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Minderheitsregierung Merkel nach Art. 81

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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 16. September 2005 - 21:22 Uhr:   

Ja klar, das hat ja das Verfassungsgericht gerade jetzt entschieden. Ich habe die entsprechende Passage in den Thread: "Minderheitsregierung Merkel" hineinkopiert. Außerdem hat das Verfassungsgericht ja gerade die sogenannte "auflösungsgerichtete" Vertrauensfrage für zulässig erklärt. Und genau dies würde Merkel in dem Fall dann auch tun.
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Christopher
Veröffentlicht am Freitag, 16. September 2005 - 21:48 Uhr:   

Hmm, möglicherweise ist das tatsächlich so. Andererseits lässt sich dieser hypothetische Fall auch nicht wirklich mit dem kürzlich geschehenen vergleichen, weil er auf ganz anderen Voraussetzungen beruht.

Mal ein Auszug aus dem Urteil: " 2. Die Entstehungsgeschichte des Art. 68 GG bestätigt, dass die auflösungsgerichtete Vertrauensfrage nur dann gerechtfertigt sein soll, wenn die Handlungsfähigkeit einer parlamentarisch verankerten Bundesregierung verloren gegangen ist."

In unserem Fall wäre sie ja eben nicht "verloren gegangen", sondern niemals vorhanden gewesen.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 16. September 2005 - 23:44 Uhr:   

@ITS: Selbst wenn die Linkspartei weitere drei Prozent an die SPD verlieren sollte: ich gehe fest davon aus, dass die beiden PDS-Bundestagsabgeordneten ihr Direktmandat knapp verteidigen und Gregor Gysi ein Direktmandat holen wird. Die Linkspartei wird m.E. daher über drei Direktmandate in den neuen Bundestag einziehen und damit mit ihrem Zweitstimmenanteil im Parlament vertreten sein. Damit reicht es auf keinen Fall für rot-grün. Es hätte ja schon 2002 nicht gereicht, wenn die PDS damals das 3. Direktmandat gewonnen hätte. Ich kenne allerdings keine Umfragen in den Wahlkreisen, in denen die Linkspartei Chancen auf ein Direktmandat hat. Aber ich gehe mal von mindestens 3 Direktmandaten aus.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 16. September 2005 - 23:47 Uhr:   

Ich füge hinzu: Vgl. den Link auf dieser Wahlrechtsseite: http://www.wahlrecht.de/bundestag/2005/pds-2005.html
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Juwie
Veröffentlicht am Samstag, 17. September 2005 - 07:25 Uhr:   

Eine Neuwahl nach der Neuwahl durchzuführen wird m.E. nur möglich sein, wenn Verhandlungen über eine Große Koalition scheitern und die Verantwortung klar der SPD zuzuschreiben ist.

Ansonsten bin ich mir ziemlich sicher, dass das Ding für die Union "nach hinten losginge".
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Christopher
Veröffentlicht am Sonntag, 18. September 2005 - 23:19 Uhr:   

Erscheint mir immer mehr als eine gute Idee. CDU/FDP Minderheitenregierung, dann 6 Monate Gesetzgebungsnotstand, dabei die wichtigsten Reformen schnell durchpeitschen, dann wieder Neuwahlen. Danach sollte es für das bürgerliche oder linke Lager zumindest klare Verhältnisse geben. Eine Große Koalition würde 4 Jahre (stabilen) Stillstand bringen, eine Schwampel nur Streit.
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Dave
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 00:03 Uhr:   

Eine Schwampel könnte immer noch mehr bewegen als eine große Koalition...
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MMA
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 12:27 Uhr:   

@Christopher

Und wenn die Neuwahlen dann immer noch nicht das gewünschte Ergebnis bringen, wird dann wohl wieder der Gesetzgebungsnotstand ausgerufen ... und das Parlament bleibt so lange entmachtet, bis das widersetzliche Volk endlich doch Schwarz-Gelb wählt?
"Nur Streit", ist das nicht in einer Demokratie normal?
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 13:21 Uhr:   

Minderheitsregierung und Gesetzgebungsnotstand könnten Gesetze durchpeitschen, aber die Parteien, die das tun, würden wohl die Neuwahlen deutlich verlieren...
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Dave
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 17:32 Uhr:   

Momentan sieht es ja nun eher nach einer Minderheitenregierung unter Schröder aus...
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 18:09 Uhr:   

Das aus meiner Sicht skandalöse Verhalten des Bundeskanzlers Schröder in der gestrigen "Berliner Runde" bei ARD und ZDF lässt für mich nur den Schluss zu, dass Schröder hofft, spätestens in der "zweiten Wahlphase" nach Art. 63 in geheimer Wahl mit den Stimmen der Linkspartei zum Bundeskanzler gewählt zu werden. Er wäre dann im Amt und könnte notfalls eine Minderheitsregierung führen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 19:36 Uhr:   

Schröder wird die Stimmen der Linkspartei natürlich nicht bekommen. Die würden gar nicht teilnehmen (damit wäre dann die Fraktionsdisziplin sichergestellt), oder für Gysi oder Lafontaine stimmen. Die haben Interesse an einer Großen Koalition- am besten mit Unionsführung (dann kann man dann kräftig am linken SPD-Flügel grasen). Da wäre so ein Verhalten nicht hilfreich.

Wenn Schröder Kanzler bleiben will, hat er nur zwei Optionen: Linksfront oder Neuwahlen. Bei Neuwahlen riskiert er aber, die Schuld für Neuwahlen zugewiesen zu bekommen. Und als einziger Grund für Neuwahlen die Verteidigung des eigenen Jobs- das sieht nicht gut aus. Zudem hieße der Unionskandidatin dann garantiert nicht Merkel, nachdenm die krass versagt hat. Gegen Wulff oder Merz hätte es Schröder schwerer- zudem könnte monatelanger Machtkampf die Meinung im Volke verstärken, die Zeit sei reif für den vollständigen Wechsel.
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Görd
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 19:48 Uhr:   

Es lässt sich doch viel besser "grasen", wenn Schröder Kanzler ist und nicht die Ostfrau Merkel.

Neuwahlen würde die SPD bombastisch gewinnen, weil dann die CDU ihre Unfähigkeit zue Bildung einer Regierung gezeigt.
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Dave
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 19:53 Uhr:   

> Schröder wird die Stimmen der Linkspartei natürlich nicht bekommen.
> Die würden gar nicht teilnehmen

Glaube ich auch, ist aber nicht sicher. Eine Kanzlerabstimmung ohne Mehrheit wäre auf jeden Fall ein Pokerspiel... für beide!! Aber gerade für Schröder ist das eine heiße Sache. Gewinnt er, wird es über kurz oder lang Neuwahlen geben deren Ausgang wiederum ungewiss ist. Verliert er aber die Abstimmung, verliert er alles. Er hat sich mehrmals öffentlich lächerlich gemacht und die SPD würde wahrscheinlich weitere Stimmen an Links verlieren und zusätzlich wäre er noch der Buhmann weil er für das Scheitern der Regierung verantwortlich ist.

Gruß, Dave
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Klaus
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 19:55 Uhr:   

"Neuwahlen würde die SPD bombastisch gewinnen, weil dann die CDU ihre Unfähigkeit zue Bildung einer Regierung gezeigt."

Nach dem Auftritt Schröders in der Berliner Runde gestern wäre den Leuten wohl klar, an wem eine Regierungsbildung gescheitert ist.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 20:34 Uhr:   

Das sehe ich genauso! Ich sehe es aber so, dass Schröder darauf spekuliert, in geheimer Wahl mit Hilfe von Abgeordneten der Linkspartei zum Kanzler gewählt zu werden und damit "faktische" Tatsachen geschaffen zu haben.
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Marc K.
Veröffentlicht am Montag, 19. September 2005 - 21:07 Uhr:   

@Bernhard,

ich glaube auch, dass Schröder hierauf spekuliert.
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Christopher
Veröffentlicht am Dienstag, 20. September 2005 - 00:26 Uhr:   

@MMA

Das sind legitime und legale Mittel, also wieso nicht. Und danach wird es sicher klare Mehrheiten geben, entweder für die bürgerlichen, wenn die Leute die Mittel billigen und sich erste Erfolge zeigen, oder die für die linken, falls nicht.

Wenn sich Schröder mittels der SED zum Kanzler wählen läßt, wird die SPD in den kommenden Wahlen mit Sicherheit massiv abgestratft. Das können Sie im Osten machen, aber nicht im Westen. Und falls er dabei nicht einmal die absolute Mehrheit erreichen sollte, wird Köhler ihn sicherlich auch nicht zum Kanzler ernennen, sondern den Bundestag erneut auflösen.
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Dave
Veröffentlicht am Dienstag, 20. September 2005 - 01:11 Uhr:   

>Und danach wird es sicher klare Mehrheiten geben

Da bin ich mir nicht sicher, vor allem ist nicht klar für wen. Die SPD ist zwar offensichtlich im Vorteil wegen der anonymen PDS. Der Schuss kann aber eventuell auch ganz gewaltig nach hinten losgehen...

Gruß, Dave
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Dienstag, 20. September 2005 - 10:00 Uhr:   

Wie andernorts bereits bemerkt: Seit der letzten Wiederwahl der Regierung Kohl haben die Bundeswahlergebnisse immer sehr geringe Differenzen zwischen links und rechts aufgewiesen. Nur gab's damals noch keine Linkspartei, die das 2+2-System ins Ungleichgewicht brachte. Mit welchem Recht mag man daher jetzt schon prognostizieren, dass eine baldige Neuwahl "klare" Verhältnisse schaffen sollte? Ist nicht viel eher festzustellen, dass seit nunmehr 12 Jahren Deutschland ein politisch gespaltenes Land ist, in dem es zwei fast je gleich starke Blöcke gibt?
Eine andere Voraussetzung dieses Szenarios wird hier ebenfalls stillschweigend als gegeben angesehen: Nach GG 81 bedingt der Gesetzgebungsnotstand 1. eine vorausgehende Misstrauensabstimmung und 2. die Zustimmung des Bundesrates ("... soweit der Bundesrat zustimmt"). Zu 1.) habe ich bereits bemerkt, dass die Opposition ja auch mal über den Schatten springen und ein "unechtes" Vertrauen aussprechen könnte. Zu 2.) ist zu sagen, dass der Bundesrat notwendig mit Mehrheit seiner Stimmen entscheiden muss, d. h. wenn nur 1 Stimme aller Stimmen, die es im Bundesrat gibt, an der Mehrheit fehlt, ist eine Vorlage abgelehnt bzw. nicht zustande gekommen. Zwar hat Schwarz-Gelb z. Z. die Mehrheit, aber das muss nicht so bleiben, und vor allem ist nicht sicher, ob die Vertreter der Landesregierungen auch jedes Reformpaket schlucken würden. Massive Eingriffe in Subventionen, Unterstützungen an Einzelpersonen, scharfe Strukturreformen u. dgl. könnten im einen oder andern schwarz-gelb geführten Land eine Klientel vergrämen, die zu vergrämen sich die betreffende Landesregierung nicht leisten kann bzw. nicht leisten zu können glaubt. Dann wird sie sich wohl enthalten, womit das Erreichen der nötigen Mehrheit schon schnell einmal gefährdet ist. In jedem Fall werden sich die Ländervertreter schon gut überlegen, was sie tun und welcher Vorlage sie da zustimmen sollen. Es gibt viele Gründe, warum sie in einer gegebenen Situation einer Vorlage nicht zustimmen könnten. Einfach vorauszusetzen, dass sie die Vorlagen der Regierung nach GG 81 schlicht abnicken, halte ich für etwas gar verwegen.
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Schorsch
Veröffentlicht am Dienstag, 20. September 2005 - 10:12 Uhr:   

Vorweg: Art. 81 halte ich für nach wie vor für unwahrscheinlich, da eine so regierende Koalition sich bei den dann folgenden Wahlen massiv angreifbar macht ("Aushebelung des Parlaments", "undemokratisch"). Ob in der Situation ein "es wurde ja sonst alles probiert, es hilft aber nichts" ausreicht, ist zweifelhaft.

@ Philipp:

Eine Vertrauensfrage kann ja auch mit einer Gesetzesvorlage verbunden werden, z. B. dem Haushalt. Wenn dann die Opposition "unechtes Vertrauen" ausspricht, verabschiedet sie gleich noch den Haushalt mit und das scheint mir auch nicht gerade wahrscheinlich.

Und dann kann der Art. 81 nur sechs Monate lang angewandt werden, so lange hat schwarz/gelb auf jeden Fall noch eine Mehrheit im Bundesrat. Die entsprechende Länder werden das auch mittragen, da "Handlungsfähigkeit demonstrieren" praktisch noch die einzige Möglichkeit ist, bei der Neuwahl gut dazustehen; der Amtsbonus allein macht es nicht.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 20. September 2005 - 18:44 Uhr:   

im beiliegenden Spiegel-Bericht gibt es aber einen gravierenden Fehler: erreicht im 3. Wahlgang ein Kandidat die relative Mehrheit, so kann der Bundespräsident entweder ihn binnen sieben Tagen ernennen oder den Bundestag auflösen. Kanzler ist dann aber - geschäftsführend! - der Alte - nämlich Schröder. Alternative: Merkel wird zur Minderheitenkanzlerin ernannt und erreicht nach Art. 68 GG entweder Neuwahlen - oder Gesetzgebungsnotstand nach Art. 81 GG.
Gruß Bernhard
SPIEGEL ONLINE - 20. September 2005, 14:43
URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,375567,00.html
Kanzler-Poker

Machtspiele um den dritten Wahlgang

Von Severin Weiland

In Berlin wird darüber spekuliert, ob Angela Merkel sich im Bundestag im dritten Wahlgang zur Kanzlerin wählen lässt. Ein riskanter Plan - am Ende könnte sie von der eigenen Fraktion im Stich gelassen werden. Oder werden Schröder und sie gestürzt und es kommen Koch und Steinbrück?



DDP
Merkel-Plakate: War die Wahl der Anfang vom Ende?
Berlin - Lässt sich Angela Merkel im dritten Wahlgang mit relativer Mehrheit zur Kanzlerin wählen? Solche Überlegungen kursieren derzeit in Berlin - und werden unterfüttert durch Äußerungen, die vor und nach der Wahl in der Union gemacht worden sind. So hatte am Montag im CDU-Präsidium Roland Koch in die Runde geworfen, die Kandidatin sollte bis in den dritten Wahlgang gehen und sich dann mit relativer Mehrheit zur Kanzlerin wählen lassen.

Ähnliche Gedankenspiele waren durch eine - gezielte oder fahrlässige - Indiskretion, vor dem 18. September aus einem Hintergrundkreis durchgesickert und an eine Zeitung gelangt. Vor einer Runde von Journalistinnen hatte der Fraktionsvize und Merkel-Vertraute Ronald Pofalla, einst Justitiar der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und in Verfassungsfragen bewandert, wenige Tage vor dem Urnengang über folgende Variante spekuliert: Schwarz-Gelb erreicht keine Mehrheit, Merkel lässt sich im dritten Wahlgang dennoch zur Kanzlerin wählen, bittet aber anschließend beim Bundespräsidenten um Auflösung des Parlaments. Die Folge: Neuwahlen, möglicherweise im Frühjahr.

Was schreibt das Grundgesetz vor? Die beiden ersten Wahlgänge erfordern die so genannte Kanzlermehrheit. Dafür müssen mehr als die Hälfte aller Mitglieder des neu gewählten Bundestages den Kandidaten wählen. Der Kanzler wird im ersten Wahlgang "auf Vorschlag des Bundespräsidenten" vom Parlament gewählt. Sollte dies scheitern, so kann der Bundestag unabhängig vom Präsidenten eigene Vorschläge machen, muss aber binnen 14 Tagen wählen. Wird auch innerhalb dieser Frist kein Kanzler gewählt, muss "unverzüglich" ein dritter Wahlgang angesetzt werden. Im dritten Wahlgang kommt es darauf an, welche Mehrheit der Kandidat erzielt. Erhält er die Kanzlermehrheit, muss der Bundespräsident den gewählten innerhalb von sieben Tagen ernennen. Falls ein Kandidat im dritten Wahlgang zwar die meisten Stimmen bekommt aber keine Kanzlermehrheit, so liegt die Entscheidung beim Präsidenten: Er kann den Gewählten dann entweder binnen sieben Tagen ernennen oder den Bundestag auflösen.

Doch wie realistisch ist ein solches Szenario? Würde Merkel Kanzlerin einer Minderheitsregierung sein können angesichts der Probleme des Landes? Der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt hat in einem Interview erklärt, man könne dies "nicht ausschließen, auch wenn es keine erstrebenswerte Situation ist". In solch einem Falle hänge es "im Wesentlichen vom Bundespräsidenten ab, der entscheiden muss, ob er akzeptiert, dass ein Kanzler mit relativer Mehrheit gewählt wird. Sonst gibt es Neuwahlen".

In der derzeitigen unübersichtlichen Lage mag die Überlegung eines dritten Wahlganges für manche in der Union ihren Reiz haben - sie bedeutet aber auch ein hohes Risiko - vor allem für Merkel. Hier könnte sich der Unmut in den eigenen Reihen über die Wahlschlappe breit machen. Verweigern sich nur eine Handvoll von Unionsabgeordneten oder der FDP, wird Merkel nicht mehr zu halten sein. Dann schlüge die Stunde ihrer Kontrahenten: von Koch, dem Niedersachsen Christian Wulff und von CSU-Chef Edmund Stoiber. Derzeit hat Schwarz-Gelb im Bundestag eine relative Mehrheit von 45 Prozent. Rot-Grün kommt auf 42 Prozent. Der Rest entfällt auf die Linkspartei.


GRUNDGESETZ ARTIKEL 63: WAHL DES BUNDESKANZLERS
(1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt.

(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom Bundespräsidenten zu ernennen.

(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.

(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muss der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen.

Merkel steht vor großen Unwägbarkeiten. Was, wenn Gerhard Schröder ebenfalls bis in den dritten Wahlgang geht? Als Spieler ist ihm die Risikobereitschaft zuzutrauen. Das mögliche Kalkül: Während Merkel durchfällt - und damit ihr politisches Ende besiegelt - wählen ihn SPD, Grüne und einige Abgeordnete der Linkspartei zum Kanzler. Denn aus dem Gewerkschaftslager stammende Vertreter der Linkspartei würden wohl wegen der kulturellen Nähe der Milieus eher einem Sozialdemokraten ihre Stimme geben, als sich zu enthalten.

Käme es dazu, stünden zwei Varianten an. Schröder macht den Kanzler, toleriert von den Linkspartei-Oberen Gregor Gysi und Oskar Lafontaine. Das hieße aber - Schröder entmachtet sich selbst. Viel eher würde man ihm die Rolle des Über-Kanzlers zutrauen. Da er wiederholt erklärt hat, nur eine stabile Regierung anführen zu wollen und sich nicht durch die Linkspartei tolerieren zu lassen, bittet er den Bundespräsidenten um Neuwahlen. Schröder stünde damit vor der Öffentlichkeit als herausragender Staatsmann da.

Die Frage ist jedoch: Spielt die Linkspartei ein solches Spiel mit? Würde sie Merkel verhindern, um Schröder zeitweise auf den Schild zu heben und sich anschließend wieder Neuwahlen zu stellen? Sie müsste befürchten, beim nächsten Wahlgang weniger Stimmen zu erhalten - weil Bürger um der politischen Stabilität willen wieder zur SPD wandern. Ähnliches gilt auch für die FDP, die massiv von der Unions-Anhängern profitierte.

Ein vertracktes Spiel - für alle. Vor allem aber für die Union. Sie müsste sich bei einer Niederlage im Bundestag sehr schnell überlegen, ob sie noch einmal mit Merkel als Spitzenkandidatin in einen Wahlkampf zieht. Da der Niedersachse Wulff der populärste Kandidat der Union wäre - zumindest Umfragen zufolge, könnte er unter dem Druck der Verhältnisse gedrängt werden, sich zum Kanzlerkandidaten küren zu lassen.

Variante Koch-Steinbrück

In den Berliner Politikkreisen kursiert indes noch eine weitere Variante: Es kommt gar nicht erst zum dritten Wahlgang. Vielmehr wird vorab eine Große Koalition verabredet - allerdings ohne Merkel und ohne Schröder. Beide Volksparteien opferten ihre Spitzenleute mit der Begründung, dem Wohl des Landes zu dienen. Dazu bedürfte es geschickter Meuchler in den Reihen von CDU und CSU. Die aber ließen sich wohl finden. Merkel müsste vor einem solchem Spiel - durch gezielte Attacken von den Unions-Granden - signalisiert werden: Mit dir geht es nicht mehr. Dein Dienst am Lande ist der Rücktritt als Kanzlerkandidatin. Und für Schröder gelte dasselbe: Danke Gerd, aber wir müssen jetzt ohne dich weiter für Deutschland arbeiten.

Wer könnte eine solche Strategie umsetzen? Vordergründig die beiden erprobten Streiter der Föderalismuskommission, SPD-Chef Franz Müntefering und CSU-Chef Stoiber. Im Hintergrund eine Menge Helfer in beiden Lagern. Müntefering und Stoiber wären auch an einem Kabinettstisch Garanten der Stabilität. Für den Mann aus München wäre eine solche Lösung möglicherweise ideal, weil nach den Wahlverlusten von über neun Prozent in Bayern sein Zenit überschritten scheint. Sein Nachfolger wäre dann vermutlich Erwin Huber, der Chef der Staatskanzlei - und Stoiber könnte in Berlin seinen politischen Abend beenden - als der größte Reformbayer in Schwarz-Rot-Gold.

Bliebe nur noch eine Frage: wer würde Kanzler? Immer wieder fallen in Berlin zwei Namen: Roland Koch und Peer Steinbrück. Koch könnte zunächst Kanzler sein - die Union ist immerhin stärkste Fraktion - und Peer Steinbrück sein Vizekanzler werden. Oder auch umgekehrt. Nach zwei Jahren könnten sie auf dem Posten rotieren, wie es die Große Koalition in Israel durchspielte: Dort war zunächst Shimon Peres von der Arbeitspartei von 1984 bis 1986 Premier, anschließend für zwei Jahre Jitzhak Shamir vom konservativen Likud-Block.



DDP
Koch und Steinbrück bei der Präsentation ihrer Subventionsabbau-Liste: Hoffnungsträger einer Großen Koalition?
Der Christdemokrat aus Hessen und der ehemalige sozialdemokratische Ministerpräsident aus Nordrhein-Westfalen sind erprobte Streiter. Gemeinsam erarbeiteten sie die Koch-Steinbrück-Sparliste. Sie haben bewiesen, dass sie miteinander können - zumindest für die Dauer eines Projekts, das sich klare inhaltliche Aufgaben setzt und diese dann abarbeitet. Warum auch nicht als Kanzler und Vizekanzler von Münteferings und Stoibers Gnaden?


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MMA
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 13:47 Uhr:   

Spekulation:

Wenn in einem dritten Wahlgang eine Person mit relativer Mehrheit gewählt wird und der BP dann vor der Frage seht, ob er diese ernennt oder den BT auflöst (Art. 63 IV) - was soll er dann eigentlich machen, wenn diese Person eine Vertrauensfrage (Art. 68) zu stellen plant, da sie Neuwahlen zu einem späteren, günstigeren Zeitpunkt oder einen Gesetzgebungsnotstand (Art. 81) herbeiführen möchte?
Wenn der BP selbst für Neuwahlen ist, wird er sich einfach gleich für die Auflösung entscheiden. Wenn er aber keine will - insbesondere wenn er der Auffassung ist, dass so kurz nach der Wahl eine Auflösung gegen ungeschriebene Verfassungsprinizipen verstößt - was soll er dann machen?
Sinnvollerweise müsste er diese Situation schon vorher verhindern, indem er dem BT eine andere mehrheitsfähige Person vorschlägt, solange er noch das Vorschlagsrecht hat.
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Grossekohlition
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 14:33 Uhr:   

Sollte Frau Merkel Art.81 GG bemuehen, so koennen SPD/Gruene/PDS ueber ein konstruktives Mistrauensvotum einen Sozi zum Kanzler waehlen. Die Linkspartei macht sicher mit, um die "asozialen Reformen" zu verhindern. Der neue Kanzler haette dann aber noch weniger Entscheidungsspielraum.

@H.Köhler:
Wie wäre es mit Neuwahlen, am Besten mit gleichem Ergebnis???
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Christian schmidt
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 15:13 Uhr:   

Zu Linke und 3. Wahlgang:
Also ich denke mal die Linken würden schon an einem 3. Wahlgang teilnehmen. Durch Abwesenheit würden sie doch nur ihre Politikunfähigkeit demonstrieren, und dann gäbe es bei Neuwahlen (die ja nicht auszuschliessen sind) tierisch einen auf den Sack. Ach ja, auch Gysi’s Direktmandat ist gar nicht so sicher, da droht denen schon Gefahr.

Zum 3. Wahlgang:
Klar werden wohl einige der Linken im Zweifelsfall fü Schröder stimmen, aber werden es auch die notwendigen 14 sein? Auch werden wohl weder Schröer noch Merkel alle ihre Truppen hinter sich bekommen, ich daß es bei der Union und der SPD Abweichler geben wird ist sehr wahrscheinlich, unklar ist nur wie viele, und wer mehr kassiert. (FDP und Grüne würde ich bei sowas als disziplinierter einschätzen.)

Nach dem 3. Wahlgang:
Wer immer Kanzler wird, wird wohl als erstes Versuchen eine Mehrheits-Koalition zu zimmern, und zwar Ampel (natürlich nur Schröder) oder große Koalition. Jamaika kann man ausschließen. Und da Koalitionsverhandlungen wahrscheinlich länger als 7 Tage dauern, wird der Präsi den Kanzler wohl auch ernennen. Sollte es zu keiner Koalition kommen, haben wir halt einen Minderheitskanzler.

Ein Minderheitskanzler Schröder
… würde möglichst schnell Neuwahlen suchen, also jede Abstimmung mit Vertrauensfrage verbinden, und kräftig die Opposition angreifen.

Eine Minderheitskanzlerin Merkel
… würde wohl versuchen Neuwahlen etwas herauszuzögern, um die eigene Reformfähigkeit zu demonstrieren. D.h. die ersten Gesetzesvorschläge würden solche sein, bei denen entweder die SPD oder (besser) die Grünen um der Sache willen zustimmen würden. Ihr Problem ist das der Bundestag vor Ende des Jahres eigentlich den Haushalt 2006 verabschieden muss, und wie Merkel dafür eine Mehrheit bekommen will kann ich nicht sehen. Sollte es klappen, würde Merkel wohl so ab Mitte 2006 versuchen sich als nachprüfbare reformfreudige Bundeskanzlerin wiederwählen zu lassen.

Stimmts oder habe ich recht :-)
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PNK
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 15:34 Uhr:   

@chr.schm.: hast völlig recht. nur: warum ist gysis direktmandat nicht sicher? zudem glaub ich, dass gerade in der csu (auf die cdu/merkel) und bei den grünen (auf den gerd/münte)gehöriger frust herrscht. da gäb es wohl ein paar enthaltungen, gegenstimmen kann ich mir schwer vorstellen. und von der linken, wird wohl keiner bereit sein, schröder zum kanzler zu machen, die haben doch auch einen wählerauftrag, der die linke aus ganz bestimmten gründen gewählt hat, z.B. ein alter spd-genosse, der schröder endlich loswerden will, und nicht als kanzler in einer farce.
zudem denke ich, dass jegliche minderheitsregierung zwar ein schönes gedankenspiel für die parteistrategen ist, dass der vom bürger gewählte abgeordnete aber doch erkennt, dass sowas nicht sein darf. also große koalition. (ich geb ja zu, dass ich merkel nicht ausstehen kann und sie schon mal gar nicht in einer minderheitsregierung mit diesem komischen westerwelle sehen will)
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Mr.Matze
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 15:39 Uhr:   

>und von der linken, wird wohl keiner bereit sein, schröder zum kanzler zu machen,<

da erliegt wieder einer der Medienmanipulation.
selbstverständlich werden sie Schröder wählen, um Merkel zu verhindern.
die Merkel wird sich nur zur Wahl stellen wenn sie zu 110% sicher ist gewählt zu werden und das wird nicht sein.
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Dave Remmel (Dave)
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 16:34 Uhr:   

>> selbstverständlich werden sie Schröder wählen, um Merkel zu verhindern.

Aber sicherlich nicht alle und das ist der springende Punkt. Unter der Vorraussetzung, dass SPD und Grüne komplett hinter Schröder stehen, müsste Schröder schon 2/3 der Linken Abgeordneten gewinnen können und dass er soviele Leute mobilisieren kann, bezweifel ich. Die Linke besteht eben nicht nur aus SPD Überläufern sondern auch aus PDS-Leuten. Außerdem muss man bedenken, dass die Linke von einer CDU-Regierung auch profitieren kann, weil sie von der SPD in aller Ruhe Leute abgraben kann...

Gruß, Dave
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Görd
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 17:49 Uhr:   

SPD + Grüne = 273
CDU + CSU + FDP = 286

Sind 13 Sitze Abstand, die PDS hat 54 Mandate. Es reicht also, wenn 1/4 der Abgeordneten für Schröder statt Merkel im entscheidenden dritten Wahlgang stimmen. Nun schaue man sich mal an wieviel Gewerkschaften, Ex-SPD-Mitglieder etc. nun in der neuen Fraktion sitzen. Besonders die Gewerkschafter werden für Schröder stimmen sonst ist nämlich einiges in Gefahr (Arbeitnehmerrechte, Mitbestimmung, Tarifautonomie, kurz die Macht der Gewerkschaften schlechthin).
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Florian
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 19:42 Uhr:   

Es scheint hier in diesem Thread die Meinung vorzuherrschen, dass die PDS/Linke ein völlig amorpher Haufen ist, bei dem jeder gerade so stimmt wie er Lust hat.

Aber:
Warum sollte bei PDS die Fraktionsdisziplin denn nicht genau so gut funktionieren wie bei den anderen Parteien auch?
Es wird doch sicher eine Fraktionssitzung geben, bei der die Marschroute bei der Kanzlerwahl festgelegt wird.
Natürlich mag es dann von dieser Marschroute eine Handvoll Abweichler geben, zumal die Abstimmung ja geheim ist. Aber das wird sicher kein Massenphänomen sein. Gerade die Minderheit der EX-WASGler kann es sich doch eigentlich nicht leisten, gleich bei der ersten Gelegenheit gegen die Fraktionsdisziplin zu verstoßen. Denn man darf nicht vergessen, dass die alle nur gnadenhalber auf die PDS-Landeslisten gekommen sind und bei der nächsten Wahl sicher nicht mehr aufgestellt werden, wenn sie sich als Sektierer erweisen.

Letzen Endes kann Schröder somit eben gerade NICHT darauf spekulieren, dass in der PDS zufälligerweise ausreichend viele Abweichler sind, die für ihn stimmen.

Zumal die Rechnung von Görd voraussetzt, dass Köhler einen Minderheitskanzler Schröder akzeptieren würde. Was er aber mit Sicherheit nicht macht. Wenn Köhler seine eigene Argumentation zur Bundestagswahl (bei der die sichere Kanzlermehrheit lediglich zweifelhaft war) ernst nimmt, dann kann er wohl kaum jetzt einen Minderheitskanzler akzeptieren. Und inhaltlich schon gar nicht: Köhler will das Land reformiert sehen und er weiß doch, dass ein Minderheitskanzler Schröder keine einzige Reform mehr durchbringen wird.

Und ob Schröder schon so tief gesunken ist, dass er auch die Schmach, vom Präsidenten nicht ernannt zu werden, riskieren würde? Das glaube ich nun doch nicht.

Schröder braucht also die Kanzlermehrheit.

Fazit:
Wenn Schröder in einen dritten Wahlgang geht, dann kann er das nur dann machen, wenn die PDS OFFIZIELL signalisiert hat, dass sie ihn mittragen würde.

Und somit steht fest, dass es einen dritten Wahlgang mit Schröder nicht geben wird - entweder Schröder bekommt die Kanzlermehrheit schon im zweiten Wahlgang oder sonst braucht er zum dritten erst gar nicht mehr antreten.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 20:17 Uhr:   

Die Annahmen, die hier verschiedentlich vorausgesetzt werden, scheinen mir nicht alle einleuchtend. Zunächst einmal stellt sich doch die Frage, welchen Stellenwert Ankündigungen vor der Wahl besitzen. Der FDP kann man ja noch abnehmen, dass sie nicht mit Links zusammenarbeiten will, gleichgültig ob das nun rot-gelb-grün oder rot-rot-gelb oder gar schwarz-rot-gelb sein sollte. Doch wie ernst das dann am Ende sein wird, müsste man abwarten. Am Ende siegt vielleicht doch der Drang zur Macht - das gibt auch wieder Sendezeit, Ministergehälter usw.
Die nächste meiner Meinung nach durchaus OFFENE Frage ist die, wie etwa Neuwahlen ausgehen sollten, wenn sie innerhalb der nächsten ca. 4 bis 6 Monate stattfinden. Manch einer geht offenbar davon aus, dass bei einer vorzeitigen Auflösung nach GG 81 die "schuldigen" Parteien massiv abgestraft würden, dass so etwas wie eine Entladung des Volkszornes stattfände usw. Was aber, wenn das Ergebnis wiederum im ungefähr gleichen Rahmen ausfiele? Immerhin sind bei den 3 vorausgehenden Wahlen ebenfalls schon knappe Ausgänge festzustellen. Wenn die Wähler hauptsächlich nach ideologischen Gesichtspunkten abstimmen, kann es vielleicht zu Verschiebungen innerhalb der beiden Blöcke kommen, aber nicht unbedingt zu grossen zwischen den Blöcken. Der Anteil der Wechselwähler ist ja fraglich, offenbar sind eher Leute von den grossen zu den kleinen Parteien übergegangen, aber nicht zum andern Block. Zudem ist nicht ausgemacht, welcher Fraktion die Wähler die Schuld zuschreiben werden. Ein "roter" Wähler kann die Intransigenz der CDU verurteilen und in Schröder einen "standhaften Politiker" sehen, umgekehrt mag der bürgerliche Wähler in Schröder einen Staatsfeind erkennen und Merkel Standhaftigkeit gepaart mit Verantwortungsgefühl zuschreiben. Je nach Standpunkt kann die Schuld an der politischen Misere unterschiedlich verortet werden.
Vor allem aber: Wie wird Köhler die Aussicht auf Neuwahlen einschätzen? Ist am Ende eine Minderheitenkanzler Schröder das kleinere Übel als eine unsichere Neuwahl?
Zur Frage einer grossen Koalition möchte ich ebenfalls einige Bedenken anmerken: Worin sind sich denn beide Seiten einig? Der gemeinsame Nenner erscheint mir nicht eben gerade sehr gross. Rein zahlenmässig mag eine grosse Koalition das Naheliegendste sein, aber was bringt sie am Ende zustande? 4 Jahre Stillstand und Durchwursteln? Ein anderer Punkt ist der: Wie tief sitzen die Wunden? Der Umgangston ist doch in den letzten 7 Jahren soweit zugespitzt worden, dass jedenfalls nach den hierzulande üblichen Massstäben eine Vielzahl von Leuten der einen Seite so sehr beleidigt wären, dass sie noch nicht mal mit den Vertretern der andern Seite sprechen würden - und das lebenslang. Vielleicht sind das national spezifische Empfindlichkeiten, aber es wäre doch wohl zu fragen, ob Leute gemeinsam arbeiten können, die sich noch gestern gegenseitig Verfassungsbruch vorgeworfen haben.
Alles in allem erscheint mir die Situation nun ziemlich verfahren; eine Prognose mag ich daher nicht wagen, zu viel erscheint offen und unwägbar.
Noch zwei Bemerkungen zum Verfahren: Eine Auflösung des Bundestages nach GG 81 würde vielleicht von den Bürgern nicht verstanden, eine ungeschriebene Verfassungsmaxime kann allerdings dem klaren Wortlaut des geschriebenen Verfassungsrechts nicht entgegengehalten werden. Köhler müsste sich nach GG 81 zwischen Kanzlerernennung und Neuwahl entscheiden, und da wird ihm dann nur sein politisches Fingerspitzengefühl helfen können.
Immer wieder wird hier von "zweitem" und "drittem" Wahlgang gesprochen; genauer sollte man aber wohl von drei Phasen oder Schritten sprechen: 1. Schritt: Abstimmung über den Vorschlag des Bundespräsidenten. 2. Schritt: 14 Tage Zeit, eine Wahl mit absoluter Mehrheit vorzunehmen, während dieser Zeit beliebig viele Wahlgänge. 3. Schritt: abschliessender Wahlgang mit relativer Mehrheit.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 20:45 Uhr:   

@Philipp: Es gibt keine Bundestagsauflösung nach GG-Artikel 81. Es gibt lediglich eine Auflösung des Bundestages nach Art. 63 Abs. 4, wobei eine Gegenzeichnung des - amtierenden geschäftsführenden - Kanzlers (Schröder) nicht nötig ist oder eine Auflösung nach Art. 68 GG.
Eine über Art. 63 Abs. 4 ernannte Minderheitenkanzlerin Angela Merkel müsste - um zu Art. 81 GG gelangen, den Art. 68 GG anwenden. Wird im Falle des negativen Ausganges der Vertrauensfrage der Bundestag durch den Bundespräsidenten nicht aufgelöst (und wählt der Bundestag nicht nach Art. 67 GG einen neuen Bundeskanzler) so kann der Bundespräsident (kann, muß aber nicht) den Gesetzgebungsnotstand nach Art. 81 GG ausrufen.
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Schorsch
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 20:46 Uhr:   

@ Philipp:

Meinst Du mit Auflösung nach "GG 81" den Art. 63 Abs. 4?

Der FDP kann man ja noch abnehmen, dass sie nicht mit Links zusammenarbeiten will, gleichgültig ob das nun rot-gelb-grün oder rot-rot-gelb oder gar schwarz-rot-gelb sein sollte. Doch wie ernst das dann am Ende sein wird, müsste man abwarten.

Selbst wenn man den Ankündigungen nicht glauben möchte, bleibt es bei Folgendem: Im Frühjahr stehen drei Landtagswahlen an, bei denen die FDP jeweils ziemlich viel (Regierungsbeteiligungen) zu verlieren hat. Wenn sie jetzt dennoch mit rot-grün koaliert, braucht sie zu diesen Wahlen gar nicht erst anzutreten (in Baden-Württemberg gibt es nicht einmal eine Zweitstimme, die man "verleihen" könnte).
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Frederic
Veröffentlicht am Mittwoch, 21. September 2005 - 21:20 Uhr:   

Was hätte den Schröder davon, wenn er sich mit Stimmen der PDS zum Kanzler wählen läßt?

Erstens wäre diese Art von Regierung vollkommen fragil und zweitens, was ich noch wichtiger finde, hätte er damit das zentrale rot-grüne Wahlversprechen, nämlich keine Zusammenarbeit mit der PDS, gebrochen.
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Görd
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. September 2005 - 01:47 Uhr:   

Kann doch der Schröder nix dafür, wenn die PDSler ihn die Stimem geben.
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Dave Remmel (Dave)
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. September 2005 - 01:55 Uhr:   

>> Kann doch der Schröder nix dafür, wenn die PDSler ihn die Stimem geben

Naja, aber er weiß genau, dass es ohne die PDS nicht reicht. Er kann nicht erst groß rumtönen, dass er mit der PDS nichts zu tun haben will und dann letztlich doch darauf bauen. Ich bezweifel auch stark, dass die Linken sich dafür mißbrauchen lassen...

Gruß, Dave
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. September 2005 - 09:32 Uhr:   

Welche Regierung wäre denn bei den gegebenen Verhältnissen stabil? Grosse Koalition? Ja, hätte klar die Mehrheit, aber jede der grossen Parteien passt doch nur auf eine Gelegenheit, die andere in die Pfanne hauen und sich die Mehrheit in einer neuerlichen Wahl hohlen zu können. Stabil? Ampel - stabil? Schwarz-Gelb-Grün - stabil? (Wenn denn die Grünen da mitmachen ...) Oder "halbgrosse" Koalition ohne CSU, dafür evtl. mit einer kleinen (Gelb oder Grün?) Fraktion - stabil?
Stabil scheint im Augenblick doch nur die Zersplitterung zu sein, die ja nichts anderes ist als das Abbild der Meinungsdifferenzen innerhalb der Wählerschaft. Immerhin ist es jetzt ja schon die vierte Wahl in Folge mit knappem bzw. hauchdünnem Ergebnis.
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Christian Schmidt
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. September 2005 - 16:17 Uhr:   

PNK: > nur: warum ist gysis direktmandat nicht sicher?

CS: i) 2002 hat da noch die SPD gewonnen, ii) er hat nur 40.4%, iii) er hat nur 7% Vorsprung vor der SPD, iii) nach Zweistimmen hat die SPD 8% Vorsprung

PNK: > zudem glaub ich, dass gerade in der csu (auf die cdu/merkel) und bei den grünen (auf den gerd/münte)gehöriger frust herrscht.

CS: CSU, gut möglich. Grüne eher nicht, die sind schon realistisch genug um zu wissen wie sie ihr Program am besten umsetzen können. Aber im allgemeinen zeigt doch schon die Erfahrung das abweicher eher in den großen Parteien zu suchen sind. In SH glaubt doch sogar die SPD das es einer der ihren war, und 1976 in Niedersachsen und 1972 im Bundestag waren es doch auch immer Abgeordnete der großen Parteien.

Florian: > Es scheint hier in diesem Thread die Meinung vorzuherrschen, dass die PDS/Linke ein völlig amorpher Haufen ist, bei dem jeder gerade so stimmt wie er Lust hat.

CS: Naja, es haben ja auch 1998 mehrere PDS-Abgeordnete für Schröder gestimmt. Aber ich denke schon, 13 ist ganz schön viel.

Mr Matze: > die Merkel wird sich nur zur Wahl stellen wenn sie zu 110% sicher ist gewählt zu werden und das wird nicht sein.

Florian: > Letzen Endes kann Schröder somit eben gerade NICHT darauf spekulieren, dass in der PDS zufälligerweise ausreichend viele Abweichler sind, die für ihn stimmen.

CS: ich sehe das anders. Wenn sich keine Koalition bildet und so im 1. Und 2. Wahlgang niemand gewählt wird, was bleibt Merkel und Schröder denn anderes übrig als anzutreten? Kneifen?

PNK: > zudem denke ich, dass jegliche minderheitsregierung zwar ein schönes gedankenspiel für die parteistrategen ist, dass der vom bürger gewählte abgeordnete aber doch erkennt, dass sowas nicht sein darf.

CS: Wieso? Klappt doch in Schweden auch gut. Klar, das wird schwierig, aber unsere Politiker sind doch nicht dümmer als dort?

Florian: > Wenn Köhler seine eigene Argumentation zur Bundestagswahl (bei der die sichere Kanzlermehrheit lediglich zweifelhaft war) ernst nimmt, dann kann er wohl kaum jetzt einen Minderheitskanzler akzeptieren.

CS: Das Problem ist doch das Köhler nur sieben Tage Zeit hat. Wenn aus ein gewählter Minderheitskanzler sagt er will eine Mehrheitskoalition aufbauen (egal welcher Kanzler und welche Koalition), er braucht dafür aber mehr als 7 Tage, welche Wahl hat der Präsi denn als den Kanzler zu ernennen? Neuwahlen ausrufen solange die Bildung einer Mehrheitsregierung noch möglich erscheint geht doch wohl nicht.

Phillip Wälchli: >Die nächste meiner Meinung nach durchaus OFFENE Frage ist die, wie etwa Neuwahlen ausgehen sollten, wenn sie innerhalb der nächsten ca. 4 bis 6 Monate stattfinden.

CS: Eben, und ich denke halt das der/die dann regierende BundeskanzlerIn die größeren Chancen hat. Kanzlerin Merkel könnte sagen, seht her, ich kann es, ich habe den Job angfangen, es läuft gut, jetzt lasst mich den Job weiter machen. Kanzler Schröder könnte sage, seht her, ohne mich läuft hier gar nix, jetzt stützt mich mal.


Christian
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. September 2005 - 16:49 Uhr:   

Man kann davon ausgehen, daß es Jamaika nicht geben wird, erst recht keine Ampel oder Minderheitsregierung. Damit bleiben nur zwei realistische Optionen, wenn sich Schröder sich nicht doch noch zur Linksfront entschließt: Neuwahlen oder große Koalition unter Unionsführung.

Das könnte so ablaufen:

Schritt 1: Nach wochenlangem ergebnislosem Sondieren hält Köhler eines abends eine Fernsehansprache. Er appeliert an die Parteien, endlich zu einer Lösung zu kommen, die Probleme duldeten keine weitere Untätigkeit. Daher werde er, nachden er wochenlang zugesehen habe, nun den Prozeß beschleunigen und dem Bundestag Merkel als Kandidatin der größten Fraktion vorschlagen.

Schritt 2: Merkel fällt im ersten Wahlgang durch.

Schritt 3: Ungewiss ist, ob in der zweiten Wahlphase überhaupt abgestimmt wird. Koalitionsverhandlungen und eventuelle Abstimmungen werden aber scheitern, Schröder pokert weiter.

Jetzt gibt es zwei Varianten.

Variante A (die wahrscheinlichere):

Schritt 4a: Zwei Wochen nach dem ersten Wahlgang wird Merkel mit den Stimmen von Union und FDP gegen SPD und Grüne in Abwesenheit der Linkspartei mit knapper relativer Mehrheit zur Kanzlerin gewählt.

Schritt 5a: Köhler ernennt Merkel.

Schritt 6a: Merkel versucht nochmals, eine Schwampel hinzubekommen. Die Bemühungen scheitern erneut.

Schritt 7a: Merkel bietet der SPD Verhandlungen an. Sehr wahrscheinlich willigt sie ein., da es unter diesen Umständen unwahrscheinlich ist, daß die SPD von Neuwahlen profitiert. Es gibt eine große Koalition mit gleicher Anzahl von Regierungsmitgliedern von beiden Seiten. Schröder zieht sich aus der Politik zurück.

Variante B:

Schritt 4b: Schröder wird zwei Wochen nach dem ersten Wahlgang mit Hilfe einiger Linkspartei-MdBs und/oder Heckenschützen aus dem bürgerlichen Lager mit knapper relativer Mehrheit zum Kanzler gewählt.

Schritt 5b: Köhler löst den Bundestag auf.

Schritt 6b: Die verlorene Kanzlerwahl nach verpatztem Wahlkampf bedeuten den politischen Exitus für Merkel. Wulff wird zum CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten gekürt.

Schritt 7b: Neuwahl- Ergebnis offen (wenn aber klare Mehrheit, dann für Schwarz-Gelb)
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Marc K.
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. September 2005 - 20:47 Uhr:   

@Thomas,

sehe die Szenarien ähnlich.

Allerdings halte ich trotz des gegenwärtigen Gezockes nach wie vor die Bildung einer Koalitionsregierung für möglich.
Dabei ist sowohl eine Ampelkoalition als auch eine Schwarze Ampel (Schwampel oder Jamaica-Koalition (schöne Bezeichnung übrigens)) praktisch ausgeschlossen.
Entweder es gibt eine schwarz-rote Koalition oder eine rot-grüne Minderheitsregierung toleriert von der PDS.
Letztere Variante wäre die Einzige in der Schröder Kanzler bliebe.

Das eine große Koalition nur zustande kommt, wenn die Union als größte Fraktion den Kanzler stellt, versteht sich von selbst. Eine "israelische" Lösung wird es in unserem Land kaum geben.
Die Verhandlungen zwischen Union und SPD werden mit Sicherheit schwierig. Aber es scheint sich ja abzuzeichnen, dass beide Parteien zunächst über die Inhalte verhandeln wollen und sich einigen wollen dann über Personen, d.h. den Posten des Bundeskanzlers.
Hier liegt wohl in der Praxis der größte Knackpunkt und hier wird auch am meisten gepockert. Die Union muss hier sehr aufpassen sich nicht zu verzocken.
Als Lösung wäre denkbar, eine große Koalition unter einem CDU-Kanzler und ohne Schröder und Merkel.
Das Frau Merkels Position geschwächt ist, ist klar. Allerdings: es wäre taktisch sehr ungeschickt von der Union Frau Merkel fallenzulassen, solange die SPD nicht klar sagt, dass sie bereit wäre in eine große Koalition unter einem Kanzler der Union einzutreten.

Letztlich sehe ich in den Personalfragen das größte Hindernis für eine große Koalition.
Inhaltlich können beide Parteien zusammenkommen. Das Steuerkonzept der Union ist gar nicht weit von der gegenwärtigen Rechtslage entfernt. Wahrscheinlich bleibt es hier dann ohnehin beim status quo. Beim Subventionsabbau kann auf Koch-Steinbrück aufgebaut werden.
In der Rentenpolitik sehe ich keine unüberbrückbaren Gegensätze.
Bei der Gesundheitspolitik gibt es große Meinungsverschiedenheiten. Aber hier wird man dann eben am gegenwärtigen System festhalten und dieses weiter versuchen müssen zu konsolidieren.
Auch bei der Mehrwertsteuer gibt es Einigungsmöglichkeiten. Letztlich ist dies nichts anderes als eine andere Form der "Ökosteuer", nur eben für die Arbeitslosen- statt für die Rentenversicherung.
Ein Projekt, dass die große Koalition wirklich voranbringen könnte und das eine wirklich große strukturelle Reform wäre, wäre eine Föderalismusreform. Diese läßt sich ohnehin nur in einem Konsens der großen Parteien bewerkstelligen.
Insgesamt gibt es zumindest ausreichende Schnittmengen um 2-3 Jahre zu regieren. Danach ist dann entweder Schluss - die SPD könnte zu Grünen und PDS wechsel - oder es gibt eine Hängepartie, aber diese ist im Jahr vor der Wahl ohnehin usus.
Aus meiner Sicht ist die große Koalition in der Situation die einzig mögliche und realistische Variante für eine stabile Regierung.

Rot-grün-dunkelrot wäre zwar auch möglich. Aber die würden - abgesehen von den persönlichen Animositäten - im Bundesrat auf eine starke Gegenmacht stoßen und sich eventuell dann auch bald einer 2/3-Mehrheit gegenübersehen.
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Dave Remmel (Dave)
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. September 2005 - 23:09 Uhr:   

Sehe ich auch so ähnlich wobei ich Jamaica nicht kategorisch ausschließen würde. Wenn die SPD die PDS zum derzeitigen mit ins Boot holt oder deren Stimmen anonym für eine Kanzlermehrheit nutzen würde, würde die sie sich lächerlich machen und bei der nächsten Wahl ein echtes Problem haben.
Wartet man vier Jahre, kann das allerdings ganz anders aussehen... Was ich an Stelle der SPD (nicht an Schröders Stelle) machen würde, ist jetzt noch ein wenig Pokern und dann eine große Koalition unter Merkel akzeptieren, sich vier Jahre zurückzulehnen und sich zwischenzeitlich etwas an die PDS annähern und sich dann mit rot-rot-grün bei der nächsten Wahl eine sichere Mehrheit holen... Der Preis dafür heißt allerdings "Schröder" und das ist das Problem.

Gruß, Dave
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Franz-Dominik
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. September 2005 - 23:51 Uhr:   

Ein Minderheitskanzler Schröder (gewählt mit Stimmen aus der Linkspartei.) könnte dann doch sehr dann durch SPD und CDU getragen werden... die sich, nachdem halt schon ein Kanzler im Amt ist und man ja der lieben Stabilität willen usw. usf.
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Franz-Dominik
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. September 2005 - 23:51 Uhr:   

Ein Minderheitskanzler Schröder (gewählt mit Stimmen aus der Linkspartei.) könnte dann doch sehr dann durch SPD und CDU getragen werden... die sich, nachdem halt schon ein Kanzler im Amt ist und man ja der lieben Stabilität willen usw. usf. zusammenraufen.
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Dave Remmel (Dave)
Veröffentlicht am Freitag, 23. September 2005 - 00:18 Uhr:   

Ein Minderheitskanzler Schröder??? Getragen durch die CDU???? Das möchte ich hier aber mal ganz dezent bezweifeln...
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 23. September 2005 - 09:16 Uhr:   

"Das möchte ich hier aber mal ganz dezent bezweifeln..."

Das kann man sogar ausschließen, so blöd wird die Union nicht sein.

Und da sind wir beim Grund, warum es in Deutschland so gut wie keine Minderheitsregierungen gibt: Sie machen nur Sinn, wenn man je nach Sachfrage meherere potentielle Mehrheitsbeschaffer hat, wie z.B. häufig in Schweden, Norwegen und Dänemark.
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Franz-Dominik
Veröffentlicht am Freitag, 23. September 2005 - 12:07 Uhr:   

Würde Schröder zum Kanzler gewählt wäre doch eine gute Strategie dann sofort der CDU Koalitionsgespräche mit saftigen Angeboten (sprich Ministerposten) anzubieten. Wenn diese ausschlägt ist sie Schuld an den dann nötigen Neuwahlen.

Das ist doch der Kern von Schröders Aussage: Es gibt im Parlament eine Mehrheit für einen Linken Kanzler (SPD, Grüne, Linkspartei) und eine Mehrheit für eine grosse Union, es gibt jedoch keine Mehrheit für eine bürgerliche(r) Kanzler(in), da die SPD nicht mitstimmt. Oder wie hat er es gesagt: Wie soll das den sonst funktionieren?

Auch ist für die CDU das ganze nicht so unvorteilhaft, sie ist a) der moralische Sieger und kann b) das misslingen von Projekten dem Kanzler in die Schuhe schieben (Schröder eignet sich mit seinem Macho-Auftreten auch sehr als Blitzableiter) sowie c) den wirtschaftlichen Aufschwung so er denn Eintritt ihrer Kompetenz zuschreiben. Bessere Aussichten für die Wahlen 2009 als wenn Ede Kanzler wäre (der würde dannzumal nämlich ziemlich sicher nicht mehr wieder gewählt).
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Schorsch
Veröffentlicht am Freitag, 23. September 2005 - 18:46 Uhr:   

@ Görd:

Kann doch der Schröder nix dafür, wenn die PDSler ihn die Stimem geben.

Er könnte jedoch dann mit einem einzigen Satz jedwede Spekulation gegenstandslos werden lassen: "Herr Präsident, ich nehme die Wahl nicht an."

Wenn er das nicht tut, kann er sehr wohl etwas dafür.

@ Franz-Dominik:

Würde Schröder zum Kanzler gewählt wäre doch eine gute Strategie dann sofort der CDU Koalitionsgespräche mit saftigen Angeboten (sprich Ministerposten) anzubieten. Wenn diese ausschlägt ist sie Schuld an den dann nötigen Neuwahlen.

Nein. Ein solches Angebot ist offensichtlich ein Muster ohne Wert, denn die Union wäre permanent mit einer Drohung erpreßbar: "Wenn ihr nicht so wollt wie ich, dann schmeiß' ich Euch raus und mach statt dessen mit Gysis Truppe und den Grünen weiter."

Das wäre dann ja auch eine ohne weiteres wirksame Drohung, denn sobald Schröder oder jemand anders aus der SPD einmal eine Wahl, die mit Hilfe der Linken zustandegekommen ist, angenommen hat, glaubt spätestens dann kein Mensch mehr an die Ernsthaftigkeit der aktuellen Distanzierungsschwüre.

Und die Gelegenheit, die Reaktion der Bevölkerung auf ein derartiges Bubenstück zu testen, wird man sich in der Union nicht entgehen lassen.
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Görd
Veröffentlicht am Freitag, 23. September 2005 - 19:04 Uhr:   

Die Wahl is bekanntlich geheim, die Stimmen können also überall herkommen.
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MMA
Veröffentlicht am Freitag, 23. September 2005 - 19:31 Uhr:   

"Und die Gelegenheit, die Reaktion der Bevölkerung auf ein derartiges Bubenstück zu testen, wird man sich in der Union nicht entgehen lassen."

Das glaube ich nicht, das wäre für die Union zu gefährlich.

Die Auflösung eines gerade erst - vorzeitig! Weimar! - neu gewählten Bundestages würde mit Sicherheit erhebliche verfassungsrechtliche Debatten auslösen und auch eine Anrufung des BVerfG, das die Auflsöung dann auch untersagen könnte (dann wären die folgenden Überlegungen eh hinfällig).

Allzu offensichtlich wäre das Interesse, ein unbequemes Wahlergebnis zu annullieren, die wahre Triebfeder hinter einer Auflösung.

Und wessen Interesse dies in erster Linie ist, ist natürlich Interpretationssache -

aber die Lesart, dass es diejenigen sind, die die "wichtigste Wahl seit 1949" gewinnen wollten, aber stattdessen eine linke Mehrheit gegen sich haben, würde mit Sicherheit viele Anhänger finden.

Immerhin dürfte, wer diese linke Mehrheit letzte Woche mit erzeugt hat, häufig das Gefühl haben, vorher öffentlich eingeschüchtert worden zu sein, aber nun doch Recht behalten zu haben. (Der Auftritt Schröders am Wahlabend incl. vermeintlicher "Bewusstseinstrübung" und Medienschelte stößt dabei gar nicht ab, sondern bekräftigt diese Genugtuung eher noch.) Dieses Gefühl ist moralisch attraktiv und bestens bei einer "Jetzt erst recht"-Stimmung zu aktivieren.

Woher sollten dagegen zusätzliche Unions- oder FDP-Wähler kommen? Wer am 18. 9. geglaubt hat, dass jetzt "der Wechsel" möglich sei, ist doch ganz überwiegend tatsächlich wählen gegangen, damit es auch wirklich klappt.
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Dave Remmel (dave)
Veröffentlicht am Freitag, 23. September 2005 - 19:33 Uhr:   

>> Die Wahl is bekanntlich geheim, die Stimmen können also überall herkommen.

Genau, und der Papst ist evangelisch...

Selbst wenn es in Union und FDP Leute gibt, die Merkel wehement ablehnen, sie würden sicherlich nicht für Schröder stimmen sondern sich enthalten...
Wir haben 273 feste JA- und feste 286 NEIN-Stimmen (plusminus ein paar Enthaltungen von Sympathisanten der Gegenseiten). Alles was an weiteren JA-Stimmen auftaucht wären mit 99%iger Wahrscheinlichkeit Ex-SPDler von Links...

Gruß, Dave
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Samstag, 24. September 2005 - 13:37 Uhr:   

Es bleibt mir nach wie vor schleierhaft, was sich soviele von einer baldigen Neuwahl des Bundestages, sei es nach dem Scheitern einer Kanzlerwahl, sei es nach einem Misstrauensvotum, sei es gar nach 6 Monaten Gesetzgebungsnotstand und einem erneuten Misstrauensvotum, erhoffen. Mehrfach wurde auch geäussert, dass die "verantwortliche" oder gar "schuldige" Seite dabei massiv "abgestraft" würde (die Wortwahl scheint mir dabei bezeichnend).
Nun habe ich ja schon einige Argumente vorgebracht, die gegen solche Erwartungen sprechen. Diese möchte ich daher nich wiederholen, sondern auf die Umfrage von gestern verweisen: Eine Mehrheit der Befragten ist unzufrieden mit dem bisherigen Verlauf der politischen Debatte nach der Wahl. 80% der Befragten sind auch unzufrieden bzw. unglücklich mit dem Wahlergebnis selbst. Aber 87% der Befragten würden wieder unverändert wählen, wenn morgen Sonntag erneut Wahltag wäre.
Im allgemeinen bin ich mit Umfragen sehr vorsichtig, doch handelt es sich ja in diesem Fall um sehr deutliche Zahlen und auch um eine andere Art der Fragestellung. Wenn also dieses Umfrageergebnis nur halbwegs repräsentativ sein sollte, dann ist doch damit zu rechnen, dass vorzeitige Neuwahlen eben gerade keine "massive Abstrafung" oder was auch immer brächten, sondern wiederum ein knappes Ergebnis zeitigten, das die tiefe Spaltung innerhalb der Wählerschaft abbildete. Immerhin ist dies ja nun die vierte knapp ausgegangene Wahl in Folge.
Von einer Neuwahl wären also doch wohl eher geringe Verschiebungen zu erwarten; viel hinge vermutlich davon ab, welchen Parteien es gelänge, Teile des runden Fünftels der Wahlberechtigten zu gewinnen, die nicht zur Urne gegangen sind, ihre Stammwählerschaft zu mobilisieren, zugkräftige Personen vorzuschlagen, daneben auch Wahltaktik usw.
Eventuell läge dabei eine knappe Mehrheit für die eine oder andere Seite drin, aber eine "klare" Wahl oder gar eine "endgültige" Richtungsentscheidung dürfte doch wohl eher nicht zu erwarten sein.

Also muss sich Deutschland wohl oder übel vorerst auf eine politische Pattsituation einstellen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Samstag, 24. September 2005 - 13:55 Uhr:   

Ich glaube auch nicht, daß Neuwahlen dem bürgerlichen Lager die Mehrheit bringen würde. U.a. deshalb bin ich auch gegen Neuwahlen.
Und selbst wenn tatsächlich ein Fünftel bis ein Drittel vor der WAhl unentschlossen gewesen sein sollte, so muß das nicht das Verhältnis der politischen Lager berühren. Wenn ich zwischen CDU und FDP oder zwischen SPD und Grünen schwanke, ändert meine letztendliche Entscheidung am Verhältnis der Blöcke zueinander nichts- zumindest wenn keine Partei unter 5% fällt.
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Charlotta
Veröffentlicht am Samstag, 24. September 2005 - 14:59 Uhr:   

@Schorsch

Also, ich hab die letzten zweimal SPD gewählt.
Er hat nun einmal gesagt, dass er nicht weiterregieren möchte.
Wenn er nun eine eventuell gewonnene Wahl (wegen der PDS-Stimmen) nicht annimmt, dann wär ich ziemlich sauer. Ich würd mich fragen, ob er nun eigentlich regieren will.

Er hat ja nicht nur gesagt, dass er nicht mit der PDS Koalieren will, er hat ja auch gesagt, dass er Kanzler werden will. Eine der beiden Zusagen muss er jetzt brechen.

Ich hätte nichts dagegen, wenn er mit PDS-Stimmen Kanzler wird. Stimmen für die richtige Richtung sind immer gut. Ich hätte nur etwas dagegen, wenn er sich in seinen Entscheidungen von der PDS beeinflussen ließe.
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Dave Remmel (dave)
Veröffentlicht am Samstag, 24. September 2005 - 20:57 Uhr:   

>> Ich hätte nichts dagegen, wenn er mit PDS-Stimmen Kanzler wird.
>> Stimmen für die richtige Richtung sind immer gut.

Und das ist der springende Punkt, der Zweck heiligt hier eben nicht die Mittel. Wäre es für Dich auch ok, wenn er sich die nötigen Stimmen von einer rechten Partei geholt hätte?
Ich finde es heuchlerisch... Wenn er vorher gesagt hätte er sich das mit der PDS vorstellen... okay! Aber er kann das nicht erst dermaßen vollmundig und kategorisch ablehnen und wenn es darum geht ob er Kanzler wird oder nicht, so tun als hätte er nichts gesagt, dann kann er auch gleich eine Koalition mit denen machen, das wäre wengistens ehrlich. Ich würde mir als SPD-Wähler ehrlich gesagt etwas verarscht vorkommen (zumindestens wenn ich meine Zweitstimme nicht der PDS gegeben hätte).

>> Ich hätte nur etwas dagegen, wenn er sich in seinen Entscheidungen
>> von der PDS beeinflussen ließe.

Naja bei rot-rot-grün wäre das zwangsweise der Fall...

Gruß, Dave
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Friends of Gerd
Veröffentlicht am Sonntag, 25. September 2005 - 12:32 Uhr:   

"Und das ist der springende Punkt, der Zweck heiligt hier eben nicht die Mittel. Wäre es für Dich auch ok, wenn er sich die nötigen Stimmen von einer rechten Partei geholt hätte"

Man kann aber nicht PDS und Rechtsextreme in einen Topf werfen, man kann vieles gegen die PDS anführen, aber sie ist dennoch eine mehrheitlich demokratische Partei.
Bevor die SPD mit den Schwarzen zusammengeht, wäre es doch naheliegender mit einer Partei aus dem eigenen linken Lager zu koalieren. Früher oder später wird es sowiso dazukommen.
Deutschland ist seit der Wiedervereinigung kein CDU-Land mehr, sondern mehrheitlich links, auch wenn dass vielen nicht passt.
Das bürgerliche Lager stellt im Osten gerade mal ein Drittel, zuwenig um bundesweite Wahlen zu gewinnen.
An diesem mehrheitlich linken Wählerwillen kann nicht auf Dauer mit einer großen Koalition vorbeiregiert werden. Die SPD muss daher auf die PDS zugehen um eine linke Mehrheit zu schaffen.
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Schorsch
Veröffentlicht am Montag, 26. September 2005 - 17:30 Uhr:   

@ Görd:

Die Wahl is bekanntlich geheim, die Stimmen können also überall herkommen.

Nur in der Theorie.

Praktisch sieht das anders aus: Denn Frau Merkel kann im dritten Wahlgang ebenfalls antreten, damit die Stimmen von Union und FDP auf sich ziehen und es so zum Schwur kommen lassen.

Wieviele Abgeordnete die ganzen Fraktionen aufweisen, weiß man ja; da macht man morgens vor der Sitzung einen Zählappell. Und dann kann man sich dann garantiert nicht auf mysteriöse Heckenschützen aus den Reihen von schwarz/gelb berufen, falls Schröder plötzlich mehr Stimmen erhält, als rot/grün zusammen im Bundestag haben. Und schon für eine relative Mehrheit müßte es eine Menge mehr sein, so viele Leute, daß deren Identität ganz sicher nicht lange unbekannt bleiben würde.

Denn dann hätten ja binnen weniger Minuten, höchstens Stunden (der dritte Wahlgang hat "unverzüglich" zu erfolgen), auf einmal ein ganzer Pulk von Abgeordneten von der linken Seite ihre Vorliebe für Frau Merkel erkennen müssen, wenn die ihre ca. 290 Stimmen alle bekommt. Und wer das ernsthaft vertritt, der glaubt wohl auch noch an den Osterhasen.


@ MMA:

"Und die Gelegenheit, die Reaktion der Bevölkerung auf ein derartiges Bubenstück zu testen, wird man sich in der Union nicht entgehen lassen."

Das glaube ich nicht, das wäre für die Union zu gefährlich.


Warum sollte es ausgerechnet für die Union gefährlich sein, wenn Schröder ein wichtiges Wahlversprechen bricht?

Zudem ist es nicht ganz von der Hand zu weisen, daß so ein Vorgehen eine Reihe von zur Union geneigten Wählern hinter dem Ofen hervorlockt, die jetzt daheimgeblieben sind.

Die Auflösung eines gerade erst - vorzeitig! Weimar! -

Ja, vorzeitig - und wenn schon?

Wir sind aber nun einmal nicht in Weimar. Und durch die ständigen - und sachlich unzutreffenden - Beschwörungen, es stünden uns Weimarer Verhältnisse bevor, rücken sie auch nicht näher. Diese Angstmacherei ist lächerlich.

neu gewählten Bundestages würde mit Sicherheit erhebliche verfassungsrechtliche Debatten auslösen und auch eine Anrufung des BVerfG, das die Auflsöung dann auch untersagen könnte.

Warum denn? Der Wortlaut des Art. 63 Abs. 4 ist hinreichend klar, um einen solchen Schritt zu erlauben. Das sieht die Verfassung ausdrücklich vor, um eine politische Lähmung zu vermeiden. Und ob das in der jeweiligen Situation ein probates Mittel oder gar das beste denkbare Werkzeug ist, ist keine juristische, sondern eine politische und damit gerichtlich nicht nachprüfbare Frage - das haben schon bei der Diskussion um Art. 68 viele Leute nicht verstanden.

Ein Problem dieser ganzen Neuwahldebatten ist schließlich, daß niemand erklärt, warum es so schlimm sein soll, daß in einer Demokratie einmal früher (das hatten wir jetzt) oder im äußersten Fall einmal öfter (das könnte passieren) gewählt wird, als es nach dem normalen Turnus eigentlich notwendig gewesen wäre.

Sogar in Großbritannien gab es schon solche Situationen in der Vergangenheit schon und das haben die auch ganz gut überstanden.


@ Charlotta:

Er hat nun einmal gesagt, dass er nicht weiterregieren möchte. Wenn er nun eine eventuell gewonnene Wahl (wegen der PDS-Stimmen) nicht annimmt, dann wär ich ziemlich sauer.

?!?! Wenn er sagt, er will nicht weiterregieren und dann genau entlang dieser Erklärung handelt (das wäre ja die Nichtannahme der Wahl), dann ist das doch nur konsequent. Wieso solltest Du da sauer sein (oder ist da oben ein "nicht" zuviel)?

Ich hätte nichts dagegen, wenn er mit PDS-Stimmen Kanzler wird. Stimmen für die richtige Richtung sind immer gut.

Aha, PDS/ML-Politik ist also die richtige Richtung. Interessant. Vor der Wahl und Tage danach wurde das von den Vorturnern der SPD ja immer wieder mit großer Geste bestritten.

Ich hätte nur etwas dagegen, wenn er sich in seinen Entscheidungen von der PDS beeinflussen ließe.

Wenn er sich nicht nur wählen, sondern auch an der Macht halten will, ist eine solche Beeinflussung gar nicht zu vermeiden. Und damit löst sich diese Differenzierung in Luft auf.
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André
Veröffentlicht am Dienstag, 27. September 2005 - 15:51 Uhr:   

Was passiert eigentlich, wenn Schröder im dritten Wahlgang mit absoluter Mehrheit zum Kanzler gewählt wird und mehr Stimmen erhält als SPD+Grüne+Linkspartei zusammen haben?
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Mr.Matze
Veröffentlicht am Dienstag, 27. September 2005 - 16:46 Uhr:   

>Was passiert eigentlich, wenn Schröder im dritten Wahlgang mit >absoluter Mehrheit zum Kanzler gewählt wird und mehr Stimmen erhält >als SPD+Grüne+Linkspartei zusammen haben?

dann hat er mehr als die abolute Mehrheit der MdB weiter keine Rechtliche Auswirkungen,würde aber für Unruhe in den anderen Fraktionen CDU/CSU und FDP sorgen.
Merkel würde dann Führungsschwäche vorgeworfen.

Zitat GG:
Ist diese zweite Phase ebenfalls nicht erfolgreich, so muss das Parlament in einer dritten Phase unverzüglich erneut abstimmen. Gewählt ist dann der Kanzlerkandidat, der die meisten Stimmen erhält (relative Mehrheit). Vereinigt der Gewählte die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muss der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so muss der Bundespräsident ihn entweder binnen sieben Tagen ernennen oder den Bundestag auflösen (Art. 63, 4 GG).
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MMA
Veröffentlicht am Dienstag, 27. September 2005 - 17:45 Uhr:   

"Warum sollte es ausgerechnet für die Union gefährlich sein, wenn Schröder ein wichtiges Wahlversprechen bricht?
Zudem ist es nicht ganz von der Hand zu weisen, daß so ein Vorgehen eine Reihe von zur Union geneigten Wählern hinter dem Ofen hervorlockt, die jetzt daheimgeblieben sind."

Darum wird die SPD es auch nicht tun. An Neuwahlen unter solchem Vorzeichen hat sie verständlicherweise kein Interesse, an baldigen Neuwahlen generell wohl auch nicht. Ich bezweifle, dass überhaupt eine Partei ein Interesse daran hat, die Forderung kommt wohl mehr von anderer Seite.

"Warum denn? Der Wortlaut des Art. 63 Abs. 4 ist hinreichend klar, um einen solchen Schritt zu erlauben. Das sieht die Verfassung ausdrücklich vor, um eine politische Lähmung zu vermeiden. Und ob das in der jeweiligen Situation ein probates Mittel oder gar das beste denkbare Werkzeug ist, ist keine juristische, sondern eine politische und damit gerichtlich nicht nachprüfbare Frage - das haben schon bei der Diskussion um Art. 68 viele Leute nicht verstanden."

Bei Art. 68 scheint es nach dem Wortlaut auch "hinreichend klar", dass man einfach nur eine Vertrauensabstimmung mit negativem Ergebnis machen muss. Trotzdem gab es die beiden Urteile, die die "materielle Auflösungslage" gefordert haben. Nach wie vor gilt demnach, dass der Bundespräsident sie dann nicht bejahen darf, wenn eine andre Sichtweise eindeutig vorzuziehen ist.
Die ganze Argumentation beruht darauf, aus dem GG insgesamt ergebe sich, dass der BPräsident den Bundestag nur in Notfällen vorzeitig auflösen darf.

Wieso sollte daher bei Art. 63 IV die Auflösung im persönlichen Belieben des BPräsidenten stehen?
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J.A.L.
Veröffentlicht am Mittwoch, 28. September 2005 - 09:58 Uhr:   

Die Lage ist ja schon eine grundsätzlich andere: Bei Art.63 IV hat ein Bundestag schlicht noch gar keine Regierung hervorgebracht, bei Art. 68 besteht ein Regierung, die nur ihre Mehrheit verloren hat. Das ganze Prinzip des konstruktiven Misstrauensvotums fingiert ja, dass eine einmal bestehende Regierung (quasi als Titelverteidigerbonus) so lange im Amt bleiben kann, bis eine neuer Bundeskanzler eine absolute Mehrheit auf sich vereinigt.

Nei Art. 68 löst der Bundespräsident den Bundestag ja auf Vorschlag des Bundeskanzlers auf, quasi als Gefälligkeit für einen Beteiligten. Da muss natürlich schon auf Missbrauch geachtet werden. Die Auflösung nach Art. 63 IV hingegen gehört zu den ganz wenigen Sachen, die der Bundespräsident machen darf ohne Überhaupt die Gegenzeichnung des Bundeskanzlers zu haben. Das spricht dafür, dass die Lage anders ist und der Bundespräsident hier (nach pflichtgemäßen Ermessen) ungebunden ist bzw. das ganze nicht justiziabel.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Mittwoch, 28. September 2005 - 17:24 Uhr:   

"Justiziabel" ist ein grosser Begriff; natürlich wird sich in einem solchen Fall jemand finden, der das BVG anruft, und gewiss wird sich ein Jurist finden, der "einleuchtende" Gründe findet, die zwingend eines Verfassungswidrigkeit des Auflösungsbeschlusses bedeuten. Dann wird das BVG darüber in irgendeiner Form befinden müssen. Es könnte allerhöchstens seine Unzuständigkeit feststellen und das Verfahren abweisen. Das wird es aber vermutlich nicht tun, sondern sich mindestens pauschal materiell mit der Frage auseinandersetzen und dann am Ende vielleicht befinden, es seien keine Gründe zu erkennen, die zwingend eine Verfassungswidrigkeit bedeuteten. Dann kann im nächsten vergleichbaren Fall wiederum jemand dagegen Klage einreichen und nun andere Gründe anführen, weshalb nunmehr eine Verfassungswidrigkeit vorliegen soll.
Es ist hierzu noch zu bemerken, dass das System der deutschen Verfassungsgerichtsbarkeit im Unterschied zu andern Rechtssystemen keine abschliessende Aufzählung von Klagemöglichkeiten kennt. Im Strafrecht gibt es hingegen z. B. schon aus Gründen der Rechtssicherheit eine abschliessende Aufzählung von Klagemöglichkeiten: Eine Anklage ist nur möglich, wenn es eine klar definierte Strafbestimmung gibt, gegen die jemand verstossen haben könnte. Im bürgerlichen Recht sieht es etwas weniger streng aus, aber doch ähnlich. In praxi werden fast immer Klagen auf bestimmte Gesetzesbestimmungen gestützt, in denen es etwa heisst, das und das könne der Vertragspartner einklagen, gegen den und den Beschluss könne der Richter angerufen werden, auf die und die Klausel könne man sich (sc. vor Gericht) berufen usw.
Hingegen gilt, dass das BVG wegen einer Verletzung von Verfassungsrecht jeglicher Art angerufen werden könne. Der Phantasie sind also Tür und Tor geöffnet, stets neue Verfassungsregeln (geschriebene und ungeschriebene) zu postulieren und deren Verletzung zu behaupten. Neben den strikt umschriebenen Klagegründen vor BVG wie etwa Anklage des Bundespräsidenten wegen Verfassungsbruchs, Kompetenzstreitigkeiten u. dgl., die in praxi kaum eine Rolle spielen, werden auf einige wenige, sehr offen formulierte Klagegründe hin die meisten Verfahren eingeleitet. Mit Verfassungsbeschwerde kann jegliche Verletzung eines verfassungsmässigen Rechtes gerügt werden, und zwar durch jeden Akt (Gesetzgebung, Verwaltungsakt, aber auch Strafurteile usw.), wobei allerdings nicht klar und abschliessend definiert ist, was ein verfassungsmässiges Recht sei. So können anerkannte Regeln des Völkerrechts als Teil des GG gelten, aber u. U. können auch ratifizierte Staatsverträge als Verfassungsbestandteil gelten, schliesslich ist es stets möglich, eine zwingende Folgerung aus einem einfachen Satz des GGs abzuleiten, die als zwingende natürlich impliziter Bestandteil des Verfassungsrechtes sein muss und somit auch verletzt werden kann usw.
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MMA
Veröffentlicht am Freitag, 30. September 2005 - 13:04 Uhr:   

@J.A.L.
"Die Auflösung nach Art. 63 IV hingegen gehört zu den ganz wenigen Sachen, die der Bundespräsident machen darf ohne Überhaupt die Gegenzeichnung des Bundeskanzlers zu haben. Das spricht dafür, dass die Lage anders ist und der Bundespräsident hier (nach pflichtgemäßen Ermessen) ungebunden ist bzw. das ganze nicht justiziabel."

Dass der BP keine Gegenzeichnung braucht, bietet m. E. keinen Anhaltspunkt dafür, dass er in einem Ermessen freier wäre als bei der Auflösung nach gescheiterter Vertrauensfrage. Es gibt wohl einfach niemenden, dem das GG die Macht zubilligt, die mit dem Gegenzeichnungsvorbehalt verbunden ist? Wer sollte das auch sein? Der alte, noch amtierende Kanzler aus der letzten Wahlperiode? Die gewählte Person, deren Ernennung zum Kanzler der BP ablehnt?

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