsgericht, aber zunächst scheint nichtmal die Zuständigkeit klar zu sein (meines Erachtens muss der Landtag entscheiden, in dem es aber zu diesem Zeitpunkt ein Patt zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien gibt).
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 05. Februar 2010 - 11:41 Uhr:   

Pardon, das hatte ich in diesem langen Thread wohl überlesen.

Danke für die Antwort.
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 08. Februar 2010 - 01:10 Uhr:   

Inzwischen liegen einige Umdrucke zu den Benennungen für die Expertenanhörung sowie den Fragen an den wissenschaftlichen Dienst vor (die offenbar auch schon beschlossen sind).

Grüne und FDP wollen wissen, wie viele Wahlkreise es höchstens geben hätte dürfen, damit Überhang vermieden wird. Den Grünen könnte man relativ guten Gewissens 28 antworten, aber der FDP (die eigentlich nur Antworten zwischen 27 und 36 haben will) dürfte man höchstens 26 sagen, nachdem sie sich nicht auf das exakte Wahlergebnis von 2009 bezieht und eine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlich" haben will. Sicher für die SPD sind bei dieser Wahlkreisgröße nur noch 4 (ohne Berücksichtigung von bösartigem Wahlkreiszuschnitt oder Verlust nach Skandal o.Ä.), und der 23. Sitz für die CDU ist nach Zweitstimmen nicht sicher (bei D'Hondt wäre er nach dem genauen Idealanspruch von 2009 von 22,99 sicher, aber bei Sainte-Laguë nicht).

Allerdings fragt die FDP auch, ob man unter Aufgabe der Wahlkreiseinteilungsgrundsätze in § 16 LWahlG was erreichen kann. Bloß wird man mit den ausdrücklich genanten Anforderungen (Gemeindegrenzen, örtliche Zusammenhänge, Beständigkeit) nicht viel erreichen können. Effektiv zur Vermeidung (oder umgekehrt Provokation) von Überhang wären aber unzusammenhängende Wahlkreise (die momentan strikt verboten sind, obwohl 26 Pinneberg-Nord unzusammenhängend ist) und ungleiche Größen.

Der SSW will wissen, ob bei Vollausgleich die Quotenbedingung erfüllt ist (was natürlich weder bei D'Hondt noch Sainte-Laguë der Fall ist, wobei das bei der gegenwärtigen Parteienlandschaft in Schleswig-Holstein auch eine gewisse praktische Relevanz hat). Außerdem will er wissen, ob bzw. wie man EU-Bürgern oder auch sonstigen Ausländern das aktive und passive Wahlrecht geben könnte.

Als Wahlrechtsexperten benennen sowohl Grüne als auch FDP den Bund der Steuerzahler, die FDP (die nicht bis 3 zählen kann) außerdem noch den Landesrechnungshof.
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Matthias Cantow
Moderator
Veröffentlicht am Montag, 08. Februar 2010 - 02:28 Uhr:   

@RL
[…] die FDP (die nicht bis 3 zählen kann) […]

Da wird wohl jemand aus der internen Benennungsliste rausgefallen sein.
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Norddeutscher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 08. Februar 2010 - 19:22 Uhr:   

@Ratinger Linke:

"Außerdem will er wissen, ob bzw. wie man EU-Bürgern oder auch sonstigen Ausländern das aktive und passive Wahlrecht geben könnte."

Diese Frage lässt sich seit dem Urteil des BVerfG zum Hamburger Ausländerwahlrecht leicht beantworten: Auf Landesebene garnicht und auf Bundesebene nur durch Grundgesetzänderung.
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 22. März 2010 - 02:53 Uhr:   

Bei den Umdrucken gibt es einen Vorschlag von Mehr Demokratie.

Vorgeschlagen wird ein Wahlsystem mit 11 4er-Wahlkreisen (womit 25 Listenmandate bleiben). Das ist prinzipiell ein vernünftiger Vorschlag. Falls das Bundestagswahlrecht auch grundlegend verbessert wird, wird aber der Vorteil, dass Schleswig-Holstein auch 11 Bundestagswahlkreise hat, nicht relevant sein.

Bedenklich ist, dass es weiter eine "Zweitstimme" geben soll, die allein für die Verteilung relevant ist. Tatsächlich ist es eine Viertstimme, weil man im Wahlkreis 3 kumulier- und panaschierbare Stimmen haben soll (was bei 4er-Wahlkreisen grundsätzlich in Ordnung ist).

Verteilt werden soll im Wahlkreis mit Divisorreihe 0.7, 1.5, 2.5, nachdem man offenbar erkannt hat, dass die FDP bei Sainte-Laguë grob überhanggefährdet wäre (eine gewisse Gefahr besteht auch so noch). Nachdem praktisch fast nur die ersten beiden Divisoren relevant sind, ist D'Hondt so gut wie gleichwertig und sollte gegenüber einer irreführenden Deklaration ("modifiziertes Sainte-Laguë") und unsystematischen Wahl bevorzugt werden.

Nach Bundestagszweitstimmenergebnis 2009 wäre die Oberverteilung CDU:SPD:FDP:Grüne:Linke 23:19:12:9:6 (Sainte-Laguë). Für die Wahlkreise ergibt sich 14:11:11:8:0 (Sainte-Laguë), 19:11:11:3:0 (Abrundung bis 3/4), 20:13:10:1:0 (D'Hondt und 0.7,1.5) und 13:11:11:9:0 (Hare/Niemeyer). Nach Erststimmen 20:18:4:2:0 (Sainte-Laguë), 21:21:1:1:0 (Abrundung bis 3/4), 22:22:0:0:0 (0.7,1.5), 23:21:0:0:0 (D'Hondt) und 20:13:7:4:0 (Hare/Niemeyer). Mehr Demokratie kommt unter grober Berücksichtigung des SSW auf 20:13:9:1:0 plus 1 für den SSW.

Überhang soll voll ausgeglichen werden, außer bei Kandidaten von Parteien unter 5%, wo der Überhang bestehen bleiben soll (der Landtag also vergrößert; was nebenbei heißt, dass die Grundmandatsklausel gestrichen werden soll).

Über das Hauptproblem, nämlich potenzielle Einzelkandidaten, schweigt sich der Vorschlag aus. Falls die möglich sein sollen, müssten dringend die zugehörigen "Zweitstimmen" zumindest im Erfolgsfall gestrichen werden, was bei Panaschiermöglichkeit etwas komplexer ist. Wenn man hingegen auf die schwachsinnigen "Zweitstimmen" verzichtet, besteht das Risiko, dass ein Gericht ein Problem darin sieht, dass dann für Einzelbewerber typischerweise ein Idealanspruch oberhalb von 1 nötig ist. Sicherheitshalber müsste man sie also wohl in einer Vorabhauptverteilung mitlaufen lassen und ihnen ab einem Idealanspruch von 1 (man muss es ja nicht übertreiben) einen Sitz aus dem Listenkontingent zuteilen.

Widersprüchlich ist der Vorschlag bezüglich der Landeslisten. Einerseits wird es (zurecht) für wichtig gehalten, dass auch bisher überhängende Parteien ein paar Leute ihrer Wahl über die Liste ziemlich sicher in den Landtag bringen können, andererseits wird die Option offener Landeslisten angeboten, die gerade das verhindern könnte (sofern das System funktioniert).

Einige neue Wahlprüfungsbeschwerden gibts auch.

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