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Archiv bis 11. Juni 2008

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Landtagswahlen in Deutschland » Ministerpräsidentenwahl und Regierungsbildung in Hessen » Archiv bis 11. Juni 2008 « Zurück Weiter »

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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 07. Juni 2008 - 14:50 Uhr:   

Insbesondere auf diesen Artikel der Süddeutschen Zeitung, die ja offenbar Verbindungen zu Frau Metzger zu haben scheint (sie hat als erstes über Frau Metzgers Weigerung, Frau Ypsilanti mit Hilfe der Linkspartei zur Ministerpräsidentin zu wählen, berichtet), stützt sich meine Einschätzung:
http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/426/178880/4/print.html
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 07. Juni 2008 - 15:18 Uhr:   

Auch in diesem Hörfunkinterview des HR wird meine Einschätzung geteilt:
http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?key=standard_document_34426624&jmpage=1&type=a&rubrik=15662&jm=1&mediakey=rubriken/nachrichten/20080607_sylvie_christoph
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Florian das Original
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 07. Juni 2008 - 16:16 Uhr:   

Die Frage ist doch:
Warum hat Ypsilanti bisher eigentlich keinen Versuch unternommen, sich zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen?

(Auch ohne Metzger hätte es ja eine 1-Stimmen-Mehrheit gegeben).

Sofern es (neben Metzger) NUR an Walter lag, dann wäre nach einem Sinneswandel von Metzger nun natürlich möglich, eine Wahl anzustreben.

Meine Vermutung ist aber, dass Ypsilanti das gar nicht so sicher wissen kann. Nachdem Metzger öffentlich so gemobbt wurde ist klar, dass sich andere Linksfront-Gegner in der SPD (sofern es sie gibt) sich jetzt wohl nicht outen werden.

Ypsilanti ginge daher auch dann, wenn Metger auf Linie wäre, weiterhin ein großes Risiko ein.
Nicht nur sie persönlich, sondern auch die SPD insgesamt.
Denn sollte eine Wahl Ypsilantis scheitern, dann dürften die Flügelkämpfe in der Partei voll ausbrechen.
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 07. Juni 2008 - 16:40 Uhr:   

Ich denke, dass Frau Ypsilanti dieses Risiko anstreben wird. Denn was wäre die Perspektive? Gewürge über eine lange Zeit (möglicherweise bis zum regulären Ende der Legislaturperiode hinweg) oder baldige Neuwahlen. Bei Neuwahlen steht sie - nach den jetzigen Umfragen - sowieso als Verliererin fest. Und rot-rot-grün verfügt über 57 Mandate und immerhin haben - mit Ausnahme von Frau Metzger - alle restlichen Abgeordneten aus SPD, Grünen und Linkspartei angekündigt, Frau Ypsilanti zu wählen.

Und gerade jetzt - nach der Erbitterung in diesen Fraktionen über Roland Koch - wäre für Frau Ypsilanti die beste Chance, aus dieser Erbitterung Kapital zu schlagen. Wann je soll sie es sonst versuchen?

Natürlich ist das Risiko eines Scheiterns groß - dass sie eben keine Mehrheit der Landtagsabgeordneten in geheimer Wahl erreicht. Möglicherweise ist es auch genau dies, worauf Koch spekuliert - um dann die Zustimmung zu Neuwahlen bei den dann - entnervten - Grünen leichter zu erhalten. Dieses Risiko wird Frau Ypsilanti aber m.E. eingehen.

Der "Vorteil" gegenüber den Kieler Verhältnissen von 2005 ist, dass hier die SPD eben lange nicht in der Regierung war und Pöstchen zu verteilen sind und außerdem die Erbitterung gegenüber Koch (vgl. insbesondere den Artikel in der Süddeutschen Zeitung) nach seinem Manöver bei den Studiengebühren - im linken Lager so groß ist, dass die Stimmung vorherrschen dürfte: alles ist besser - auch eine Ministerpräsidentin Ypsilanti - als ein Verbleib eines geschäftsführenden Ministerpräsidenten Roland Koch.

Wie lange eine neu gewählte Regierung Ypsilanti überleben kann (man denke an den Flughafen, bei dem die SPD zu der Auffassung gekommen sein soll, man könne den Planfeststellungsbeschluss nicht mehr nachträglich korrigieren und müsse Nachtflüge hinnehmen - eine Sicht, die die Grünen zur Zeit nicht teilen; man denke an die Aufstellung eines Haushaltes 2009, bei dem die Linkspartei Vorbehalte gegen den Verfassungsschutz geäußert haben soll), bleibt abzuwarten. Sollte es dann Neuwahlen geben, weil Frau Ypsilanti für den von ihr vorgelegten Haushalt keine Mehrheit gibt, wäre Koch wieder der Gewinner - als Spitzenkandidat der CDU bei dann fälligen Neuwahlen.

Koch könnte wie folgt spekulieren:

Alles ist besser für ihn als der jetzige Zustand, also der, als geschäftsführender Ministerpräsident Beschlüsse der rot-rot-grünen Opposition ausführen zu müssen und für deren Umsetzung verantwortlich zu sein.

Also will er die Entscheidung möglicherweise jetzt.

Option 1: baldige Neuwahlen (schon wegen der Mehrheiten in der Bundesversammlung im Mai nächsten Jahres).

Wird er aber wohl nicht bekommen, also scheidet dies aus.

Option 2: Jamaica-Koalition unter seiner Führung.

Scheint mir nach dem jünsten Landtagseklat auch unwahrscheinlich.

Option 3:
Ypsilanti fällt bei der Ministerpräsidenten-Wahl durch, weil es zu viele Abweichler im linken Lager gibt. Dann dürften die Grünen baldigen Neuwahlen zustimmen.

Option 4:
Ypsilanti wird mit Mehrheit gewählt, ist dann auch für ihr Regierungshandeln alleine verantwortlich und scheitert in naher Zukunft an Sachfragen oder am Haushalt. Dann gäbe es auch Neuwahlen, die Koch gewinnt.


Meines Erachtens hat Koch vom derzeitigen Zustand die Nase "voll" und erwägt - heimlich - Option 3 oder 4.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 07. Juni 2008 - 17:27 Uhr:   

Wenn Metzger Ja zur MP-Wahl sagt, dann bleibt Y gar nichts anderes übrig, als sich der Wahl zu stellen. Die Vehemenz, mit der man die Frau "umzustimmen" versuchte, legt ohnehin den Schluß nahe, daß es Y versuchen wird, wenn Metzger tatsächlich umschwenkt.

Die Einstellung der SPD-Fraktion finde ich einfach nur lachhaft. Da bekommen SPD und Grüne schon einen Antrag von der Landesregierung vorformuliert, wozu die gar nicht verpflichtet wäre und was schon ein großes Entgegenkommen darstellt, und die versaubeuteln es auf überaus peinliche Weise trotzdem. Und dann beklagt sich Ypsilanti, die Landesregierung sei ihrer Beratunggspflicht nicht nachgekommen. Bei soviel Blödsinn auf einmal sträuben sich die Nackenhaare. Die Regierung hat natürlich nicht die Pflicht, die Fraktionen zu beraten. Und vor allem ist der Landtag u.a. dazu da, die Regierung zu kontrollieren und nicht umgekehrt. Für ihre Dummheiten sind Fraktionen ausschließlich selbst verantwortlich.

Was Frau Metzger da erzählt, ist nun hanebüchener Quatsch, wenn es so stimmt. Seit wann ist das Amt des Ministerpräsidenten parteipolitisch neutral? Da hat die Frau wohl einiges nicht verstanden. Einen Gesetzentwurf gegen die eigene Überzeugung formulieren zu lassen, ist allemal mehr als genug Kooperation der Landesregierung mit SPD und Grünen. Offensichtlich sucht Metzger nur einen Anlaß, um ohne Gesichtsverlust einzuknicken.
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 07. Juni 2008 - 18:20 Uhr:   

Nichts desto trotz kann ich das Verhalten von Roland Koch nicht verstehen. Er wußte vor der Abstimmung doch, dass der Gesetzestext einen Formfehler hatte - eben der entscheidende Satz verschwunden war. Natürlich ist es dilettantisch von der rot-rot-grünen Mehrheit, diesen Satz zu vergessen. Aber aus meiner Sicht hätte Roland Koch, wenn ihm der Formfehler schon vorher bekannt gewesen ist, was ja so war (wenn man seine Rechtfertigung in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ansieht) die Landtagsmehrheit darauf hinweisen müssen. Dies ist sein Fehler - und natürlich willkommener Anlass für SPD, Linke und Grüne, gegen Koch, der mal wieder ein ideales Feindbild abgibt - Stellung zu beziehen. Und genau dieses Verhalten von Koch halte ich für einen eminenten politischen Fehler - denn so liefert er SPD, Grünen und Linkspartei - und möglicherweise auch Frau Metzger, wenn sie ohne Gesichtsverlust eine Kehrtwende vollziehen will (wenn dies so stimmt - genau den von diesen ersehnten Vorwand dazu. Und dies war nicht nötig. Andererseits verwundert es natürlich schon, dass SPD, Grüne und Linkspartei die Hilfe der Landesregierung - hier des Wissenschaftsministeriums - nicht in Anspruch genommen zu haben scheinen. Mir ist dies auch sehr unverständlich.

Aber im Ergebnis haben wir jetzt wahrscheinlich in Kürze eine Regierung, die in allem, was sie tut, von der Linkspartei abhängig ist - und dies sehe ich mit Sorge.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 07. Juni 2008 - 18:47 Uhr:   

Kochs Vorgehen war m. E. sehr geschickt.
Er hat ja sehr darauf geachtet, daß ihm keine wirklich Obstruktion vorgeworfen werden kann: Die Landesregierung hat die Fraktionen ausführlich und korrekt beraten und durch Zeitpunkt und Form seines Einspruchs wird es schnell möglich sein, den Fehler zu reparieren.

Aber er hat rot/rot/grün natürlich öffentlich vorgeführt, das ist auch legitim.

Wenn sich die Akteure von der ersten Wut erholt haben, werden sie dies auch erkennen. Die Schuldfrage ist völlig eindeutig geklärt, die Vorwürfe gegen Koch fallen auf die Schuldigen zurück.

Wie hoch immer die Chancen für Jamaika denn nun wirklich sind - sie sind durch dieses Manöver NICHT gesunken, im Gegenteil.
Jamaika wäre ja sowieso keine Liebesheirat, sondern kann nur kommen, wenn bei den Grünen kühle Taktik die Oberhand behält.

Koch hat ihnen die Alternativen klar gezeigt: Einerseits ist er bereit, inhaltlich große Zugeständnisse zu machen und damit den Grünen den Wechsel zu ermöglichen.
Andererseits hat er ihnen wieder einmal demonstriert, daß die rot/rot/grüne Zusammenarbeit hochproblematisch ist und er immer wieder Möglichkeiten finden wird, sie auflaufen zu lassen.

Hätte er den Grünen im Vorfeld gesagt, wo der Formfehler liegt - dann hätte er doch keine Dankbarkeit geerntet.
Dann wäre der Fehler stillschweigend korrigiert worden, die Öffentlichkeit hätte nur den Triumpf der Linksfront gesehen, die rot/rot/grüne Option wäre attraktiver erschienen als das Jamaika-Wagnis.

Es ist schwer zu sagen, wie sich die Grünen entscheiden werden, da werden auch noch einige Wochen ins Land gehen.
Aber ich halte es für unwahrscheinlich, daß sie wirklich eine Kamikaze-Strategie von Ypsilanti voll mitfahren (trotz der Metzger-Äußerung sehe ich auch in der SPD nicht die nötigen Stimmen für sie).
Daß die Grünen die SPD derzeit für nicht wirklich politikfähig halten, ist ja auch bekannt (allerdings sehen dies nur die Profis in der Fraktion so - die Basis ist da noch lange nicht so weit).

Wahrscheinlich wird es dann doch Neuwahlen geben, mit Hilfe der Grünen, die sich damit die Wahl zwischen Pest und Cholera ersparen.
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 07. Juni 2008 - 18:50 Uhr:   

Linksbündnis
Metzger dementiert Sinneswandel

Dagmar Metzger.Erneuter Wirbel um Dagmar Metzger: Die Darmstädter SPD-Abgeordnete dementierte am Samstagabend Mutmaßungen, sie wolle doch ein von der Linken toleriertes rot-grünes Regierungsbündnis unterstützen.

Mehr zum ThemaRegierung dementiert Neuwahl-Pläne (07.06.)
Auf Anfrage des Hessischen Rundfunks erklärte die Sozialdemokratin, sie sei "über das undemokratische und unkollegiale Verhalten des Ministerpräsidenten" sehr empört. "Das bringt mich natürlich zum Nachdenken." Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" habe diese Aussage aber falsch interpretiert, erklärte Metzger: Das Nachdenken beschränke sich auf die Frage, ob mit einer CDU, die mit "solchen Taschenspielertricks" die Interessen der Bürgerinnen und Bürger mit Füßen trete, irgendeine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sein könnte.

"Genauso wie ich eine solche vertrauensvolle und stabile Zusammenarbeit mit den Linken in Zweifel stelle", betonte Metzger. Sie werde das Verhalten von Herrn Koch und der CDU ebenso kritisch betrachten wie das der Linken.

Kein Zusammenhang mit Rot-Rot-Grün
Mit Rot-Rot-Grün habe das aber nichts zu tun. "Ich werde den Wortbruch des Ministerpräsidenten im Hinblick auf seine Regierungserklärung für eine faire Unterstützung des Parlaments nicht zum Anlass nehmen, mein Wahlversprechen an die hessischen Bürgerinnen und Bürger, nicht mit den Linken zu
kooperieren, in Frage stellen", betonte Metzger. Allerdings, so fügte Metzger hinzu, sei die CDU mit Ministerpräsident Koch nach einem solchen Verhalten für eine sozialdemokratische Partei auch nicht koalitionsfähig.

Dem Magazin "Spiegel" hatte Metzger gesagt, nach den "Machtspielchen der CDU" im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren müsse sie sich über das Thema "noch einmal Gedanken machen". Die Interpretation, sie würde SPD-Chefin Andrea Ypsilanti möglicherweise doch mit dem Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen, erwies sich nun als voreilig.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 07. Juni 2008 - 19:47 Uhr:   

Was erzählt die Frau für einen Stuß? Wenn es keine neue Regierung gibt, wird die SPD mit Koch zusammenarbeiten müssen, egal was Frau Metzger über Koch denkt. Die einzige Möglichkeit, Koch loszuwerden, ist die Linksfront - aber genau die lehnt Metzger gerade ab. Dann bleibt gar nichts anderes übrig, als sich irgendwie mit Koch zu arrangieren, zumal die Linksfraktionen offenbar selbst bei einem vergleichsweise simplen Gesetzentwurf auf die Hilfe der Landesregierung angewiesen sind.

Ohne Koch und Linkspartei gleichzeitig, das geht nicht. Politik ist kein Wunschkonzert.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 07. Juni 2008 - 21:01 Uhr:   

@Thomas Frings,

theoretisch gibt es noch eine weitere Variante: Die Ampel. Diese regiert ja in der Heimatstadt von Frau Metzger, in Darmstadt. Und wir können getrost davon ausgehen das ihr diese Variante am liebsten wäre.
Genauso wie Jamaica wäre die Ampel eine Alternative zu einer Großen Koalition.

Ansonsten bliebe wohl nur der Ausweg über Neuwahlen, wofür alle Parteien sich ihre neue Aufstellung überlegen müssen. Am wahrscheinlichsten wäre dann sicher ein Lagerwahlkampf, wobei die Linke endgültig zu einem Bestandteil des rot-grünen Lagers würde.
Derzeit ist sie das ja nur in spe.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 08. Juni 2008 - 14:15 Uhr:   

Natürlich ist die Ampel theoretisch möglich, aber daß die FDP nicht mitmachen will, ist wohl hinreichend deutlich geworden. FDP-Minister am Kabinettstisch mit Ypsilanti und Scheer - das ist völlig unvorstellbar. Kommunal gibt es alle möglichen Konstellationen. Das ist hier nicht relevant, zumal viele landespolitische Streitthemen kommunal keine oder nur eine geringe Rolle spielen.

Eine Neuwahl ist derzeit unrealistisch. Die Linksfraktionen wissen natürlich, daß eine schwarz-gelbe Koalition das wahrscheinliche Resultat wäre. Daher werden Grüne und erst recht die SPD sicher nicht für eine Auflösung stimmen, die Linkspartei wohl auch nicht, aber der würde ich es noch am ehesten zutrauen. Bis zur Bundestagswahl wird es ziemlich sicher keine Neuwahl geben, danach könnte es Bewegung geben.
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Florian das Original
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 08. Juni 2008 - 14:39 Uhr:   

Ich sehe nicht, warum die PDS für Auflösung sein sollte.

In der jetzigen Situation hat sie doch ordentlichen Einfluss: sie ist Teil einer linken Mehrheit im Landtag. Andererseits ist sie nicht in Regierungsverantwortung, kann also weiterhin Fundamentalkritik am "System" üben.
Die "Systemparteien" SPD und CDU werden sich dabei weiter selbst zerfleischen und ein schlechtes Bild abgeben.
Alles sehr kompfortabel.

Eine Neuwahl könnte diese Situation nur verschlechtern:
- die PDS könnte die 5% Hürde verfehlen, die sie bei der letzten Wahl nur sehr knapp genommen hat.
- Schwarz-Gelb könnte die Mehrheit bekommen und dann wäre die PDS nur noch eine von 3 linken Oppositionsparteien.
- Rot-Grün könnte eine eigene Mehrheit bekommen (unwahrscheinlich, gebe ich zu) und dann auf die PDS nicht mehr angwiesen sein.

Und selbst das "Optimalszenario" wäre für die PDS ungünstiger als die jetzige Situation.
Das Optimalszenario wäre ja, dass es auch bei Neuwahlen eine Rot-Rot-Grüne Mehrheit gäbe.
Allerdings müsste Ypsilanti im Vorfeld der Wahl bereits ankündigen, dass sie ein solches Bündnis anstrebt. Sie könnte im Erfolgsfall dann aber eine echte Koaltion anstreben (und nicht nur ein Tolerierungsmodell).
Aber das Toerierungsmoedell ist für die PDS ja viel attraktiver als eine Koaltion. Denn im ersten Fall kann sie weiter problemlos alles ablehnen was ihr nicht links genug ist, ohne auf die pragmatischen Restriktionen der Realität Rücksicht nehmen zu müssen.
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 09. Juni 2008 - 18:22 Uhr:   

Ypsilanti-Rivale Jürgen Walter schlägt große Koalition vor. Diese sollte von Koch und Ypsilanti geführt werden:
http://www.pr-inside.com/de/hessischer-spd-vizevorsitzender-walter-r632536.htm
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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Juni 2008 - 11:36 Uhr:   

Der Hessische Staatsgerichtshof hat mit 6:5 Stimmen geurteilt, dass die Studiengebühren im Land Hessen, nicht gegen die Landesverfassung verstießen.

Wer bestimmt wie der Staatsgerichtshofes zusammengesetzt wird?
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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Juni 2008 - 12:26 Uhr:   

Mitglieder des Staatsgerichtshofs

Präsident des Staatsgerichtshofs
Universitätsprofessor Dr. Klaus Lange

Vizepräsident des Staatsgerichtshofs
Vorsitzender Richter am Hessischen Verwaltungsgerichtshof Dr. Wolfgang Teufel

Universitätsprofessor Dr. Steffen Detterbeck

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Georg D. Falk

Rechtsanwalt Paul Leo Giani

Vizepräsidentin des Landgerichts Michaela Kilian-Bock

Präsident des Hessischen Landessozialgerichts Dr. Harald Klein

Vorsitzender Richter am Hessischen Verwaltungsgerichtshof Dr. Wilhelm Nassauer

Rechtsanwalt und Notar Dr. Günter Paul

Staatsminister a.D. Rechtsanwalt Rupert von Plottnitz

Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Karin Wolski

Geschäftsleiter des Staatsgerichtshofs:
Regierungsrat Berthold Riehl

Landesanwalt:
Leitender Oberstaatsanwalt und Staatssekretär a.D. Arndt Peter Koeppen


Quelle

http://www.staatsgerichtshof.hessen.de/stgh/stgh.nsf/Frame/W25VDCVK582JUSZDE
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Juni 2008 - 15:08 Uhr:   

Artikel 130 HV

(1) Der Staatsgerichtshof besteht aus 11 Mitgliedern, und zwar fünf Richtern und sechs vom Landtag nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählten Mitgliedern, die nicht dem Landtag angehören dürfen. Bei ihm wird ein öffentlicher Kläger bestellt.

(2) Die Richter werden vom Landtag auf Zeit gewählt, die übrigen Mitglieder zu Beginn jeder neuen Wahlperiode bis zur Wahl durch den neuen Landtag.

(3) Wiederwahl ist zulässig.

(4) Das Nähere über die Bildung des Staatsgerichtshofs, das Verfahren vor ihm, sowie über die Vollstreckung seiner Entscheidungen bestimmt das Gesetz.




Anmerkung:
Die Wahl der fünf sonstigen Mitglieder zu Beginn jeder Legislaturperiode kann man nur als einen besonderen Mißgriff des Verfassungsgesetzgebers bezeichnen. Grund dafür war ein tiefes Mißtrauen des ersten hessischen Justizministers Zinn (SPD) gegenüber der Justiz. Daher sollte das oberste Gericht Hessens eng politisch an die Kandarre genommen werden.

Die fünf sonstigen Mitglieder müssten noch nicht mal Juristen sein, was ebenfalls nur als Mißgriff bezeichnet werden kann. In der Praxis werden allerdings Juristen gewählt. Dennoch ist auch dieser Teil der Regelung als mangelhaft zu bezeichnen.

Die kurze Amtszeit - die daneben noch mit der Wahlperiode des Landtages gekoppelt ist (was an sich schon ein Unding ist), verbunden mit der Wiederwahlmöglichkeit, führt natürlich dazu, dass faktisch die Parteipolitik hier stärkeren Einfluß hat als in Spruchkörpern deren Zusammensetzung mittels eines anderen Verfahrens zusammegesetzt wird.

Zu nennen ist das Bundesverfassungsgericht (Wahl auf 12 Jahre, KEINE Wiederwahlmöglichkeit) oder das Verfassungsgericht von Mecklenburg-Vorpommern (Wahl auf 12 Jahre ohne Wiederwahlmöglichkeit).
Demgegenüber ist die hessische Regelung geradezu beschämend. Sie führt schon strukturell dazu, dass die Migliedes des Staatsgerichtshofs weit mehr parteipolitisch agieren, weil sie auf eine Wiederwahl schielen.
Die andersartige Regelung zum Bundesverfassungsgericht aber auch z.B. in Mecklenburg-Vorpommern hat gute Gründe.
Es wäre wirklich an der Zeit diese historische Fehlleistung des Verfassungsgesetzgebers zu korrigieren.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Juni 2008 - 15:12 Uhr:   

Kurze Anmerkung zum Urteil:


Das Urteil ist in der Form und mit dem Abstimmungsergebnis (6-5) erwartet worden.
Ich halte das Urteil des Hessischen Staatsgerichtshof inhaltlich für gut begründet und für rechtlich konsequent. Der Hessische Staatsgerichtshof hatte sich schon in der Vergangenheit zur Frage von Studienbeiträgen geäußert, dies als soziales Grundrecht eingestuft und damit dem Gesetzgeber die Möglichkeit zu differenzierenden Regelungen eröffnet (Art. 59 V enthält auch einen Gesetzesvorbehalt).
Die heutige Entscheidung liegt völlig in der Logik der Rechtsprechung des Hessischen Staatsgerichtshof in den letzten Jahrzehnten.

Ich verweise auf die Ausführungen die der Staatsgerichtshof ab S. 51 macht:

http://www.staatsgerichtshof.hessen.de/C1256E20003AD625/vwContentByKey/W27FGHZ6581JUSZDE/$File/2133_2158_Urteil.pdf
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Juni 2008 - 15:47 Uhr:   

@Marc:
Zustimmung. Sowohl zur Regelung des Verfassungsgerichts wie zum Urteil selber.

Die Gerichtszusammensetzung gehört halt zu den vielen Altlasten rings um das Thema Landesverfassung, die schon längst mal in einem Aufwasch hätten behoben werden sollen (Stichwort Todesstrafe).
Nur sind halt die Gräben zwischen SPD und CDU in Hessen schon lange so tief, daß keine vernünftige Zusammenarbeit selbst in solchen Fragen möglich war.

Das Urteil war in der Tat zu erwarten.
Ich habe es auch nie verstanden, warum die SPD sich auf dieses dünne Eis mit der Verfassungsklage begeben hat.
Inhaltlich bringt das Urteil wenig Änderung - der Gesetzgeber kann Gebühren einführen, es aber auch lassen.
Aber psychologisch stehen sie jetzt ein weiteres Mal als Verlierer da.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Juni 2008 - 17:02 Uhr:   

@Ralf,

SPD und Grüne haben diese Klage schon aus politischen Gründen einreichen müssen, um ihre Ablehnung der Studiengebühren im Wahlkampf zu demonstrieren. Es gab ja daneben noch die Klage aufgrund der Unterschriften von 1% der Stimmberechtigten gemäß Art. 131 II HV. Auf den Zug mussten SPD und Grüne schon aus politischen Gründen aufspringen.

Die Frage der Studiengebühren war ja schon bei den Verfassungsberatungen in Hessen 1946 strittig. Der unmögliche Wortlaut des Art. 59 I HV, der in S. 3 das Gegenteil sagt was S. 1 postuliert, war das Ergebnis. Der hessische StGH hat diese Frage durch sein Urteil an die Politik zurückgewiesen.
Das ist zu begrüßen.

Psychologisch sind SPD und Grüne nun erstmal Verlierer. Wenn sie aber am 17.6. die Abschaffung durch den Landtag bringen - mit einem vollständigen Gesetzesänderungsantrag.lol. - werden sie psychologisch wieder Auftrieb bekommen.

Danach ist aber erstmal das Sommerloch. Im Herbst dürfte sich dann abzeichnen ob man den Status quo so weiterfahren will oder nicht.
Frau Ypsilanti und ihre Getreuen werden sicherlich fieberhaft daran arbeiten in der Partei Stimmung für einen erneuten Anlauf im Herbst zu machen....
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Juni 2008 - 17:48 Uhr:   

@Marc:
> SPD und Grüne haben diese Klage schon aus
> politischen Gründen einreichen müssen ...
Schon klar, daß das damals die Motivation war.
Aber "müssen" stimmt eben nicht.
Sie hatten nur nicht die Kraft und das Selbstbewußtsein, eine rein politische Ablehnung zu begründen.
Und damit sind sie sehenden Auges in das Risiko gegangen, dann auch mit der Klage politisch zu verlieren.

Das ist recht symptomatisch für die Probleme der SPD: Zu oft wurde kurzsichtig entschieden, weil irgendein Manöver tagespolitisch Nutzen versprach.
Die Risiken für den mittel- und langfristigen Schaden wurden ignoriert.
Und von diesen Sachen werden sie dann immer wieder eingeholt, nicht in jedem Einzelfall, aber in der Masse fast schon programmiert: Ein Schritt vor, und später dann zwei Schritte zurück.

20-X% sind nicht die Folge einer Person oder einer aktuellen Fehlentscheidung, sondern wurden in langjähriger Arbeit "erreicht".

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