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Archiv bis 20. Februar 2010

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Tim Spier
Veröffentlicht am Sonntag, 03. Dezember 2006 - 18:37 Uhr:   

@Marc & Fenech: Naja, warten wir mal ab was bei den Verhandlungen herauskommt.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 08. Dezember 2006 - 16:18 Uhr:   

Zu der mit Vorzugsstimmen gewählten Kandidatin Koser-Kaya gibt es Neues, 200000 Türkischstämmige bekamen wohl eine Wahlempfehlung vom türkischen Religionsministerium:

"HILVERSUM - Een adviseur van de Turkse minister van Religieuze Zaken en Turken in het buitenland zou 200 duizend Nederlandse Turken per e-mail hebben opgeroepen om bij de laatste verkiezingen op D66-politica Fatma Koser Kaya te stemmen. Dat meldde het televisieprogramma NOVA donderdag"


"Von daher halte ich die Variante CDA-PvdA + SP für gar nicht so unwahrscheinlich."
Das halte ich für ausgeschlossen. CDA und SP zeigten sich ja auch bisher sehr reserviert, auch wenn beide ein definitives Nein vermieden haben.
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tg
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. Februar 2007 - 19:13 Uhr:   

Die nzz meldet, daß sich CDA, PvdA und CU auf eine Koalition geeinigt haben:
http://www.nzz.ch/2007/02/07/al/newzzEXVXZK3A-12.html
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Mitdenker (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 08. Februar 2007 - 13:54 Uhr:   

Ich habe mit der Einschätzung recht behalten, dass es ein Bündnis aus der CDA, PvdA und der CU geben wird. Im Parlament ergibt sich somit die folgende interessante Konstellation.

Regierungsfraktionen: 80 Sitze
Linksopposition: 37 Sitze
Rechtsopposition: 33 Sitze

Parlamentsitze: 150 Sitze
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PNK (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Sonntag, 11. Februar 2007 - 22:58 Uhr:   

"Ich habe mit der Einschätzung recht behalten, dass es ein Bündnis aus der CDA, PvdA und der CU geben wird."
Das ist richtig, herzlichen Glückwunsch. Und die 4 Monate?
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Mitdenker (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 12. Februar 2007 - 20:52 Uhr:   

Die 4 Monate sind der vorausgesagte längste Zeitraum für eine Regierungsbildung in den Niederlanden.

Die Niederländer scheinen "einfach drauf los" zu wählen. Die Konsequenzen einer Regierungsbildung lassen ja lang genug auf sich warten.

Im Gegensatz dazu, weiss im Vereinigten Königreich jeder schnell, welche Regierung ihn erwartet. Einige Personen gehen es gar nicht zur Wahl, wenn die Parlamentsmehrheit schon vorher festzustehen scheint.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 13. Februar 2007 - 17:05 Uhr:   

"Die 4 Monate sind der vorausgesagte längste Zeitraum"
Dazu brauchte man aber wirklich keine hellseherischen Qualitäten. 2-4 Monate sind - wie ich bereits im November schrieb - das Normalmaß. Nur zwei Mal in den 70ern dauerte es, bedingt durch (diesmal nicht vorhandenen) extremen Unwillen der Koalitionspartner, noch wesentlich länger. Hier mal eine Aufstellung für die Nachkriegszeit:

Jeweils Datum der Wahl/der Vereidigung des Kabinetts/Anzahl der Tage dazwischen:

16.05.1946 03.07.1946 48
07.07.1948 07.08.1948 31(+)
25.06.1952 02.09.1952 69
13.06.1956 13.10.1956 122(+)
12.03.1959 19.05.1959 68
15.05.1963 24.07.1963 70(++)
15.02.1967 05.04.1967 49
28.04.1971 06.07.1971 69(+)
29.11.1972 11.05.1973 163(+)
25.05.1977 19.12.1977 208
26.05.1981 11.09.1981 108(+)
08.09.1982 04.11.1982 57
21.05.1986 14.07.1986 54(+)
06.09.1989 07.11.1989 62
03.05.1994 22.08.1994 111
06.05.1998 03.08.1998 89
15.05.2002 22.07.2002 68(+)
22.01.2003 27.05.2003 125(+)

(+)=Kabinett während der Wahlperiode zerbrochen, 1963-67 passierte das gleich zwei Mal. 1977 zerbrach die Regierung erst wenige Wochen vor der Wahl.
Einen Zusammenhang zwischen Dauer der Regierungsbildung und ihrer Haltbarkeit ist nicht erkennbar.

Inhaltlich ist das Verhandlungsergebnis keine Überraschung, die PvdA hat sich weitgehend durchgesetzt, sie mußte nur eine echte Kröte schlucken und ein klassische linke Forderung begraben: Die Absetzbarkeit von Hypothekenzinsen (die können voll und unbegrenzt von der Steuer abgesetzt werden) wird nicht eingeschränkt. Auch in Deutschland und Österreich bekam bei den großen Koalitionen der kleinere Partner erheblich besser weg.

Die Ressortverteilung

Algemene Zaken: CDA
Buitenlandse Zaken: CDA
Ontwikkelingssamenwerking: PvdA
Defensie: ChristenUnie
Justitie: CDA
Binnenlandse Zaken en Koninkrijksrelaties: PvdA
Integratie en Wijkverbetering: PvdA
Financiën: PvdA
Economische Zaken: CDA
Sociale Zaken en Werkgelegenheid: CDA
Landbouw, Natuur en Voedselkwaliteit: CDA
Volkshuisvesting, Ruimtelijke Ordening en Milieubeheer: PvdA
Verkeer en Waterstaat: CDA
Onderwijs, Cultuur en Wetenschap: PvdA
Volksgezondheid, Welzijn en Sport: CDA
Jeugd en Gezin: ChristenUnie

Zusätzlich bekommt die CDA 4, die PvdA 6 und die ChristenUnie einen Staatssekretär.

"Algemene Zaken" ist das Amt des Ministerpräsidenten, Vizepremiers werden Wouter Bos (PvdA/ Finanzen) und André Rouvoet (CU/ Jugend und Familie). Die anderen Ministerposten sind noch nicht defenitiv vergeben. Fest zu stehen scheint aber, daß CDA-Fraktionsvorsitzender Verhagen Außenminister wird, der bisherige Justizminister Hirsch Ballin im Amt bleibt und CU-Senator Eimert van Middelkoop Verteidigungsminister wird. Bei den übrigen für ein Ministeramt gehandelten Kandidaten fällt auf, daß sie teilweise noch nie im entsprechenden Politikfeld hervorgetreten sind. Aber das ist in Deutschland nicht anders. Die Ressortverteilung ist sehr ähnlich wie in der letzten CDA-PvdA-Regierung von 1989 bis 1994. Anders besetzt waren nur Gesundheits- und Verteidigungsministerium (jeweils PvdA), die Minister für Jugend&Familie sowie für Integration gab es damals nicht.

Die Zahl der Ministerien liegt seit 1982 unverändert bei 13. Aber es gibt immer mehr Minister, indem einem Ressort ein weiterer Minister ohne Portefeuille amtiert, so z.B. die Noch-Ministerin Verdonk im Justizministerium als Ministerin für Fremdenangelegenheiten und Integration. Im neuen Kabinett wird es drei solcher Minister geben: Wie fast immer ein Entwicklungszusammenarbeitsminister im Außenministerium, einen Minister für Integration und Stadtteilverbesserung im Innenministerium und einen Minister für Jugend und Familie im Gesundheitsressort. Solche Posten dienen natürlich einerseits der Ausweitung der Verhandlungsmasse in Koalitionsverhandlungen, andererseits der Befriedigung der Klientel der entsprechenden Partei. Ein Minister für Jugend und Familie macht sich natürlich gut für eine dezidiert christliche Partei und ein Minister für Integration und Stadtteilverbesseung kann Wohltaten an Hochhaussiedlungen mit hohem Einwandereranteil in Rotterdam, Amsterdam Südost oder sonstwo verteilen, also an einen nicht unwichtigen Teil der PvdA-Klientel.
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Tim Spier
Veröffentlicht am Mittwoch, 14. Februar 2007 - 08:33 Uhr:   

Vielen Dank für die sehr interessanten Informationen. Mich würden ja noch ein paar Dinge zur CU interessieren: Wie christlich ist denn diese Partei? Rekrutiert sie sich speziell aus bestimmten Teilkonfessionen, wie es ja bei anderen religiösen Parteien in den Niederlanden der Fall ist? Wie sieht denn ihr gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Profil aus? Für Hinweise wäre ich sehr dankbar!
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Nordlicht (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 14. Februar 2007 - 11:31 Uhr:   

Hallo Tim,

schau doch mal unter: http://www.christen-unie.nl/de/page

Da kannst du in Deutsch alles nachlesen...

Gruß Torsten... (der noch auf eine Mail wartet...)
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. Februar 2007 - 19:13 Uhr:   

@Tim Spier
Da muß ich etwas weiter ausholen, damit die Zusammenhänge bei den Protestanten halbwegs verständlich werden. Es gab in dem Niederlanden lange Zeit im Wesentlichen zwei protestantische Kirchen: Die Nederlands Hervormde Kerk, von der sich Ende des 19. Jahrhunderts - maßgeblich betrieben vom Theologen und Politiker Abraham Kuyper (Ministerpräsident 1901-1905)- die orthodoxen Calvinisten abspalteten und so letzlich durch Fusion mit einer kleineren protestantischen Kirche 1892 die Gereformeerde Kerken in Nederland entstanden. Über die theologischen Differenzen habe ich keine Ahnung, jedenfalls waren die "Gereformeerden" (gereformeerd und hervormd würde man beides mit reformiert übersetzten, daher benutze ich die niederländische Bezeichnungen) wesentlich frommer und tendenziell auch die ärmeren Protestanten. 2004 fusionierten beide Kirchen wieder. Traditionell waren die Protestanten zwar in der Mehrheit, heute stellen sie aber nur noch ein Fünftel der Bevölkerung. Damit sind sie eine viel kleinere Gruppe als Konfessionslose (über 40%) und Katholiken (ca. 30%). Es gab immer viel weniger Gereformeerde als Hervormde, aber bei letzteren war die Austrittsbewegung in den letzten Jahrzehnten wesentlich stärker. Das Verhältnis lag in der Nachkriegszeit etwa bei 1:3 bis 1:3,5, 2003 bei 1:2.

Nach dem Tod seines Lehrers Groen van Pinksterer (1876) war Kuyper bis zu seinem Tod 1920 quasi der unangefochtene Führer der orthodoxen Calvinisten. Dieser gründete 1879 die Antirevolutionäre Partei (abgekürzt AR oder ARP), die erste niederländische Partei. Hauptzankapfel um dieser Zeit war die Schulpolitik. Hier stritt die ARP für die Gleichstellung der konfessionellen Schulen und der Freien Universität Amsterdam mit staatlichen Einrichtungen. Das Ziel wurde im Bündnis mit den Katholiken letztlich auch erreicht, noch heute ist das Schulwesen zu großen Teilen in kirchlicher Trägerschaft. Daneben verfocht die ARP Schutzzölle und vertrat auch soziale Forderungen, die aber in der praktischen Politik keine große Rolle spielten.

Einer der Mitstreiter Kuypers war Savornin Lohman, der sich aber in den 1890ern mit ihm überwarf und die "Freien Antirevolutuionäre" gründete. Diese fusionierten zwei Mal mit kleineren Gruppen und so entstand letztlich 1908 die Christlich-Historische Union/ CHU. Ideologisch unterschied sie sich von der ARP darin, daß sie nicht nur in der Bibel, sondern auch im historisch Gewachsenen Gottes Willen erkannte (so ist auch der Name zu verstehen). In der Praxis war die CHU im Gegensatz zur straffer organisierten ARP ein lockerer, konservativer Honoratiorenclub, der in moralischen und gesellschaftlichen Fragen weitgehend auf einer Linie mit ARP und auch den Katkoliken lag, in wirtschaftlichen Fragen aber stärker den Liberalen zuneigte. Die CHU war praktisch die Partei der Hervormden. Während aber Katholiken und Gereformeerde bis Mitte der 60er zu ca. 80% KVP bzw. ARP wählten, stimmten die Hervormden immer zu deutlich weniger als der Hälfte für die CHU. Zwischen ARP und CHU gab es aber immer auch einen gewissen Wähleraustausch und daher Schwankungen in der Wählergunst, während die Katholiken von 1918 bis 1963 immer um die 30% bekamen.
(Wahlergebnisse seit 1918: www.nlverkiezingen.com)

Neben ARP und CHU gab es immer auch kleinere protestantische Parteien. Die älteste heute bestehende Partei überhaupt ist die 1918 vom gereformeerden Pfarrer Gerrit Kersten gegründete Staatskundig Gereformeerde Partij/ SGP. Kersten war ein außerhalb der eigenen strenggläubigen Klientel eher eine Witzfigur und ein aufrechter Streiter gegen Kinos, Sport, Impfungen, Katholizismus, jede staatliche Sozialpolitik und einiges mehr, selbst Wasserleitungen waren für ihn Teufelswerk. Noch heute vertritt die SGP den Standpunkt, daß Frauen dem Mann untergeordnet seien, in der Politik und im Beruf nichts verloren und sich um Haushalt und Kinder zu kümmern haben. Mitglied dürfen Frauen neuerdings werden, aber keine politischen Ämter bekleiden. Deshalb erhält die Partei momentan keine staatliche Parteienfinanzierung. Die frommen Protestanten sind übrigens der Grund, warum in den Niederlanden nicht am Sonntag gewählt wird. Diese würden zu Hause bleiben. Auch der Internetauftritt der SGP ist sonntags nicht zu erreichen. Die Partei hat einen kleinen, aber extrem treuen Anhang, der sich geographisch auf wenige Gebiete konzentriert. Die SGP war trotz ihrer fundamentalistischen Positionen nie auf eine bestimmte protestantische Richtung festgelegt.

Anders hingegen war das beim GPV (Gereformeerd Politiek Verbond). Dieser wurde 1948 gegründet und war die Partei einer Abspaltung der Gereformeerden, der sog. "Freigemachten". Er war quasi eine gemäßigte Version der SGP. Wie bei der SGP war der Anhang geographisch stark zentriert, Hochburgen waren der Westen der Provinz Groningen, einige Gemeinden im Norden von Overijssel und besonders die Stadt Bunschoten nordöstlich von Utrecht. Die Gründung der RPF (Reformatorisch Politieke Federatie) geht auf die Fusion von KVP, ARP und CHU zur heutigen Partei CDA zurück, die sich in den 70ern anbahnte. Ab Mitte der 60er begann die bis dahin extrem treue Anhängerschaft der konfessionellen Parteien zu bröckeln. Sie stürzten von 49,2% im Jahr 1963 auf 31,3% bei der Parlamentswahl 1972 ab. 1967 bekamen die drei Parteien erstmals seit 1917 weniger als die Hälfte der Sitze in der 2. Kammer , 1971 verloren sie auch die seit 1904 gehaltene absolute Mehrheit in der 1. Kammer. Besonders betroffen waren KVP und CHU, während die ARP stabil blieb. Diese hatte aber im Gegensatz zu den beiden anderen schon in den 50ern Stimmen verloren. SGP und GPV blieben von diesem Niedergang unberührt.

Die Stimmenverluste trugen maßgeblich zur Überwindung der traditionellen Gräben bei. Ein weiterer Grund war die Strategie der Linken. Seit 1967 war Joop den Uyl (Ministerpräsident 1973-77) PvdA-Führer. Obwohl ursprünglich ARPler, verfolgte er einen strammen und polarisierenden Linkskurs. Die von ihm mit PPR (eine KVP-Abspaltung, 1990 in GroenLinks aufgegangen) und D66 angestrebte Linksregierung blieb zwar utopisch, aber der gemeinsame Feind schweißte zusammen. 1970 gab es erstmals in zwei Provinzen gemeinsame Listen aller konfessioneller Parteien, 1977 traten sie mit einer gemeinsamen Liste bei den Parlamentswahlen an und bildeten dann auch eine gemeinsame Fraktion. 1980 fusionierten die Parteien endgültig. Die RPF entstand 1975 aus einem Teil der ARP, der die Fusion ablehnte. Ebenfalls eine ARP-Abspaltung aus dieser Zeit war die Evangelische Volkspartei, diese stand aber weiter links. Sie bekam nur 1982 einen Sitz in der 2. Kammer und ging 1990 in GroenLinks auf.

Hauptgrund für die Fusion von RPF und GPV zur ChristenUnie im Januar 2000 dürfte wohl der Wille gewesen sein, aus der permanenten Bedeutungslosigkeit als Splitterparteien auszubrechen. Der GPV hatte nie mehr als 2, die RPF nie mehr als 3 Sitze. Daß sich die CU primär als christlich und nicht als protestantisch definiert, dürfte wohl dem Bestreben geschuldet sein, die arg geschrumpfte Zielgruppe zu verbreitern. Mit der morgigen Vereidigung des Kabinetts ist dann auch zum ersten Mal eine kleine christliche Partei an der Regierung beteiligt. Bisher hatte nur die SGP mal beim Sturz einer Regierung eine Rolle gespielt, als 1925 der Antrag Kerstens auf Aufhebung der Gesandtschaft beim Heiligen Stuhl eine Mehrheit fand.
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Tim Spier
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. Februar 2007 - 10:02 Uhr:   

@Thomas Frings: Vielen Dank, alles sehr interessant. Insbesondere die religiöse Zusammensetzung der Niederlande hat mich überrascht, ich dachte immer, das Land sei mehrheitlich protestantisch.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. Februar 2007 - 20:59 Uhr:   

Die Regierung ist heute vereidigt worden, es gab keine kurzfristigen Änderungen. Der Integrationsminister heißt aber jetzt Minister für Wohnen, Stadtviertel und Integration und ist dem Bau- und Raumordnungsministerium zugeordnet und nicht dem Innenministerium, wie ich irrtümlich schrieb.

Die letzte Hürde für die neue Regierung wird die Provinzwahl am 7. März. Die Provinzparlamente sind zwar für sich eher unbedeutend, aber deren Mitglieder wählen am 29. Mai die Erste Kammer. Diese muß jedem Gesetz zustimmen. Sie hat kein Initiativrecht und kann - zumindest direkt - keine Änderungen bewirken, sondern Vorlagen nur komplett annehmen oder verwerfen. Letzteres passierte bisher selten, denn fast immer seit 1918 hatte die Regierung dort eine Mehrheit. Die drei Ausnahmen waren kurzfristige Minderheitsregierungen.

Das Wahlrecht für die Provinzparlamente entspricht weitgehend dem zur 2. Kammer, es gibt aber keine Sperrklausel. Das Wahlsystem zur (geheimen) Wahl der 1. Kammer durch die Provinzabgeordneten ist daran angelehnt. Das ganze Land bildet einen Wahlkreis. Die Stimmen der Provinzabgeordneten werden mit einen Stimmwert gewichtet. Dieser wird berechnet, indem die Einwohnerzahl der Provinz durch die 100-fache Anzahl der Abgeordneten des Provinzparlaments geteilt und zur ganzen Zahl gerundet wird. Aufgrund des Wahlsystems kann man also am 7. März schon die Sitzverteilung ziemlich sicher berechnen, mehr als ein Sitz Abweichung ist nicht mehr drin, denn die Abgeordneten stimmen natürlich weitgehend linientreu. 2003 hat von den 764 Wahlberechtigten einer gar nicht und einer "falsch" gewählt. Geändert hat sich dadurch nichts.

Daß die neue Regierung keine Mehrheit in der 1. Kammer bekommt (derzeit hat sie 44 der 75 Sitze), ist nicht auszuschließen, aber m.E. eher unwahrscheinlich. Von den Oppositionsparteien kann nur die SP (4 Sitze) mit größerem Sitzgewinn rechnen. Ihr aber wird die bei den Provinzwahlen geringe Wahlbeteiligung (2003: 47,6%) sicher schaden. Da Wilders' Partei nicht antritt, könnte auch die VVD leicht zulegen. Die bisher nicht vertretene PvdD bekommt höchstens einen Sitz. Alle übrigen Oppositionsfraktionen werden ihre Sitzzahl bestenfalls halten. Sicher wird D66 mindestens 2 von 3 Sitzen verlieren und die LPF ihren einzigen Sitz.

CDA (23 Sitze) und PvdA (19) werden wohl verlieren, aber nicht in großem Ausmaß. Die ChristenUnie wird ihre zwei Sitze mindestens halten und könnte 1-2 Sitze hinzugewinnen. Den Regierenden kommt die doppelte d'Hondt-Anwendung bei der Provinzwahl und dann wieder bei der Wahl der 1.Kammer zugute. 2003 hatten z.B. CDA und VVD zusammen nur 46,5% der Stimmen, aber letztlich 38 der 75 Sitze in der 1. Kammer. Da die Provinzparlamente von bisher 47 -83 Mitglieder auf künftig 39-55 verkleinert werden, wird sich der Vorteil für die Großparteien verstärken. D66 und PvdD bekämen dagegen gar keinen Sitz, wenn sie den gleichen Stimmenanteil einfahren würden wie am 22. November.
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Mitdenker (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Samstag, 10. März 2007 - 22:54 Uhr:   

Hier sind die Ergebnisse der Provinzwahlen. Daran kann man auch Trends für die Zusammensetzung der ersten Kammer erkennen. Innerhalb der Provinzen gab es stark veränderte Resultate gegenüber 2003 Ich schreibe immer die Parteien über 10 % hin.

Drente: PvdA 27,1 CDA 21,2 VVD 16,7 SP 12,3
Flevoland: VVD 22,8 CDA 18,9 PvdA 17,0 SP 14,0 CU 11,2
Friesland: CDA 25,8 PvdA 25,5 VVD 10,8 FNP 10,7
Gelderland: CDA 26,9 PvdA 17,1 VVD 16,6 SP 13,8
Groningen: PvdA 26,2 CDA 19,4 SP 15,9 VVD 11,7 CU 10,3
Limburg: CDA 35,3 SP 18,6 PvdA 15,9 VVD 14,4
Nord-Brabant: CDA 31,2 SP 21,0 VVD 19,1 PvdA 14,1
Nord-Holland: VVD 23,8 PvdA 22,8 CDA 17,7 SP 15,7
Overissel: CDA 34,1 PvdA 17,9 VVD 13,6 SP 11,7 CU 10,3
Seeland: CDA 24,7 PvdA 14,5 VVD 14,2 SP 12,5 SGP 11,7
Süd-Holland: CDA 21,5 PvdA 20,3 VVD 27,0 SP 13,5
Uetrecht: CDA 22,4 PvdA 20,1 VVD 15,8 SP 11,7

Niederlande: CDA 25,0 VVD 18,1 PvdA 17,9 SP 14,8 GL 6,1 CU 5,5 D66 2,6 PvdD 2,5 SGP 2,4, LPF 0,2 Sonstige 3,3
Erste Kammer: CDA 22 VVD 15 PvdA 15 SP 12 GL 4 CU 4 D66 1 PvdA 1
=> Regierung 41, Opposition 34

Quelle: http://extra.volkskrant.nl/interactie/verkiezingen_ps2007/
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Mitdenker (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Samstag, 10. März 2007 - 23:00 Uhr:   

Ich habe kein Vergleichswerte für die Prozente gefunden: Bei den Sitzen für die Erste Kammer muss es ergänzend so lauten: PvdD 2 SGP 1
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 12. März 2007 - 19:28 Uhr:   

Nachdem bei der Parlamentswahl im Novemver falsche Sitzzahlen verbreitet wurden, habe ich diesmal wieder nachgerechnet. Und es paßt wieder nicht! Ich kam zum selben Ergebnis wie diese Seite:
http://www.parlement.com/9291000/modulesf/fyakie4j?key=hivcbftq (mit Excel-Tabelle)

Die wahrscheinlichste Sitzverteilung demnach:

CDA 21
VVD 15
PvdA 14
SP 12
GroenLinks 4
ChristenUnie 4
SGP 2
D66 1
PvdD 1
OSF 1

Das ergibt 39 Sitze für die Regierung. Der letzte Sitz ginge an den CDA, während die PvdA den 15. Sitz ganz knapp verpassen würde. Wenn es also durch einen Abweichler noch zu einer Verschiebung kommen sollte, dann am ehesten von CDA zu PvdA. Auch ein 15. Sitz der PvdA auf Kosten der VVD ist nicht unmöglich.

Die von den Medien verbreiteten Zahlen sind zwar rechnerisch nicht falsch, beruhen aber auf unrealistischen Annahmen. Sie stimmen nur, wenn es keine Listenverbindungen gibt und die Vertreter der kleineren Parteien nicht zusammen eine gemeinsame Liste aufstellen und auch keine andere Partei wählen.

Es wird aber höchstwahrscheinlich - wie immer - eine Listenverbindung von CU und SGP geben. So wird die SGP ihr zweites Mandat halten. Auch eine Listenverbingung von SP und GroenLinks ist wahrscheinlich.

Seit 1995 stellen die in den Provinzen vertretenen kleineren Parteien (überwiegend Regionalparteien) eine gemeinsame Liste für die Wahl zur Ersten Kammer auf, seit 1999 unter dem Namen Onafhankelijke Senaatsfractie (OSF). Auf diese Weise kam seit 1995 jeweils ein Abgeordneter aus ihren Reihen. 2003 war es ein friesischer Nationalist. Auch diesmal wird die OSF ziemlich sicher einen Sitz bekommen. Es würde auch dann zu einem Sitz reichen, wenn nicht alle dieser Gruppierungen mitmachten.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Mittwoch, 16. Mai 2007 - 18:01 Uhr:   

Bei den Listenverbindungen gab es doch Überraschungen, es gibt drei: CDA-CU-SGP, GroenLinks-PvdD und VVD-D66-OSF.

Parteikonformes Wahlverhalten aller 564 Wahlberechtigten unterstellt, kommt folgende Sitzverteilung raus:

CDA 21
VVD 14
PvdA 14
SP 11
GL 5
CU 4
SGP 2
D66 2
PvdD 1
OSF 1

Letzter Sitz: CDA

Der 21. CDA-Sitz ist auf der Kippe, ein einziger Abweichler kann zum Verlust des Sitzes führen, dieser ginge dann wahrscheinlich an die SP, so daß die Regierungskoalition nur eine Stimme Mehrheit hätte.
Bemerkenswert ist, daß die VVD durch die Listenverbindung aller Voraussicht nach einen Sitz an D66 verliert. Da hat in der Parteizentrale wohl niemand nachgerechnet.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 17. Mai 2007 - 11:46 Uhr:   

Da muß ich mich doch korrigieren: Ohne die Listenverbindung hätte die VVD auch nur 14 Sitze, die SP aber 12 und die D66 nur ein Sitz. Allerdings wäre die Chance, durch Abweichler doch noch ein Mandat mehr zu bekommen ohne LIstenverbindung viel größer.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 29. Mai 2007 - 18:03 Uhr:   

Die Wahl zur Ersten Kammer fand heute statt. Dabei gab es eine Überraschung. Einer der 5 GroenLinks-Abgeordneten in Nordholland stimmte (vermutlich absichtlich) ungültig. Dadurch bekommt die Partei nur 4 Sitze und die SP 12. Ansonsten ist die Sitzverteilung wie im vorletzten Beitrag angegeben.
http://www.volkskrant.nl/binnenland/article429938.ece/Ongeldige_stem_GroenLinks_levert_SP_extra_senaatszetel_op
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 20. Februar 2010 - 09:47 Uhr:   

Die Regierung ist geplatzt und damit gibt es jetzt die dritte vorgezogene Wahl in Folge.
http://www.nrc.nl/binnenland/article2487949.ece/Balkenende_IV_gevallen_over_besluit_Uruzgan

Der Ausgang ist völlig offen. Die neue 2. Kammer muß innerhalb von drei Monaten nach der Auflösung zusammentreten. Die Wahl dürfte zwischen Mitte Mai und Anfang Juni stattfinden.
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tg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 20. Februar 2010 - 12:30 Uhr:   

Ich bin etwas überrascht, daß die PvDA nicht in er Regierung verblieben ist, da sie in den Umfragen ja doch sehr schlecht dasteht.

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