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Archiv bis 09. Dezember 2008

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Landtagswahlen in Deutschland » Ministerpräsidentenwahl und Regierungsbildung in Hessen » Archiv bis 09. Dezember 2008 « Zurück Weiter »

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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 28. November 2008 - 17:55 Uhr:   

@mma
Wenn nicht alle fünf reinkommen, dann gibt es sowieso Schwarz-Gelb, SPD und Grüne werden niemals mehr Sitze bekommen als CDU und FDP.
Die Alternativen sind vollkommen klar: CDU/FDP oder SPD-Grüne-Linke.
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mma
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 28. November 2008 - 18:08 Uhr:   

Und wenn die CDU die absolute Mehrheit bekommt?
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 29. November 2008 - 11:38 Uhr:   

Ich gehe ziemlich sicher davon aus, dass die Linkspartei in den nächsten Landtag erneut einziehen wird. Denn die Wahlbeteiligung an der nächsten Landtagswahl wird m.E. sinken, da viele SPD-Anhänger aus Enttäuschung über die Wendung der SPD zur Linkspartei und den Koalitionsvertrag in Bezug auf die Flughäfen Frankfurt und Kassel-Calden zu Hause bleiben dürften. Dieses Sinken wird auch durch zusätzliche CDU-Wähler, die am 27. Januar 2008 aus Enttäuschung über die Regierungspolitik der CDU-Alleinregierung zu Hause geblieben sind und nun wieder zur Wahl gehen dürften, nicht ausgeglichen werden. Und die Anhänger der Linkspartei dürften in jedem Fall wählen gehen und zusätzlich Stimmen aus dem linken Spektrum der Grünen, die keine Jamaica-Konstellation wollen und von linken SPD-Wählern erhalten, die entweder enttäuscht sind, weil die SPD den "Politikwechsel" nicht erreicht hat oder die sich ganz strategisch sagen: wenn die Linkspartei an der Sperrklausel scheitert, reicht es sowieso nicht für eine linke Mehrheit, da es für rot-grün alleine nicht reichen sollte. Aus diesen Gründen dürfte die Linkspartei im nächsten Landtag vertreten sein. M.E. dürften alle politischen Parteien mit Ausnahme der SPD deutlich zulegen. Die SPD wird sicherlich erdrutschartige Verluste erleiden und m.E. um die 10-12%, vielleicht auch mehr Prozentpunkte, verlieren. An eine absolute Mandatsmehrheit der CDU glaube ich nicht, wohl aber an eine deutliche Mehrheit für CDU und FDP.
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Florian das Original
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 29. November 2008 - 13:13 Uhr:   

"eine deutliche Mehrheit für CDU und FDP."

Na, warten wir es einmal ab.
Die Situation ist in Hessen doch eigentlich seit Jahrzehnten unverändert: es gibt immer knappe Wahlergebnisse.
Einfach deshalb, weil die Wählerschaft in Hessen entsprechend gespalten ist.

Und warum sollte ein traditioneller Wähler des linken Spektrums nun auf einmal zur CDU überlaufen? Das wird nicht passieren.
Ein enttäuschter SPD-Wähler (und davon gibt es sicher viele) wird nicht plötzlich CDU wählen - sondern eher Linkspartei oder Grün.

Nur in dem Umfang, wie enttäuschte SPD-Wähler einfach ganz zu Hause bleiben wird sich etwas am Wahlergebnis zu Gunsten von CDU+FDP ändern.

Ich glaube auch, dass das für CDU+FDP reichen sollte. Aber die Vorstellung eines Erdrutsch-Siegs* für die Union teile ich nicht.

*erst wollte ich "Kanter-Sieg" schreiben. Aber dann ist mir aufgefallen, dass das bezogen auf die Hessen-CDU vielleicht missverständlich ist.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 29. November 2008 - 18:22 Uhr:   

@Florian:
> Na, warten wir es einmal ab.
Sollte man - schließlich ist seit einem Jahr ziemlich jede Prognose in Hessen glorreich untergegangen ...

> Die Situation ist in Hessen doch eigentlich
> seit Jahrzehnten unverändert: es gibt immer
> knappe Wahlergebnisse.
Nicht immer: Es gab sehr wechselnde Ergebnisse. Das von 2003 war zwar auch knapp (aus Sicht der CDU), aber trotz nicht knapp für die Koalition.
Es gibt in Hessen oft große Wählerbewegungen, da ist fast alles möglich.

> Einfach deshalb, weil die Wählerschaft in
> Hessen entsprechend gespalten ist.
Nicht wirklich. Es gibt nicht eine linke und eine rechte Hälfte, sondern sehr viele Wähler, die zwischen zwei oder mehr Parteien schwanken.
Das sieht man noch deutlicher, wenn man jeweils in den verschiedenen Wahlkreisen Kommunal-, Landes- und Bundes-Ergebnisse vergleicht.

> Und warum sollte ein traditioneller Wähler
> des linken Spektrums nun auf einmal zur CDU
> überlaufen?
Weil sie das schon längst getan haben ;-)
Die absolute Mehrheit Kochs war nur möglich, weil schon lange "traditionelle" SPD-Wähler in großer Zahl partei-ungebunden wählen.

2008 sind viele Mittewähler (egal ob früher mal bei der SPD oder traditionell CDU-orientiert) vor der CDU zur SPD gegangen.
Im wesentlichen aus drei Gründen: Unzufriedenheit mit einer gewissen Machtarroganz der absoluten Mehrheits-CDU, großer Ärger über die Schulpolitik der letzten zwei Jahre, und Abscheu gegenüber Kochs Ausländerkampagne.

Diese drei Gründe sind inzwischen ziemlich weg bzw. in den Hintergrund getreten, diese Wähler haben gesehen, daß die Alternative Ypsilanti es auch nicht gebracht hat.
Sie sind jetzt aber noch nicht automatisch wieder bei der CDU, viele werden sich m. E. erst im Januar neu entscheiden.

> Ein enttäuschter SPD-Wähler (und davon gibt es
> sicher viele) wird nicht plötzlich CDU wählen -
Oh doch.
Abgesehen von den beschrieben Ex-CDU-Wählern wird es gerade in Nordhessen viele verbliebene Traditions-SPD-Wähler geben, die sich nun von der Partei abwenden - der sehr prononcierte Linkskurs Ypsilantis paßt bei denen überhaupt nicht ins Weltbild. Und ein rechter Flügel, der das ausgleichen könnte, ist nicht mehr wahrzunehmen.

Diese Wähler werden kaum zu den Grünen gehen, und bestimmt nicht zu den Linken.
Da ist die CDU möglich, aber bei vielen auch die FDP (weil die Union in Nordhessen immer noch als zu katholisch gilt!) - oder sie bleiben zu Hause.

In Südhessen dagegen werden manche SPD-Wähler über den "Verrat" enttäuscht sein und nach links abwandern.

> Aber die Vorstellung eines Erdrutsch-Siegs
> für die Union teile ich nicht.
Ich würde da eben auch keinen Kasten Bier drauf wetten.
Aber auch dieses Ergebnis bleibt möglich, das wird sich erst in den letzten zwei Wahlkampfwochen entscheiden.

Das einzige, was wirklich sicher ist, sind Verluste der SPD (und damit keine Mehrheitschance für rot/grün).
Alles andere bleibt offen.
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 01. Dezember 2008 - 12:23 Uhr:   

SPD-Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel schließt große Koalition mit einem Ministerpräsidenten Koch aus:
http://www.sueddeutsche.de/politik/9/449734/text/
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 01. Dezember 2008 - 12:38 Uhr:   

Naja, direkt ausgeschlossen hat er es nicht im SZ-Interview:

"Schäfer-Gümbel: (...) Deshalb sage ich klar: Für Roland Koch gibt es nur eine einzige Konstellation, in der er Ministerpräsident bleiben kann, nämlich wenn er eine schwarz-gelbe Mehrheit bekommt.

SZ: Sie schließen also eine große Koalition mit Roland Koch an der Spitze aus?

Schäfer-Gümbel: Wenn Sie es so übersetzen wollen, können Sie das gern tun."

Die Linkspartei hatte am Wochenende übrigens die Landesliste aufgestellt, alle sechs MdLs haben den selben Listenplatz wie bei der letzten Wahl. Auch im Westen kann die Linkspartei offenbar die SED-Tradition nicht verleugnen:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,593556,00.html
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 01. Dezember 2008 - 14:04 Uhr:   

> Wenn Sie es so übersetzen wollen, können Sie
> das gern tun.
Wenn man diese verschwurbelte Formulierung sieht drängt sich der Eindruck auf, Gümbel will sich hier doch ein Hintertürchen offenhalten.
Besonders glaubwürdig wirken diese Formulierungen jedenfalls nicht.

Übrigens ist er auch der Mann, der es durch sein "Verhandlungsgeschick" erreicht hat, die SPD im Kreistag in die Opposition zu bringen.
Da gab es bis 2006 eine Koalition aus SPD, FDP und FWG. Die auch (bei leichten SPD-Verlusten) in der Kommunalwahl bestätigt wurde, und die auch alle drei Parteien weiterführen wollten.

Nur hatte inzwischen bei der SPD Gümbel die Verhandlungsführung übernommen. Und soll (jedenfalls nach Aussagen von FDP/FWG) recht merkwürdig in die Verhandlungen eingestiegen sein - so etwa nach dem Motto: "Die Seiten 1-30 des SPD-Wahlprogramms sind unverhandelbare Kernforderungen und bei Seite 31 erwarten wir deutliche Zugeständnisse der Koalitionspartner".

Das paßte nicht so recht zum Wahlergebnis, und noch weniger zur taktischen Situation der SPD, schließlich hatte sie keine andere Mehrheitsoption.
Eine solche Option hatten aber FDP/FWG, die dann nach einigen ergebnislosen Verhandlungsrunden die Sache abbrachen und mit der CDU zusammengingen.

Gümbel soll davon völlig überrascht worden sein. Eine gewisse Parallele zum letzten Sommer drängt sich auf - das Ausblenden von Widerspruch und völlige Kompromißlosigkeit, auch wenn man von Anderen abhängig ist.
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Ralf Lang
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 01. Dezember 2008 - 15:27 Uhr:   

Thomas, das ist alberne Polemik. Wenn auf Parteitagen die Presse einen demokratischen Meinungsstreit aufnehmen kann und die Unterlegenen sich damit abfinden, dass die Mehrheiten woanders waren, hat das mit "SED-Tradition" nichts zu tun. Dass Vorstände Vorschläge machen und auch offensiv (und meist erfolgreich) für diese werben, ist ja auch keine SED-Erfindung.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 01. Dezember 2008 - 17:08 Uhr:   

> Wenn auf Parteitagen die Presse einen
> demokratischen Meinungsstreit aufnehmen kann ...
Na ja, da kommt es schon auf die Details an.
Mit normalen Vorgängen, wo die Minderheit sich über die Mehrheit ärgert, hatte das wohl wenig zu tun.
Die Vorwürfe waren ja schon recht massiv.

Wobei diese Vorwürfe nicht unbedingt alle so stimmen müssen - obwohl einige recht plausibel klangen.

Es ist auf jeden Fall auffällig, wie effektiv die Berliner Führung den letztes Jahr noch so heterogenen hessischen Landesverband in den Griff bekommen hat. Da wurde wohl auch heftig mit Anteilhabe an den Fleischtöpfen gearbeitet (und vielleicht auch mit den "StaSi-Methoden", die beklagt wurden).

Und Gysis "Ein bisschen Demokratie ist okay, aber ..." klang schon sehr nach Ulbrichts "Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben."
Ein Witz - oder eine Freud'sche Fehlleistung.
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Florian das Original
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 01. Dezember 2008 - 18:18 Uhr:   

Die PDS ist mir beim Thema "innerparteiliche Demokratie" grundsätzlich schon auch ziemlich verdächtig.

Aber der aktuelle Anlass scheint mir da dann doch recht harmlos zu sein.

Dass eine Parteiführung versucht, die Partei "auf Linie" zu bekommen, ist in Deutschland wirklich nicht so ungewöhnlich.
Dieses Geschäft haben auch ein Wehner, ein Kohl oder ein Stoiber gut beherrscht. Und das Arbeiten mit "Zuckerbrot und Peitsche" (d.h. Posten und Postenentzug) ist da sicher gängige Methode.

Eine klare Parteilinie ist auch nicht unbedingt demokratie-schädlich.
Wenn der Wähler klar weiß, was er sich mit seiner Stimme einkauft, ist das m.E. sogar aus demokratischer Sicht besser, als wenn er sich nach der Wahl überraschen lassen muss, welcher Flügel seiner Partei sich nun durchsetzt.
(Immer vorausgesetzt, dass diese Parteilinie auf demkratische Weise zustande gekommen ist).

Auch dass es auf dem Linken-Parteitag zu Tumulten kam, sehe ich eher als ein Zeichen, dass der innerparteiliche Meinungs-Pluralismus durchaus ausgesprochen wird (solche Szenen wären unter der Stasi-Herrschaft eben gerade nicht möglich gewesen).

Selbst das Gysi-Zitat würde ich als Flapsigkeit durchgehen lassen (wobei man natürlich schon sagen muss, dass so mancher Konservativer für ähnliche Zitate von den Linken auch schon gesteinigt worden ist. Man denke an Höcherl mit seinem "nicht ständig das Grundgesetz unter dem Arm").

Die härteren "Stasi-Methoden" scheinen mir in Hessen zur Zeit ohnehin die Sozialdemokraten zu praktizieren.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 07. Dezember 2008 - 11:05 Uhr:   

> Die härteren "Stasi-Methoden" scheinen mir
> in Hessen zur Zeit ohnehin die Sozialdemokraten
> zu praktizieren.
Und es kommen immer weitere Vorwürfe hinzu:

http://www.faz.net/s/Rub606F7D1C907A4A7F9C506AE24D76B150/Doc~E99EF96B1D9BB4D5BBC18FE3E8D0B9BFC~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Ein solcher Versuch, die geheime Abstimmung zu unterlaufen, wäre schon sehr krass.

Und noch schlimmer natürlich, wenn tatsächlich die parteiinternen Abstimmungen durch Betrug entschieden wurden - Beweise dafür wird man aber wohl nicht mehr bringen können.


Und interessant auch im Anhang, daß ausgerechnet Al-Wazir nun wieder anfängt, Koalitionen auszuschließen - hatte nicht gerade er gefordert, die Parteien müßten damit aufhören?
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Florian das Original
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 07. Dezember 2008 - 14:58 Uhr:   

"Mehrere sozialdemokratische Abgeordnete haben jedoch der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) berichtet, dass sie von Kollegen mal „wohlwollend“, mal „drängend“ aufgefordert worden seien, mit einem Handyfoto zu beweisen, dass sie bei der bevorstehenden Ministerpräsidentenwahl ihre Stimme Andrea Ypsilanti gegeben hätten."

Ist so etwas eigentlich eine Straftat?
(§106 StGB "Nötigung eines Verfassungsorgans")


Und noch schlimmer natürlich, wenn tatsächlich die parteiinternen Abstimmungen durch Betrug entschieden wurden - Beweise dafür wird man aber wohl nicht mehr bringen können.

Wobei nota bene der FAZ-Artikel das nicht unbedingt hergibt.
"Entscheidung durch die Hintertür" bedeutet nicht "Betrug". Es kann auch nur bedeuten, dass die Jusos im Hintergrund die Strippen gezogen haben. Z.B. dass die "richtigen" Leute Delegierte wurden. Oder dass man den entscheidenden Leuten an anderer Stelle Kompensation angeboten hat ("du stimmst für Andrea, dafür machen wir Dich zum Juso-Bezirksvorsitzenden" o.ö.).

Was ich übrigens auch sehr überraschend finde, ist, dass Ypsilanti ohne Gegenstimme zur Direktkandidatin gewählt wurde.
Selbst ihr Gegenkandidat scheint also für sie gestimmt zu haben.
Und nur zur Erinnerung: Vor einem Jahr hat Ypsilanti gegen Walter parteiintern nur ein Patt bei der Aufstellung von Listenplatz 1 erreicht. Und ein Jahr später - das für sie wahrlich nicht gut lief und in dem sie auch der SPD geschadet hat - gibt es auf einmal ein einstimmiges Ergebnis? Schon seltsam.
Auch da muss die Parteiführung im Hintergrund schon ganz schön die Strippen gezogen haben.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 08. Dezember 2008 - 09:56 Uhr:   

@Florian:
> Ist so etwas eigentlich eine Straftat?
In der Theorie schon - in der Praxis dürfte es nicht beweisbar sein.

Es bleibt aber ein politischer Skandal. Und ausgerechnet Ypsilanti kommt nun am Wochenende daher und wirft ihren Gegnern den Verstoß gegen demokratische Grundregeln vor ...

> "Entscheidung durch die Hintertür" bedeutet
> nicht "Betrug".
Muß nicht, aber der Kontext suggeriert das schon. Einerseits die Merkwürdigkeit, daß hinter verschlossenen Türen ausgezählt wurde. Und andererseits war es wohl so, daß es im ersten Wahlgang ein Patt gab - und im zweiten Wahlgang waren dann plötzlich einige Delegiertenstimmen neu dazugekommen.
Da könnte man auf die Idee kommen, daß die zu diesen Stimmen gehörigen Delegierten gar nicht wirklich teilgenommen haben ...

Das "normale" Strippenziehen ist wohl (von beiden Seiten) schon vor dem Parteitag geschehen und wäre keiner gesonderten Erwähnung wert.

> Was ich übrigens auch sehr überraschend finde,
> ist, dass Ypsilanti ohne Gegenstimme zur
> Direktkandidatin gewählt wurde.
In ihrem Wahlkreis.
Das wäre nichts Besonderes, daß sie in ihrer Heimatbasis mehr Rückhalt hat als im Landesschnitt.
Wobei das mit der Gegenkandidatur ohne Stimme merkwürdig ist.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 08. Dezember 2008 - 18:05 Uhr:   

"Ist so etwas eigentlich eine Straftat?
(§106 StGB "Nötigung eines Verfassungsorgans")"

Die Nötigung eines Verfassungsorgans setzt u.a. den Einsatz von oder die Drohung mit Gewalt voraus. Das liegt hier sicher nicht vor. Bliebe also nur die "normale" Nötigung:

§ 240 Nötigung
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

[…]

Erstmal liegt eine Nötigung erst vor, wenn die Genötigten tatsächlich im beabsichtigten Sinne handeln, sonst ist die Tat höchstens ein Versuch.
Gewalt scheidet wohl aus. Ob ein "empfindliches Übel" angedroht wurde, ist fraglich. Eine Drohung dürfte unter den gegebenen Umständen wohl überflüssig gewesen sein. Allein die Aufforderung, die "richtige" Stimmabgabe zu dokumentieren, kann jedenfalls niemals eine Nötigung im Sinne des StGB sein.
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Martin_D
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 08. Dezember 2008 - 20:08 Uhr:   

Wenn das stimmmt, dass die Abgeordneten dazu aufgefordert wurden, ihre an sich geheime Stimmabgabe zu dokumentieren, dann ist das für mich ein Skandal von einem Ausmaß, dass im Vergleich dazu alles andere, was man bisher Frau Ypsilanti vorgeworfen hat, fast schon Belanglosigkeiten sind.

Das hätte dann allmählich schon die Qualität des Barschel-Skandals.
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 08. Dezember 2008 - 22:46 Uhr:   

Ich muss sagen, diese monatelange Kampagne - denn die Vorwürfe der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sind ja nicht bewiesen, ansonsten könnte sie ja Strafanzeige stellen - nervt allmählich. Frau Ypsilanti hat vor der Wahl gesagt, sie werde nach der Wahl nicht mit der Linkspartei zusammenarbeiten. Dies war ein Wortbruch, ein Fehler und der ist von der SPD-Spitze auch so benannt worden. Zu dem Handyvorwurf heißt es heute in der FAZ:

"Es sei unter Kollegen in der Fraktion beim Kaffee oder Mittagessen „zu Anfang im Scherz“ darüber gesprochen worden, wie man im Falle eines Scheiterns der Ministerpräsidentenwahl nachweisen könne, für Andrea Ypsilanti gestimmt zu haben, sagte Frau Everts. Später habe sie die Überlegungen unter Kollegen, sich mit dem Handy bei der Stimmabgabe zu fotografieren, als Zeichen dafür empfunden, „wie groß der Druck gewesen ist und welches Klima der Angst in Fraktion und Partei geherrscht haben“. Unabhängig von diesen inoffiziellen Debatten außerhalb der Fraktion habe sie ein „gutgemeinter Ratschlag“ aus ihrem SPD-Umfeld in Groß-Gerau erreicht, ihre Stimmabgabe per Handyfoto zu dokumentieren.

Frau Everts bekräftigte, dass für sie und ihre Kollegen ein Nein zu Andrea Ypsilanti in geheimer Abstimmung nie zur Debatte gestanden habe: „Ich hätte es nicht geheim machen können. Wir wollten den geraden Weg gehen, um unsere guten Gründe und Motive für ein Nein erklären zu können.“ Der frühere Fraktionsvorsitzende Walter sagte: „Es gab keine SPD-Abgeordneten, die nicht irgendwann mit diesem Thema kamen.“ Auf den Fluren der SPD-Fraktion sei darüber gesprochen worden, wie man nachweisen könne, „es nicht gewesen zu sein, wenn zwei Stimmen für die Wahl Andrea Ypsilantis fehlen“. Auch Kollegen vom linken „Vorwärts“-Flügel hätten die Möglichkeit erwogen, ihre Stimmabgabe zu fotografieren. Offiziell und in Fraktionssitzungen sei es jedoch kein Thema gewesen. In der SPD-Fraktion hieß es am Montag auch, dass es Walter, Carmen Everts und Silke Tesch gewesen seien, die diesen Schritt erwogen hätten, um hinterher beweisen zu können, dass sie Andrea Ypsilanti mitgewählt hätten."
Quelle: www.faz.net

Zitatende
Dass die Ypsilanti-Kritiker sich unter Druck gefühlt haben, ist unbestritten. Aber aus dem Zitat der ja nun durchaus konservativen FAZ geht auch hervor, dass die SPD-"Abweichler" selber bestätigen, dass niemand in der SPD diese Personen dazu aufgefordert hat, ihr abweichendes Stimmverhalten zu dokumentieren.

Ich finde es haarsträubend, dass eine sich seriös nennende Zeitung wie die FAZ in ihrer gestrigen Sonntagszeitung derart unbewiesene Behauptungen und Gerüchte als Fakten verkauft. Hier wird doch jedem klar, dass gegen die SPD eine Kampagne gefahren wird.

Es geht nicht darum, inhaltlich in der Sache zu argumentieren und sich argumentativ mit den politischen Ansichten des politisch Andersdenkenden auseinanderzusetzen. Offenbar geht es darum, den Andersdenkenden zu diffamieren.

Wo bleibt etwa das Geschrei der Medien darüber, dass die FDP mit Herrn Hahn auch nur Gespräche mit der SPD und den Grünen zur Bildung einer Ampel-Koalition verweigert hat. Hier hat Jürgen Walter in seiner Rede im hessischen Landtag anlässlich der Auflösung dieses Gremiums vollkommen richtig festgestellt: wenn Gespräche geführt worden wären und es zu keiner Einigung gekommen wäre, wäre dies nachvollziehbar gewesen.

Genauso wundert mich schon, dass sich Herr Hahn am selben Tag wortreich darüber aufregt, dass SPD, Linke und Grüne sich lange dem Wunsch der Mehrheit der Hessen nach Neuwahlen verweigert hätten. Ja, es würde keine Neuwahlen geben, wenn SPD, Grüne und Linke - und die "Abweichler", die ja an Neuwahlen nicht interessiert waren, weil sie im Landtag bleiben wollten - zugelassen hätten, da es dann keine 56 Stimmen zur Auflösung des Landtages gegeben hätte.

Wo war denn die FDP, als es im Jahre 2000, nach dem "Schwarzgeldskandal" darum ging, in Hessen neu wählen zu lassen? Ich kann mich nicht erinnern, dass der Landtag im Jahre 2000 bzw. 2001 mit den Stimmen aller Parteien vorzeitig aufgelöst worden wäre.

Um dies klarzustellen: die Art, wie Frau Ypsilanti den Wähler belogen hat, ärgert mich auch heute noch. Sie hätte ehrlich vor der Wahl sagen sollen, was sie nach der Wahl tut.

Aber diese Art von Kampagne, die von einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Kernpunkten der Parteiprogramme ablenkt und möglicherweise bewußt ablenken soll - und diese Kampagne wird m.E. geführt von Union und FDP - die ärgert mich in zunehmendem Maße ebenfalls.

Wenn eine seriöse Zeitung - und die FAZ will sich dazu zählen - solche Vorwürfe erhebt, dann muss sie sie auch beweisen bzw. gegen diejenigen, die eine Nötigung begangen haben, Klage einreichen. Und nicht mit Gerüchten Stimmung machen. Dies geht m.E. zu weit.

Dies ist meine Meinung zum Thema.
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Florian das Original
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 09. Dezember 2008 - 01:34 Uhr:   

Bernhard:
Du hast sicher recht, dass das eine recht dünne Geschichte ist.
Allerdings sehe ich nicht, welchen Vorwurf man da der FAZ machen kann.

Schau Dir z.B. diesen Link auf die (linksorientierte) Frankfurter Runschau an:
http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/hessen/1642695_Das-Geruecht-vom-Wahlbetrug.html

Dort werden ganz konkret SPD-Mitglieder benannt, die den Vorwurf vom Wahlbetrug erheben: Ein Jochen Meurers und ein Rainer Lehmann.
Natürlich sind das Hinterbänkler. Und natürlich ist es gut möglich, dass die zwei nicht die Wahrheit sagen. Kann schon sein, dass das nur Gerüchte sind. Aber es sind eben Gerüchte, deren (SPD-interne) Quellen klar benannt werden.
(Wobei es schon fast wieder typisch ist, dass gegen die beiden parteiintern gleich wieder mit der juristischen Keule vorgegangen wird. Irgendwie scheint man bei der Hessen-SPD mit interner Kritik einfach nicht angemessen umgehen zu können).

Aber deshalb ist es ja wohl trotzdem korrekter Journalismus, wenn die FAZ die Geschichte der beiden bringt.
Es ist ja wohl kaum der FAZ vorzuwerfen, dass die Hessen-SPD das Bild eines Intrigantenstadels vermittelt in dem jeder gegen jeden den Dolch zückt.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 09. Dezember 2008 - 09:26 Uhr:   

@Bernhard:
> diese monatelange Kampagne ...
Diese Bezeichnung paßt schon mal gar nicht.
Eine Kampagne setzt ja voraus, daß da jemand langfristig plant und steuert.
Im hessischen Chaos kann davon keine Rede sein.

Es ist halt in erster Linie die SPD, die immer wieder (und völlig unvorhersehbar) für neue Nachrichten sorgt und dabei auch ständig neue Tiefpunkte erreicht.
Daß Medien und andere Parteien darauf einsteigen, ist völlig normal.

> Dies war ein Wortbruch, ein Fehler und der
> ist von der SPD-Spitze auch so benannt worden.
Nicht wirklich - Gümbels vorsichtige Kritik am Wortbruch ist ja sofort wieder von Ypsilanti in der gemeinsamen Erklärung kassiert worden.
Und "Fehler" ist eher eine Verniedlichung - als wäre ihr das rein aus Versehen passiert.

Und vor allem hat die SPD den "Fehler" doch bis heute nicht korrigiert: Obwohl ja alle vor der Wahl genannten Gründe gegen eine Kooperation mit der Linken noch gelten, hat sie den Schwenk zum Linksbündnis nicht zurückgenommen.

> Ich finde es haarsträubend, dass eine sich
> seriös nennende Zeitung wie die FAZ in ihrer
> gestrigen Sonntagszeitung derart unbewiesene
> Behauptungen und Gerüchte als Fakten verkauft.
Hat sie doch gar nicht getan - sie hat genau die Behauptungen dokumentiert.
Und daß das Handyphoto zum Unterlaufen der geheimen Wahl ernsthaft diskutiert wurde, wird ja gar nicht mehr bestritten - nur daß es nicht offizielle Order der Fraktionsführung war.
Das sagt schon viel über den inneren Zustand der SPD-Fraktion aus.

> Wo bleibt etwa das Geschrei der Medien darüber,
> dass die FDP mit Herrn Hahn auch nur Gespräche
> mit der SPD und den Grünen zur Bildung einer
> Ampel-Koalition verweigert hat.
Äh wie?
Dieselben Medien, die Ypsilantis Wortbruch kritisieren, hätten einen Wortbruch Hahns fordern sollen?

> Wo war denn die FDP, als es im Jahre 2000,
> nach dem "Schwarzgeldskandal" darum ging,
> in Hessen neu wählen zu lassen?
Damals war die FDP im Zentrum der Aufmerksamkeit - wie die SPD heute.
Und sie hat sich intern sehr heftig über diese Frage auseinandergesetzt. Mit großen Debatten und einem Sonderparteitag.
Man muß ja dessen Ergebnis nicht mögen (und die SPD mochte es natürlich nicht), aber auf jeden Fall hat die FDP damals demonstriert, wie innerparteiliche Demokratie funktioniert.
Da hat nicht die Landesführung durch die kalte Küche Parteitagsbeschlüsse entsorgt, da wurden Andersdenkende nicht unter Druck gesetzt, da mußte keiner um seine politische Zukunft fürchten, wenn er "falsch" abstimmt.
Der Kontrast zum Sektenverhalten der Ypsilanti-Truppe ist wohl maximal.

> Sie hätte ehrlich vor der Wahl sagen sollen,
> was sie nach der Wahl tut.
Und dann hätte es keine rot/rot/grüne Mehrheit gegeben - deswegen hat sie doch gelogen.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 09. Dezember 2008 - 10:43 Uhr:   

@Ralf
Größtenteils Zustimmung


"Und vor allem hat die SPD den "Fehler" doch bis heute nicht korrigiert: Obwohl ja alle vor der Wahl genannten Gründe gegen eine Kooperation mit der Linken noch gelten, hat sie den Schwenk zum Linksbündnis nicht zurückgenommen."
Jetzt zur kategorischen Ablehnung zurückzukehren, wäre nicht schlau. Einmal werden ihr die allermeisten Wähler einen erneuten Schwenk nicht abnehmen, insbesondere nicht die, die Y im Januar geglaubt haben. In der Mitte könnte die SPD so kein Terrain zurückgewinnen, dafür aber am linken Rand verlieren. Außerdem wäre dann nur noch die Glaubwürdigkeit der SPD Wahlkampfthema. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Jetzt, wo die Wahl eh verloren geht, ist Grasen am linken Rand wohl strategisch am besten. Es besteht ja durchaus die Chance, daß die Kommunisten bei 4,9% landen. Das würde der SPD zwar kurzfristig nichts bringen, langfristig muß es aber das Ziel der SPD sein, die Linkspartei zu marginalisieren.

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