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Regierungskrise in Kiel - platzt die ...

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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 11:28 Uhr:   

Laut Medienhinweisen gibt es eine ernsthafte Krise der großen Koalition in Kiel. CDU-Ministerpräsident Carstensen verlangt von der SPD, den Parteivorsitzenden Ralf Stegner, der Innenminister ist, aus dem Kabinett abzuziehen. Die große Koalition steht offenbar vor einem Bruch. Wie geht es dann weiter? Neuwahlen? Carstensen könnte die Vertrauensfrage stellen. Sollten nur CDU und FDP für ihn stimmen, so hätte er im Landtag keine Mehrheit mehr und das Parlament könnte dann aufgelöst werden.
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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 11:37 Uhr:   

Und hier der Bericht der Berliner Umschau (www.berlinerumschau.com) hierzu:

Politik
Carstensen stellt SPD Ultimatum

Koalitionskrise in Schleswig-Holstein

Von Ludwig Wenger

Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen, hat die SPD ultimativ aufgefordert, ihren Innenminister, SPD-Landeschef Ralf Stegner, als Minister aus dem Kabinett zurückzuziehen. Anderenfalls werde er die Koalition nicht fortsetzen.

Anlaß dieses Vorstosses war ein Auftritt Stegners vor dem Landtag, bei dem dieser erklärte, er werde die in der Koalitionsvereinbarung festgelegte Eigenbeteiligung der Eltern an den Kosten für die Schulbusse wieder zurücknehmen. Carstensen hatte dies als „provokativen Auftritt“ bezeichnet. Stegner wende sich damit vom vereinbarten Sparkurs ab. Zwar wolle er (Carstensen) die Koalition bis 2010 fortsetzen, aber „nicht mit Stegner“. Die SD erklärte ebenfalls, sie wolle die Koalition fortsetzen, aber über ihr Personal entscheide sie selbst. Man sei allerdings bereit, sich mit Carstensen und der CDU über das „Koalitonsklima“ zu unterhalten.

Inzwischen hat die CDU das Angebot der SPD zu einem Gespräch angenommen. Noch am heutigen Montag soll es zu einem Krisengipfel kommen und bereits am Abend will sich die CDU in Kiel vor der Presse äußern.

Veröffentlicht: 17. September 2007
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 13:17 Uhr:   

Schön wäre ein Platzen aus liberaler Sicht in jedem Fall. Bei einer Neuwahl wäre eine schwarz-gelbe Mehrheit wahrscheinlich. Aber die Auflösung müßte mit 2/3-Mehrheit beschlossen werden.

Um eine Koalition platzen zu lassen, ist der Anlaß eigentlich viel zu nichtig. Wenn man weitermachen will, findet man schon einen Weg. Wenn man bloß einen Anlaß sucht, hat man ihn eben jetzt, genau wie mit dem Lambsdorff-Papier für das Ende der sozialliberalen Koalition heute vor 25 Jahren. Daß Carstensen ernsthaft glaubt, Stegner loswerden zu können und die Groalition fortzusetzen, ist ausgeschlossen. So naiv kann keiner sein.
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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 14:26 Uhr:   

Quelle: www.spiegel-online.de

SCHLESWIG-HOLSTEIN
Große Koalition an der Waterkant in Gefahr
Von Alexander Schwabe

Die Große Koalition in Schleswig-Holstein in schwerem Fahrwasser: Ministerpräsident Carstensen (CDU) will nur ohne Innenminister Stegner weiterregieren. Die SPD jedoch stellt sich hinter ihren Vorsitzenden. Heute Mittag soll ein Krisengipfel steigen. Ort und Zeit: geheim.

Hamburg - Die CDU Schleswig-Holstein hat die Nase gründlich voll. Innenminister Ralf Stegner (SPD) halte sich nicht an die Koalitionsdisziplin, und - was noch mehr verärgert - er stelle Absprachen falsch dar. "Wenn er das Parlament belügt, ist Schluss", wettert ein CDU-Abgeordneter. Namentlich CDU-Bildungspolitikerin Susanne Herold macht ihrem Ärger Luft: "Herr Stegner stellt in persona eine Provokation dar." Und politisch droht Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) mit dem Schlussstrich: Stegner müsse zurücktreten, fordert er. Er wolle die Große Koalition bis 2010 fortsetzen, aber bitteschön nicht mit Stegner.


Die Krise hat sich dermaßen verschärft, dass ein Krisengipfel den nächsten jagt. Aus gut unterrichteten Kreisen erfuhr SPIEGEL ONLINE, dass Spitzenleute beider Parteien sich in Berlin in den Parteivorständen beraten sollen. Die Kieler Krise wird also mit den Spitzen der Bundespartei verhandelt. Die Große Koalition in Berlin versucht offenbar alles, diejenige an der Förde zu retten. Ein Bruch in Kiel würfe einen Schatten auf die Hauptstadt.

Dann sickerte durch, dass die CDU-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag um 16 Uhr zu einer Sitzung in Rendsburg zusammenkommen will. Es soll darüber beraten werden, wie mit der SPD weiter umgegangen werden soll. Auf ein Gesprächsangebot der SPD ist die CDU bereits gestern Abend eingegangen. Und weiter war zu erfahren, dass sich "im Laufe des Nachmittags" noch die Landesspitzen von CDU und SPD direkt treffen wollen. Ort und Zeitpunkt werden geheim gehalten.

SPD-Chef Kurt Beck hatte vergangene Woche persönlich interveniert, um ein vorzeitiges Aus von Schwarz-Rot im Norden abzuwenden. Nach Informationen des "Flensburger Tageblatts" forderte Beck die schleswig-holsteinische SPD von einer Tagung in Prag aus telefonisch auf, zu einer Deeskalation beizutragen.

Innenminister Stegner gab sich denn auch am Freitag vor dem Parlament in Kiel reumütig. Er bedauere seine Aussage, die "missverstanden werden konnte". Er habe sie entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten "in Erregung" gemacht. Er bekannte sich zur Großen Koalition: "Bei allem Ringen um das eigene Profil gibt es keine Alternative zur gemeinsamen Regierung von CDU und SPD."

Worum ging es? Die CDU hatte Stegner vorgeworfen, sich nicht an Koalitionsabsprachen zu halten. Der Innenminister hatte im Landtag frank und frei erklärt, er wolle die vereinbarte Elternbeteiligung an den Schulbuskosten wieder ändern. Hintergrund ist der Kampf um das Schulgesetz, bei dem sich die SPD mit dem von ihr favorisierten Modell der Gemeinschaftsschulen durchgesetzt hat.

Begonnen hatte die Konfliktrunde vergangene Woche allerdings mit harscher Kritik von CDU-Fraktionschef Johann Wadephul an Stegner: Er lastete ihm nicht nur einen Linksruck der Landes-SPD an, sondern auch eine Wortwahl ähnlich "wie Gysi und Lafontaine". Es ist offensichtlich, dass die CDU jede nur greifbare Möglichkeit nutzt, ihren "Lieblingsgegner" Stegner ins Fadenkreuz zu nehmen.

Stegner steuert seit längerem einen harten Profilierungskurs innerhalb der Großen Koalition. Dies gefällt durchaus nicht allen einflussreichen Sozialdemokraten - doch die Landespartei hatte ihn erst vor einem halben Jahr mit fast 90 Prozent zum Vorsitzenden gewählt, obwohl sie um seinen Politikstil wusste.

Bisher zeigt sich die SPD geschlossen. Die Rücktrittsforderungen schmettert sie ab, wenngleich auch unter Parteifreunden erneut das Wort "beratungsresistent" bezüglich Stegner die Runde macht. Doch in Personalfragen für Ministerposten lasse man sich nicht hineinreden, sie würden von der SPD und nicht vom CDU-Ministerpräsidenten gemacht, hieß es. So stehe es auch im Koalitionsvertrag.

Es ist nicht das erste Mal, dass Carstensen Stegner loswerden will. Das Regierungsbündnis wendete schon im Mai einen Bruch nur knapp ab. Bereits damals stand Stegner auf der Kippe. Doch der Regierungschef scheute davor zurück, Stegner zu feuern, weil damit wohl das Ende der Koalition besiegelt wäre - was dem Wähler kaum schlüssig zu vermitteln wäre.

Neuwahlen herbeizuführen, dürfte der CDU ohnehin nicht gelingen - auch nicht mit Unterstützung der Opposition. Denn die Sozialdemokraten haben - angesichts schlechter Umfragewerte - bereits angekündigt, diese zu verhindern. Im Landtag aber wäre dazu eine Zweidrittelmehrheit nötig. Laut der letzten Forsa-Umfrage käme die CDU auf 40 Prozent, die SPD auf 32, die Grünen auf 9 und die FDP auf 8 Prozent.

Mit Material von dpa und AP

Die SPD könnte auch erneut versuchen, mit Hilfe von Grünen und SSW Stegner zum Ministerpräsidenten in Schleswig-Holstein zu wählen. Besonders pikant: es wurde ja gemunkelt, dass es Stegner gewesen sein könnte, der 2005 Frau Simonis viermal die Stimme verweigerte und so das geplante Bündnis SPD, Grüne, SSW zum Platzen brachte. Pikant wäre, wenn eine Neuauflage dieses "Bündnisses" mit einem Ministerpräsidenten-Kandidaten Stegner plötzlich eine Ein-Stimmen-Mehrheit vor CDU und FDP hätte. 2005 hatte das angedachte Bündnis aus SPD, Grünen und SSW zwar rechnerisch eine Stimme Mehrheit, in den Abstimmungen um die Neuwahl der damaligen Ministerpräsidentin ergab sich aber ein Patt. Wer der Abweichler war, der in der SPD-Fraktion vermutet wurde, ist ja offiziell niemals geklärt worden.
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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 14:45 Uhr:   

Es gibt allerdings noch Art. 36 der Landesverfassung:
Artikel 36
Vorzeitige Beendigung der Wahlperiode durch die
Ministerpräsidentin oder den Ministerpräsidenten
(1) Stellt die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident in einem Antrag die Vertrauensfrage, ohne hierfür die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Landtages zu finden, so kann die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident binnen zehn Tagen die Wahlperiode vorzeitig beenden. Zwischen dem Antrag und der Abstimmung müssen achtundvierzig Stunden liegen. Artikel 13 Abs. 3 ist anzuwenden.

(2) Das Recht der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten zur vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode erlischt, sobald der Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder eine andere Ministerpräsidentin oder einen anderen Ministerpräsidenten wählt.
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mma
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 14:51 Uhr:   

("Besonders pikant: es wurde ja gemunkelt, dass es Stegner gewesen sein könnte, der 2005 Frau Simonis viermal die Stimme verweigerte und so das geplante Bündnis SPD, Grüne, SSW zum Platzen brachte. Pikant wäre, wenn eine Neuauflage dieses "Bündnisses" mit einem Ministerpräsidenten-Kandidaten Stegner plötzlich eine Ein-Stimmen-Mehrheit vor CDU und FDP hätte.")

So, so. Nicht etwa weil X der bislang geheime Bösewicht war, sondern weil von irgendwem per Passivkonstruktion so etwas "gemunkelt wurde", wäre es jetzt pikant, wenn X nunmehr selbst das Amt bekäme.
Merke: Irgendetwas wird schon hängen bleiben.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 15:02 Uhr:   

@Bernhard: Stimmt, hatte ich vergessen.

Das macht das Ganze einfacher. Man muß das Mißtrauen ja auch nichtmal fingieren wie bei Schröder.

Spekulationen über den "Bösewicht" halte ich aber für Unsinn. Stegner hatte keinen nachvollziehbaren Grund, immerhin konnte er als "Kronprinz" damit rechnen, Simonis während der Legislaturperiode zu beerben, wenn die SPD-Grüne-SSW-Regierung zustande gekommen wäre.

Welche Abweichler in Niedersachsen 1976 für Albrecht gestimmt haben, ist auch nie rausgekommen. Dabei hätten sich nach 1982 zumindest FDPler gefahrlos bekennen können.

"Die SPD könnte auch erneut versuchen, mit Hilfe von Grünen und SSW Stegner zum Ministerpräsidenten in Schleswig-Holstein zu wählen"
Unwahrscheinlich, daß der SSW mitmacht. Außerdem wäre es auch für die SPD nicht gerade ein guter Wahlkampfstart, wenn es schief geht.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 16:21 Uhr:   

Das wird spannend.
Carstensen hat m. E. extrem hoch gepokert.
Und er hätte als MP die Möglichkeit, Stegner zu entlassen - der muß nicht zurücktreten.

Worauf die SPD wohl die Koalition aufkündigen würde und der Automatismus Richtung Neuwahlen liefe.

Nun mögen die Leute normalerweise keine vorgezogenen Neuwahlen, wer da den schwarzen Peter behält, d.h. in der Öffentlichkeit als "schuld" gilt, wird bei der Wahl Probleme bekommen.

Ich habe die Vorgeschichte nicht verfolgt und bin daher unsicher, ob Carstensen "Illoyalitäten" oder ähnliche Vorwürfe gegen Stegner schon deutlich genug gemacht hat, um dessen Rauswurf rechtfertigen zu können.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 16:34 Uhr:   

Das wird spannend.
Carstensen hat m. E. extrem hoch gepokert.
Und er hätte als MP die Möglichkeit, Stegner zu entlassen - der muß nicht zurücktreten.

Worauf die SPD wohl die Koalition aufkündigen würde und der Automatismus Richtung Neuwahlen liefe.

Nun mögen die Leute normalerweise keine vorgezogenen Neuwahlen, wer da den schwarzen Peter behält, d.h. in der Öffentlichkeit als "schuld" gilt, wird bei der Wahl Probleme bekommen.

Ich habe die Vorgeschichte nicht verfolgt und bin daher unsicher, ob Carstensen "Illoyalitäten" oder ähnliche Vorwürfe gegen Stegner schon deutlich genug gemacht hat, um dessen Rauswurf rechtfertigen zu können.
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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 18:11 Uhr:   

Meines Erachtens spekuliert Carstensen genau auf Art. 36 der Landesverfassung. Die CDU hat im Landtag 30 Mandate, die SPD 29, Grüne und FDP je 4 Mandate. Schwarz-gelb kommt also auf 34 Sitze, rot-grün auf 33. 2 Sitze hält der SSW, der ja eher rot-grün zuneigt. Zwar müssten mindestens 47 der 69 Parlamentarier für eine Selbstauflösung des Landtags stimmen und da die SPD mit 29 Abgeordneten mehr als ein Drittel aller Sitze hat, wird der Landtag sich nicht mit Zweidrittelmehrheit auflösen können. Aber: gesetzt den Fall, Carstensen stellt die Vertrauensfrage und erhält maximal 34 Stimmen (CDU und FDP) und Stegner wird nicht binnen 10 Tagen zum neuen Ministerpräsidenten gewählt, weil der SSW entweder nicht erneut eine Absprache mit SPD und Grünen eingehen wird oder das Risiko eines erneuten Scheiterns eines SPD-Ministerpräsidentenkandidaten als zu groß erscheint oder Stegner - wie Simonis 2005 - ebenfalls nur 34 Stimmen erhält, dann bliebe Carstensen als CDU-Ministerpräsident einer CDU-Minderheitsregierung vorerst im Amt, der Landtag wäre nach 10 Tagen aufgelöst - nach Art. 36 Landesverfassung. Neuwahlen würden vermutlich eine Mehrheit für CDU und FDP ergeben - so dürfte Carstensen spekulieren. Mal sehen, wie es weitergehen wird.
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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 19:26 Uhr:   

ZDF heute meldet soeben zum Abschluss seiner Sendung, man habe eben aus Kiel erfahren, dass die große Koalition fortgesetzt werde
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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 19:28 Uhr:   

Carstensen im NDR: Stegner geht aus dem Kabinett und wird am 15. Januar 2008 aus dem Kabinett in Kiel ausscheiden
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PNK (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 19:41 Uhr:   

Ich halte Neuwahlen für puren Unsinn.
Denn: gerade in dem Fall der unmittelbar anstehenden Neuwahl würde Stegner dann doch höchst wahrscheinlich von irgendeinem Dreierbündniss gewählt werden. SSW und Grüne würden ihn unter bestimmten Zugeständinssen gewiss wählen und unter der Voraussetzung, dass Stegner rausgeworfen wird und Carstensen daraufhin die Vertrauensfrage verliert, würde Stegner jawohl doch 29 SPD-Stimmen holen...
Carstensen würde Gefahr laufen politischen Selbstmord zu begehen, bevor seine überhaupt Karriere angefangen hat.
Seine Alternativen m.E.:
Bis 2010 mit Stegner oder eine Dreierkoalition, die vor dem von Bernhard Nowak geschilderten Vorgehen auszuloten wäre. Hätte man etwas stehen oder könnte auch nur den Anschein erwecken, dann würde die SPD vielleicht einknicken. Für politische Erpressungsspielchen sind die Machtverhältnisse mit 30-29 allerdings nicht eindeutig genug.
Für Stegner gilt: Patex oder ebenfalls schnellst möglich eine Dreierkoalition auf die Beine stellen, z.B. ein neuerlicher Ampelversuch mit Blick auf Berlin 2009 (für die FDP interessant).
Und zu den Umfragewerten: der Wähler steht nicht auf Possen und der Grund wäre ziehmlich nichtig.
8%-Punkte Vorsprung sind ziehmlich schnell weg, es soll ja auch nicht ganz wenige zuletzt unwillige SPD-Stammwähler in SH geben.
Mein Tip daher: nächste Woche redet da keiner mehr drüber, entweder man einigt sich in Kiel oder aber spätestens in Berlin. Der Schaden für die große Koalition in Berlin wäre zwar nicht imens, ein Aufhorcher wäre ein solcher Krach aber schon, zumal die Zeitungen sicher nach solchen Geschichten über Unfrieden etc. in großen Koalitionen gieren. Und was würde man wieder über den armen Kurt Beck sagen, wenn er hier "wieder" versagt?
Ich kann mich natürlich auch irren.
Ich sehe gerade auf tagesschau.de, dass Stegner geht und die Koalition hält. Unbegreiflich (aus Sicht der SPD).
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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 17. September 2007 - 19:55 Uhr:   

Stegner-Rücktritt sichert Große Koalition in Kiel

CDU und SPD in Schleswig-Holstein haben ihre bislang schwerste Koalitionskrise beigelegt und einen Bruch des Bündnisses abgewendet. Dazu tritt Innenminister Ralf Stegner (SPD) zurück. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sagte am Montagabend in Rendsburg, Stegner habe das Angebot gemacht, zum 15. Januar 2008 aus dem Kabinett auszuscheiden. "Ich habe es angenommen", sagte der Regierungschef. "Wir haben noch viel für unser Land zu tun." Auslöser für die Krise war ein Streit um Stegner. Die CDU warf dem SPD-Politiker wiederholte Provokationen und ein Abweichen von Koalitionsabsprachen vor. Darüber war es bereits mehrfach zum Krach zwischen beiden Partnern gekommen. Carstensen hatte die SPD in Verhandlungen aufgefordert, ihren Parteichef als Minister zurückzuziehen. Die Sozialdemokraten stellten sich daraufhin zunächst vor Stegner.

"Entscheidung nicht aus Berlin beeinflusst"
Stegner sagte zur Begründung seines Rücktritts, er wolle den Wahlkampf für die von ihm beabsichtigte Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2010 nicht aus einem Regierungsamt heraus führen. Dies gebe ihm die "Freiheit, den Wahlkampf so zu führen, wie es meinem Naturell entspricht". Im Januar werde der SPD-Landesvorstand eine Empfehlung für seine Nachfolge als Innenminister abgeben. Bis dahin bleibe er im Amt. Seine Entscheidung sei nicht aus Berlin beeinflusst worden, versicherte Stegner. Er habe SPD-Chef Kurt Beck aber bereits über die Entscheidungen informiert.

Quelle: www.ndr.de
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 07:41 Uhr:   

Schade, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Die SPD muß schon sehr verzweifelt sein und panische Angst vor einer Neuwahl haben, wenn sie sich ihr Personal vom Koalitionspartner vorschreiben läßt.

Aber sollte die CDU tatsächlich eine vorgezogene Wahl anstreben, wird sie schon einen neuen Krach provozieren oder bewußt hochlochen lassen.
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PNK (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 08:19 Uhr:   

Wieso schade? Den Kommentar verstehe ich wirklich nicht.
Aber wenn eventuelle Provokationen eines Innneministers Grund sind, diesen aus dem Amt zu drängen, dann hat Merkel schon zwei ganz heiße Kandidaten...
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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 08:47 Uhr:   

Große Koalition in Kiel bleibt bestehen
Di Sep 18, 2007 8:10 MESZ

Rendsburg (Reuters) - Mit einer Rücktrittsankündigung hat Innenminister Ralf Stegner den Bruch der großen Koalition in Schleswig-Holstein verhindert.

Mit seiner Entscheidung kam der SPD-Politiker am Montagabend offenkundig einer Entlassung durch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) zuvor. Stegner begründete nach stundenlangen Beratungen mit engsten Parteikollegen in Rendsburg seinen Schritt damit, dass er bei der Landtagswahl 2010 SPD-Spitzenkandidat werden und dann nicht als Regierungsmitglied in Konkurrenz zu Carstensen antreten wolle. Den Innenministerposten gebe er im Januar 2008 ab.

Der Ministerpräsident nahm den Rücktritt an und erklärte nach CDU-Angaben, andernfalls hätte er Stegner entlassen. Nun wollen CDU und SPD ihr Bündnis fortsetzen. Falls Stegner im Januar tatsächlich sein Kabinett verlasse, werde dies auch gelingen, sagte Carstensen. Der scheidende Innenminister und SPD-Landeschef unterstrich: "Wir könnten unseren Wählern kaum begreiflich machen, warum wir unseren Wählerauftrag aufgrund von persönlichen Animositäten zurückgeben sollen." Die SPD hatte sich geweigert, Stegner aus der Landesregierung abzuziehen.

Seiner Entscheidung gingen offenkundig auch Gespräche mit der Bundesspitze der SPD voraus. Nach Worten des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck tritt Stegner zurück, um den Fortbestand der großen Koalition in Kiel zu sichern. Den Menschen wäre eine Minderheitsregierung der CDU oder eine andere Phase der Unsicherheit nicht zuzumuten gewesen, betonte Beck.

Das Ende der Koalition in Kiel galt für den Fall als sicher, dass Stegner auf dem Amt des Innenministers bestanden hätte. Carstensen soll erklärt haben, nicht länger mit Stegner als Kabinettsmitglied zusammenarbeiten zu wollen, weil dieser ständig quer schieße. "Ich benötige Freiraum für den Wahlkampf", begründete Stegner seinen Schritt. Seinen Nachfolger solle die Partei im Januar bestimmen.

Am Montagnachmittag waren Carstensen und Stegner zu einem Krisengipfel an einem geheim gehaltenen Ort zusammengekommen. Auslöser der Krise war eine Aussage Stegners, die die Christdemokraten als Provokation auffassten: Stegner hatte vergangene Woche die von CDU und SPD beschlossene Elternbeteiligung an den Schulbuskosten wieder in Frage gestellt. Schon in den Monaten zuvor herrschte ein angespanntes Klima in dem Regierungsbündnis, da Stegner aus Sicht der CDU mehrmals von koalitionsinternen Absprachen abgewichen war.

CDU und SPD regieren in Schleswig-Holstein gemeinsam seit April 2005, nachdem die die Wiederwahl der damaligen Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) trotz einer rot-grünen Mehrheit im Parlament vier Mal gescheitert war.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 09:26 Uhr:   

Interessant.
M. E. hat das Einknicken der SPD nicht nur mit der Angst vor Neuwahlen zu tun, sondern auch mit verbreiteter Unzufriedenheit mit Stegner.
Der hat sich schon ziemlich aus dem Fenster gelehnt, und nun ist er hinausgefallen.

Für Carstensen ist das ein spektakulärer Erfolg. Den Chef des eigenen Koalitionspartners abzusägen, das haben wohl wenige vor ihm geschafft.
Dafür, daß er vor der Wahl als harmloser Teddy galt, hat er ein erstaunliches Durchsetzungsvermögen bewiesen.

@Thomas Frings:
> Aber sollte die CDU tatsächlich eine vorgezogene
> Wahl anstreben, wird sie schon einen neuen Krach
> provozieren oder bewußt hochlochen lassen.
Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.
Diesmal konnte sie die Neuwahl riskieren, weil die Rahmenbedingungen günstig waren.
Nachdem sie sich so klar durchgesetzt hat, braucht sie keine Neuwahlen mehr - und würde auch viel riskieren, wenn sie zu offensichtlich noch einmal auf so ein Szenario setzen würde, dann hätte sie nämlich den schwarzen Peter.

@PNK:
> Aber wenn eventuelle Provokationen eines
> Innneministers Grund sind, diesen aus dem Amt
> zu drängen ...
Provokationen eines Parteichefs gegen die von ihm mitverhandelte Koalition - das läßt sich mit den Berliner Querelen nicht vergleichen.
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Maik (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 10:59 Uhr:   

Nach Bernhard Nowak (Hessen), Thomas Frings (Land Bremen), mma (?), PNK (?) und Ralf Arnemann (Hessen), folgt der vermutlich erste Kommentar aus Schleswig-Holstein.
Niemand sollte sich aus einer Koalition drängen lassen. Wer aus einer Koalition austritt, sollte dies aus freien Stücken tun. Ob Herr Stegner, der Spitzenkandidat im Jahr 2010 wird, weiss ich nicht. Nach diesen Querelen, hoffe ich es aber nicht.

Landesinnemnister Ralf Stegner wird in dem Moment zum Rücktritt gedrängt, als er eine Maßnahme andenkt, die in der Bevölkerung garantiert beliebt ist. Währenddessen denken die beiden süddeutschen Bundesminister Wolfgang Schäuble und Franz-Josef Jung laut vor sich hin. Deren Gedankenspiele dürften bei den Bürgern eher ein Schaudern hervorrufen.

Zuerst dachte ich, dies würde eine harmonische und sachorientierte Koalition werden. Da habe ich mich geirrt. Mit der Zeit wurden immer wieder Streitigkeiten und persönliche Animositäten bekannt. Ich habe, trotzdem gehofft, dass die Sacharbeit das Kabinett wieder zusammenschweißen wird. Genauso wie ich hoffe, dass die Große Koalition im Jahr 2010 durch eine andere Koalition abgelöst wird. Ich halte kleinere Koalitionen für die bessere Lösung, auch unter der Prämisse eines starken Parlamentes.

Mit Roland Schill und Roger Kusch sind bereits zwei Innensenatoren, die gleichzeitig Bundesratsmitglieder, waren aus dem Amt ausgeschieden. Roger Kusch war damals sogar Vorsitzender des Justizausschusses des Bundesrates.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 14:42 Uhr:   

@Maik:
> Landesinnemnister Ralf Stegner wird in dem
> Moment zum Rücktritt gedrängt, als er eine
> Maßnahme andenkt, die in der Bevölkerung
> garantiert beliebt ist.
Genau das war natürlich das Problem.
Denn er hat das nicht "angedacht", sondern das wurde schon vorher in der Koalition diskutiert und mit SPD-Zustimmung eine Entscheidung gefällt.
Und die müssen dann auch beide Koalitionspartner gemeinsam nach außen vertreten.

Den Bürgern entgegen der Vereinbarung Versprechen zu machen war nicht nur unseriös diesen gegenüber, sondern auch unfair dem Partner gegenüber - so etwas hält keine Koalition aus.

> Währenddessen denken die beiden süddeutschen
> Bundesminister Wolfgang Schäuble und
> Franz-Josef Jung laut vor sich hin.
Und das dürfen sie wie jeder Politiker auch weiterhin. Es gibt da keinen Zusammenhang zu Stegner.
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mma
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 14:44 Uhr:   

In der Mitte der Legislaturperiode erklärt der wichtigste Minister des kleineren Koalitionspartners auf Druck des großen seinen Rücktritt - ohne schlimmen Skandal, einfach nur wegen des Vorwurfs nichteingehaltener Absprache über solche brisanten Dinge wie Schulbuskosten ...

Geht's da nicht einfach darum, den künftigen SPD-Spitzenkandidaten aus der Kabinettsdisziplin zu befreien, um ihn besser als Alternative zum CDU-Amtsinaber aufzubauen?
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Florian (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 15:15 Uhr:   

@ mma:
Der tatsächliche Anlass für Koalitionskrisen ist oft nichtig.
Das wahrscheinlich bedeutsamste Beispiel in der deutschen Geschichte:

1930 scheiterte die "große Koalition" von Hermann Müller an der Frage, ob der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung 3,5% oder 4,0% betragen sollte.
Nachdem sich die SPD mit Ihrem Wunsch nach Beitragserhöhung (!) nicht durchsetzen konnte, zerbrach die Koalition.

Von da an gab es keine parlamentarische Mehrheit für die demokratischen Parteien mehr. Der weitere Weg hin zu Hitler ist bekannt.

Aber auch hier war natürlich der konkrete Anlass etwas anderes als die zugrunde liegenden Ursachen!
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mma
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 15:29 Uhr:   

Ja, an diese Geschichte von 1930 habe ich auch schon denken müssen. Aber ist die Parallele damit nicht schon erschöpft?
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Tim Spier
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 16:22 Uhr:   

Ich würde auch nicht ausschließen, dass Herr Stegner keine uneingeschränkte Rückendeckung aus seiner eigenen Partei hatte und deswegen zurückgetreten ist. Eine Neuwahl bei Platzen der Koalition hätte der SPD viele Mandate gekostet. Und Stegner gilt als Parteilinker, vielleicht gibt es in Seeheimer bzw. Netzwerkerkreisen auch Vorbehalte gegen ihn. In jedem Fall ist mir kaum ein Fall einer Koalition bekannt, wo der Regierungschef einen Minister seines Koalitionspartners ohne größere Verfehlungen gegen dessen Willen abgesetzt hätte.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 17:12 Uhr:   

@mma:
> - ohne schlimmen Skandal, einfach nur wegen
> des Vorwurfs nichteingehaltener Absprache
> über solche brisanten Dinge wie
> Schulbuskosten ...
Solche Einsparungen können vor Ort schon brisant wirken.
Und der Knackpunkt war halt, daß dies nicht das erste Mal war, sondern Stegner schon öfters die von ihm mitbeschlossene Koalitionslinie konterkariert hat.

> Geht's da nicht einfach darum, den künftigen
> SPD-Spitzenkandidaten aus der
> Kabinettsdisziplin zu befreien, um ihn
> besser als Alternative zum CDU-Amtsinaber
> aufzubauen?
Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.
Der Rücktritt war nur möglich, weil die SPD selber mit Stegner sehr unzufrieden war.
Und er geht jetzt als Verlierer vom Feld, das ist eine sehr schlechte Ausgangslage für die nächste Wahl.

Ich halte die jetzt angekündigte Absicht zur Spitzenkandidatur für rein taktisches Manöver zur Gesichtswahrung.
Es ist sehr zweifelhaft, ob die SPD ihn dann wirklich beim nächsten Mal nominiert.
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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 18:12 Uhr:   

Schleswig-Holstein

Die Auswege des Lautsprechers

Von Frank Pergande, Kiel





Sein Rücktritt war an die Spitzenkandidatur gebunden
18. September 2007
Ralf Stegner tritt ab – und tritt zugleich an. Der Vorsitzende der schleswig-holsteinischen SPD scheidet am 15. Januar als Innenminister aus dem Kabinett von Peter Harry Carstensen (CDU) aus. Er begründet das damit, dass er Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl 2010 in Kiel werden wolle. Er wolle sich dieser neuen Aufgabe „mit Haut und Haaren widmen“. Das aber sei mit einem Regierungsamt nicht vereinbar.


Noch vor wenigen Wochen hatte Stegner gesagt, Spitzenkandidat seiner Partei solle werden, wer die größten Chancen habe. Nun muss seine Partei glauben, er habe die größten Chancen. Sein Rücktritt war an die Spitzenkandidatur gebunden. Und nur durch den Rücktritt konnte die große Koalition in Kiel gerettet werden, denn der Koalitionspartner, die CDU, war fest entschlossen, das Bündnis zu beenden, sollte die SPD ihr in dieser Frage nicht entgegenkommen.


Ein Teil der A-Klasse der Politik



Stegner: Sein Abgang aus der Regierung ist besiegelt
Die SPD wird nun ihren Parteitag vorziehen müssen, auf dem sie eigentlich erst Mitte des nächsten Jahres ihren Spitzenkandidaten bestimmen wollte, und Stegner braucht auf dem Parteitag ein gutes Ergebnis: Es geht für ihn um alles. Denkbar wäre, dass Stegner den Fraktionsvorsitz im Kieler Landeshaus übernimmt. Der jetzige Vorsitzende, Lothar Hay, könnte Innenminister werden. Dann wäre da noch der Weg nach Berlin. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte in Kiel: „Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass Ralf Stegner zur A-Klasse der Politik in Deutschland gehört.“


Stegners Anspruch auf die Spitzenkandidatur war am Montag allerdings zunächst nur ein Mittel gewesen, seine Niederlage zu kaschieren. Seit März ist der 48 Jahre alte Politiker, der seine Laufbahn als Sprecher von Sozialminister Günther Jansen begonnen hatte, SPD-Vorsitzender in Schleswig-Holstein. Seitdem hat er zwei Niederlagen einstecken müssen.



Carstensen (r.) wollte Stegner nicht länger an seiner Seite haben
Als er auf einer Maikundgebung sagte, die guten Steuereinnahmen sollten auch dazu genutzt werden, die schon beschlossenen finanziellen Einschnitte bei den Beamten durch eine Einmalzahlung abzumildern, war das bei der CDU als Abkehr der SPD von den Sparbeschlüssen verstanden worden. Die Aufregung war schon damals groß. Stegner musste sich beim Ministerpräsidenten entschuldigen und gestand schließlich ein, bei seinem ersten Vorstoß als Parteivorsitzender gescheitert zu sein. Das hinderte ihn nicht, immer wieder gegen den Stachel zu löcken.


Die Schülerbeförderung ließ das Fass überlaufen


Für Stegner ist klar, die SPD muss ihr linkes Profil schärfen. Das sieht auch seine Partei so, die in Schleswig-Holstein traditionell als linksgerichtet gilt. Bei der CDU aber wuchs die Empörung über Stegner. Als der Minister in der vergangenen Woche auf einer Landtagssitzung sagte, das neue Schulgesetz sei nur möglich geworden, weil die SPD der CDU zustimmen musste, dass Eltern von Sommer an bis zu dreißig Prozent der Schülerbeförderungskosten aus ihrer Tasche zu bezahlen haben, lief bei der CDU das Fass über.



Der innenminister und sein Nachfolger? Hay ist ein Kandidat
Das Schulgesetz ist der SPD deshalb so wichtig, weil darin Gemeinschaftsschulen als eine der möglichen Schulformen im Land festgeschrieben sind und bildungspolitisch damit ein Teilziel der Partei erreicht ist. Dass die Eltern für die Schülerbeförderung zahlen müssen, hat damit allerdings nichts zu tun: Es war nur eine Art gesetzgeberische Hilfe des Landes für die Sparbemühungen der Kommunen.


Regelrechter Hass gegen Stegner in der Union


Carstensen nutzte nun die Gelegenheit zu einem Machtwort. Am Freitag sprach er mit der SPD und verlangte, Stegner solle das Kabinett verlassen. Die SPD reagierte empört. Sie bestimme über ihr Personal, sagte Stegner. Carstensen aber ließ nicht locker und drohte, er würde die Koalition beenden. Er konnte sich dabei des Rückhalts in seiner Partei sichern sein, denn dort wird Stegner regelrecht gehasst. Als die Sozialdemokraten den Ernst der Lage merkten, boten sie neue Gespräche an. Die CDU stimmte zu.



Für Heil verkörpert Stegner die A-Klasse der deutschen Politik
Am Montag um 14 Uhr traf man sich in Rendsburg, wohin die CDU einen sogenannten Kleinen Parteitag einberufen hatte. Die CDU war vertreten durch den Ministerpräsidenten, den Fraktionsvorsitzenden Johann Wadephul und den Finanzminister Rainer Wiegard. Die SPD durch Stegner, die stellvertretende Ministerpräsidentin Ute Erdsiek-Rave und den Fraktionsvorsitzenden Lothar Hay.


Rücktritt löst Begeisterungsstürme aus


Die sechs hatten wenig Zeit, denn Carstensen wollte am Abend vor seiner Partei eine Entscheidung verkünden. Eine Entlassung Stegners hätte das Ende der Koalition bedeutet. Die Entscheidung lag damit bei SPD. Deren drei Vertreter verhandelten untereinander. Stegner wurde von seinen Genossen schließlich vom Rücktritt überzeugt und sein Rücktritt gleichzeitig abgemildert - er muss erst im Januar gehen und wird Spitzenkandidat. Als Carstensen das Ergebnis seinen Parteifreunden vortrug, tobte der Saal vor unverhohlener Freude.


Aber auch bei der SPD gab es Erleichterung darüber, dass die Koalition fortgesetzt wird. Ein Bruch jetzt hätte für die Partei entweder den endgültigen Machtverlust bedeutet oder es hätte nach Neuwahlen eine ähnlich enge Konstellation im Landtag gegeben, wie es sie derzeit - mit 30 von 69 Sitzen für die CDU und 29 Sitzen für die SPD - gibt. Stegner selbst sagte: „Wir werden niemandem erklären können, warum aus Nichtigkeiten oder wegen Reibereien eine solche Koalition platzt.“


Dass sie bis Montagabend derart gefährdet war, hat nicht zuletzt mit der Persönlichkeit Stegners zu tun; mit seinem Scharfsinn, seiner Beredsamkeit und seiner Neigung, Konflikte nicht nur auszuhalten, sondern auch zu schüren. Stegner ist sich für keinen Streit zu schade und vergisst dabei mitunter den Zweck einer Auseinandersetzung. Im persönlich Umgang angenehm und humorvoll, von seinen Mitarbeitern durchaus verehrt, steht er in der Öffentlichkeit als „roter Rambo“ da.


Bodenständigkeit schlägt Intellektualität


Stegner hat zweifellos Carstensen unterschätzt. Die Nominierung des Bundestagsabgeordneten Carstensen als Spitzenkandidat zur Wahl 2005 war noch mehr oder weniger eine Verlegenheitslösung der CDU. Im Wahlkampf hatte es ihm die eigene Partei nicht leicht gemacht. Dann erreichte die CDU mehr als vierzig Prozent und wurde stärkste Faktion im Landtag. Am derzeit unumstrittenen Carstensen kam nun keiner mehr vorbei. Das Amt des Ministerpräsidenten fiel ihm beinahe in den Schoss, nachdem Heide Simonis an den eigenen Leuten gescheitert war. Carstensen wurde Ministerpräsident, leutselig, lebenslustig und nicht gerade auf Akten und Details versessen. Schon in den Verhandlungen über die große Koalition hatte sich gezeigt, wie Carstensen Kompromisse schließen kann, als Fels in der Brandung, aber auch ein bisschen umarmend - und fast immer mit guter Laune.


Carstensens bodenständige Art kommt im Land besser an als Stegners Intellektualität. Nun muss die SPD darüber nachdenken, wie ein politisch geschwächter Spitzenkandidat die Partei dennoch erfolgreich führen kann - in Ermangelung eines anderen Sozialdemokraten, der dies könnte. Vorerst hat sich die SPD für die Fortsetzung der Koalition entschieden. In einem halben Jahr sind Kommunalwahlen. Die dürften dann zum Stimmungstest für beide Parteien werden. Danach erst wird sich entscheiden, ob die Kieler Koalition tatsächlich noch bis 2010 halten wird.

Text: F.A.Z.
Bildmaterial: AP, ddp, dpa
Quelle: www.faz.de
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Maik (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 21:46 Uhr:   

Es gibt einige wichtige Fragen im Bezug auf Ralf Stegner.

1. Was macht Ralf Stegner ab dem 15.01.2008?

a. Fraktionsvorsitzender ab Januar 2008
b. Bundestagsageordneter ab Oktober 2009
c. Bundesinnenminister ab Oktober 2009 in einer SPD/GRÜNE/LINKE-Koalition
d. Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesinnenministerium ab Oktober 2009 in einer SPD/GRÜNE/LINKE-Koalition
e. Ministerpräsident ab 2010 in eine SPD/GRÜNE/SSW-Koalition
f. Innenminister ab 2010 in einer SPD/GRÜNE/SSW-Koalition
g. Geschäftsmann
h. Privatmann sein
i. sonstiges


2. Wer wird Ralf Stegners Nachfolger als Landesinneminister?

a. Lothar Hay (29.05.1950, wohnt in der Kreisfreien Stadt Flensburg, seit 1998 Fraktionsvorsitzender)
b. Peter Eichstädt (07.10.1950, Groß Grönau, nahe Lübeck, Stellvertretender Vorsitzender des Innen- und Rechsausschusses und seit 1998 Vorsitzender des Hauptausschusses)
c. Klaus-Peter-Puls (03.01.1943, Reinbek, Kreis Stormarn, Altersvorsitzender des Innen- und Rechtsausschusses)
d. Thomas Hölck (1962, Haseldorf, Kreis Pinneberg, Mitglied des Innen- und Rechtsausschusses)
e. Thomas Rother (13.10.1959, Kreisfreie Stadt Lübeck, Mitglied des Innen- und Rechtsausschusses)
f. Holger Astrup (07.05.1948, Erfde, Kreis Schleswig-Flensburg, Parlamentarischer Geschäftsführer seit 1996)
g. Karl-Rudolf Fischer (Rolf) (06.08.1954, Kronshagen, nahe Kiel, Mitglied des Europaausschusses und seit 2004 Kreisvorsitzender in Kiel)
h. Wolfgang Baasch (12.04.1957, Kreisfreie Stadt Lübeck, seit diesem Jahr Miglied des Landesparteivorstandes)
i. jemand anderes

Quelle: http://www.sh-landtag.de
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Bernhard Nowak (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 18. September 2007 - 22:09 Uhr:   

Kieler SPD rechtfertigt Rückzug von Minister Stegner mit der Angst vor einer Niederlage bei Neuwahlen
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Von Stephan Haselberger
19.09.2007 00:00 Uhr Von Stephan Haselberger
19.09.2007 00:00 Uhr





Berlin/Kiel - Nach dem angekündigten Rückzug ihres Innenministers Ralf Stegner aus der schwarz-roten Landesregierung steuert die schleswig-holsteinische SPD offenbar auf eine Führungskrise zu. Pläne Stegners, den SPD-Fraktionsvorsitz zu übernehmen, stießen am Dienstag auf Widerstand. Der derzeitige SPD-Fraktionschef Lothar Hay lehnte einen Wechsel ins Kabinett ab und kündigte an, im Oktober erneut für sein Amt zu kandidieren. Mit der Übernahme des Fraktionsführung wollte der SPD-Landesvorsitzende Stegner seinen Bedeutungsverlust ausgleichen, der ihm durch den notgedrungen Verzicht auf den Ministerposten droht. Dieser Weg könnte ihm nun verbaut sein.

Stegner selbst, aber auch die Spitze der Bundes-SPD, zeigten sich unterdessen bemüht, das Ausmaß der Niederlage gegenüber der CDU herunterzuspielen. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hatte die Landes-SPD am Montag vor die Wahl gestellt, den Innenminister zurückzuziehen oder das Regierungsbündnis zu beenden. Stegner, die stellvertretende Ministerpräsidentin Ute Erdsiek-Rave und Fraktionschef Hay hatten sich nach Rücksprache mit der Berliner SPD-Führung für die Koalition entschieden. In den Reihen der Landes-SPD hieß es am Dienstag, ausschlaggebend für die Entscheidung sei der drohende Verlust der Regierungsbeteiligung bei Neuwahlen gewesen: „Wir hätten keine Chance gehabt“, sagte ein Vorstandsmitglied.

Dagegen erklärte Stegner, er trete nicht auf Druck der CDU ab: „Die SPD entscheidet selbst über ihr Personal.“ Er habe ohnehin vorgehabt, das Ministeramt niederzulegen, um als Spitzenkandidat für die Wahl 2010 ohne Rücksicht auf die Kabinettsdisziplin agieren zu können. Stegner räumte aber ein, dass er noch nicht zu diesem Zeitpunkt habe gehen wollen. Nach der Vereinbarung mit der CDU scheidet Stegner zum 15. Januar 2008 aus dem Kabinett aus.

Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil verteidigte den Verbleib seiner Partei in Schleswig-Holsteins großer Koalition als „richtige und hoch verantwortliche Entscheidung“. Man habe das Feld nicht der Union überlassen dürfen. Mutmaßungen, die Bundes-SPD habe die Genossen in Schleswig-Holstein gedrängt, wies der Generalsekretär zurück. „Wir sind um Rat gefragt worden und haben den auch gegeben. Aber die Entscheidung ist in Kiel getroffen worden“, sagte er dem Tagesspiegel. Zugleich warnte Heil die CDU davor, aus der Kieler Entscheidung falsche Schlüsse zu ziehen: „Es ist nicht gut für Koalitionen, wenn man so miteinander umgeht.“

Heil lobte zugleich Stegner. „Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass Ralf Stegner zur A-Klasse der Politik in Deutschland gehört“, sagte Heil.Und lieferte damit eine Vorlage für FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki: „Die A-Klasse hat den Elchtest auch nicht bestanden.“

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 19.09.2007)
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 19. September 2007 - 09:49 Uhr:   

Oh je, der Hubi Heil wieder.
In dieser Situation von "A-Klasse" zu reden war natürlich dümmstmögliche Wortwahl - eine Steilvorlage für jemand wie Kubicki.

Die Spitzenkandidatur mag in der aktuellen Situation eine nette Idee sein, um den Rückzug Stegners zu kaschieren.
Aber für den eigentlichen Wahlkampf wäre das eine Belastung wenn jemand die SPD führen will, der aus der Landesregierung geflogen ist.

Die einzige vernünftige Möglichkeit für die SPD ist jetzt noch, Stegner nach Berlin zu befördern, das läßt sich immer verkaufen und dort wird er seine Stärken wohl besser ausspielen können.
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 19. September 2007 - 16:26 Uhr:   

Mit A-Klasse verbinde ich irgendwie immer noch den "Elchtest".

Nun ja, Stegner geriet beim Ausweichen vor einem spontan auftretenden Hindernis ins Schleudern. So falsch ist das nicht.

Vielleicht wirklich keine all zu glückliche Wortwahl von Hubertus Heil....
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Maik (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 19. September 2007 - 20:50 Uhr:   

Laut den 13:00 Uhr Nachrichten auf der NDR 1 Welle Nord (Radiosender) wird, der Lübecker Bürgemeister, Bernd Saxe als möglicher Nachfolger für den noch-Innenmister Ralf Stegner gehandelt.

Bernd Saxe wurde am 30.03.1954 in westfälischen Ibbenbüren geboren. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter in Lübeck.

Bernd Sachse war von 1992 bis zum April 2000 Landtagsmitglied. Seitdem hat er das Amt des Bürgermeisters inne.

Quelle:

http://www.luebeck.de/stadt_politik/rathaus/stadtspitze/#saxe
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Maik (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. September 2007 - 17:38 Uhr:   

Laut dem NDR ist eine Rochade zwischen Ralf Stegner und Lothar Hay wahrscheinlich. Ralf Stegner würde vom Innenminister zum Fraktionsvorsitzenden. Lothar Hay würde umgekehrt, vom Fraktionsvorsitzenden zum Innenminister. 1) Meine beiden zuerst gemeinten Tipps, werden somit eintreten.

Lothar Hay wurde am 29.05.1950 geboren. Er wohnt in der Kreisfreien Stadt Flensburg. Er ist, seit dem Jahr 1998, Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag. 2)

Quellen
1) http://www1.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/spdstegner2.html
2) http:/www.sh-landtag.de

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